Philosophischer Smalltalk

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Padreic
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4485
Registriert: 11.02.2001
Di 4. Jan 2005, 19:29 - Beitrag #61

@Traitor
Zumindest beim Kausaldeterminismus macht der Begriff "Zweck" keinen Sinn, da gebe ich dir recht. Bei Sinn, Streben und Interesse kann man streiten, je nach dem, wie man diese Begriffe genau definiert.
Anders sähe es natürlich beim Finaldeterminismus aus, bei dem ja gerade der Zweck alles determiniert. Aber ich glaube, eine solche Ansicht ist heutzutage ziemlich selten und insbesondere bei e-noon nicht vertreten.

Zur Schuld:
Ja, der Autor ist schuldig, denn er hat Verantwortung übernommen.

Als ausdrücklicher Gegner von Begriffsredundanz und somit Synonymen würde ich doch deutlich zwischen Schuld und Verantwortung unterscheiden. Schuld ist für mich eindeutig negativ konnotiert.
Und bin ich auch automatisch an (prinzipiell) unabsehbaren Folgen meines Handels schuld bzw. für sie verantwortlich?

janw
Moderator
Moderator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 8488
Registriert: 11.10.2003
Di 4. Jan 2005, 20:21 - Beitrag #62

Pad, das ist eine schwierige Frage. Denn Handeln schließt auch das Nicht-Handeln ein. Grundsätzlich würden wir ständig in einer Schuldigkeitssituation hinsichtlich der negativen Folgen unseres Handelns stehen, wenn wir auch hinsichtlich der unabsehbaren Folgen verantwortlich, bzw. negativ, schuldig wären.
Verantwortung bezieht sich für mich auf das Verhältnis unseres bewußten Handelns und Nichthandelns zum für uns erkennbaren Ausschnitt der Wirklichkeit, Schuld bedeutet in dem Kontext für mich das bewußte in Kauf Nehmen oder als Zweck nehmen negativer Auswirkungen für eine schutzwürdiges Gut durch unser Handeln oder Nichthandeln.

Traitor
Administrator
Administrator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 17500
Registriert: 26.05.2001
Di 4. Jan 2005, 22:27 - Beitrag #63

@e-noon: Würde mich aber jederzeit freuen, wenn du davon los kämest ;)

@Padreic: Die Existenz von Finaldeterministen war mir bis dato unbekannt (es sei denn, man betrachtet jegliche Religion mit Endzeitvorstellung bereits als schwache Form davon). Aber auch innerhalb einer (absolut) finaldeterminierten Welt wäre der Begriff "Zweck" aussagelos, nur die Welt an sich könnte einen Zweck in etwas übergeordnetem haben.

Ich würde es so definieren:
Verantwortung ist der Akt, eine Handlung zu begehen und sich dabei im klaren darüber zu sein, dass dies positive und negative Folgen haben kann, man sich einen Verdienst erwerben, sich aber auch mit Schuld beladen kann, oder meist beides zusammen.
Schuld ist das, was aus Verantwortungsübernahme entsteht, wenn aus der Handlung negative Folgen resultieren. Vom Idealfall abgesehen, entsteht quasi bei jeder Tat absolute Schuld, im Vergleich zur absoluten Schuld der Unterlassungs- bzw. Alternativhandlung kann diese jedoch geringer sein und somit die Handlung moralisch nicht verwerflich.
Damit sind Verantwortung und Schuld nicht synonym, wenn auch meist gemeinsam auftretend.

@Jan: Das geht in dieselbe Richtung.

Padreic
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4485
Registriert: 11.02.2001
Mi 5. Jan 2005, 00:08 - Beitrag #64

@Traitor
Zum Finaldeterminismus: Aristoteles geht in die Richtung. Bei ihm ist alles aus Materie und Form zusammgesetzt (der sog. Hylemorphismus). Die Form ist hierbei auch gleichzeitig wirkende Zweckursache, die jedes einzelne zur Vollendung führt. Insofern könnte man, denke ich, nicht nur von dem Zweck der ganzen Welt, sondern auch vom Zweck eines Einzelnen sprechen. Aber du hast recht, dass es problematisch wird, vom Zweck einer einzelnen Tat zu sprechen, außer man lässt ihn mit dem Zweck des Verursachers zusammenfallen.

Zur Schuldfrage hatte ich mich damals im Philo-Forum schonmal geäußert. Deine Sicht ist sicherlich konsistent und ich halte sie auch für sehr bedenkenswert, mir ist aber eine konventionellere Auffassung von Schuld immer noch lieber.

Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
Mi 5. Jan 2005, 18:25 - Beitrag #65

@Traitor: Den Vorwurf den du gegen E-noons deterministische Sicht macht, kann man jedem materiellen Weltbild vorwerfen. Wenn man nach der Existenz dieser Begriffen an sich sucht, dann ist die Antwort natürlich nein. Das ändert aber nichts daran, dass die Subjekte diese Prädikate benutzen und diese Dinge für sie folglich existeiren. Dass sie dazu bestimmt seien, so zu werten spielt hier keine Rolle.
Du kritisierst den Determinismus schon seit Monaten, hast aber immer noch keine Lösung des Problems dargestellt, das wir diskutiert hatten. Einfach nur sagen, das etwas Unsinn sei ohne Gegenkonzept ist etwas schwach...

Traitor
Administrator
Administrator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 17500
Registriert: 26.05.2001
Mi 5. Jan 2005, 19:08 - Beitrag #66

@Padreic: Dieses Aristoteles-Konzept erscheint mir in dieser verkürzten Form nicht ansatzweise nachvollziehbar... aber mal sehen.
Mit der Schuld sei dir deine Sicht natürlich auch gelassen.

@Maurice: Doch, auch in einem materialistischen Weltbild können Prinzipien existieren, die vom Menschen unabhängig sind, bzw. müssen es sogar, denn schließlich sind wir ja von keiner Relevanz für das Funktionieren der Welt.

Den Determinismus kritisiere ich sogar schon seit Jahren, und Gegenkonzepte poste ich seit Jahren ;) Ich habe nur noch nichts konkretes auf die aktuelle bzw. letzte Debatte geschrieben, um eine "saubere" Herleitung zu geben. Meinetwegen kann ich hier im informelleren Stil mal einen groben Abriss geben.

Padreic
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4485
Registriert: 11.02.2001
Mi 5. Jan 2005, 19:51 - Beitrag #67

@Traitor
Ja, so verkürzt macht es in der Tat auch wenig Sinn. Man müsste es etwas ausführlicher darstellen. Völlig hab ich es wohl selbst auch nicht verstanden....

Und zum Gegenkonzept: Dann mal los ;).

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Mi 5. Jan 2005, 19:58 - Beitrag #68

Ich hänge nicht aus Bequemlichkeit oder Symphatie an meinem Konzept, wenn du also dein Gegenkonzept mit guten Argumenten postest, kann es gut sein dass du mich überzeugst. Das Argument, im Determinismus würden andere Konzepte keinen Sinn machen, halte ich jedoch für schwach, da wir selbst auch die Welt beeinflussen können - wir können uns nur nicht frei dazu entscheiden. Wenn wir ein besseres Konzept haben, können wir auch im Determinismus eine bessere Lebensweise daraus gewinnen, und daran können wir auch determiniert Interesse haben ;)

Traitor
Administrator
Administrator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 17500
Registriert: 26.05.2001
Do 6. Jan 2005, 20:42 - Beitrag #69

Ok. *denk*
Das Problem ist, dass es in unausgearbeiteter Form in den Verdacht geraten dürfte, hauptsächlich auf Begriffsumdeuterei aufzubauen und somit nur ein billiger Trick zu sein. Das ist es aber nicht.


Der erste Schritt ist, sich Gedanken über den Begriff "Freier Wille" zu machen. Oft wird gesagt "Freier Wille wäre es, wenn man die Zeit zurückdrehen könnte und ein Mensch sich anders entscheidet". Das wäre aber kein Freier Wille, das wäre Unsinn. Denn warum sollte er sich anders entscheiden, als es mit demselben Stand die ideale Entscheidung ist?

Deshalb die Neudefinition: Freier Wille bedeutet, eine Situation einschätzen und zu ihr aktiv die aus der eigenen Sicht ideale Entscheidung zu fällen.

Zum Determinismus kann man sich durch die Aufnahme des echten Zufalls, auf den wissenschaftlich alles hindeutet, ins Weltbild abgrenzen. Denn im allgemeinen haben quantenphysikalische Zufälle zwar keinen Einfluss auf die Makrowelt, dennoch gibt es genug komplexe bzw. sogar chaotische Systeme, wo sie dies haben können, und dies wird auch im Gehirn Einfluss haben.

Zu einer zwar indeterminierten, aber von "blindem Zufall" regierten Welt kann man sich abgrenzen, indem man die Fähigkeit des menschlichen Geistes (für Maurice: Gehirns) zur Reflexivität betrachtet. Hierdurch ist dieser in der Lage, Entscheidungen "aus sich heraus" zu entwickeln, sodass die Entität Mensch aktiven Einfluss auf die restliche Welt nimmt.

Und da es sich in Kombination dieser beiden Abgrenzungsargumente um vom bisherigen Status des Subjekts stärker als von der Welt bestimmten Prozess handelt, der aber nicht über längere Zeit und ganzheitlich betrachtet vorherbestimmt war, handelt es sich sowohl um einen echten Willen, als auch um einen freien.


Wie gesagt, in dieser groben Form macht es vermutlich keinen allzu unanfechtbaren Eindruck. Deshalb bitte keine Kritik an zu unsauberen Schlüssen, sondern nur prinzipielle. Ihr habt mich ja gedrängt ;)
Eine schönere Fassung folgt hoffentlich im Februar.

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Do 6. Jan 2005, 20:54 - Beitrag #70

Danke erstmal :) Deiner zweiten Abgrenzung kann ich mich anschließen. Bei "freiem" Willen hätte ich zwar zuerst gedacht, dass es die Möglichkeit wäre, nicht frei entscheiden zu können, was man tun möchte, sondern frei entscheiden zu können, was man wollen möchte. Das kann man nämlich nicht. Insofern würde ich hier wohl eher von Entscheidungsfreiheit sprechen; aber da du den Begriff ja vorher so definiert hast... egal :)
Klar kann man sich durch die Annahme echten Zufalls vom Determinismus abgrenzen... aber ich nehme nun mal keine echten Zufälle an ^^ daher besteht mein Problem (nicht, dass ich das jetzt nur auf mich beziehen würde, aber vielleicht geht das ja auch anderen so) nicht darin, mich von deinen Schlussfolgerungen zu überzeugen (die ich als richtig ansehe) sondern von der Tatsache, dass es echte Zufälle gibt. Und das ist richtig schwierig :D
Schön, dass du dir die Mühe gemacht hast :) Ich mag dein Konzept, auch wenn ich ihm nicht zustimme.
Zu welchen weiteren Schlüssen bist du denn gekommen? Mit dem Determinismus wendest du dich so auch von Reduktionismus und reinem Materialismus ab, oder?

Traitor
Administrator
Administrator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 17500
Registriert: 26.05.2001
Do 6. Jan 2005, 21:08 - Beitrag #71

Zufälle sind meiner Meinung nach physikalisch ausgesprochen plausibel, wenn nicht gar unumgänglich. Infragestellen kann man eigentlich nur noch, inwieweit sich die Quanteneffekte in der Makrowelt auswirken, also Relevanz für den Menschen haben.

Die Definition ist natürlich nicht sakrosankt - wie gesagt, ich will vermeiden, dass meine Methode als Begriffspfuscherei betrachtet wird, was sie mit Festsetzen einer Definition ja wäre. Aber ich argumentiere ja gerade, dass ein Freier Wille, der Änderbarkeit des "wollen Möchtens" bedeutet, unlogisch wäre, da man ja eben das möchte, was man will, sozusagen.

Besondere Schlüsse ziehe ich nicht aus dieser Überlegung konkret - eher ist sie eine Legitimation, meine sonstige Weltsicht aufrechterhalten zu können ;)

Und nein, ich wende mich weder vom Reduktionismus noch vom Materialismus ab. Von ersterem nicht, da Komplexität und Emergenz nicht der Erklärbarkeit durch einfache Grundgesetzte wiedersprechen (dazu gibt's auch irgenwo was. Weiß nicht, ob es der Zufallsthread oder ein anderer war). Vom Materialismus nicht, da ich alle "Geistes"aspekte durchaus als Funktionen der Materie, aus der das Hirn besteht, betrachte.

Es geht mir ja gerade um die Versöhnung des reduktionistischen Materialismus mit dem Freien Willen und damit dem Humanismus.

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Do 6. Jan 2005, 22:06 - Beitrag #72

Eine Antwort würde wohl wieder auf eine Zufallsdiskussion hinauslaufen :shy: also lass ich das mal so stehen. Ich halte es aber für schwierig, eine reduktionistische Sichtweise beizubehalten, und gleichzeitig zu sagen, dass es wirkliche Zufälle auf Quantenebene gibt. Diese könnten doch dann zu neuen Gesetzmäßigkeiten auf einer höheren Ebene führen, die sich von den Grundgesetzmäßigkeiten unterscheiden.

Freien Willen hatte ich genau aus diesem Grunde verworfen, weil man eben nicht wollen möchten wollen kann ^^* langsam wirds kompliziert. Kurz gesagt, man kann zwar in vielen Fällen nach seinem Willen handeln, aber nicht frei entscheiden, was man wollen will. Wenn du allerdings freien Willen so definierst, wie du es getan hast, kann man ihn wieder in die Überlegung mit aufnehmen ^^

Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
Do 6. Jan 2005, 23:35 - Beitrag #73

Keine Lösung

Zitat von Traitor:Freier Wille wäre es, wenn man die Zeit zurückdrehen könnte und ein Mensch sich anders entscheidet.

Aber eben das müsste der Fall sein, sonst ist der Mensch durch die naheliegenden Ursachen determiniert und determiniert heißt unfrei.

Neudefinition: Freier Wille bedeutet, eine Situation einschätzen und zu ihr aktiv die aus der eigenen Sicht ideale Entscheidung zu fällen.

Die offizelle Definition von Willensfreiheit ist:
Willensfreiheit ist die Fähigkeit eines Subjekts, autonom über die eigenen Willensakte zu verfügen. Eine faktisch vollzogene Hnadlung entspricht der Willensfreiheit, wenn der Handelnde den zugrunde liegeneden Willensakt hätte unterlassen können.
Du kannst natürlich die Begriffe definieren, wie du lustig bist, nur meinen wir dann mit dem gleichen Wort nicht die gleiche Sache. Was du skizzierst würde ich Handlungsfreiheit nennen, also die Freiheit seinem Willen gemäß zu handeln. Dies widerspricht natürlich nicht dem Determinismus, aber ist nicht dasselbe wie Willensfreiheit.

Denn im allgemeinen haben quantenphysikalische Zufälle zwar keinen Einfluss auf die Makrowelt, dennoch gibt es genug komplexe bzw. sogar chaotische Systeme, wo sie dies haben können, und dies wird auch im Gehirn Einfluss haben.

Du meinst mit "allgemeinen" "in den meisten Fällen aber nicht immer", verstehe ich das richtig? Was für makrokosmische Systme gibt es denn, wo der reale Zufall des Mikrokosmos so eine Rolle spielt, dass der Zufall auf das makrok. System übertragen wird? Und weißt heißt "Einfluss haben"? Wenn sich der mikrok. Zufall auf das makrok. Einfluss hat, dann bedeutet das dann doch, dass es auch im Makrok. reale Zufälle gibt. Wenn es solche Zufälle dann auch im menschlichen Gehirn gibt, dann wird der Mensch dadurch nicht freier in seinem Handeln sondern nur weniger determiniert, zum Preis einer Indeterminiertheit in Form von Willkür. Ich sehe nicht wo hier das Problem gelöst sein soll.

Hierdurch ist dieser in der Lage, Entscheidungen "aus sich heraus" zu entwickeln, sodass die Entität Mensch aktiven Einfluss auf die restliche Welt nimmt.

Also neue Kausalketten zu schaffen? Du meinst wohl das was man in der Fachsprache als "Akteurskausalität" bezeichnet:
Akteurskausalität ist die Fähigkeit eines Urhebers (Akteurs), aus sich selbst heraus eine völlig neue Kausalkette zu beginnen. Der Akteur ist dabei autonom gegenüber sämtlichen Einflussfaktoren, einschließlich seiner eigenen Wünsche und Überzeugungen. Eine faktisch vollzogene Handlung entspricht der Akteurskausalität, wenn der Handelnde sie unter identischen internen und externen Umständen hätte unterlassen können.
Wie du siehst, klingt das sehr nach der Definition der Willensfreit weiter oben.

Eine radikale Akteurskausalität halte ich für Unsinn, einen reinen Determinismus für sehr unbequem, weshalb ein Mittelding für mich das Ziel sein muss. Das entscheidende dabei muss wohl sein, dass der Mensch neue Kausalketten erstellen kann, sodass er in der Kausalität seiner Handlungen nicht allein auf die vorangegangenen Ereignisse und Umstände reduziert werden kann. Wenn ein Mensch nicht in einer identischen Situation nicht anders entscheiden kann, dann ist er determiniert, weil er durch die Umstände determiniert wurde. Ob er nun über lange Sicht etwas Indeterminiertheit in sich trägt spielt hierbei keine Rolle, weil er ja im Moment des Ereignisses determiniert ist und eben dass er dies nicht sein soll, das ist das Problem, was es zu lösen gilt. Bisher scheint es mir so, dass man dem Menschen entweder reine Determiniertheit oder Willkür unterstellen muss.
Wie bereits gesagt löst ein Konzept der Seele nicht automatisch das Problem, da dieses erklären müsste, warum die Indeterminiertheit im menschlichen Handeln keine Willkür sei. Aus streng materialistischer Sicht scheint mir das Problem wenn überhaupt nur lösbar zu sein, wenn dieser nicht rein reduktionistisch sondern dialektisch ist. Wie auch schon gesagt, kann man nicht alles durch die physikalischen Formeln der Elementarbene erklären und das wird man imo weder jetzt noch irgendwann können, weil komplexere Systeme neue Qualitäten hervorbringen, die vorher nicht in den Elementarteilchen gesteckt haben. Das beste Beispiel ist das Bewusstsein, dass nicht schon in den Elementarteilchen stecken kann, sondern eine emergente Funktion eines komplexen Systems ist. Wer meint er könne mit den physikalischen Formeln der Elementarebene alle Phänomene des Makrokosmos erklären, der soll mir das erstmal beweisen. Bis dahin vertrete ich den Standpunkt, das jede Komplexitätsebene Emergenzen hervorbringen, die neue Regeln konstituieren und nur mit neuen Formeln beschrieben werden können.

Chennyboy
gesperrt

Benutzeravatar
 
Beiträge: 1175
Registriert: 03.04.2004
Do 6. Jan 2005, 23:52 - Beitrag #74

Da wir uns in Smalltalk befinden ist OT ja nicht soo schlimm.

Eine radikale Akteurskausalität halte ich für Unsinn, einen reinen Determinismus für sehr unbequem, weshalb ein Mittelding für mich das Ziel sein muss.
Das würde ich auch sagen. Und ich finde die Wahrscheinlichkeit für einen reinen Kausalisten und Deterministen ohnehin für gering. Imo sind Kausalisten und Deterministen zu einseitig.

Außerdem denke ich, dass Kausalisten und Deterministen schon durch den Rationalisten abgelöst wurden, die Beides umfasst, (Bei eventueller Fehler bitte hinweisen) was ich für realistischer halte.

Der Rationalist kann seine Meinungen aber nur an dem begünden, was die Wissenschaft zu diesem Zeit für plausibel erklärt.

Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
Fr 7. Jan 2005, 00:08 - Beitrag #75

Da ot hier ja nicht so schlimm ist:
Chenny beschäftige dich vielleicht vorher ein wenig mit der Fachterminologie, bevor du so sonderbare Begriffe verwendest. ^^*

Padreic
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4485
Registriert: 11.02.2001
Fr 7. Jan 2005, 02:01 - Beitrag #76

@Maurice
Zum Bewusstsein: Ich weiß nicht, inwieweit dein Weg da konsequent ist. Einerseits siehst du, dass du Bewusstsein hast. Andererseits siehst du, dass die Materie als solche in Form der Elementarteilchen dazu erstmal nicht als Erklärung taugt. Das sehe ich beides ähnlich. Du sagst aber dann, dass das trotzdem noch mit dem Materialismus klappt, weil es Emergenz gibt, die ich aber noch nirgendwo plausibel erklärt gesehen habe...wenn du den Materialismus nicht in Zweifel ziehst, wird er zum Dogmatismus. Du darfst ihn gern vertreten, keine Frage, aber ich habe bei dir irgendwie das Gefühl, dass du ihn nicht wirklich kritisch hinterfragst (was nicht heißt, dass du nicht rational und vernünftig darüber nachdenkst. Aber ihn wirklich aufzugeben sehe ich in keiner deiner Überlegungen wirklich als Option).

Die offizelle Definition von Willensfreiheit ist: ...

Bei so etwas gibt es keine offiziellen Definitionen. Eine Definition kann immer nur innerhalb eines Kreises von Gesprächspartnern Sinn machen.
Gerade bei einer solchen philosophischen Definition führt eine Din-Norm oder so etwas nicht wirklich weiter, da man hier Begriffe aus der Umgangssprache benutzt, die gleichzeitig auch eine intuitive Bedeutung haben. Wenn ich Willensfreiheit definiere, so ist das nicht nur eine Definition, sondern auch eine Aussage. Sowohl über den Sinn der durch die benutzten Begriffe implizierten Herangehensweise als auch über die Deckung von intuitiver und gesetzter Bedeutung.

Willensfreiheit ist die Fähigkeit eines Subjekts, autonom über die eigenen Willensakte zu verfügen. Eine faktisch vollzogene Hnadlung entspricht der Willensfreiheit, wenn der Handelnde den zugrunde liegeneden Willensakt hätte unterlassen können.

Von dieser Definition halte ich z. B. nicht viel. Da ich leider das Problem erst langsam zu fassen bekomme, kann ich keine bessere anbieten.
Aber warum sie problematisch ist, kann ich vielleicht andeuten. Z. B. klingt es hier so, als ob Handelnder und Willensakt in dem Sinne getrennt sind, dass der Handelnde eine Art von Bühne ist, auf dem der Willensakt sich abspielt. Wenn sich aber der Handelnde gerade auch über seine Willensakte definiert, dann wird es problembehaftet zu fragen, ob der Handelnde den Willensakt hätte unterlassen können. Ganz davon abgesehen ist allein schon das hätte-können problematisch, wie im entsprechenden Thread in der Philo-Sektion schon angedeutet. Wie soll denn ein solche Hätte-Können real aussehen?
Und was versteht man unter 'autonom'? Und wer sagt, dass Freiheit nur eine Sache des Subjekts ist, dass es überhaupt Sinn macht, das Subjekt für sich zu betrachten?
Fragen über Fragen...

Ich halte den Zugang zum Freien Willen über die Verneinung von Determinismus oder das Postulat völliger Akteurskausalität für unzureichend. Während diese Frageweise bei vielen Sachen helfen mögen, kommt man hier mit ihnen, denke ich, nicht sehr weit...vielleicht kann man über den Weg, den ich im "Möglichkeit und Notwendigkeit"s-Thread angeschnitten habe, einen besseren Zugang finden...

Padreic

P. S. Ich hoffe, Maurice wirft mir nicht wieder vor, dass ich gewisse Konzepte kritisere, aber keine Alternativvorschläge habe ;).

Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
Fr 7. Jan 2005, 12:39 - Beitrag #77

Pad du darfst dich prinzipell dahingehend krisitisiert fühlen, ich brauche das wohl nicht jedes Mal aufs neue zu erwähnen. :P

@freier Wille: Natürlich kann jeder den Begriff anders definieren, nur die öffentlichen Debatte um den freien Willen spielt sich sehr auf Basis der Neurobiologie ab. Ich hatte unter freien Willen auch vorher in etwa das verstanden, was in der genannten Definition beschrieben wurde. Wenn es andere Ansichten vom Begriff "freier Wille" gibt, dann haben wir durchaus ein Problem, weil wir den Begriff nicht mehr einfach als Grundlage nehmen können, ohne aneinander vorbei zu reden. Wir müssen uns daher auf eine Definition einigen, oder den Begriff weglassen und fragen, was der Fall sein müsste, damit der Mensch nicht rein determiniert wäre und über die Möglichkeit dieser Bedingungen diskutieren müssten.

Der Wille kann in dieser dargestellten Form nicht frei sein, weil man üver, das was man will, nicht frei verfügen kann und das müsste man ja nach der Definition können, damit der Wille frei ist. Phänomenologisch betrachtet, ist aber zumindest der Fall, dass wir uns mit dem was wir wollen, kritisch auseinandersetzen können und wie es scheint, Handlungsimpulse unterdrücken können. Ich finde es nicht entscheidend frei wollen zu können, was man will, sondern frei zu handeln auf Grund dem was man will und dass hierbei echte Alternativen bestehen und nicht nur theoretische. Sprich nur ein "du hättest theoretisch anders handeln können" ist für mich keine Entscheidungsfreiheit, sondern diese ist erst gewährleistet, wenn man sagen kann "du hättest real anders handeln können". Wenn die zweite Aussage nicht der Fall ist, dann ist die Entscheidung des Subjekts determiniert und somit natürlich alle seine Handlungen. Unter dem Gesichtspunktm kann man nur noch von möglicher Handlungsfreiheit sprechen, aber nicht von einer Willensfreiheit.

@Materialismus: Diese Inkonsequenz müsstest du dann ja allen Materialisten vorwerfen, die mit einem dialektischen Prinzip symphatisieren. Dass emergente Eigenschaften entstehen empfinde ich weniger als ein Problem, denn warum die Elementarteilchen so sind wie sie sind, können wir ja z.B. auch nicht erklären. Warum haben verschiedene Teilchen einen verschiedenen Spin? Warum haben sie überhaupt einen Spin? Muss man das erklären können und ist das überhaupt möglich? Übertragen auf das Bewusstsein kann man fragen, ob man dieses überhaupt rein physikalisch erklären könnte und auf der anderen Seite, ob man das überhaupt muss. Wenn ersteres nicht möglich ist, dann muss man sich doch eingestehen, dass die physikalischen Formeln eben nicht ausreichen, Phänomene auf höheren Strukturstufen zu erklären und das diese jeweils eigene Regeln bedürfen. Diese Regeln bauen auf denen der vorangegangenen Ebene auf, lassen sich aber nicht auf diese reduzieren, weil sie neue eigene Elemente enthalten.
DIe materialistische Sicht die ich jetzt habe, habe ich wohl schon die ganze Zeit gehabt, aber durchdenke sie erst seit neuerer Zeit intensiv. Ich stellte mir im Grunde, soweit ich in meinem philosophischen Denken zurückschauen kann, schon immer die Welt so vor, dass alles was ist, aus etwas stofflichen sein müsste, wobei hier stofflich im Sinne von materiell gemeint ist. Ich gestehe, dass ich so in dieser Ontologie drin bin, dass mir die Nackenhaare emporstehen, wenn ich mir vorstellen wollte, dass etwas rein inmateriell sei. Was für eine Entität soll denn das sein? Existenz ist und war immer für mich an Materie gebunden, eine inmaterielle Existenz klingt in meinen Ohren paradox. Begriffe wie Raum und Zeit machen mir natürlich mit meiner Ontologie etwas zu schaffen, aber imo nur, weil wir mit den Begriffen im Alltag so inmateriell umgehen und sie nur einer Übersetzung in die andere Ontologie bedürfen, also aus dieser Sicht definiert werden muss, was wir mit den Begriffen meinen. Dabei sehe ich den Begriff des Raums als das schwierigere Problem an, andere Begriffe wo ich mit meiner Ontologie große Probleme habe, sind mir bisher noch nicht bewusst geworden. Es lässt sich natürlich darüber streiten, aber immer wenn ich mich mit problematischen Begriffen auseinandersetze (neben Raum z.B. noch mathematische Mengen), stelle ich damit meine Ontologie auf die Probe, unterziehe ich ihr also einer Kritik. Wenn ich merke, dass ich mir an einem Begriff die Zähne ausbeiße und ich keine Lösungsmöglichkeit zu finden können scheine, dann muss ich mein bisheriges Konzept in Frage stellen. So ein Extremfall ist bisher noch nicht aufgetreten, weshalb ich bei meiner Ontologie bleibe. Man könnte sagen, dass ich mit beiden Beinen im Materialismus stehe, je nach Sichtweise könnte man dies schon als einen Dogmatismus sehen, ich tue dies aber nicht, weil ich mich mit ihm durch Konfrontation mit Problemen, imo kritisch auseinandersetze.

Traitor
Administrator
Administrator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 17500
Registriert: 26.05.2001
Fr 7. Jan 2005, 17:37 - Beitrag #78

@e-noon: Entschuldige, dass ich auf dich nicht gesondert eingehe, da deine beiden Punkte auch bei Maurice vorkommen.

@chenny: Keinen Kommentar wert.

@Maurice: Seit wann gibt es bitte "offizielle Definitionen" in der Philosophie? Von wem stammt diese? Welcher Kreis sieht sie als "offiziell" an?
Das Problem dieser Definition ist, dass sie sich bereits inhärent ad absurdum führt, sprich niemals erfüllt sein kann. Selbst unter Annahme einer immateriellen Seele oder aller anderen Tricks kommt man zu keinem Modell, in dem man seinen Willen gegen seinen Willen ändern kann. Es fällt mir schwer, dazu etwas zu schreiben, da ich dieses Paradoxon für dermaßen offensichtlich halte...
Auch im folgenden scheint mir das durchzuschimmern, was auch Padreic beobachtet hat: dass du eine Entscheidung als vom Menschen getrennt ansiehst. Aber es ist doch gerade der Mensch, der sie fällt, es sind seine Erfahrungen und Kriterien, die die Entscheidung bewirken. Wie sollte eine Entscheidung gefällt werden, wenn der Entscheidungsprozess von diesen unabhängig wäre? Dann könnte es nur purer Zufall sein, denn es gäbe ja keine Einflüsse mehr.
Deshalb halte ich diese Definition für unpraktikabel. Über einen Begriff, der niemals Anwendung finden kann, lohnt es sich gar nicht erst, zu diskutieren. Deshalb sollte man "Willensfreiheit" so definieren, dass Weltbilder denkbar sind, in denen er eintritt. Natürlich muss die Definition immer noch das erfüllen, was man vom Wort erwartet, schließlich würde es wenig Sinn machen, einen Fisch als "Freier Wille" zu definieren. Aber ich halte meine Definition für hinreichend, da sie die IMHO zwei entscheidenden Anforderungen an einen freien Willen erfüllt:
-Am Anfang der Welt steht noch nicht jede Entscheidung fest.
-Ein bewusstes Wesen verändert die Welt aktiv und qualitativ anders, als es unintelligente Prozesse tun.

Für diese Form der "Akteurskausalität" trifft selbiges zu wie auf die Definition der Willensfreiheit - sie ist an sich unmöglich. Handlung unabhängig vom Handelnden ist doch vollkommen widersinnig. :s43:

Ein schwerwiegender Einwand ist jedoch der der "kurzfristigen Determiniertheit". Man könnte mir vorwerfen, dass ich den Begriff der Determiniertheit so binär benutze, wie ich anderen vorwerfe, "Freiheit" zu benutzen. In gewissem Sinne stimmt das auch, aber das liegt daran, dass ich eben einen Begriff angreife, der von seinen Befürwortern üblicherweise binär gebraucht wird.
Da du das jetzt jedoch abwandelst, muss ich mich auch gegen "kurzfristige Determinierung" verteidigen. Was ich aber nichteinmal 100%ig möchte. Denn prinzipiell wäre es IMHO möglich, kurzfristig mit einer gewissen Genauigkeit vorauszuberechnen, wie ein Mensch reagieren wird, wenn man seine Gehirnfunktion genau kennt. Dies liegt aber daran, dass es eben widersinnig wäre, dass er eine Alternative wählt. Der "kurzfristige Determinismus" ist ein Phänomen, kein wirkendes Prinzip.
Wäre eine Entscheidungssituation mit absolut gleichwertigen Alternativen möglich, die auch keinerlei Vorkonnotierung haben, so wäre die Entscheidung nicht voraussehbar, aber dann wäre sie zufällig.

Das Kernproblem scheint mir zu sein, dass du immer die "reale Alternative" haben willst. Die kann es aber nicht geben, da sie dem Prinzip einer Entscheidungsfindung widerspricht. Freiheit kann nur die Freiheit sein, zu handeln, wie man es wünscht, nicht die Freiheit, gegen den eigenen Willen zu handeln.

Zur Sache mit dem Reduktionismus. Wie ich es im entsprechenden Thread (mir ist immer noch nicht eingefallen, welcher es war...) bereits mehrfach versucht habe, klarzumachen: Emergenz widerspricht dem Reduktionismus nicht. Emergente Phänomene sind, wie der Name sagt, Phänomene, die sich aus dem Wirken von Naturgesetzen ergeben, keine neuen Naturgesetze. Es besteht ein Unterschied zwischen den Sätzen Die Welt funktioniert reduktionistisch. und Der Mensch ist in der Lage, die Welt reduktionistisch zu beschreiben. Letzteres ist nicht möglich, ersteres durchaus. Vermutlich sogar noch, wenn man es um Und der Mensch ist in der Lage, diese reduktionistischen Prinzipien zu finden. ergänzt.

Zum zweiten Post: Gerade unter dem Blickwinkel der Neurobiologie erscheint mir deine "offizielle Definition" noch unsinniger, da eine Trennung von Entscheidung und Entscheidungsgrundlagen immer weniger Sinn macht, je materialistischer das Weltbild ist.

Deine Ontologie hat in meinen Augen bekanntermaßen mit quasi allem Probleme, da es eben kein "Naturgesetzon" gibt. Aber darauf möchte ich hier nicht wieder eingehen.

@Padreic: Ich werde mich mal in deinen Zugang einlesen.

Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
Fr 7. Jan 2005, 18:13 - Beitrag #79

@Traitor

@Ontologie: Warum sollte es bei mir keine Naturgesetze geben? Imo wirken "Naturgesetze" nicht auf die Dinge der Welt und bestimmen sie, sondern "Naturgesetze" sind die Regeln, die durch das Zusammenwirken der Materie resulitieren. Also erst Eigenschaften der Materie und dann Naturgesetze und nicht umgekehrt. Wenn man die Naturgesetze als eine von den Dingen unabhängige Entität ansieht, dann rutscht man wieder in einen Idealismus der inmaterielle Entitäten annimmt und sowas ist immer eine Art Ideenwelt wie bei Platon. Jede Entität die unabhängig von Materie ist, sei es nun eine Idee bei Platon oder eine Universalie ist idealistisch. Willst du als jemand, der versucht die Welt wissenschaftlich zu betrachten, den Fehler begehen einem ontologischen Idealismus zu verfallen?
Imo hat meine Ontologie mit den wenigsten Dingen Problemen, wie kommst du auf die sonderbare behauptung ich hätte mit fast allem Probleme? Ich muss natürlich noch meine Ontologie bei Gelegneheit ausformulieren und gewisse problematische Begriffe klären, aber wenn du eine nicht rein materielle Ontologie hast, die du für nützlicher hälst, dann kannst du sie mir auch gerne mal vorstellen. Ich zumindest bin mir sicher, dass man alles rein materiell beschreiben kann und wir mit manchen Dingen nur so Probleme haben, weil wir in unserem Sprachgebrauch einem relativ starken Idealismus anhängen.

@Reduktionismus: Ich habe nochmal drüber nachgedacht und korrigiere mich dahingehend, dass die Welt durchaus rein reduktionistisch sein könnte, aber wir das nicht sicher sagen können, weil wir es nicht begründen können, da uns die passenden Formeln fehlen. Sie scheint nicht reduktionistisch zu erklärbar zu sein, deshalb neige ich dazu zu sagen, dass sie nicht nur nicht reduktionistisch erklärbar ist, sondern dies auch ist. Der Versuch sie reduktionistisch zu erklären, sollte deshalb auf keinen Fall verworfen werden.
Jede meiner Meinungen kann eine vorläufige Meinung sein, dem bin ich mehr natürlich bewusst, weshalb ich auch nicht abstreite, dass ich von der Idee des dialektischen Materialismus abkommen könnte. Mit diesem erscheint es mir eben nur etwas wahrscheinlicher die Differenz zwischen wissenschaftlicher und phänomenologischer Sicht der Welt aufzuheben.

@Determiniertheit: Ob der Mensch nun auf lange oder nur auf kurze Zeit determiniert ist, spielt keine Rolle, denn determiniert bleibt determiniert. Ich verstehe auch nicht, wie ein Mensch der auf kurze Zeit determiniert ist, nicht auch auf lange Zeit dies sein soll, denn viele kurze determinierte Zeitabschnitte ergeben einen langen.
Freiheit kann nur die Freiheit sein, zu handeln, wie man es wünscht, nicht die Freiheit, gegen den eigenen Willen zu handeln.

Was du da beschreibst ist Handlungsfreiheit aber nicht Willensfreiheit. Handlungsfreiheit gibt es natürlich wie schon gesagt auch bei einem determinierten Menschenbild. Diese Handlungsfreiheit macht aber den Menschen nicht weniger deteminiert.

@Definitionen: Was offizelle Defs sind? Eine offizelle Def. ist eine Def. auf die sich die Masse intersubjektiv geeinigt hat. Wenn in der Biophilosophei von Willens- und Handlungsfreiheit gesprochen wird, dann haben sie die von mir genannten Definitonen. Wenn ein Biologe heutzutage sagt "der Mensch hat keinen freien Willen" (was ja die allermeisten tun), dann geht er von genannter Definition des Begriffs aus.
Aber nicht nur die Biophilosophie hat diese Definition der Begriffe, sondern auch die Philosophie im allgemeinen, zumindest sagt mein Philosophielexikon:
Willensfreiheit: DIe Fähigkeit des Menschen, sich aus Freiheit Werte und Ziele zu setzen und diese im Handeln zu verfolgen, unabhängig von äußeren und innerer Fremdbestimmung (Autonomie). Die Willensfreiheit wird vom Determinismus verneint, der von der durchgängigen kausalen Bestimmtheit der Handlungen durch äußere oder innrer Bedingungen ausgeht.

Ich behaupte mal, dass das genug Beweise sind, dass die von mir genannte Definiton von "Willensfreiheit" die offizelle ist. Du kannst den Begriff natürlich anders definieren, aber dann entspricht diese nicht mehr der allgemein festgelegten. Wenn du meine These mit Gegenbeispielen aus der Literatur widerlegen kannst, dann nur zu.

Traitor
Administrator
Administrator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 17500
Registriert: 26.05.2001
Sa 8. Jan 2005, 20:16 - Beitrag #80

Ontologie
Imo wirken "Naturgesetze" nicht auf die Dinge der Welt und bestimmen sie, sondern "Naturgesetze" sind die Regeln, die durch das Zusammenwirken der Materie resulitieren. Also erst Eigenschaften der Materie und dann Naturgesetze und nicht umgekehrt.
Wenn die Naturgesetze nur Resultat der Materie sind, wie konnte die Materie sich dann bilden, wozu Naturgesetze nötig sind? Zumal, wie im anderen Thread schon ewig geschrieben, Materie nicht die grundlegendste Ebene ist, sondern nur eine Erscheiungsform von Energie. Und auch die wiederum gehorcht den Gesetzen.
"Materiell" und "materialistisch" sind aufgrund der historischen Begriffsentwicklung nicht identisch, letzteres umfasst ersteres. Zwischen der Annahme irgendwelcher a-priori-"Ideen" und der von Naturgesetzen besteht ein fundamentaler Unterschied, so dass letzteres noch lange keinen "Idealismus" in diesem Sinne bedeutet.
Auf die sonderbare Behauptung komme ich, da ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, wie und was Naturgesetze, Zahlen usw. in deiner Weltsicht sind.

Reduktionismus
Sie scheint nicht reduktionistisch zu erklärbar zu sein, deshalb neige ich dazu zu sagen, dass sie nicht nur nicht reduktionistisch erklärbar ist, sondern dies auch ist.
Entweder fehlt da irgendwo ein "nicht" oder sonstiges Strukturwort, oder ich verstehe den Satz bzw. seinen Zusammenhang mit dem Rest nicht. Bitte formulier nochmal, was jetzt dein Ergebnis ist.

Determiniertheit
Nein, viele kurzfristige Determinierungen müssen keine langfristige, also echte, Determinierung ergeben, denn dazwischen können Zufälle eintreten.
Außerdem ist Berechenbarkeit keine echte Determinierung, ich sagte ja nur "nicht 100%ig", nicht "nicht".

Definitionen
Was du unter Willensfreiheit verstehst, ist vom Wortsinn her für mich eher "Willenssetzungsfreiheit". Und die halte ich wie gesagt für abgrundtief paradox und unsinnig, habe von dir auch noch keine Begründung gehört, warum sie in irgendeinem System denkbar und damit behandelnswert wäre.
Und wie soll es in einem (starken) Determinismus Handlungsfreiheit geben? Hier folgen Handlungen ja nicht aus den Wünschen, sondern aus einem festgelegten "Drehbuch".
Deine Definition halte ich wie gesagt gerade im Zusammenhang mit der Biologie für unsinnig, da dann die Aussage "Der Mensch hat keinen freien Willen" tautologisch wäre.
Das Lexikonzitat gibt IMI nicht diese extreme Interpretation her, da der Begriff "innere Fremdbestimmung" ziemlich suspekt-vage ist. Ich vermute, er wird anders gemeint sein - denn die völlige Trennung von Entscheidung und Entscheidendem ist doch wie gesagt Unsinn.

VorherigeNächste

Zurück zu Philosophie

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste