Wie kann man erkennen, was moralisch richtig ist?

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Padreic
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Mo 27. Mär 2006, 21:19 - Beitrag #41

@grau:
Nunja, dass Moral Recht ist, ist bei dir keine Aussage, sondern eine Definition, wenn ich dich recht verstehe, oder? Ich glaube aber, dass die meisten hier Moral und Ethik im wesentlichen synonym verwenden. So werde ich es auch halten...

@Maurice:
Da ich nicht daran glaube, dass wir streng genommen irgendetwas erkennen können (erkennen = Wissen erlangen), glaube ich auch nicht, dass wir etwqas durch ein Bauchgefühl erkennen können. Ich schließe nicht aus, dass wir durch ein Bauchgefühl motiviert die richtige Entscheidung treffen können, doch hat das nichts mit Erkenntnis zu tun.

Deinen engen Erkenntnisbegriff teile ich nicht. Ganz davon abgesehen hab ich ihn nicht mal verwendet in meiner These. Worauf willst du also hinaus?

Ich halte es für besser, eine überlegte Entscheidung einer aus dem Bauch heraus vorzuziehen, weil ersteres meiner Einschätzung nach eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit hat. Zum anderen kann man erstere idR weit besser rechtfertigen. Deshalb sollte man in Standartsituationen stets überlegt und nicht nach Gefühl handeln.

Ich verstehe nicht, was du meinst. Wenn es darum geht, ob eine Entscheidung ethisch richtig oder falsch ist, kann doch Erfolg eigentlich nur heißen, dass die Entscheidung tatsächlich eine ethisch richtige Handlung nach sich zieht. Für dich ist aber doch immer das ethisch richtig, von dem man meint, dass es ethisch richtig ist, oder? Wenn man nach dir überhaupt sagen kann, dass etwas ethisch richtig ist.
Und ist es wirklich wichtig, was man rechtfertigen kann? Vor wem überhaupt? Und wozu? Wenn vor anderen, was hat dann dir Richtigkeit von etwas mit der Kommunizierbarkeit von etwas zu tun? Und wenn es vor sich selbst ist, warum soll man sich vor sich selbst nicht mit einem "Bauchgefühl" rechtfertigen können? (Wobei ich deinen Terminus "Bauchgefühl" eigentlich für nicht geeignet befinde; erstens hat es gleich eine abwertende Note, zweitens sehe ich keine sachlichen Gründe für den Begriff)
So sehe ich keinen Grund, warum man in ethisch-moralischen Fragen nicht auch nach einem Gefühl entscheiden sollte. Ich glaube, zumindest wir beide sind uns einig, dass man nur mit der Ratio keine ethisch-moralischen Entscheidungen treffen kann. An Kants Vernunftethik glaube ich nicht...

Der Punkt, auf den ich aber eigentlich am meisten hinaus wollte, war der, dass man durchaus wissen (nicht in deinem Sinne) kann, was richtig und falsch ist in einer Situation, ohne allgemeine Grundsätze zu haben.

Maurice
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Mo 27. Mär 2006, 22:39 - Beitrag #42

Ich versuche mal nacheinander auf die Fragen einzugehen:

Zitat von Padreic:Für dich ist aber doch immer das ethisch richtig, von dem man meint, dass es ethisch richtig ist, oder? Wenn man nach dir überhaupt sagen kann, dass etwas ethisch richtig ist.

Zum Glück hast du vorher angemerkt, dass du "moralisch" und "ethisch" synonym benutzt, weil ich das nicht tue. ^^
Moralisch richtig ist für mich eine Handlung immer nur in Bezug auf ein Moralkonzept. Frage beantwortet?

Und ist es wirklich wichtig, was man rechtfertigen kann? Vor wem überhaupt? Und wozu?

Es ist nunmal menschliche Alltagsprasxis sich vor anderen für seine Handlungen und Meinungen zu rechtfertigen. Vor allem dann, wenn man sich uneins ist, ob die Handlung oder Meinung richtig ist. Oder sieht deine Alltagspraxis anders aus? Kannst ja mal ausprobieren, dich einfach nicht mehr zu rechtfertigen, wenn eine Meinungsverschiedenheit auftritt, dann wirst du den Sinn der Prxis bestimmt schnell erkennen. ]Wenn vor anderen, was hat dann dir Richtigkeit von etwas mit der Kommunizierbarkeit von etwas zu tun?[/quote]
Natürlich hat die Rechtfertigbarkeit einer Meinung kein kausales Verhältnis zu deren Richtigkeit. Wir halten unsere eigenen Meinungen aber immer für richtig, wenn wir sie vertreten und meistens wollen wir auch anderen von unseren Meinungen überzeugen. Um jemanden aber überzeugen zu können, müssen wir argumentieren, uns also rechtfertigen.

Und wenn es vor sich selbst ist, warum soll man sich vor sich selbst nicht mit einem "Bauchgefühl" rechtfertigen können?

Ok wenn es nur vor sich selbst ist, und einem ein Gefühl als Rechtfertigung reicht, dann reicht das Gefühl als Rechtfertigung. ^^
Mir und wohl dem ein oder anderen auch reichen Gefühle aber nunmal nicht als Rechtfertigung, um philosophische Standpunkte zu vertreten. So Menschen fragen sich automatisch, welche Gründe es dafür oder dagegen gibt, eine Theorie als richtig zu bewerten. Da geht es um Argumente und die sind Sache des Verstandes.

Ich glaube, zumindest wir beide sind uns einig, dass man nur mit der Ratio keine ethisch-moralischen Entscheidungen treffen kann.

Kommt ganz auf die Def. von Moral an. Setze ich meine Def. von Moral voraus, fiele mir nicht ein, wie man anders als mit dem Verstand urteilen sollte, ob man sich moralisch richtig verhält. Moral setzt imo die Vorstellung von intrinsischen Werten voraus. Sich intrinsische Werte vorstellen, ist ein Akt des Verstandes. Um nun sagen zu können, ob man (oder jemand anderes) moralisch richtig handelt, muss man sein handeln mit den kat. Regeln vergleichen, die aus der Vorstellung der intrinischen Werte entspringt. Auch das ist ein Akt des Verstandes.
Ich sehe keinen Grund warum Emotionen notwendig seien, um nach kat. Soll-Sätzen zu handeln.

Der Punkt, auf den ich aber eigentlich am meisten hinaus wollte, war der, dass man durchaus wissen (nicht in deinem Sinne) kann, was richtig und falsch ist in einer Situation, ohne allgemeine Grundsätze zu haben.

Ich schätze du meinst mit "wissen" das, was ich als "sich sicher fühlen" beschreiben würde. So gesehen gebe ich dir recht, dass man sich sicher fühlen kann, richtig zu handeln, ohne bedeutend über sein Handeln nachzudenken. ^^

Padreic
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Mo 27. Mär 2006, 23:28 - Beitrag #43

@Maurice
Deine Ausführungen darüber, dass man sich oftmals gerne rechtfertigt, will ich nicht weiter kommentieren, das es IMHO wenig mit dem Thema zu tun hat.

Mir und wohl dem ein oder anderen auch reichen Gefühle aber nunmal nicht als Rechtfertigung, um philosophische Standpunkte zu vertreten. So Menschen fragen sich automatisch, welche Gründe es dafür oder dagegen gibt, eine Theorie als richtig zu bewerten. Da geht es um Argumente und die sind Sache des Verstandes.

Mit genau der gleichen Argumentation könntest du auch verwerfen, sich mit Sinnesdata abzugeben.
Genauer: Es genügt völlig, wenn ich die Theorie, dass mein inneres Gefühl mir Auskunft über moralische Richtigkeit gibt, mit dem Verstand zu prüfen (sofern das möglich ist). Wenn ich mit dem Verstand zu dem Ergebnis komme, dass das der Fall ist, so spricht nichts dagegen, in moralischen Fragen den Verstand abzuschalten und dem inneren Gefühl zu vertrauen.

Kommt ganz auf die Def. von Moral an. Setze ich meine Def. von Moral voraus, fiele mir nicht ein, wie man anders als mit dem Verstand urteilen sollte, ob man sich moralisch richtig verhält. Moral setzt imo die Vorstellung von intrinsischen Werten voraus. Sich intrinsische Werte vorstellen, ist ein Akt des Verstandes. Um nun sagen zu können, ob man (oder jemand anderes) moralisch richtig handelt, muss man sein handeln mit den kat. Regeln vergleichen, die aus der Vorstellung der intrinischen Werte entspringt. Auch das ist ein Akt des Verstandes.

Wenn für dich die einzig denkbare Moral ist, dass man eine Theorie von inneren Werten hat, aus ihnen kategorische (?) Soll-Sätze ableitet und danach handeln will, dann hast du recht. Dann ist das aber natürlich keine echte Aussage, sondern eine Definition.

Vielleicht kann man mal irgendetwas tun, um diesen begrifflichen Spiegelfechtereien auszuweichen... ich definiere, um weiteren Missverständnissen hoffentlich vorzubeugen, ein moralisches Subjekt als jemanden, der zu einer vorgegebenen Handlung eine Ansicht hat, ob diese richtig oder falsch ist. Weiterhin möchte ich von der Voraussetzung ausgehen, dass eine Handlung objektiv richtig oder falsch sein kann. (Wenn man annimmt, dass das nur subjektive Setzungen sind oder Moral = Recht ist, wird diese Diskussion IMHO ohnehin sinnlos.)

Nehmen wir nun an, unser moralisches Subjekt ist gleichzeitig auch Philosoph. Dann würde ich die These vertreten, dass es Philosoph sein kann, so viel es will, es trotzdem nicht seine Ansicht darüber, ob eine bestimmte Handlung richtig oder falsch ist, von allgemeinen Soll-Sätzen ableiten müsste, genauso wenig, wie man als Philosoph seine Sinnesdaten von allgemeinen Naturgesetzen ableiten muss. Und auch, dass die Quelle für seine Ansicht darüber, ob eine Handlung richtig oder falsch ist, unter anderem auch aus arationalen Quellen gespeist sein darf ('arational' im Sinne dessen, wie auch Sinnesdata oder Emotionen erstmal arational sind, solange der Verstand die Oberhoheit behält, aber niemals irational sind).

grau
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Mo 27. Mär 2006, 23:50 - Beitrag #44

Zitat von Maurice:Ich sehe den Begriff als schwach an, weil er über die Bedeutung von "Norm" nicht hinweggeht. Das größte Problem was sich aus deinem Moralbegriff ergibt ist, dass es zum einen kontraintuitiv für die meisten Menschen ist, moralsiche Gebote als bloße Normen, als bloße Vereinbarungen zu betrachten. Zum anderen kannst du aus moralischer Sicht nicht mehr sagen, dass die Normen anderer Gesellschaften unmoralisch sind. Wenn moralische Gebote bloß Konventionen sind, dann ist es z.B. in Afrika auch moralisch in Ordnung Frauen zu beschneiden. Der Anspruch auf Allgemeingültigkeit, der für die meisten Menschen ein Teil von moralischen Geboten ist, geht verloren. Doch will jemand, der eine bestimmte Vorstellung von Moral vertritt nicht sagen können, dass bestimmte moralsiche Gebote für alle Menschen gelten, egal wie die regionalen Konventionen sind?


warum sollte es anliegen einer eurozentrischen moral sein, verhaltensweisen traditioneller gesellschaften als unmoralisch zu stigmatisieren? hier wird moral wieder losgelöst als global zu transportierendes allgemeingut betrachtet. es sollte eigentlich klar sein, das moral an gesellschaftliche strukturen gekoppelt ist. das wurde ja hier glaube ich schon erleutert. solange es nicht EINE gesellschaft/ ethnie/ religion usw. gibt, kann es auch nicht eine DIE moral geben. man kann sich diese zwar aus seinem kulturellen kontext heraus wünschen,für das soziokulturelle miteinander in der eigenen gesellschaft sind lebensentwürfe (moralitäten) anderer gesellschaften jedoch unerheblich. deswegen leben wir nach deiner interpretation auch in einer unmoralischen welt, weil die angeblich unmoralischen verhaltensweisen "der anderen" uns in keiner weise berühren. würden sie uns im sinne einer allgemeingültigen moral berühren, wäre die welt um einige konflikte ärmer.
ideologischer kolonialismus sollte doch zumindest unmoralisch sein, wenn nach deiner aussage moral mehr ist, als existentielle normen (so wie ich es sehe). für bestimmte traditionelle gesellschaften ist die patriarchaische organisation des westens unmoralisch, genauso wie der monothoismus oder die schulmedizin. wie sollte hier allgemeingültigkeit von moralitäten hergestellt werden? zumal traditionelle gesellschaften, wo sie in ihren nischen noch existieren teilweise besser funktionieren, als unsere eigene. woher weiß ich das ich recht habe ?

Zitat von Padreic:Nunja, dass Moral Recht ist, ist bei dir keine Aussage, sondern eine Definition, wenn ich dich recht verstehe, oder? Ich glaube aber, dass die meisten hier Moral und Ethik im wesentlichen synonym verwenden. So werde ich es auch halten...


...es ist wenn man so will eine definition. rom hat das christentum mit seinen moralvorstellungen zur staatsreligion gemacht, weil es den bedürfnissen der agrargesellschaft und seiner streng patriarchaischen grundordnung entgegen kam. als nachfolger des römischen reiches deutscher nation stehen wir in unmittelbarer juristischer tradition dieses christlichen moralverständnisses. das lernt jeder jurastudent im ersten semester.
moral ist alles andere als ethik. bedauerlich, dass die termini immer synonym gebraucht werden.
nochmal: moral ist existentiell. in komplexen großgesellschaften hat sich das fünfte gebot als heilsam erwiesen. in vorindustriellen stammesgesellschaften in denen es die blutrache als konfliktlösungsinstrument noch gibt, führt dies zu daueragression und dauerbewaffnung und gelegentlich zur ausrottung ganzer sippen. es gibt dort kein generelles tötungsverbot, weil die strukturen von großgesellschaften (judi., exi., legisl.,) fehlen. nicht weil die ethnien generell unmoralisch wären. sie leben in einer funktionalen moralgesellschaft mit eigenen strategien. auch wenn das für uns befremdlich ist. unmoralisches verhalten führt auf grund der juristischen manifestierung zu konsequenzen! unethisches verhalten eben nicht! hier liegt der signifikante unterschied! sollte dies anders sein, lass ich mich gern durch ein beispiel belehren, wo "unmoralisches verhalten" konsequenzlos bleibt und wo unethisches verhalten bestraft wird.

Maurice
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Mo 27. Mär 2006, 23:54 - Beitrag #45

Zitat von Padreic:@Maurice
Deine Ausführungen darüber, dass man sich oftmals gerne rechtfertigt, will ich nicht weiter kommentieren, das es IMHO wenig mit dem Thema zu tun hat.

Doch das hat etwas mit dem Thema zu tun. Ich begründe meine These, dass es wichtig ist, dass man sich rechtfertigen kann, mit der Praxis im alltäglichen Leben.

Mit genau der gleichen Argumentation könntest du auch verwerfen, sich mit Sinnesdata abzugeben.

Da hast du nicht unrecht. Wenn es verpönt wäre, seine Meinungen mit Sinnesdaten zu begründen, dann sollte man das wenn möglich nicht machen, wenn man anderen von seinen Meinungen überzeugen will.

Es genügt völlig, wenn ich die Theorie, dass mein inneres Gefühl mir Auskunft über moralische Richtigkeit gibt, mit dem Verstand zu prüfen (sofern das möglich ist). Wenn ich mit dem Verstand zu dem Ergebnis komme, dass das der Fall ist, so spricht nichts dagegen, in moralischen Fragen den Verstand abzuschalten und dem inneren Gefühl zu vertrauen.

In dem Fall ist die Methode gerechtfertigt. Nur werde ich mit dem hier notwendig zu grunde leigenden Moralbegriff nicht viel anfangen können.

Wenn für dich die einzig denkbare Moral ist, dass man eine Theorie von inneren Werten hat, aus ihnen kategorische (?) Soll-Sätze ableitet und danach handeln will, dann hast du recht. Dann ist das aber natürlich keine echte Aussage, sondern eine Definition.

Ich habe ja auch geschrieben, dass das meine Definition von "Moral" ist. ^^
Kurze Erklärung: Es müssen kategorische Sol-Sätze sein, sonst wären es hypothetische. Hypothetische Soll-Sätze laufen nach dem Schema "wenn du X willst, solltest du Y tun". Kat. Soll-Sätze hingegen lauten immer "du sollst X tun". Wenn wir Moral nicht als eine Sammlung von kat. Soll-Sätzen defineiren, was unterscheidet die Moral dann von Ratschlägen der Klugheit? Ich soll z.B. niemanden foltern, nicht weil es irgendeinem Interesse von mir schadet, sondern weil es an sich schlecht ist.
(Entschuldigt die kantischen Formulierungen. ^^)
Kat. Soll-Sätze setzten wiederum die Idee von intrinsischen Werten voraus, weil man etwas ja um seiner selbst willen tun soll. Wenn man etwas nur tun soll, allein weil es für einen selbst von Nutzen ist, haben wir wieder einen hypo. Soll-Satz. Da moralsiche Gebote aber verbindlich sein sollen und unabhängig von persönlichen Interessen, muss man diese Soll-Sätze, damit begründen, dass es um einen Gegenstand mit einem Wert an sich hat, der unabhängig von der subjektiven Interessenslage besteht.


ein moralisches Subjekt als jemanden, der zu einer vorgegebenen Handlung eine Ansicht hat, ob diese richtig oder falsch ist.

Sorry aber das halte ich nicht für ausreichend. Das hieße nämlich, dass ich z.B. schon dann ein moralisches Subjekt wäre, wenn ich sehen würde, dass jemand versucht, mit einem Löffel ein Brot zu schneiden und ich darüber urteile, dass dieses Vorgehen falsch ist.
(siehe dazu auch Post#7)
Wenn alle Arten von richtig und falsch automatisch moralische Prädikate sind, dann halte ich diesen Moralbegriff auch als zu schwach, weil damit der Unterschied zur bloßer instrumenteller Vernunft verloren geht.

Weiterhin möchte ich von der Voraussetzung ausgehen, dass eine Handlung objektiv richtig oder falsch sein kann.

Meinst du damit, dass eine Handlung unabhängig von der Bewertung des Subjekts einen Wert hat oder meint "objektiv =an sich"?


Edit @ grau:
Ich habe mich wohl missverständlich ausgedrückt, weshalb ich dir auch keinen Vorwurf mache. ^^
Ich glaube ja auch, dass morlische Regeln allein nur gesellschaftliche Konventionen sind, die verabsolutiert werden. Ich würde sie dennoch nicht als Normen bezeichnen, weil man von Normen weiß, dass sie nur Vereinbarungssache sind. Moralische Regeln haben dagegen einen stärkeren Gültigkeitsanspruch.
Ich bin bestimmt nicht hier, um moralische Regeln zu verteidigen, sehe ich mich doch selbst als Amoralist. Ich versuche lediglich einen starken Moralbegriff zu verteidigen, da ein solcher differenzierter ist als ein schwacher.

Ipsissimus
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Di 28. Mär 2006, 10:02 - Beitrag #46

Moralische Regeln haben dagegen einen stärkeren Gültigkeitsanspruch.


Ansprüche können gestellt werden ohne Ende, das ist nicht das Problem^^ sie durchzusetzen, das ist schon eine andere Frage. Womit Moral unabweisbar mit der Frage der Macht gekoppelt ist. Solange du nur die höhere Moral und ich die Waffen habe, macht es mir nicht wirklich etwas aus, daß ich keinen moralisch überzeugenden Grund dafür finde, weswegen ich dir das Hirn wegblase, wenn du nicht machst, was ich will^^

Eine Diskussion, die versucht, äußere Gültigkeit eines moralischen Aussagensystems aus dessen inneren Qualitäten abzuleiten, ignoriert wesentliche Elemente dessen, wie Menschen und menschliche Gemeinschaften funktionieren. Selbt in unseren zutiefst domestizierten Gesellschaften, in denen zumindest die "guten Bürger" sich intuitiv sorgen, ob die Versicherung bezahlt, wenn sie einen Angreifer durch zu starke Gegenwehr verletzen, ist es notwendig, Ansprüche einer Moral mit Strafandrohung seitens einer dazu ausreichend mächtigen Instanz durchzusetzen, sonst bleibt sie weitgehend belanglos.

Das stimmt auch noch im interkulturellen Vergleich - die nordamerikanischen Indianer sind nicht wegen der höheren Moral des europäischen Abschaums an den Rand der Ausrottung geraten, sondern wegen dessen überlegenen Waffen. Moral hat in diesem Zusammenhang NATÜRLICH ihre Rolle gespielt - es macht das ganze für die Sieger etwas entspannter, wenn sie denn des Abends im Kreise der Lieben von der überlegenen Moral des Weißen sprechen können, statt von Massenmord berichten zu müssen; und die weniger intelligenten unter den Kanonenfutter-Soldaten sterben einfach viel bereitwilliger, wenn es im Namen der Freiheit geschieht.

grau
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Di 28. Mär 2006, 10:53 - Beitrag #47

Zitat von Maurice:Ich glaube ja auch, dass morlische Regeln allein nur gesellschaftliche Konventionen sind, die verabsolutiert werden. Ich würde sie dennoch nicht als Normen bezeichnen, weil man von Normen weiß, dass sie nur Vereinbarungssache sind. Moralische Regeln haben dagegen einen stärkeren Gültigkeitsanspruch.


wenn ich dich richtig verstehe sind normen und moral nicht identisch. das begründest du mit einem stärkeren gültigkeitsanspruch von moral. die stärkste gültigkeit haben meiner meinung nach aber die juristisch verankerten normen. die normmißachtung wird bestraft. was könnte höhere gültigkeit bestitzen als staatlich reglementierte und sanktionierte verhaltensweisen? man kann natürlich sagen: was kümmert mich die rechtsnorm, wenn ich meine individualmoral habe und diese höher bewerte. seltsamer weise wird sich diese individualmoral in den allermeisten fällen mit den kollektivistischen rechtsnormen decken. zufall, oder ist moral und norm doch das selbe? zudem ist moral, auch wenn sie nicht mit normen identisch wäre, lediglich "vereinbahrugssache". oder willst du behaupten, dass es eine transzendentale moral ohne gesellschafftliche kausalität gibt?

Zitat von Maurice:Ich bin bestimmt nicht hier, um moralische Regeln zu verteidigen, sehe ich mich doch selbst als Amoralist. Ich versuche lediglich einen starken Moralbegriff zu verteidigen


...wie geht das logisch zusammen?

Ipsissimus
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Di 28. Mär 2006, 11:21 - Beitrag #48

seltsamer weise wird sich diese individualmoral in den allermeisten fällen mit den kollektivistischen rechtsnormen decken


das ist nicht seltsam, sondern Folge von Aufzucht und Hege, also von Sozialisation; glücklich die Menschen, denen diese nicht zu eng ist

Lykurg
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Folge von Aufzucht und Hege
Ein Vorgang, dem ich eine Wechselwirkung zuschreiben wollte, so schwach sie auch sein mag. Wird das Netz zu eng und seine Maschen einer zu großen Vielzahl allzu schmerzlich spürbar, ändern sich auch die Rechtsnormen, und sei es über den Umweg eines kollektiven Befreiung von jeglichen Normen (die naturgemäß den Hütern derselben ein solcher Graus ist, daß im Vorfeld Maßnahmen getroffen werden, das Netz nicht zu drückend zu gestalten). Auch eine Sozialisation in Auflehnung gegen die geltenden Normen ist durchaus möglich, ihr Auftreten (jedenfalls in den imperfekten Dystopien) mag längerfristig eher die Regel darstellen.^^

grau
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Di 28. Mär 2006, 11:36 - Beitrag #50

Zitat von Ipsissimus:das ist nicht seltsam, sondern Folge von Aufzucht und Hege, also von Sozialisation]
...das war ja offensichtlich sarkastisch gemeint. da es imho die gleichheit zwischen norm und moral belegt. wie vorher schon bemerkt wertfrei! sozialisation ist "leider" mehr als aufzucht und hege, da sie bis zum letzten atemzug andauert.
Zitat von Ipsissimus:glücklich die Menschen, denen diese nicht zu eng ist


...man hat keine wahl. alles was du bist, bist du durch andere.

Ipsissimus
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sozialisation ist "leider" mehr als aufzucht und hege, da sie bis zum letzten atemzug andauert.


nur daß ein erwachsener Mensch über bessere Möglichkeiten verfügt, sich dem zu entziehen - auch wenn Vollkommenheit nicht von dieser Welt ist^^

...man hat keine wahl. alles was du bist, bist du durch andere.


ein Satz, dem ich "einfach so" erst mal zustimme, weil ich nicht über den Einfluss der Genetik spekulieren will^^

andererseits aber in seiner Absolutheit auch in Frage stelle, nicht weil ich den Einfluss der Sozialisation leugnen möchte, sondern weil es das Emergenzphänomen gibt. Das Verhalten eines komplexen System jenseits eines bestimmten Komplexitätsgrades ist unvorhersehbar, selbst wenn jedes Quentchen Information, mit dem das System gespeist wird, exakt determiniert ist.


Auch eine Sozialisation in Auflehnung gegen die geltenden Normen ist durchaus möglich, ihr Auftreten (jedenfalls in den imperfekten Dystopien) mag längerfristig eher die Regel darstellen.^^


wenn die Sozialisation schon die Auflehnung ist, ist es wohl die Auflehnung der Eltern / Erzieher, nicht die der Kinder; für die ändert sich dadurch nichts an der Fremdbestimmung^^

interessant finde ich hingegen das Phänomen der "gebrochenen Menschen"^^ was passiert, wenn ein hinreichend intelligenter Mensch als Kind gebrochen wurde, aber gezwungen ist, weiter zu leben - die Tricks und Schliche, die er sich ersinnen wird, um sein Sosein gegen den Zugriff der ein für alle Male desavouierten Gesellschaft zu verschleiern, um unter dem Schleier herauszufinden, wer er selbst eigentlich ist - das finde ich spannend^^

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Di 28. Mär 2006, 12:12 - Beitrag #52

Zitat von Ipsissimus:interessant finde ich hingegen das Phänomen der "gebrochenen Menschen"^^ was passiert, wenn ein hinreichend intelligenter Mensch als Kind gebrochen wurde, aber gezwungen ist, weiter zu leben - die Tricks und Schliche, die er sich ersinnen wird, um sein Sosein gegen den Zugriff der ein für alle Male desavouierten Gesellschaft zu verschleiern, um unter dem Schleier herauszufinden, wer er selbst eigentlich ist - das finde ich spannend^^


ein kind kann lediglich in seinen elementar bedürfnissen gebrochen werden. dies beinhaltet die minimalversorgung und ein gewisses maß an zuneigung. intelligenz im sinne einer reflexion ist noch nicht vorhanden. es erfolgt eine projektion der eigenen erfahrung. emotionale armut und deren trasportierung auf das kollektiv ist die folge. beispiel: ein mißbrauchtes kind, mißbraucht später selber (statistisch belegt). genau hier wird die bedeutung der sozialisation deutlich...wenig spannend.

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Di 28. Mär 2006, 12:36 - Beitrag #53

und mit dem Brechen der "Elementarbedürfnisse" eines Menschenn legen sich seine Möglichkeiten an Refexionen der Umwelt - Reflexionen welcher Art auch immer - fest. Damit wird dein "lediglich" zu einem entscheidenden Faktor der Entwicklung.

Ipsissimus
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ein mißbrauchtes kind, mißbraucht später selber (statistisch belegt).


statistisch belegt und ein Hinweis darauf, daß die Vorhersagekraft von Statistiken im Einzelfall - welcher zwar für den Soziologen, kaum aber für den betroffenen Einzelnen, völlig uninteressant sein mag - gleich Null ist^^ ich kenne zu viele von "denen", die nie weitergegeben haben, was ihnen angetan wurde


ein kind kann lediglich in seinen elementar bedürfnissen gebrochen werden


träum weiter (nicht böse gemeint)^^ in den elementarbedürfnissen ist es nur am einfachsten, weil über Brutalität möglich. Es gibt viel subtilere Möglichkeiten, einen jungen Menschen schon als Kind sich selbst suspekt zu machen

Maurice
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@Ipsi: Was Moral angeht, so stimme ich mit dir idR ja e überein. Ich sehe deine Reaktion daher nicht als Kritik an meinen Ausführungen, sondern lediglich als Ergänzungen. Liege ich da richtig?

Trotzdem zwei Punkte:
Zitat von Ipsissimus:Eine Diskussion, die versucht, äußere Gültigkeit eines moralischen Aussagensystems aus dessen inneren Qualitäten abzuleiten, ignoriert wesentliche Elemente dessen, wie Menschen und menschliche Gemeinschaften funktionieren.

So funktioniert Moral imo aber. Der Wert von moralischen Regeln wird damit begründet, dass sie an sich gut seien. Der Druck von Außen z.B. in Form eines strafenden Gottes ist nur ein Zusatz, um diejenigen leichter unter seine Kontrolle zu bringen, deren Verhaltensweise man mit dem Aufstellen von moralischen Regeln manipulieren will.

ist es notwendig, Ansprüche einer Moral mit Strafandrohung seitens einer dazu ausreichend mächtigen Instanz durchzusetzen, sonst bleibt sie weitgehend belanglos

Hier vergisst du scheinbar die Macht des schlechten Gewissens. Klar verstoßen viele Menschen nur nicht gegen gewisse Normen, weil sie Angst vor Strafen haben. Aber es gibt auch genügend Fälle, wo normgetreu gehandelt wird, allein weil die Regeln genug verinnerlicht wurden, selbst wenn keine Strafe zu drohen scheint.


@grau: Ob Moral = Normen ist oder nicht, hängt an den Definitionen. Wie gesagt verstehe ich Normen als soziale Konventionen zur Regelung des Miteinanders, deren Gültigkeit auf eine Personengemeinschaft beschränkt ist und dessen relativer Gültigkeitsanspruch bewusst ist. Moral halte ich zwar auch nur für reine Konvention, doch beschränkt sich dieser Gültigkeitsanspruch nicht auf eine Personengemeinschaft, sondern wird auf alle Menschen ausgeweitet. Außerdem sind sich die Vertreter einer Moral nicht der Relativität ihrer Regeln bewusst und halte sie für allgemeingültig.
Beispiel: Dass wir uns hier in Deutschland die Hand geben, um uns zu begrüßen ist eine Norm. In Japan nickt man sich dagegen zu. Sowohl ein Deutscher als auch ein Japaner weiß, dass seine Norm nur in seinem Kulturkreis gilt.
Ein moralsiches Gebot hingegen wie "du sollst nicht töten" kann zwar in manchen Teilen der Welt allgemein anerkannt sein und in anderen Teilen nicht, die Vertreter dieser Regel werden aber behaupten, dass diese für alle Menschen gelte und nicht nur für die Personen in einem Kulturkreis. Die Regel "du sollst nicht töten" wird als für alle Menschen verbindlich hingestellt.

Kannst du meine Differenzierung jetzt besser nachvollziehen? :)

@Die anderen: Ich würde gerne wissen, ob meine Analyse der Begriffe "Norm" und "Moral" von euch geteilt werden.


Ich bin bestimmt nicht hier, um moralische Regeln zu verteidigen, sehe ich mich doch selbst als Amoralist. Ich versuche lediglich einen starken Moralbegriff zu verteidigen.

Ich versuche es mal an einem anderen Beispiel zu verdeutlichen: Wenn ich "Gott" als "höheres Wesen" definiere, dann ist das eine schwächere und zugleich undifferenziertere Definition als "ein transzendentales, persönliches Wesen, dass aktiv in das Weltgeschehen" eingreift. (Beide Definitionen sind jetzt nur mal Beispiele.) Ich kann ja für die stärkere Definition von "Gott" plädieren, weil ich diese für sinnvoller halte und trotzdem an keinen Gott glauben.
Genauso kann ich für eien stärkere Definition von Moral plädieren und dennoch keiner Moral anhängen. Alles klar? ^^

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Di 28. Mär 2006, 15:38 - Beitrag #56

Wisst ihr was mir gerade durch den Kopf ging? Es gibt keine von Menschen für Menschen aufgestellte "Regel" (in jeder Beziehung, sei es gesetzlich, ethisch oder moralisch, was auch immer), die nicht auch bereits von Menschen gebrochen wurde.

Wieviel Wert, wieviel Bedeutung kann ich unter dem Gesichtspunkt je wieder einer Regel, einem Gesetz, einer Moral(vorgabe), einer Norm.... etc.... zugestehen? Und: möchte ich das überhaupt?

Einzig vielleicht Traditionen würde ich hier herausnehmen, da diese mir natürlich gewachsen sind. Aber auf der anderen Seite auch kaum je Allgemeingültigkeit für sich beanspruchen können (oder es tun, es sei denn ich übersehe gerade eine Tradition die dies versucht).

Ipsissimus
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Di 28. Mär 2006, 15:55 - Beitrag #57

ist ergänzend gemeint, Maurice, und vielleicht aus einer etwas anderen Perspektive betrachtet

die Macht des schlechten Gewissens


existiert nicht, wenn sie nicht vermittelt wurde. Das schlechte Gewissen ist der Agent des Feindes in meinem Inneren, wobei "Feind" alles ist, was mich nicht so sein lassen will, wie ich aus mir selbst heraus bin. Zu dieser Vermittlung wird auch Macht eingesetzt, natürlich verschleiert.

Der Wert von moralischen Regeln wird damit begründet, dass sie an sich gut seien


das ist noch kantisch-aufklärerisch. Spätestens seit Hegel und Feuerbach sind derartige Konzepte des "an sich Guten" gründlich diskreditiert, und ein Adorno hat darüber nur noch gelacht.

Maurice
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Di 28. Mär 2006, 16:06 - Beitrag #58

@Moral: Ich halte ja auch nichts von solchen Konzepten, aber halte ich diesen Punkt für das entscheidende Kriterium von Moral. Was Regeln zu moralischen macht, ist imo die mit ihnen verbundene Behauptung, sie seien an sich gut. Es geht mir ja erstmal nur um eine Definition von Moral, noch nicht um ihre Bewertung. Und was soll das für eine "Moral" sein, der leglicher Anspruch auf Kategorizität und Verbindlichkeit ihrer Regeln fehlt? :confused:

@Gewissen: Ich weiß nicht, ob das Gewissen keine Macht ausübt, wenn es nicht vermittelt wurde. Ich halte es für möglich, dass es zumindest bei einem Teil der Menschen sowas wie ein "natürliches Gewissen" gibt. However stimmt es natürlich, dass das Gewissen keine Rolle spielt, wenn es keine Macht hat. Aber es ist nunmal so, dass bei vielen Menschen ein gewisses Gewissen (*g* was für ein Wortspiel) einen deutlichen Einfluss auf ihr Denken und Handeln hat. Und diese Menschen werden sich meiner Einschätzung nach oft auch dann normkonform handeln, wenn sie keine Strafen fürchten.

Ipsissimus
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Di 28. Mär 2006, 16:29 - Beitrag #59

Was Regeln zu moralischen macht, ist imo die mit ihnen verbundene Behauptung, sie seien an sich gut


aber das ist doch wirklich alt, Maurice. Ich will nicht bestreiten, daß Staatstheoretiker und Politiker derartige Konzepte immer noch hochhalten, weil es so einfacher ist. Aber neuere Philosophen, seit etwa Mitte 19tes Jahrhundert sehen das deutlich anders und ersetzen das an sich Gute zunehmend durch das Nützliche, und den radikaleren unter ihnen, so z.B. aber längst nicht nur Adorno ist es ganz klar, daß Moral Folge von Machtsetzung ist und sonst nichts

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Di 28. Mär 2006, 18:16 - Beitrag #60

Zitat von Ipsissimus:statistisch belegt und ein Hinweis darauf, daß die Vorhersagekraft von Statistiken im Einzelfall - welcher zwar für den Soziologen, kaum aber für den betroffenen Einzelnen, völlig uninteressant sein mag - gleich Null ist^^ ich kenne zu viele von "denen", die nie weitergegeben haben, was ihnen angetan wurde



die ewige Statistikkritik ist nachvollziehbar. Statistiken haben aber abgesehen von der Marktforschung nicht den Zweck der Vorhersage. Sie analysieren gegebenes um ggf. durch die Masse Abstraktion zu schaffen. Das Beispiel was ich genannt habe ist nun mal Fakt. Es gibt unzählige ähnliche Beispiele die die spätere Delinquenz von Kindern belegen, welche aus einem degenerierten, brutalem sozialen Milieu kommen. Deine Frage war, "welche Tricks und Schliche, sich die gebrochenen kinder ersinnen werden, um ihr...."

die Antwort war, dass diese Kinder im Wesentlichen das weitergeben, was sie selbst erfahren. Das ist sehr komprimiert und platt, zeigt sich in der Realität aber täglich genau so. Auch ohne das es durch die Entwicklungspsychologie bestätigt werden müsste. Aber wenn du so viele von diesen Menschen kennst, warum fragst du sie nicht einfach, vielleicht eröffnen sich noch Welten?


Zitat von Ipsissimus:träum weiter (nicht böse gemeint)^^ in den elementarbedürfnissen ist es nur am einfachsten, weil über Brutalität möglich. Es gibt viel subtilere Möglichkeiten, einen jungen Menschen schon als Kind sich selbst suspekt zu machen



…hier würde mich ein konkretes Beispiel schon interessieren. Wieso immer in Rätseln? Das ein Kind sich als suspekt empfinden kann, halte ich für eine gewagte These. Das Kinder bestimmte Dinge noch nicht verarbeiten können, weil ihnen der backround fehlt ist klar. Die möglichen Konflikte die daraus erwachsen können, bezeichnest du doch nicht als "brechen" oder? Wie bitte bricht man ein 5 jähriges Kind, außer durch die Verweigerung von Zuneigung (das beinhaltet natürlich Beschäftigung und Förderung der kognitiven Fähigkeiten, emo. Wärme usw.) und der Verweigerung elementarere Bedürfnisse (essen, trinken, schlaf).

Zitat von Maurice:Beispiel: Dass wir uns hier in Deutschland die Hand geben, um uns zu begrüßen ist eine Norm. In Japan nickt man sich dagegen zu. Sowohl ein Deutscher als auch ein Japaner weiß, dass seine Norm nur in seinem Kulturkreis gilt.


Das ist ja richtig. Ich denke jedoch, dass du hier Normen (meine Moralinterpretation) mit Höfflichkeit, Etikette und Tradition verwechselst. Diese haben ebenso wenig etwas mit Moral/Normen zu tun wie Ethik

Zitat von Maurice:Ein moralisches Gebot hingegen wie "du sollst nicht töten" kann zwar in manchen Teilen der Welt allgemein anerkannt sein und in anderen Teilen nicht, die Vertreter dieser Regel werden aber behaupten, dass diese für alle Menschen gelte und nicht nur für die Personen in einem Kulturkreis. Die Regel "du sollst nicht töten" wird als für alle Menschen verbindlich hingestellt.

Von wem genau und mit welcher Legitimation? Kannibalismus, Blutrache und Fehde beweisen das Gegenteil.


Zitat von Maurice:Ich versuche es mal an einem anderen Beispiel zu verdeutlichen: Wenn ich "Gott" als "höheres Wesen" definiere, dann ist das eine schwächere und zugleich undifferenziertere Definition als "ein transzendentales, persönliches Wesen, dass aktiv in das Weltgeschehen" eingreift. .........
Genauso kann ich für eien stärkere Definition von Moral plädieren und dennoch keiner Moral anhängen. Alles klar? ^^

Das hab ich verstanden. lol:D

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