Was ist das Wesen der Moral?

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Bowu
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Fr 18. Nov 2005, 10:38 - Beitrag #41

Kant:

Für Kant ist die Vernunft, das was den Menschen als Menschen auszeichnet. Für Kant ist der Mensch Wesen 2er Welten der noumenalen(vernünftigen) und der phänomenalen(sinnlichen). Jetzt zu sagen Kants Moral würde für "Menschen" gelten, die ausschließlich in der phänomenalen Welt stehen, hieße seine Menschenmoral auf etwas anzuwenden, dass nicht menschlich wäre nach seiner Definition. Sein Sittengesetz bzw. das oberste Prinzip desselben ist für ihn ein Postulat der Vernunft - ohne Vernunft gibt es also auch kein Sittengesetz. Ich denke Kant meint tatsächlich, dass seine Moral für alle Subjekte mit Vernunft gilt. Das seine Moral objektiv gilt, würde für mich den kantischen Kontext sprengen - die Moral ist a priorisch für Kant - aber noch kein Ding an sich.
Du hast allerdings Recht das Kant nicht von soetwas wie Mehrheitsmeinung redete - viel eher von Allheitsmeinung (immernoch nur aller Vernunftbesetzter Wesen).

Auch der Utilitarismus begründet sein Moralsystem methodisch auf einer Fähigkeit aller Menschen - nämlich der Abwägung und Bewertung von Nutzen.

(Wenn ich von Fähigkeiten aller Menschen rede, so schließt das nicht aus, dass auch andere Wesen diese Fähigkeit besitzen und somit auch zu dieser Moral fähig sind - also die vernünftigen Marsmenschen - oder die Mitleid empfindenden Primaten - oder die Nutzenabwägende Künstliche Intelligenz)

Ipsissimus
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Fr 18. Nov 2005, 11:20 - Beitrag #42

Das besondere an den objektiven Werten ist doch nun mal, dass sie unabhängig von der Meinung der Menschen gilt. Kant (jetzt mal als klasssiches Beispiel) würde ja auch sagen, dass das Sittengesetz gilt, selbst wenn alle Menschen nur nach ihren Neigungen handeln würden. Der Mensch hätte nach ihm trotzdem eine Würde, die nicht verletzt werden darf, selbst wenn jeder Mensch den anderen nur als Mittel zum Zweck und nicht auch als Zweck an sich betrachten würde. Da spielt wie gesagt keine Rolle, ob über eine Sache allgemeiner Konsens herrscht.

daß ich Fehler mache, Maurice, steht außer Frage^^ dennoch habe ich das Gefühl, daß wir hier in einer argumentativen Sackgasse stecken.

Bei deiner zitierten Beschreibung dessen, was ein objektiver Wert ist, benutzt du die Formulierung:

"Kant würde ja auch sagen ..."

das ist schön, daß Kant das sagen würde ... aber was bewegt dich dazu, die Meinung Kants als Beweis dafür zu werten, daß es objektive Moral gibt, während du z.B: meine Meinung, es gäbe keine objektive Moral, nicht als Beweis dafür akzeptierst? Und was sollte mich dazu bewegen?

Ich will gerne glauben, daß Kant in seinen Darlegungen eine objektive Moral meinte, vor Augen hatte, darauf abzielte. Aber das macht auch aus seiner Meinung noch keine objektive Moral.


Das Problem, was ich dahinter lauern sehe, könnte als "Zusammenbruch der Logik an der Faktizität" beschrieben werden. Logik stellt Werkzeuge zur Verfügung, anhand derer gültige Ableitungen aus Prämissen gefunden werden können, ganz analog, wie mathematisch aus Axiomen gültige Sätze abgeleitet werden. Das Spiel funktioniert aber auch mit Prämissen, die nicht akzeptiert werden. Das heißt, ich kann zwar bei Kant - sofern ihm kein Logikfehler nachweisbar ist, was erstmals Hegel gelungen ist - die Gültigkeit der Ableitungen nach den Regeln der Logik objektiv nachweisen oder widerlegen; da aber die Prämissen sakrosankt sind, erfolgt darauis immer noch keine objektive Gültigkeit des Sittengesetzes, denn dazu müßte auch die Allgemeingültigkeit der Prämissen gegeben sein. Deren Allgemeingültigkeit zu behaupten wäre allerdings ein gewagtes Unterfangen^^

Maurice
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Mo 21. Nov 2005, 14:03 - Beitrag #43

Ipsi ich wollte mit Kant gar nicht daqfür argumentieren, dass es eine objektive Moral gibt. Ich verteidige hier doch schon die ganze Zeit einen Werterelativismus. Ich wollte mit Kant nur ein Beispiel bringen, was ich mir unter "objektiver Moral" vorstelle. Kant überzeugt mich genauso wenig wie dich. ;)

@Bowu: Du hast natürlich recht mit deiner Ergänzung. Kants kategorischer Imperativ gilt laut ihm nur für vernunftbegabter Wesen. Aber für diese Wesen gilt eben objektiv der kat. Imperativ. Dieser gilt (laut Kant) selbst dann, wenn alle vernunftbegabten Wesen nach ihrer Neigung handeln. Dass der kat. Imperativ (angeblich) auch dann verbindlich gilt, selbst wenn sich niemand daran hält, das meinte ich damit, als ich von "objektiver Moral" sprach.
Anderes Beispiel für objektive Moral wären göttliche Gebote, die ja auch dann als richtig gelten, wenn sich kein Mensch an sie hält.
@Ipsi: Religöse Gebote sehe ich nicht als objektive Moral an, sondern als die Behauptung einer objektiven Moral. Nicht dass wir uns versehentlich wieder falsch verstehen. ;)

Ipsissimus
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Di 22. Nov 2005, 12:58 - Beitrag #44

Dieser gilt (laut Kant) selbst dann, wenn alle vernunftbegabten Wesen nach ihrer Neigung handeln.


was bedeutete denn das Wort "gilt" dann noch? Verweis auf eine absolute Setzung?

Der kategorische Imperativ scheint imo nur ein rein logischer Grundsatz zu sein (da die logische Analyse der praktischen Vernunft angeblich zeige, daß er ein apriori der Vernunft sei). Das Problem ist aber die Subjektivität der Erkenntnis, die zu einer eigentlich ebenso subjektiven Maxime führt. Kant versucht natürlich, diese zu objektivieren; seine sinngemäße Aussage, der Wille des eigenen Subjekts würde dadurch zum objektiven praktischen Gesetz, daß der eigene Wille für den Willen jedes vernünftigen Wesens als gültig erkannt wird, mag allerdings vielleicht eine mögliche Auffassung sein, ist aber keine notwendige Auffassung und ignoriert - abgesehen von der subjektiven Komponente, OB jemand diese Erkenntnis hat, die anderen Menschen vielleicht als anmaßend erscheinen könnte^^ - sowieso das Problem, daß menschliche Psychologie sich nur in Spezialsituationen von logischen Erwägungen motivieren läßt, nicht jedoch kategorisch.

Zu Kant äußert sich Adorno in "Dialektik der Aufklärung" (Zitat laut Wikipedia) wie folgt:

"Sein Unterfangen, die Pflicht der gegenseitigen Achtung, wenn auch noch vorsichtiger als die ganze westliche Philosophie, aus einem Gesetz der Vernunft abzuleiten, findet keine Stütze in der Kritik. Es ist der übliche Versuch des bürgerlichen Denkens, die Rücksicht, ohne welche Zivilisation nicht existieren kann, anders zu begründen als durch materielles Interesse und Gewalt, sublim und paradox wie keiner vorher und ephemer wie sie alle. Der Bürger, der aus dem kantischen Motive der Achtung vor der bloßen Form des Gesetzes allein einen Gewinn sich entgehen ließe, wäre nicht aufgeklärt, sondern abergläubisch - ein Narr."

und meint hinsichtlich der ökonomische Kritik

"Der Mensch handelt rational und eigennutzorientiert. Die Individuen wägen Kosten und Nutzen ab und wählen eine Handlung, sobald sie mehr Nutzen als Kosten verursacht. Kosten können dabei gesellschaftliche Sanktionen sein, wenn z.B. eine Handlung als moralisch verwerflich von der Gesellschaft gesehen wird und das Individuum sanktioniert wird und ihm dabei Kosten z.B. durch Verachtung und Ausschluss entstehen. Die Kosten und Nutzen sind dabei individuell und können für jeden Menschen verschieden sein. (z.B. ist für ein Induviduum gesellschaftliche Anerkennung wichtiger als für ein anderes Individuum)




Maurice
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Di 22. Nov 2005, 21:04 - Beitrag #45

Sorry Ipsi ich bin kein Kant-Spezialist, ich kan nur das wiedergeben, was ich mir aus Literatur und Uni gemerkt habe. Ich will ihn ja auch nicht wirklich verteidigen, ich stimme ihm ja nicht zu.
Wenn du jemanden brauchst, den du bezüglich Kant bis ins Detail ausfragen willst, wende dich besser an einen Philosphie-Professor, der sich damit intensiv beschäftigt hat. Kannst ja mal in die Sprechstunde meinen Profs für praktische Philosophie gehen, der ist meiner Einschätzung nach Kant-Anhänger. ;)


@Padreic: Ich hatte die ganze Zeit vergessen noch etwas zu erwähnen. Oder ich habe vergessen, dass ich es schon erwähnt habe. However:
Du hattest gesagt, dass der Werterelativismus mit dem Solipsismus vergleichbar ist. Das halte ich nicht für richtig. Wer ist schon Solipsist oder welche bedeutenden Solipsisten kennst du? Werterelativisten gibt es hingegen genug (wenn man meinem Prof da glauben darf) und diese philosophische Richtung wird mit Hobbes auch von einem bedeutenden Philosophen repräsentiert. Sein Kontraktualismus ist ja einer der klassischen ethischen Positionen.

Ipsissimus
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Di 22. Nov 2005, 22:31 - Beitrag #46

war ja nicht gegen dich gerichtet, Maurice^^ nur als Gedankengang zum Thema einer objektiven Moral, ein Thema, bei dem wir uns erstaunlich einig sind, wenn ich unsere Diskrepanzen hinsichtlich Determinismus bedenke^^

Maurice
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Di 22. Nov 2005, 23:28 - Beitrag #47

Warum sollten wir uns in dieser Sache auch nicht einig sein können? Mich verwundert es ehrlich gesagt nicht. :)

Aber wo du gerade das Thema Willensfreiheit ansprichst:
Ich hatte mich ja bisher noch gar nicht offizell für mein Benehmen entschuldigt. Es ist wohl ein passender Zeitpunkt mal zu sagen, dass ich mein Verhalten im Nachhinein als falsch betrachte und hoffe, dass das nicht wieder vorkommen wird. Es ist aber leider nun mal so, dass bei mir manchmal alle Sicherungen durchbrennen und ich dann ziehmlich übel drauf sein kann. Mich diesbezüglich mehr zu beherrschen, sollte ein Ziel von mir sein.
Es tut mir also leid, dass ich so unhöflich war.
Vielleicht mache ich irgendwann nochmal ein Thread zu dem Thema auf und wir klären die Missverständniss auf, die allen Anschein nach existiert haben. Ich glaube, dass versäumt einfach wurde, wichtige Prämissen der eigenen Position ausführlich darzustellen und zu diskutieren.

Ipsissimus
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Mi 23. Nov 2005, 00:27 - Beitrag #48

ist schon okay von meiner Seite, ich bin nicht nachtragend. Außerdem habe ich ja auch ein "bißchen" was ausgeteilt^^ Sorry ebenfalls^^

Maurice
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Mo 28. Nov 2005, 14:29 - Beitrag #49

Hallo?

Warum schreibt niemand mehr was in den Thread? War doch bisher recht interessant imo. Vor allem von Pad hatte ich noch ein Statement erwartet. :(

Bowu
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Mo 28. Nov 2005, 17:35 - Beitrag #50

Also wenn ich was schreiben würde, dann würde ich bisschen über das was manche unter "Individualmoral" verstehen wettern. Sicher trifft das Individuum die Wahl unter all den denkbaren (oder undenkbaren) Moralsystemen, dabei aber zu meinen, dass der Mensch eine Wahl fern seiner innersten Mechanismen (für die Vernunft und Mitleid nur Beispiele waren) treffen könnte, scheint mir ein sehr großer Irrtum - das hieße Kühe eierlegen lassen.

Die wichtigen Fragen sind meiner Meinung nach, ob die Stärke dieser Mechanismen beeinflussbar ist. Kants Erziehung zur Moralität im Sinne der Verstärkung der moralischen Gefühle - schien mir nicht ganz einleuchtend. Schopenhauers Beschreibung des Mitleids ist zwar alles andere als normativ, aber doch so mit Erkenntnis verbunden, dass man sich im nachhinein fragt, warum sie nicht normativ sein sollte... ( und wenn nur in dem Sinne normativ, dass sie möglcihst vielen Leuten zeigt was in ihnen steckt).

Padreic
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Di 29. Nov 2005, 19:53 - Beitrag #51

@Ipsissimus:
Dass dich meine These von der im Sein verwobenen Sinnhaftigkeit nicht überzeugen kann, ist eigentlich nicht weiter verwunderlich: insbesondere, da ich so recht auch selbst nicht dran glauben kann.

Nun aber grundlegender zu meiner Behauptung, dass nicht jedes moralische Urteil rein subjektiv ist.

Für mich besteht Erkenntnistheorie vor allem darin, die Möglichkeiten von Deutung meines Erlebens darzulegen und zu untersuchen. Dabei bevorzuge ich Deutungen, die meinem Erleben ähneln, die einfach und klar, sozusagen naiv sind (im Ziel, nicht im Werden), nicht Deutungen bei denen man an das Bild 'von hinten durch die Brust ins Auge' erinnert ist. Nun habe ich trotz aller Wertvorstellungen doch in mir das Erleben, dass überhaupt so etwas wie Recht und Unrecht gibt, egal, wieviel ich daran rumklopfe, zerre und hämmere. [als Beispiel steht mir gerade vor allem das Verhalten der Bürger von Dogville vor Augen, dass ich als unrecht sehe. Allen, die den Film nicht kennen und sich ein wenig für Moral interessieren, kann ich ihn nur wärmstens ans Herz legen]

Ich will gar nicht bestreiten, dass meine Moralvorstellungen möglicherweise einzig und allein aus Erziehung und evolutionär geprägten Mustern resultiert. Aber ich halte diese Interpretation nicht für die naheliegenste und der Sache angemessenste. Auch sie ist ohne Zweifel durch unsere Zeit geprägt.

Für die Existenz dessen, was man üblicherweise Außenwelt nennt, in einer Form, die unserem üblichen Begriff davon zumindest ähnelt, gibt es auch im wesentlichen nur die Anzeichen meines Erlebens. Und ich kann nicht sagen, dass meine Zweifel an der Existenz von objektiver Moral größer wären als die an der objektiven Außenwelt (von meinem Empfinden her). Was nicht heißt, dass sie nicht vorhanden sind, versteht sich.
Wenn die Werte schon nicht objektiv sind, kann ich ihnen dann wenigstens einen hypothetisch objektiven Status einräumen wie ich ihn auch der Außenwelt einräumen kann.

Sicher mag man auch einwenden, dass so eine These schlecht vertreten ist, wenn man weder die genauen Inhalte dieser objektiven Werte beschreiben kann noch in welcher Seinsweise sie existieren. Darauf kann ich nur die vielleicht etwas hölzerne Analogie erwidern, dass niemand bestreiten wird, dass ein losgelassener Stein hinunterfällt, nur weil man weder die Newtonsche noch die Einsteinsche Gravitationstheorie kennt. Auch soll man die These nicht an meiner mangelnden Einsicht messen.

ich würde es eher andersherum für logisch halten^^ wenn ich für einen Wert eine Situation ersinnen kann, in der er seinen Wertecharakter verliert, ist es kein absoluter oder objektiver Wert^^ Die in deiner Variante geforderte Vollständigkeit ("in jeder Hinsicht") ist ohnehin grundsätzlich nicht gegeben, und würde auch dazu führen, daß der Ausdruck seinen Inhalt verliert, da dann jeder Wert ein absoluter Wert wäre. Hinsichtlich deines Pädophilie-Beispiels: frag mal einen Pädophilen, wenn er nicht zu befürchten hat, für die falsche Antwort zur Rechenschaft gezogen zu werden

Es geht mir sozusagen nur um die Verneinung vom Wertrelativismus, also die Behauptung, dass da irgendwie irgendwas Objektives bei Werten bei ist. Dazu genügt ein so ein Beispiel. [zur Klärung meiner Begrifflichkeiten]
Wenn man zugibt, dass es unsinnig ist, zu sagen, dass es in jeder Hinsicht besser gewesen wäre, hätte ich [Padreic] zu jener Zeit ein Kind geschändet, so gibt man immerhin zu, dass nicht alle Wertvorstellungen gleich zulässig/sinnig/wertig sind.
Und auch bei einem eingefleischten Pädophilen würde ich bezweifeln, dass er hier der Meinung gewesen wäre, dass es wirklich in allen (oder zumindest den meisten) Hinsichten besser gewesen wäre, denn erstens würde ich bezweifeln, dass die meisten Pädophilen ihr Verhalten als moralische Forderung aufstellen würde (es gibt sicherlich auch einige, die sich ihres Verhaltens dembezüglich schämen), und zweitens hatte ich am betreffenden Tag auch nicht die geringste Neigung zu einer solchen Tat und wer sollte eine Tat gutheißen, zu der der Betreffende keinerlei Neigung hat, von der der Befragte keinen persönlichen Vorteil hat und die er auch nicht zur strikten moralischen Forderung erheben will?

wo hat Ästhetik etwas mit Werten zu tun?

gut, ich kann deiner Aussage dann zustimmen, wenn ich vom Fall eines Hörers ausgehe, dem es nicht um die Musik, sondern um die darin gemutmaßten und transportierten Inhalte geht - aber weswegen sollte ich die Probleme eines Zensors zur Aushebelung des Werterelativsmus benutzen?

Nicht mir moralischen Werten, wohl aber mit ästhetischen, denke ich; öfter hört man solche Urteile wie: "Obgleich mir Werk XY persönlich besser gefällt, muss ich zugeben, dass Werk GammaXi das größere ist." Das zeigt, dass der Glaube an objektive Züge von ästhetischen Werten durchaus vorkommt, wenn nicht gar verbreitet ist.
Und das hat nicht nur mit transportierten Inhalten zu tun. Oder welche Inhalte kommen in der Kunst der Fuge oder in den Goldbergvariationen vor? Trotzdem hört man immer wieder Bewunderung für diese Werke, auch jenseits des rein persönlichen Geschmacks...

Zu der Werthaftigkeit von Gerechtigkeit: ich bin davon überzeugt, daß die Feststellung der (Un-)Gerechtigkeit eines Sachverhaltes belanglos ist angesichts der Faktizität des Sachverhalts. Ob wir Foltern als gerecht oder ungerecht bewerten, ändert nichts daran, daß das CIA foltert. Wir können den Begriff ersatzlos aus unserem Vokabular streichen - außer ein paar Begründungen, die nicht mehr ganz so gut klingen, wird sich nichts ändern.

1. Bei zu großem öffentlichen Gegenwind wird normalerweise reagiert und die betreffenden "ungerechten" Maßnahmen werden zumindest besser kaschiert oder eben gar minimiert.
2. Wenn ich selbst angewiesen werde, zu foltern, mögen moralische Begriffe nicht ohne jegliche Relevanz sein.

In deinen letzten Gedankengängen vermischst du imo Moral mit Annehmlichkeit oder mit Geschäft. Was hat "Gehorsam um Geld zu verdienen" mit einer moralischen Wertung zu tun?

Ich wollte nur demonstrieren, dass Gehorsam sehr wohl auch mit Propaganda ohne moralische Untertöne gefördert werden kann.

@Maurice:
Du machst wie Ipsi den Fehler die Frage, ob es objektive oder nur subjektive Moral gibt, an intersubjektiven Einigungen festzumachen.

Nein, den Fehler mache ich nicht. Es war primär als Antwort auf Ipsis Ausführungen gedacht.
Aber ich will Ipsi auch sicherlich zugestehen, dass uns weniger veranlasst, eine objektive Moral anzunehmen, wenn um uns herum die moralischen Vorstellungen völlig willkürlich verteilt zu sein scheinen, keine moralische Begründung jemals zieht. Ich würde auch eher daran zweifeln, dass ein Auto rot ist, wenn Person A erzählt, es sei rot, Person B, es sei grün, und Person C, es sei blau, als wenn alle es für blau halten ;).

Ich mag Mozart mehr als Hip-Hop und deshalb ist Mozart für mich wertvoller als Hip-Hop. Wenn nun jemand überhaupt kein Mozart mag aber dafür Hip-Hop, dann hat für ihn Hip-Hop mehr Wert. Ich weiß jetzt nicht, wo hier das Problem ist.

Wie schon gegenüber Ipsi ausgeführt, wird das halt von vielen nicht so gesehen. Und ein weiteres Indiz dafür, ist IMHO auch die Langlebigkeit der Musik von Mozart gegenüber der von Hip-Hop...

Ein Werterealist, der Kunst einen objektiven Wert zuschreibt, muss auch dem Picasso Wert zuschreiben, der mit einer Rakete auf den Mond geschossen wurde und da immer noch steht, selbst wenn die Menschheit schon längst nicht mehr existiert. Wie kann denn das Bild einen Wert haben, wenn es keinen Menschen mehr gäbe, denen das Bild von Nutzen ist? Und komm mir jetzt bitte nicht mit möglichen Außerirdischen.

Jein. Wenn der Wert in dem Bild allein und für sich selbst liegt, ja. Aber man kann auch einen objekten Wert für Menschen annehmen. Das ist ähnlich wie mit einem tollen Roman, der wertlos wird, wenn man die Sprache nicht versteht... die Inschrift "1+1=2" beinhaltet ja auch für Außerirdische oder gar für gar kein Leben auch keine wahre Aussage ;).

Du hattest gesagt, dass der Werterelativismus mit dem Solipsismus vergleichbar ist. Das halte ich nicht für richtig. Wer ist schon Solipsist oder welche bedeutenden Solipsisten kennst du? Werterelativisten gibt es hingegen genug (wenn man meinem Prof da glauben darf) und diese philosophische Richtung wird mit Hobbes auch von einem bedeutenden Philosophen repräsentiert. Sein Kontraktualismus ist ja einer der klassischen ethischen Positionen.

Hobbes war sicherlich ein bedeutender Politiktheoretiker, aber sonst...die radikalen Konstruktivisten wären wohl als eine Art von Solipsisten zu nennen und in einem weiteren Sinne würde ich auch an Berkeley denken (obwohl der Begriff Solipsist sicherlich nicht auf ihn passt).
Mir ging es aber eher darum, von meinen persönlichen Erfahrungen auszugehen. Hobbes Erfahrungen haben sicherlich anders ausgesehen, aber mein persönliches Erleben legt halt den Solipsismus-Wertrelativismus-Vergleich nahe, wie weiter oben schon ausgeführt.
Übrigens ist recht fraglich, ob Leute wie Hume und Hobbes wirklich völlige Wertrelativisten waren...ich kann mich an eine Passage bei Hume erinnern (die ich leider nicht zitieren kann, weil sie aus meinem Philosophiebuch hatte), wo er zu den vielleicht verheerenden Folgen seiner Anschauungen für das alltägliche Leben (in etwa) sagt, dass man am besten nicht zu viel darüber nachdenken und sich besser durch Kartenspielen oder so davon ablenken sollte...das nenne ich intellektuelle Redlichkeit ;).

Und Pad fang bitte nicht mit Drogen an, falls sich dein Denken doch noch zu einem Nihilismus verändern sollte.

Was spricht für einen Hedonisten gegen Drogen? ;). Oder hängst du einer qualitativen Glücksstrebenvorstellung an a la Mill? Zu Drogen fühle ich mich tatsächlich aber wenig hingezogen. Auch beim Selbstmord soll man keine halben Sachen machen ;).

Zur Sinn- und Orientierungslosigkeit: du hast doch durch alle Wertrelativisterei deinen Glauben von Glück als einer von praktischem absoluten subjektiven Wert beibehalten, oder? Wenn dieser Halt wegfällt, sieht es sehr viel düsterer aus ;).

Padreic

P. S. Ich hoffe, die angestrebte und tatsächliche Länge des Beitrags überzeugt dich davon, dass etwas Zeit von Nöten war, mir das zu überlegen und es aufzuschreiben und dass man so etwas leicht etwas aufschiebt, wenn man nicht gerade zu reichlich mit Zeit gesegnet ist ;)

Maurice
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Di 29. Nov 2005, 22:43 - Beitrag #52

Da ich Sarah gerade am Telefon habe und gleich ins Bett gehe, gehe ich nur ganz kurz auf eine Sache ein:
Was spricht für einen Hedonisten gegen Drogen?

Ganz einfach: Strukturelle Glücksmaximierung ist besser als punktuelle Glücksmaximierung.
Schau dir einfach mal den Klassiker unter den Hedonisten, Epikur, an, schon der wehrt sich gegen diese Vorurteile, die leider selbst heute noch von Leuten vertreten wird, die keine Ahnung haben. :rolleyes:

Ipsissimus
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Mi 30. Nov 2005, 00:38 - Beitrag #53

ich würde allerdings Epikur eher nicht zu den Hedonisten zählen^^ seine ataraxia hat praktisch nichts mit Aristipps Hedonismus zu tun

Padreic, dazu muss ich erst ein wenig nachdenken^^

Ipsissimus
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Mi 30. Nov 2005, 15:55 - Beitrag #54

.... Nun habe ich trotz aller Wertvorstellungen doch in mir das Erleben, dass überhaupt so etwas wie Recht und Unrecht gibt, egal, wieviel ich daran rumklopfe, zerre und hämmere.


wir sprechen hier natürlich nicht über "Recht" in seiner Bedeutung als "Gesetzessystem" wie in "Strafrecht". Sprechen wir darüber in der Bedeutung von "Gerechtigkeit", scheint die Feststellung zunächst deiner intendierten "Naivität" zu entsprechen.

Allerdings ist "der Mensch", das Individuum, keine als Kind sich selbst überlassene autonome Einheit; es wird vielmehr sozialisiert anhand von Werten und Normen, die ihm zunächst mal unhinterfragbar auferlegt werden gemäßt den Vorgaben seines Gesellschaftssystems.

Ich halte dafür, daß das elementare Gerechtigkeitsempfinden eines Menschen, auf das du in dem zitierten Satz zu rekurrieren scheinst, ein sozial mediiertes Empfinden ist - das ist der einzige plausible Grund, der mir im Moment einfällt, dafür, daß weltweit divergierende Vorstellungen im elementaren Gerechtigkeitsempfinden von Menschen verankert sind.


Wenn man zugibt, dass es unsinnig ist, zu sagen, dass es in jeder Hinsicht besser gewesen wäre, hätte ich [Padreic] zu jener Zeit ein Kind geschändet, so gibt man immerhin zu, dass nicht alle Wertvorstellungen gleich zulässig/sinnig/wertig sind.


nun, aber das läßt immer noch die prinzipielle Wertungsmöglichkeit offen, daß es vielleicht in mancher Hinsicht besser gewesen wäre, wenn schon nicht in jeder ...

hinsichtlich dessen, womit und in welchem Ausmaß Pädophile ihre Neigungen rechtfertigen, empfehle ich die Lektüre von Andrew Vachss´ Burke-Romanen ("Kata", "Strega", "Bluebelle", "Hard Candy", aber vor allem "Kult"). Vachss ist Rechtsanwalt, der misshandelte Kinder vor Gericht vertritt; er hat seine Erfahrungen und Erlebnisse in diesen Romanen verarbeitet. Vorsicht, nichts für Zartbesaitetheit.

ich denke, die Vollständigkeit, die du forderst, kümmert in Wirklichkeit keinen Menschen. Wenn jemensch JETZT und HIER dieses und jenes machen will, was schert es dann, daß irgendwann und woanders die Einschätzung dessen, was er/sie macht, eine andere ist?


Obgleich mir Werk XY persönlich besser gefällt, muss ich zugeben, dass Werk GammaXi das größere ist." Das zeigt, dass der Glaube an objektive Züge von ästhetischen Werten durchaus vorkommt, wenn nicht gar verbreitet ist.


das kommt darauf an, welche Vorstellungen mit den Ausdrücken "besser gefällt" und "größere" verbunden sind. Das erste enthält eine persönliche Posiitonierung ist, während das letztere auf verifizierbare musikinhärente Eigenschaften abzielt. Daß dieser Begriff "größer" äußerst unglücklich gewählt ist, ist Fachleuten schon immer ein Dorn im Auge gewesen, und Fachleute werden in dieser Begrifflichkeit auch nur äußerst selten sprechen, falls sie nicht gerade kommerzielle Interesen daran haben.

ich bin gerade so trübselig drauf, also gefällt mir diese Roy-Black-Schnulze so unglaublich gut, weil sie zu meiner Stimmungslage passt. Das ändert aber nichts daran, daß ein struktureller Vergleich dieser Musik mit einer Beethoven-Symphonie auch in dieser Stimmungslage gewaltige Unterschiede nachweisen wird, hinsichtlich struktureller Komplexität, Technik und Originalität. Nur letztere sind Gegenstand der ästhetischen Theorie, nicht aber die Stimmungen, die eine Musik unterstützt oder hervorbringt.


Was die Effektivität des Reagierens auf ein genügendes Maß an öffentlichem Gegenwind angeht, teile ich deinen Positivismus nicht. Aber das mag eine reine Mentalitätsfrage sein, daher sage ich dazu nichts weiter an dieser Stelle.

Maurice
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@Epikur und Hedonismus:
Ipsi ich weiß, dass du diese Antwort nicht magst, aber ich gebe sie trotzdem:
Ich kann mich an keinen Lexikoneintrag erinnern, wo Epikur nicht als Hedonist bezeichnet wurde.
Ok ich nehme meine Aussage zurück, dass man Epikur als einen klassichen Hedonisten bezeichnen muss, da er deutliche Unterschiede zu Aristipps aufweist. Epikur ist dennoch deswegen als Hedonist zu bezeichnen, da er das Glück als das höchste Gut bezeichnet und dieses in Form von positiven Emotionen (Lust, Freude usw.) definiert. Eine solche Position wird meines Wissens nach als Hedonismus bezeichnet im Unterschied z.B. zu der Stoa, die zwar auch das Glück als höchstes Gut betrachten (und somit Eudämonisten sind) aber dieses anders als die Hedonisten als die Abwesenheit von Affekten definieren.
Der Begriff Hedonismus ist bei vielen negativ konotiert, da es ihm gegenüber Vorurteile gibt, die sich hartnäckig halten. So meinen viele, dass Hedonismus bedeuten müsste einen Rausch nach dem anderen zu erleben, da das doch das höchste an Lust sei. Es mag wohl sein, dass es Hedonisten gab, die soetwas unter Glück verstanden haben, aber es wird vergessen, dass es auch "aufgeklärte" Hedonisten gab. Epikur z.B. lehnt es strickt ab sich in Rausch zu versetzen. Der Grund warum sich die Vorurteile gegen den Hedonismus (aber auch gegen die hedonistische Form des Utilitarismus) hält, ist wohl, dass Glück oft als die Anwesenheit von Lust und die Abwesenheit von Unlust definiert wird und man sich darunter dann eben sowas wie Rausch vorstellt. Was aber in den meisten Fällen gemeint wird sind eben nur positive Emotionen, die natürlich mehr umfassen, als nur Rausch. Macht man sich nun klar, dass mit "Lust" idR positive Emotionen generell gemeint sind (siehe auch Bentham) gemeint, dann erscheint für unsereins die hedonistische Person, dass alle Menschen von Natur aus nach positiven Emotionen streben, bei weiten nicht mehr so abwegig.


@Pad:
Zur Sinn- und Orientierungslosigkeit: du hast doch durch alle Wertrelativisterei deinen Glauben von Glück als einer von praktischem absoluten subjektiven Wert beibehalten, oder? Wenn dieser Halt wegfällt, sieht es sehr viel düsterer aus

Mein Hedonismus widerspricht nicht dem Werterelativismus. Glück ist kein Wert an sich, sondern der höchste Wert für einen Menschen, wonach er strebt. Glück ist kein objektiver Wert, da er vom Menschen abhängig ist und nicht unabhängig von ihm besteht.

@Mill: Für mich ist seine Idee von der Qualität des Glücks, das nichts mit der Quantität zu tun hat, unplausibel. Auf mich wirkt es willkürlich, welche Form von Glück als qualitativ besser bewertet wird. Imo ist es wohl nur ein Versuch von ihm gewesen, von ihm vertretene traditionelle Werte einzubringen, ohne sie über das übliche Kalkül zu begründen.

Und ein weiteres Indiz dafür, ist IMHO auch die Langlebigkeit der Musik von Mozart gegenüber der von Hip-Hop.

Mit solchen Begründungen wäre ich ganz vorsichtig. Die Diskriminierung von Frauen hat sich auch über Jahrhunderte hinweg gehalten. War sie deshalb gut? Mehrheitsmeinungen, egal wie langlebig sie sind, halte ich für keine guten Wahrheitsindikatoren.
Und angenommen es gäbe nur noch Menschen die Hip-Hop mögen, aber keine Klassik, wäre Klassik dann immer noch mehr wert?

Jein. Wenn der Wert in dem Bild allein und für sich selbst liegt, ja. Aber man kann auch einen objekten Wert für Menschen annehmen. Das ist ähnlich wie mit einem tollen Roman, der wertlos wird, wenn man die Sprache nicht versteht

Wo ist da der bedeutende Unterschied zu meinem Werterelativismus? Bei dir hängt der Wert einer Sache auch schon vom Menschen ab.

Nun habe ich trotz aller Wertvorstellungen doch in mir das Erleben, dass überhaupt so etwas wie Recht und Unrecht gibt, egal, wieviel ich daran rumklopfe, zerre und hämmere.

Das dieses Gefühl nicht auf eine Existenz verweisen muss, auf die es scheinbar tut, ist dir wohl auch klar. Wenn ich Nachts nach Hause durch den Wald gehe, dann habe ich auch oft das Gefühl, dass jemand in den Büschen sitzt und mich beobachtet. Wer würde aber von der Tatsache, dass ich das Gefühl habe, dass mich jemand beobachtet, darauf schließen wollen, dass wirklich jemand mich beobachtet? Mag sein, dass wirklich jemand in den Büschen sitzen könnte, aber wenn dies so ist, dann erhalte ich darüber keine Kenntnis, nur weil ich das Gefühl habe, beobachtet zu werden.
So sehe ich es auch in deinem Fall: Nur weil du das Gefühl hast, dass es eine objektive Moral gibt, heißt das noch nicht, dass es eine gibt.
Abgesehen davon macht es für mich einen viel größeren Unterschied, ob es eine objektive Außenwelt gibt oder nicht, als die Frage ob es eine objektive Moral gibt. Meiner Meinung nach übertreibst du, was die Relevanz der Frage angeht.

Übrigens ist recht fraglich, ob Leute wie Hume und Hobbes wirklich völlige Wertrelativisten waren

Hobbes war ein Werterelativist, 100Pro.
1. Hobbs vertritt einen Hedonismus.
2. Für Hobbes gibt es im Naturzustand KEINE Moral.
3. Moral gibt es nach Hobbes erst, nachdem Verträge geschlossen wurden.
4. Moralisch und unmoralisch ist nach Hobbes das, was den Verträgen entspricht bzw. widerspricht. Wenn z.B. im Vertrag stehen würde, dass man an jedem 4. Oktober eine Jungfrau köpfen sollte, dann ist es unmoralisch, wenn an besagten Termin keine Jungfrau geköpft wird. (Um mal ein ganz krasses Beispiel zu nehmen.)

Du kannst gerne im "Leviathan" nachlesen.
Wenn du das nicht als Werterelativismus bezeichnest, dann weiß ich auch nicht. ^^*

PS: Es wird gerne der Fehler gemacht zu sagen, dass nach Hobbes der Mensch von Natur aus böse sei. Das stimmt natürlich nicht, da nach Hobbes der Mensch im Naturzustand zwar egoistisch aber amoralisch ist, da sein Verhalten erst nach Vertragsschließung moralisch gut oder böse wird. Der Mensch nach Hobbes Vorstellungen kann man nur dann als böse bezeichnen, wenn man unsere chrsitlich geprägte Moral als Maßstab nimmt.

Padreic
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Mi 30. Nov 2005, 20:45 - Beitrag #56

@Maurice
Hobbes war ein Werterelativist, 100Pro.

Ich habe davon gesprochen, ob der lebendige Hobbes ein Wertrelativist war, nicht ob die in seinen Schriften vertretene Position eine wertrelativistische war. Bei letzterem gebe ich dir aber, so weit es meine Kenntnisse zulassen, recht.

Das dieses Gefühl nicht auf eine Existenz verweisen muss, auf die es scheinbar tut, ist dir wohl auch klar. Wenn ich Nachts nach Hause durch den Wald gehe, dann habe ich auch oft das Gefühl, dass jemand in den Büschen sitzt und mich beobachtet. Wer würde aber von der Tatsache, dass ich das Gefühl habe, dass mich jemand beobachtet, darauf schließen wollen, dass wirklich jemand mich beobachtet? Mag sein, dass wirklich jemand in den Büschen sitzen könnte, aber wenn dies so ist, dann erhalte ich darüber keine Kenntnis, nur weil ich das Gefühl habe, beobachtet zu werden.

Ich habe von Erleben gesprochen, nicht von Gefühlen. Erleben ist weiter. Wenn ich dich vor mir sehe, dich also visuell vor mir erlebe, ist das ein Indiz dafür, dass du vor mir bist? All diese Unterscheidungen zwischen Sinneseindrücken, Vorstellungen, Gefühlen und Gedanken sind auch hinterfragbar.

So sehe ich es auch in deinem Fall: Nur weil du das Gefühl hast, dass es eine objektive Moral gibt, heißt das noch nicht, dass es eine gibt.

Das habe ich auch nicht gesagt. Nur, dass es ab einem bestimmten Grad des Erlebens hier sinnvoller ist, eine solche objektive Moral anzunehmen als sie nicht anzunehmen, zumindest praktisch.

Abgesehen davon macht es für mich einen viel größeren Unterschied, ob es eine objektive Außenwelt gibt oder nicht, als die Frage ob es eine objektive Moral gibt. Meiner Meinung nach übertreibst du, was die Relevanz der Frage angeht.

Ich würde es wohl eher andersherum sehen. Ob es eine objektive Außenwelt gibt oder diese bloß konsequenter Schein eine objektiven Außenwelt ist, das ist eigentlich mehr von akademischen Interesse. Auch kann es mir erstmal egal sein, ob all das, was als Personen scheint, wirklich Personen sind. Diese Frage wird erst beim Eintreten einer objektiven Moral relevant, z. B. möglicherweise bei einer Forderung, anderen Personen nicht willkürlich Schaden zuzufügen.

Wo ist da der bedeutende Unterschied zu meinem Werterelativismus? Bei dir hängt der Wert einer Sache auch schon vom Menschen ab.

[mit dem 'bei dir' wäre ich vorsichtig...das ist hypothetisch, was ich schreibe]
Es ist ein Unterschied, ob man sagt, dass jede Wertvorstellung eines Menschen gleichermaßen gültig oder ob man sagen kann, dass, wenn jemand ein Mensch ist, er der und der Wertvorstellung (objektiv) anhängen müsse.

Mit solchen Begründungen wäre ich ganz vorsichtig. Die Diskriminierung von Frauen hat sich auch über Jahrhunderte hinweg gehalten. War sie deshalb gut? Mehrheitsmeinungen, egal wie langlebig sie sind, halte ich für keine guten Wahrheitsindikatoren.

ein Indiz ist etwas anderes als ein Indikator. 'Wo Rauch ist, ist auch Feuer' kann auch falsch sein. Das bedeutet nicht, dass man diesen Schluss völlig verwerfen müsse.
Wenn ich einen Wertrelativismus vertreten würde, könnte ich immerhin auch sagen, dass Frauendiskriminierung eine tolle Sache ist, ohne dass mich jemand dafür tadeln könnte ;). Aber im Ernst: ich halte die moderne Behandlung von Frauen nicht für das non plus ultra und glaube auch nicht an eine strikte Weiterentwicklung. Man muss den wahren Kern, der vielleicht durch das Verhalten in den verschiedenen Zeiten durchscheint, erkennen. Dieser mag allerdings in der einen Epoche mehr vertreten sein als in einer anderen, ohne Frage. Aber das ist wohl Off-Topic.

Und angenommen es gäbe nur noch Menschen die Hip-Hop mögen, aber keine Klassik, wäre Klassik dann immer noch mehr wert?

Rein theoretisch, ja. Aber es wäre sehr unwahrscheinlich, dass die Menschen fähig wären, die Schönheit der klassischen Musik zu erkennen, dies aber allesamt nicht täten.

Ganz einfach: Strukturelle Glücksmaximierung ist besser als punktuelle Glücksmaximierung.
Schau dir einfach mal den Klassiker unter den Hedonisten, Epikur, an, schon der wehrt sich gegen diese Vorurteile, die leider selbst heute noch von Leuten vertreten wird, die keine Ahnung haben.

Die Gegenkritik der Epikureer ist mir durchaus bekannt...was wäre das auch für ein Philosophiekurs, wo antike Glücksvorstellungen behandelt wird und dies nicht zur Sprache käme ;).
Das spricht aber nicht prinzipiell gegen Drogen, sondern nur aus praktischen Erwägungen. Wäre dafür gesorgt, dass ich ohne in die entsprechende Szene abzurutschen in aller Ruhe und Seligkeit mein Heroin nehmen kann und hätte ich sonst nicht viel an Glück vom Leben zu erwarten...ja, was sollte mich dann als Hedonisten daran hindern?

Für mich ist seine Idee von der Qualität des Glücks, das nichts mit der Quantität zu tun hat, unplausibel. Auf mich wirkt es willkürlich, welche Form von Glück als qualitativ besser bewertet wird. Imo ist es wohl nur ein Versuch von ihm gewesen, von ihm vertretene traditionelle Werte einzubringen, ohne sie über das übliche Kalkül zu begründen.

IMHO ist eben einfach die Vorstellung, dass Menschen stets Glück anstrebten, wenn man Glück nur am Endorphinspiegel misst, nicht zu halten. Da reicht das Gedankenexperiment, dass man die Möglichkeit hätte, so viel Soma zu kriegen, wie man will...es gäbe durchaus Leute, die das ablehnten. Es sind aber wohl auch Beispiele aus der Praxis zu finden; wo aber Widerspruch leichter wird.
Wenn ich mich recht erinnere, definiert Mill ein Glück einer höheren Qualität so, dass es von allen, die beide Glücke genossen haben (oder zumindest doch den meisten), das Glück der höheren Qualität dem der niederen vorgezogen wird, ungeachtet der womöglich höheren Intensität beim Glück niedereren Qualität. Das mutet für mich überhaupt nicht willkürlich an, diese Betrachtung ist sogar offenbar notwendig, wenn man der Meinung ist, dass alles Handeln im Streben nach Glück gründet. Denn wenn es Glück unterschiedlicher Qualität (im Sinne Mills) gibt, dann ist die These, dass man stets nur nach möglichst hoher Glücksintensität strebt, falsch. Wenn man letztere These zugrundlegt, gibt es dann eben einfach nur eine Glücksqualität.

Mein Hedonismus widerspricht nicht dem Werterelativismus. Glück ist kein Wert an sich, sondern der höchste Wert für einen Menschen, wonach er strebt. Glück ist kein objektiver Wert, da er vom Menschen abhängig ist und nicht unabhängig von ihm besteht.

Man beachte den Ausdruck vom 'praktischen absoluten subjektiven Wert'. Wenn du darin findest, dass ich es als objektiven Wert bezeichne, gebe ich dir einen aus ;). Ich wollte auch gar nicht sagen, dass deine Einstellung zu Glück einem (intellektuellen) Wertrelativismus widerspricht. Nur darlegen, dass du nicht ohne festen Wert darstehst.

[Post an Ipsi folgt später]

Maurice
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Mi 30. Nov 2005, 21:39 - Beitrag #57

Hach schön, dass im Moment soviel Leben in der Philo-Sektion herrscht. Diese anspruchsvollen Diskussionen habe ich vermisst. :)

Zitat von Padreic:Ich habe davon gesprochen, ob der lebendige Hobbes ein Wertrelativist war, nicht ob die in seinen Schriften vertretene Position eine wertrelativistische war.

Ok es ist möglich, dass Hobbes Texte nicht mit dem übereinstimmen, was er wirklich gedacht hat. Aber das wird wohl äußerst unwahrscheinlich und daher hier nicht relevant sein.

Ich habe von Erleben gesprochen, nicht von Gefühlen. Erleben ist weiter. Wenn ich dich vor mir sehe, dich also visuell vor mir erlebe, ist das ein Indiz dafür, dass du vor mir bist?

Wie "erlebst" du denn diese objektiven Werte, wenn nicht als Gefühl? Siehst du sie alla Platon vor dir? :confused:

Diese Frage wird erst beim Eintreten einer objektiven Moral relevant, z. B. möglicherweise bei einer Forderung, anderen Personen nicht willkürlich Schaden zuzufügen.

Eine funktionierendes Zusammenleben ist auch ohne Werterealismus möglich. So gibt es auch andere Möglichkeiten Regeln des Zusammenlebens zu begründen, außer dass eine Handlungsweise an sich gut oder schlecht sei.

Es ist ein Unterschied, ob man sagt, dass jede Wertvorstellung eines Menschen gleichermaßen gültig oder ob man sagen kann, dass, wenn jemand ein Mensch ist, er der und der Wertvorstellung (objektiv) anhängen müsse.

Und wie willst du nun für letzteres argumentieren? Mit dem kategorischen Imperativ oder mit der Bibel?

ein Indiz ist etwas anderes ls ein Indikator. 'Wo Rauch ist, ist auch Feuer' kann auch falsch sein. Das bedeutet nicht, dass man diesen Schluss völlig verwerfen müsse.

Das stimmt natürlich. Ich bin aber nun mal sehr skeptisch, wenn jemand ein Existenzpostulat mit Gefühlen argumentiert. Jaja ich weiß, du meinst, es seien nicht nur Gefühle, aber ich kann mir nicht vorstellen, was es sonst sein soll, weshalb ich es vorerst weiter "moralische Gefühle" nenne.

Wenn ich einen Wertrelativismus vertreten würde, könnte ich immerhin auch sagen, dass Frauendiskriminierung eine tolle Sache ist, ohne dass mich jemand dafür tadeln könnte.

Ach Pad lass doch diese Sprüche. :rolleyes:
Nur weil es keine objektiven Werte gibt, heißt das doch nicht, dass man nicht mehr über Werte diskutieren könnte.

Rein theoretisch, ja. Aber es wäre sehr unwahrscheinlich, dass die Menschen fähig wären, die Schönheit der klassischen Musik zu erkennen, dies aber allesamt nicht täten.

Ich kann mir nicht vorstellen, wie ein Musikstück als "schön" bezeichnet werden kann, wenn nicht durch eine subjektive Wertung. Es bleibt die Frage wo denn dieser Wert herkommen soll, wenn nicht vom Subjekt.
Außerdem woher willst du wissen, dass die Klassik die schönere Musik ist? Vielleicht hast du bisher die wahre Schönheit des Hip-Hop nur nicht erkannt... Wie willst du herausfinden was objektiv schön ist?

Das spricht aber nicht prinzipiell gegen Drogen, sondern nur aus praktischen Erwägungen. Wäre dafür gesorgt, dass ich ohne in die entsprechende Szene abzurutschen in aller Ruhe und Seligkeit mein Heroin nehmen kann und hätte ich sonst nicht viel an Glück vom Leben zu erwarten...ja, was sollte mich dann als Hedonisten daran hindern?

Wenn ein unglückliches Leben ohne jede Hoffnung oder ein Leben im Drogenkonsum zur Auswahl stünden, so würde ich für letzteres plädieren, wenn nach dem Abflauten der Wirkungen entweder keine Nebenwirkungen oder ein schneller Tod der Fall wäre.

IMHO ist eben einfach die Vorstellung, dass Menschen stets Glück anstrebten, wenn man Glück nur am Endorphinspiegel misst, nicht zu halten. Da reicht das Gedankenexperiment, dass man die Möglichkeit hätte, so viel Soma zu kriegen, wie man will...es gäbe durchaus Leute, die das ablehnten. Es sind aber wohl auch Beispiele aus der Praxis zu finden]
Pad wohl (fast) jede philosophische Position wurde bereits soweit durchdacht, dass sie ausreichend imunisiert wurde. Auf deine "Widerlegung" antworte ich deshalb mit dem Einwand, dass dieses beispiel erstmal nur widerlegt, dass der Mensch immer bewusst nach Glück strebt. Um das festzustellen, bedarf es eines solchen Beispiels aber nicht.
Wie kann man nun auf dein Beispiel antworten? Ich zu meinen Teil löse das Problem dahingehend auf, dass wir auch einen Trieb nach Freiheit haben und dieser uns von einem Leben in ständigen Rausch abhalten kann, weil dieses als
eklatante Einschränkung unserer Freiheit verstanden wird. Andere Möglichkeit wäre, dass wir auf Grund unseres anerzogenen Gewissens eine Abneigung gegen Drogen haben, selbst wenn wir uns sicher wären, dass sie unser Glück vermehren würden.
Nun gut jetzt muss ich doch ein wenig auf meine Handlungstheorie eingehen: Wir haben neben bewussten auch unbewusste Wünsche, die auch dann handlungswirksam sein können, wenn wir sie nicht bewusst wahrnehmen. Diese Wünsche bestimmen unser Verhalten maßgeblich. Glück (im Sinne von positiven Emotionen) stellen sich dann ein, wenn bestimmte Wünsche erfüllt werden und keine wichtigeren verletzt werden. Dabei ist wichtig, dass nicht der stärkste Wunsch auch der beste sein muss, denn der Wunsch ist der beste, dessen Erfüllung am meisten Glück zur Folge hat.
Angewendet auf dein Beispiel würde ich nun behaupten, dass der Wunsch nach Freiheit oder ein anderer möglicherweise nur latenter Wunsch uns davon abhält das Soma zu konsumieren. Objektiv betrachtet wäre das aber die besserer Entscheidung.
Ich weiß, dass ich mit dieser Imunisierungsstrategie eine weitere Diskussion in die Richtung sinnlos machen lasse, aber letzten Endes läuft jede Diskussion über Modelle auf Imunisierungen hinaus. Es bleibt dann eine Frage des persönlichen Geschmacks, welches geschlossene Modell für einen selbst am plausibelsten ist. Ich habe aber dir gegenüber den Vorteil, dass ich schon ein soweit geschlossenes Modell vorweisen kann, was bei dir noch nicht der Fall zu sein scheint, was ich einfach daraus schlussfolgere, dass du sagtest, dass du dir längere Zeit über die Antworten Gedanken machen musstest. Hat man nämlich schon vorher Antworten auf bestimmte Fragen, dann muss man sie nur noch niederschreiben und nicht mehr viel über die nachdenken.

Das mutet für mich überhaupt nicht willkürlich an, diese Betrachtung ist sogar offenbar notwendig, wenn man der Meinung ist, dass alles Handeln im Streben nach Glück gründet. Denn wenn es Glück unterschiedlicher Qualität (im Sinne Mills) gibt, dann ist die These, dass man stets nur nach möglichst hoher Glücksintensität strebt, falsch. Wenn man letztere These zugrundlegt, gibt es dann eben einfach nur eine Glücksqualität.

Im Grunde geht es nicht um reine Glücksmaximierung, sondern um die Erfüllung von möglichst hochrangiger Wünsche. Von dieser Wünschehierachie ist wenn uns nur ein Teil bewusst. Theoretisch würden wir etwas modifiziert auch ohne Emotionen funktionieren. Dieses Modell erklärt imo, warum wir nicht immer nur nach dem höchsten emotionalen Kick handeln, sondern eben danach, welcher Wunsch der stärkste ist. Auf phänomenologischer Ebene ist aber das erlebte Glück das scheinbare Kriterium, da es eine Bewertungskritierium ist, das nicht weiter rechtfertigt werden braucht bzw. auch gar nicht kann. Imo trifft das auf sonst keine Sache zu.
Aber um doch nochmal auf die Qualitäten zurück zu kommen:
1. Wie soll man unterscheiden, welche Handlungen das qualitativ bessere Glück zur Folge hat?
2. Wie sollen sich diese unterschiedlichen Qualitäten anfühlen?
3. In welchen Wertverhältnis stehen Glücksmomente höherer zu niedrigerer Stufe? Sind drei Glücksmomente der Stufe 1 so gut, wie ein Glücksmoment der Stufe 3?

Maurice
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Do 1. Dez 2005, 14:03 - Beitrag #58

Hmm habe gerade meinen letzten Post nochmal gelesen und ich finde den vorletzten Abschnitt nicht sooo gut gelungen. Falls ich mich aber missverständlich ausgedrückt habe,kann ich das immer noch bei Bedarf versuchen näher zu erklären. Problem ist hier mal wieder, dass ich eine doch imo schon durchdachte Meinung habe, aber die Gedanken noch nicht in eine für mich ausreichende Form gebracht habe. Ich hoffe es wird trotzdem klar, was ich meine.


Aber nochmal was zu den Glücks-Qualitäten:
Bei Glück von verschiedenen Qualitäten zu sprechen, macht imo nach etwas Überlegung schon Sinn, wobei ich dann unter Qualitäten nicht das Verstehe, was Mill damit zu meinen scheint. Bei Wahrnehmungen haben wir ja auchverschiedene phänomenale Qualitäten, wie sehen, schmecken, fühlen usw. Diese sind aber untereinander nicht schon an sich besser oder schlechter, sondern wenn dann nur in bestimmten Kontexten, z.B. ist in völliger Dunkelheit das Fühlen(/Tasten) mehr Wert, als das Sehen.
Bei Glück würde ich analog auch von verschiedenen Qualitäten sprechen im Sinne von verschiedenen Formen vpn Glück, also z.B. Euphorie, Gefühl der Ruhe, Entspanntheit, Heiterkeit usw. Padreic gebe ich jetzt dahingehend recht, dass es schwer fällt diese Formen des Glücks rein über Quantität auszudrücken und zu sagen, dass z.B. Euphorie eine bessere Form des Glücks ist Entspanntheit, wenn man die Sache rein punktuell betrachet. Auf der anderen Seite kann man doch wieder die verschiedenen Zustände quantitativ vergleichen, indem man überlegt, wo strukturell gesehen am meisten Glück bei rauskommt. Außerdem spielen da persönliche Vorlieben eine Rolle, so wünscht sich die eine Person eher möglichst häufig intensive Lustmomente im Sinne von Euphorie zu erleben, während der andere Glück im Sinne von innerer Ruhe und Gelassenheit anstrebt. Nur eins von beiden als Glück zu bezeichnen, empfinde ich als verkürzt.

Maurice
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Fr 2. Dez 2005, 10:50 - Beitrag #59

Nachtrag

@Moral "erleben":
Bei der weiteren Reflexion über deine Aussage ist mir aufgefallen, dass du voraussetzt, was es erst zu zeigen gilt. Ich versuche es am Beispiel des Essens einer Suppe zu verdeutlichen:
Wenn ich eine Suppe esse, so habe ich ein Bild einer Suppe, das Gefühl ihrer Wärme, ihren Geschmack auf meiner Zunge und rieche ihren Geruch. Stelle ich mich nun auf einen skeptischen Standpuntk, so sind wir mir die Sinnesdaten gegeben. Von diesen kann ich aber nicht sicher auf die Existenz einer Suppe schließen. Mir ist evident, dass ich diese Sinnesdaten besitze (ich benutze "evident", um den Ausdruck "sicher" zu vermeiden), kann aber nur dann sinnvoll sagen, dass ich eine Suppe erlben, wenn ich davon ausgehe, dass die Sinnesdaten von einer solchen verursacht werden. Wenn es aber keine Suppe geben sollte, dann erlebe ich auch keine Suppe. Um aber bei der Gegebenheit von Sinnesdaten sagen zu können, dass ich einen Gegenstand X erlebe, auf den die Sinnesdaten zu referieren scheinen, muss ich zu den Sinnesdaten die Existenz des Gegenstands X voraussetzen, die wiederum nicht automatisch mit den Sinnesdaten gegeben ist.
Übertragen auf die Moral bedeutet das,dass du eine objektive Moral voraussetzten muss, um sinnvoll sagen zu können, dass du eine solche erlebst. Wenn das Erleben das Argument für die Existenz einer Sache sein soll, dann wird gerade das vorausgesetzt, was es erst zu zeigen gilt. Deine Argumentation oder zumindest deine Ausdrucksweise ist hier deshalb inakzeptabel.

Und um nochmal kurz auf den Vergleich von Werterelativismus und Solipsismus einzugehen: Ein wichtiger Unterschied liegt auch dahingehend vor, dass es für einen Werterelativismus plausible Erklärungsmöglichkeiten gibt (siehe z.B. Ipsis Ausführungen), der Solipspismus sich dagegen hier weit schwerer tut. Weiterer Unterschied ist, dass der Werterelativismus im Gegensatz zum Solipsismus ohne zusätzliche metaphysische Annahmen auskommt.

Ipsissimus
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Fr 2. Dez 2005, 16:16 - Beitrag #60

auch da hast du wieder den Unterschied zwischen praktischer und "reiner" (theoretischer) Vernunft, Maurice. Deine Darlegungen zum Skeptizismus gehören ganz und gar zum Bereich der reinen Vernunft; sie werden keinen Menschen, der glauben will, daß etwas sei und in der gläubigen Antizipation dieses etwas daher als seiend empfindet, daran hindern, dies zu empfinden. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß auch Padreic sich des Mittels der reinen Vernunft bedient^^ teilweise zumindest

Was mich bei der Debatte immer wieder in Erstaunen versetzt, ist die von dir, Padreic, anscheinend empfundene Notwendigkeit der objektiven Gültigkeit. Ich meine, niemensch spricht dir das Recht ab, deinen moralsichen Empfindungen zu folgen und deine spezifischen Auffassungen zu leben und ihnen Folge zu leisten - über die - willkürlich erzwungenen - Grenzen dieser Aussage gibt ein professioneller Rechtsberater sicher gerne kompetente Auskunft.

Was du aber zu wollen scheinst, ist die Gewissheit, daß diese von dir für objektiv erachteten Moralia auch für mich gültig sind, vermittels ihrer angeblichen Obejektivität (natürlich bin "ich" hier nur pars pro toto). Wozu denn eigentlich?

Das Generalproblem dahinter: es gibt Menschen, die lassen andere Menschen nach deren gusto leben. Und es gibt Menschen, die wünschen (oder fühlen sich besser oder sicherer, wenn), daß alle anderen Menschen nach ihrem gusto leben. Und da die darin liegende irrsinnige Anmaßung bei einer derartigen Formulierung natürlich unmittelbar evident wird und zurückgewiesen würde, wird "Objektivität" ins Spiel gebracht, als wäre diese Anmaßung dadurch irgend geringer.

Ganz zu schweigen von dem faktischen Problem, daß menschliche Renitenz sich ganz gewiss nicht einer so abstrakten Sache wie Objektivität geschlagen gibt.

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