Wirklichkeit IST

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Maurice
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Mo 24. Apr 2006, 20:29 - Beitrag #41

Ja mir ist schon bewusst, dass man mit bestimmten Worten seine Weltsicht mit zum Ausdruck bringt. Doch finde ich es sinnvoller, seinen persönlichen Wortgebrauch hinten anzustellen, wenn das Missverständnisse notwendig zur Folge hat. Sich bewusst zu sein, dass man missverstanden wird, aber dennoch weiter an seinem normabweichenden Wortgebrauch festzuhalten, halte ich für übertrieben.
Wenn man sich verstehen will, dann kann nicht einfach jeder reden wie er will, ohne sich um die Standarts zu kümmern. Aber das ist letzten Endes eben auch nur eine Interessensabwägung, die du eben anders fällst, als ich es für optimal halte, sowohl für dich als auch für die anderen.

wie könnte ein der Naturwissenschaft äquivalentes System aussehen, das auf der Erkenntnis der Ganzheit beruht?

Bevor ich auf Grundlage falscher Interpreationen antworte: Was meinst du mit "Ganzheit"?

hätte ein auf Wahrscheinlichkeitswolken aufbauendes Modell irgendeine Relevanz?

Auch hier wieder: Was meinst du mit "Relevanz"?
Also Relevanz hat imo etwas immer nur für ein Lebewesen, nicht an sich. Ob die Theorie, dass die Welt auf ihrer ontologischen Basis chaotisch ist, für jemanden von Relevanz ist, hängt wohl auch davon ab, was die Theorie über komplexere Entitäten aussagt. Aus der Idee eines Indeterminismus auf unterster Ebene folgt nämlich nicht notwendig die Idee eines chaotischen Makrokosmos'. Ein solcher scheint auch sehr unwahrscheinlich, angesichts dass uns die Welt weitgehend recht regelmentiert erscheint. Ob und wieviel Indeterminismus auf unser Leben Einfluss hat, schätze ich für die Alltagspraxis für die allermeisten Menschen als völlig irrelevant ein, solange sich die Dinge meistens in etwa so verhalten, wie wir es erwarten.

janw
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Mo 24. Apr 2006, 21:22 - Beitrag #42

Mit "Ganzheit" meine ich die Nicht-Trennung von Subjekt und Objekt, optimalerweise in dem Sinne, wie es Gegenstand östlicher Weltkonzepte ist.

Relevanz: Mir schwebt ein auf Wahrscheinlichkeitswolken aufbauendes Weltmodell vor, bei dem ich allerdings unsicher bin, ob der Ansatz grundlegend so bedeutsam ist, daß es lohnt, ihn weiter zu verfolgen.

Maurice
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Di 25. Apr 2006, 11:56 - Beitrag #43

@Relevanz: Ich würde bei deinen Wolken gerne wissen, aus was sie denn bestehen.

@Ganzheit: Was Wissensschaftsmethodik angeht, fragst du am besten Traitor. Kannst ihn ja mal bitte, hierzu Stellung zu nehmen.
Ich äußere aber trotzdem mal meine Einschätzung: Ich glaube eine Grundlage des typischen Wissenschaftsbegriffs ist wohl die Trennung zwischen Subjekt und Objekt. Falls wir es bei der Welt aber wirklich mit einem monistischen Holismus zu tun haben, wäre eine solche Unterscheidung höchstens nur noch als sprachliche Hilfskonstruktion möglich. Alles was wir nämlich dann über die Welt aussagen würden, würden wir dann nur über uns selbst aussagen. Zwar macht jeder Mensch (auch ein Wissenschaftler) automatisch auch eine Aussage über sich, wenn er etwas über die Außenwelt behauptet, aber es ist doch ein gewisser Unterschied, ob man meint, dass das über was man spricht unabhängig von einem selbst existiert oder nicht.

Ich gestehe es fällt mir schwer, mich in so ein Weltmodell hinein zu denken, weil es mir äußerst unplausibel ist.

BEN2506
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Di 25. Apr 2006, 14:08 - Beitrag #44

Relevanz: Mir schwebt ein auf Wahrscheinlichkeitswolken aufbauendes Weltmodell vor, bei dem ich allerdings unsicher bin, ob der Ansatz grundlegend so bedeutsam ist, daß es lohnt, ihn weiter zu verfolgen.


Ist unser heutiges Weltbild nicht gerade eben so ein auf Wahrscheinlichkeiten aufbauendes Konstrukt ? Das mögen vielleicht die wenigsten zugeben, aber genau so ist es doch.

Ben

janw
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Di 25. Apr 2006, 14:46 - Beitrag #45

Ben, mir scheint es so zu sein, ja.

Maurice, das Spannende ist, daß ein im Dualismus verwurzelter, mit allen Wassern gewaschener Naturwissenschaftler, Physiker zumal, aus seinen wissenschaftlichen Erkenntnissen heraus zu dem Ergebnis kommt, daß eben dieser Dualismus nicht der Weisheit letzter Schluss ist, sondern eher eine Sackgasse.
(Wobei ich in erster Näherung Descartes nicht unbedingt die volle "Schuld" geben würde. Wie in wiki zu lesen, ist sein "cogito..." erst durch sinnveränderndes falsches Abschreiben und Übersetzung zu dem geworden, was heute vulgo daraus gelesen wird.)

Ein Problem mit der breiten Diskussion eines "ganzheitlichen" Weltbildes ist IMHO, daß dieses Konzept von vielen in Anspruch genommen wird, die in der Materie unbewandert sind oder sehr wohl bewandert sind und ihr kommerzielles Süppchen darauf kochen wollen.
Wer sich auf dieses Konzept einläßt, landet sehr leicht sofort in der Eso-Ecke, was einem Todesurteil für jede ernsthafte wissenschaftliche Betätigung gleichkommt.

Zitat von Maurice:Ob und wieviel Indeterminismus auf unser Leben Einfluss hat, schätze ich für die Alltagspraxis für die allermeisten Menschen als völlig irrelevant ein, solange sich die Dinge meistens in etwa so verhalten, wie wir es erwarten.

Die Frage ist, ob Alltagstauglichkeit ein Maßstab ist für die Berechtigung, Modelle über die Welt ihrem wirklichen Sosein anzunähern.
Wie sehr Menschen dem rational folgen, was zu erwarten ist, sieht man beim Lotto.

Ipsissimus
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Di 25. Apr 2006, 14:50 - Beitrag #46

Maurice, Antirealismus sehe ich als gegeben, wenn versucht wird, die Wirklichkeit mit Denkwerkzeugen zu erfassen - z.B: Logik - die in modellhaften Umgebungen entwickelt wurden und funktionieren mögen, aber bei ihrer Anwendung in nicht-modellhaften Umgebungen die Komplexität zugunsten der Handhabbarkeit wegschneiden

Maurice
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Mi 26. Apr 2006, 10:09 - Beitrag #47

Ipsi dann sprichst du aber von irgendetwas, was du jetzt als "Antirealismus" bezeichnet, was aber nichts mit dem zu tun hat, was ich unter diesem Wort verstehe und wie es im philosophsichen Kontext allgemein verstanden wird.
Klar niemand muss sich an sprachliche Normen halten, doch wird dann der Sinn und der Nutzen von Kommunikation prinzipell in Frage gestellt. Wenn jeder in seiner Privatsprache sprechen will, ohne Rücksicht auf bestehende Konventionen, der sollte lieber Selbstgespräche führen.


@Jan: Ich bin erstaunt, dass du so kritische Töne gegenüber dem Dualismus anschlägst, hattest du ihn bis vor gar nicht langer Zeit doch selbst vertreten, iirc. Ich gehe ich richtig davon aus, dass ein Grund für deine Ablehnung die Unplausibilität der These ist, dass zwei Entitäten (hier postuliert als Körper und Geist) mit völlig unterschiedlicher ontlogischer Basis miteinander wechselwirken? Die Frage ist nun, wenn man von einem Monismus ausgehen will, wie der gemeinsame ontologische Nenner aussieht.
Inwieweit man "in der Materie" bewandert sein muss, um plausible Weltbilder zu konstruieren, halte ich aber für fraglich. Zum einem: Welche Materie? Physik, Biologie, Philosophie, Soziologie oder gar alles und noch mehr? Zum anderen: Können empirische Wissenschaften überhaupt sicher Auskunft darüber geben, wie die Welt ontologisch strukturiert ist, oder setzt nicht Wissenschaft immer erstmal ein ontologisches Konzept voraus, dass nur dann überarbeitet wird, wenn es nicht mehr mit der Empiri zu vereinbaren zu sein scheint? (Ich gehe von letzteren aus.)

janw
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Mi 26. Apr 2006, 12:10 - Beitrag #48

Maurice, mea culpa, ich hätte vorsichtiger sein müssen mit der Begriffsverwendung.
Dualismus bedeutet per se nur, daß etwas als mit einer Doppelnatur behaftet oder aus zwei Teilen bestehend wahrgenommen wird.
In diesem Sinne sehe ich es bei Körper und Geist nach wie vor wie früher - mir ging es um den Dualismus im Sinne der Trennung von Subjekt und Objekt, Sein und Wahrnehmung, wo mir Zweifel kommen und mir ganzheitliche Konzepte richtiger erscheinen mittlerweile.

Ceitlyn
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Mi 26. Apr 2006, 14:01 - Beitrag #49

Zitat von Maurice:Klar niemand muss sich an sprachliche Normen halten, doch wird dann der Sinn und der Nutzen von Kommunikation prinzipell in Frage gestellt. Wenn jeder in seiner Privatsprache sprechen will, ohne Rücksicht auf bestehende Konventionen, der sollte lieber Selbstgespräche führen.

Aber genau das ist, was meinem Empfinden nach, viel zu oft geschieht und teilweise gang und gebe ist: Das Sprechen "miteinander" ohne miteinander zu sprechen. Und: für mein DAfürhalten SPRICHT jede/r Mensch seine/ihre eigene Sprache ;-) Ab und zu findet man jemanden der/die bei einigen Themen od vielleicht auch einfach nur zu bestimmten Zeiten sehr nahe der eigenen Sprache liegt und daher Verständigung möglich ist. Und das ist dann ein Glückstreffer, aber generell ist es doch sehr schwer das zu verstehen was ein andere/r Mensch meint, schlicht weil die niemand weiß woran der andere dabei gedacht hat.

Hier im Forum, vorallem in der Philosophie- und Diskussions-Ecke ist das mit schöner Regelmäßigkeit beobachtbar ;-)

Manchmal verwundert es mich, dass Kommuikation überhaupt möglich ist :)

Ipsissimus
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Mi 26. Apr 2006, 14:22 - Beitrag #50

laut Luhmann ist Kommunikation der unwahrscheinliche Fall; ich kann das nur bestätigen.

Maurice, ich habe dir erläutert, weswegen ich einen großen Teil deiner Ausführungen als nicht realistisch erachte (modellhafte Einfachheit versus reale Komplexität). Statt darauf inhaltlich einzugehen verweist du auf "übliche" Wortbedeutungen, als ginge es um Wortwahl. Sprachkritik ist sicher ein nicht unwichtiger Teil moderner Philosophie, aber darum geht es eigentlich in diesem Thread nicht wirklich.

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Mi 26. Apr 2006, 14:32 - Beitrag #51

Den Ausspruch von Luhmann hat mir auch schon mal eine Soziologin gesagt, die ich aus einem anderen Forum kenne. Er ergibt leider fast schon zuviel Sinn...

[quote="Ceitlyn"]Aber genau das ist, was meinem Empfinden nach, viel zu oft geschieht und teilweise gang und gebe ist: Das Sprechen "miteinander" ohne miteinander zu sprechen. Und: für mein DAfürhalten SPRICHT jede/r Mensch seine/ihre eigene Sprache ] Umso komischer erscheint es mir, dass manchmal kaum jemand reagiert, gerade wenn jemand auf das Geschriebene eingeht und deutlich machen konnte, den anderen zumindest in Teilen verstanden zu haben. Vielleicht weil dadurch zuwenig Konflikt, Reibung entsteht und somit nichts wirklich neues? Oder reagieren manche Forenuser nur noch auf Streitpunkte, Streitgespräche? Möglich ist vielleicht auch, dass es beinahe als Schwäche ausgelegt wird, nicht seinen eigenen Standpunkt mit der Sturheit eines Stiers zu verteidigen, sondern stattdessen auf andere einzugehen.

Das in Internetforen viel aneinander vorbei geredet wird, ist wirklich keine Seltenheit, und diese Beobachtung habe ich auch schon in anderen Foren gemacht.

Die Schwierigkeit der Philosophie liegt sicherlich auch bei den speziellen Weltanschauungen, aus denen verschiedene Lehren, Erkenntnisse und Begriffe entstanden sind. Dabei ist es dann noch schwerer, den Durchblick zu bewahren, vor allem bei immer komplexer und verwobener werdenden Themen. Sich dort Reinzulesen, wenn man die Diskussion nicht von Anfang an verfolgt hat, bildet eine weitere Hürde.

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