Menschenwürde und -wert

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Monostratos
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Mi 21. Apr 2004, 21:16 - Beitrag #1

Ich suche für einen imo sehr selbstverständlichen Begriff eine absolut allgemeingültige Bestimmung:

Wie würdet Ihr "Menschenwürde" definieren? (Und kommt ja nicht mit Sprüchkes wie "Wenn Du nicht willst, was man Dir tu, das füg´auch keinem andern zu" an!)

Trashman
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Mi 21. Apr 2004, 22:07 - Beitrag #2

Original geschrieben von Monostratus
So, dieser Thread gehört jetzt mal wieder nach oben geholt, da ich für einen imo sehr selbstverständlichen Begriff eine absolut allgemeingültige Bestimmung suche:

Wie würdet Ihr [B]"Menschenwürde"
definieren? (Und kommt ja nicht mit Sprüchkes wie "Wenn Du nicht willst, was man Dir tu, das füg´auch keinem andern zu" an!) [/B]

Menschenwürde ist ein moralisches Konstrukt, um jedem Individuum einer Gemeinschaft ein Mindestmaß an körperlicher und seelischer Unversehrtheit zu garantieren.

janw
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Do 22. Apr 2004, 14:30 - Beitrag #3

meine Definition von Menschenwürde schließt jene von Trash ein, geht aber noch etwas darüber hinaus.
Mneschenwürde umfaßt für mich auch den Respekt vor einem Wesen, das unter allen Lebewesen einen besonderen Rang einnimmt und dessen Leben zu schützen ist.

Monostratos
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Di 27. Apr 2004, 18:17 - Beitrag #4

Ich bin mit euer beiden Definitionen, Thrashman und janw, noch unzufrieden. Ich weiss zwar, dass Menschenwürde mit Nächstenliebe Hand in Hand geht, aber doch etwas sehr Verschiedenes ist. Imo ist Menschenwürde ein irrationales "Konstrukt" (Und sie muss irrational sein, weil es im Grunde sonst Utilitarismus wäre) wie die Liebe irrational ist, welches entweder einer höheren Gesinnnung entgegenstrebt oder Endziel ist.
Wie "kann" Menschenwürde sich also ausdrücken? Ist sie, wie die Liebe, unbeschreiblich? Kann man es bei obiger Ausführung belassen? Fragen über Fragen...


Mono

Padreic
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Di 27. Apr 2004, 21:53 - Beitrag #5

Der Begriff der Menschenwürde gründet sich in der Vorstellung, dass jedem Menschen ein Wert an sich innewohnt. Auch wenn dieser nicht immer augescheinlich ist, so ist es doch jedem Menschen möglich, sich "würdig" zu verhalten, dem Guten zuzustreben oder ähnliches. Gerade diese von allen anderen Umständen unabhängige Achtung vor dem menschlichen Potential liegt dem Grundsatz "Die Menschenwürde ist unantastbar." zugrunde. Wenn man sich dem Menschen würdig verhalten will, muss man ihm bestimmte Rechte zubilligen, d.h. die von der UNO festgelegten Menschenrechte gründen auch im Konzept der Menschenwürde.

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janw
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Do 29. Apr 2004, 19:59 - Beitrag #6

Monostratus schrieb:
Ich bin mit euer beiden Definitionen, Thrashman und janw, noch unzufrieden. Ich weiss zwar, dass Menschenwürde mit Nächstenliebe Hand in Hand geht, aber doch etwas sehr Verschiedenes ist. Imo ist Menschenwürde ein irrationales "Konstrukt" (Und sie muss irrational sein, weil es im Grunde sonst Utilitarismus wäre) wie die Liebe irrational ist, welches entweder einer höheren Gesinnnung entgegenstrebt oder Endziel ist.


Ja, auch meine Definition war sicher unzureichend.

Trashmans Definition würde ich als utilitaristisch ansehen, Menschenwürde als moralisches Konstrukt, um die menschliche Gesellschaft zu konstituieren und zu stützen.
Ist insofern problematisch, als bei einem Konflikt zwischen zwei Gesellschaften sehr schnell dem jeweils anderen das menschsein und damit die Menschenwürde abgesprochen werden kann, ist auch so geschehen.

Menschenwürde ist kein Naturgesetz, ob ihre Grundlagen womöglich genetisch fixiert sind, wäre zu erörtern. In dem Falle wäre es im Ausmaß dieser Fixierung eine menschliche artspezifische Eigenschaft.
Insofern ist sie am ehesten ein möglicherweise auf genetischen Grundlagen basierendes Konstrukt, das historisch einen Wandel von rational zu nahezu irrational erfahren hat.
Diese "Irrationalisierung" ist darin begründet, daß der Mensch an sich, über die eigene Gemeinschaft hinaus, über seine Eigenschaft als Lebewesen hinaus als Kategorie "sui generis" (eigener Art) anerkannt wurde, verbunden mit der Zuerkennung individueller unveräußerlicher Rechte. Insofern sehe ich den Begriff der Menschenwürde ideengeschichtlich stark mit der Geschichte der Menschenrechte verbandelt.

(Einschub zu dem genetischen Aspekt: Der Mnesch scheint das einzige Lebewesen zu sein, das sich um kranke und tote Artgenossen kümmert. Ohne hierzu jetzt eine Quelle nennen zu können, gibt es eine Auffassung, wonach hierin ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Neandertaler und seinem Zeitgenossen, dem Homo erectus, bestanden hat; letzterer soll sich eben um seine verletzten und schwächeren Artgenossen gekümmert haben, womit der Genpool nicht nur körperlich starke Individuen enthielt, sondern auch geistig starke mit körperlichen Schwächen (Mens sana in corpore sano gilt nämlich nicht unbedingt...). Das soll dann dem H. erectus zu einer größeren geistigen Leistungsfähigkeit und Wendigkeit verholfen haben.)

Artanis
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Fr 30. Apr 2004, 17:03 - Beitrag #7

@Padreic

Der Begriff der Menschenwürde gründet sich in der Vorstellung, dass jedem Menschen ein Wert an sich innewohnt. Auch wenn dieser nicht immer augescheinlich ist, so ist es doch jedem Menschen möglich, sich "würdig" zu verhalten, dem Guten zuzustreben oder ähnliches. Gerade diese von allen anderen Umständen unabhängige Achtung vor dem menschlichen Potential liegt dem Grundsatz "Die Menschenwürde ist unantastbar." zugrunde. Wenn man sich dem Menschen würdig verhalten will, muss man ihm bestimmte Rechte zubilligen, d.h. die von der UNO festgelegten Menschenrechte gründen auch im Konzept der Menschenwürde.


Ab wann wohnt dem Menschen dieser Wert inne? Ist dieser Wert quantifizierbar, ist er folglich von Mensch zu Mensch verschieden? Ist er additiv, so dass Menschen aufgewogen werden könnten? Kann er verloren werden, wenn der Mensch sich nicht dem Guten, sondern wissentlich dem Bösen zuwendet? Was wenn er es unwissentlich tut? Wohnt dem Menschen überhaupt irgendein Wert inne abseits von dem der matriellen Existenz, oder ist dieser Wert nur Schutzkonstrukt vor der Erkenntnis der eigenen Bedeutungslosigkeit? Hat dieser Wert etwas mit Schuld und Unschuld zu tun (unschuldig Schuld auf sich laden - Kleist)? Welchen Nutzen abseits vom sozialen hat dieser Wert noch?
Einige spontane Fragen, wenn du gestattest, die sich mehr oder weniger überschneiden.

janw
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Fr 30. Apr 2004, 17:09 - Beitrag #8

@ Artanis: dur fragst nach dem Nutzen des Wertes. Ich frage dagegen: Muß er einen Nutzen haben, oder könntest Du ihn auch als Wert an sich akzeptieren?

Artanis
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Fr 30. Apr 2004, 18:05 - Beitrag #9

@janw

Welchen Vorteil hat ein nutzloser Wert? Ich kann einen Wert nur dann achten, wenn ich ihn verstehe, um ihn zu verstehen muss ich ihn erkennen, wenn ich lediglich erkenne, dass es sich um einen nicht näher bestimmbaren Wert handelt, dann erfüllt er keinen Sinn und stellt keine Bedrohung dar, sofern seine Erkenntnis keine Konsequenzen hat. Somit kann ich wohl einen bedeutungslosen Wert akzeptieren, doch die Frage nach dem Nutzen ist doch wohl relevant, schließlich ist das die hauptsächliche Perspektive des Menschen.

Padreic
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Fr 30. Apr 2004, 22:49 - Beitrag #10

@Artanis
Das sind sicherlich wichtige und schwierige Fragen, die ich genauso sicher nicht alle beantworten kann...
Vage ist meine Vorstellung die folgende:
Der grundsätzliche jedem Menschen innewohnende Wert ist unabhängig von seinen konkreten Taten. Alle das durch sein Wesen bedingte Potential, Gutes zu tun, also seine Möglichkeit zum freien Handeln, beschert ihm diesen Wert. Diese Freiheit kann natürlich nicht allein aus materieller Existenz erwachsen, sondern da muss vielmehr noch was anderes sein, nenn es Seele oder sonstwas. Seinen Wert könnte man also nur mit seinem Menschsein verlieren, das zumindest potentiell wohl im jeden Wesen unserer Spezies auftritt, obwohl es bei manchen sehr schwach zu sein scheint... Im strengen Sinne quantifizierbar ist der Wert sicherlich nicht, denn dann müsste man jedem Menschen eine Zahl zuordnen können, die seinen Wert angibt. Wie der konkrete Wert eines Menschen aussehen würde, wäre auch sehr schwer zu beurteilen, kommt dem Menschen ja auch als wertvolles Subjekt zu, selbst Werte zu geben, d.h. durch die echte Liebe eines anderen Menschen gewinnt der Geliebte an Wert. Als etwas so dynamisches ließe sich der Wert eines Menschen schwer in utilitaristisch-anmutende ethische Überlegungen miteinbeziehen, außer als etwas, was man grundsätzlich achten muss.
Einen Nutzen im eigentlichen Sinne muss dieser Wert nicht haben, nimmt man ihn nicht als Konstrukt, sondern als Realität an. Einen Wert würde ich eher als eine ethische Forderung an die handelnden Subjekte betrachten, ihn zu achten. Hätte der Mensch keinen ihm innewohnenden Wert, wäre die Annahme einer realen, d.h. nicht nur gesellschaftlich konstruierten, Ethik fehlgeleitet.

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Maurice
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Sa 1. Mai 2004, 10:34 - Beitrag #11

Ein mehrfacher Triebtäter hat also für dich den gleichen Wert, wie eine liebevolle Mutter? :confused:

janw
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Sa 1. Mai 2004, 10:47 - Beitrag #12

@ Maurice:

Die Vergehen des Triebtäters schmälern sicher den moralischen Wert der Persönlichkeit des jeweiligen Menschen, wenn er sich nicht behandeln läßt, sprich Konsequenzen aus seinem Tun zieht. Aber IMHO schmälern sie nicht seinen immanenten Wert als Menschen, der prinzipiell zu einer moralischen Bewertung seines Tuns und zu Konsequenzen in der Lage ist (anlagebedingt, weil er Mensch ist).

Artanis
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Sa 1. Mai 2004, 13:01 - Beitrag #13

@PAdreic

Wenn ich also zwei Menschen in Relation zueinander setze, weil ich mich in der Situation befinde, einen dem Tod weihen zu müssen, dann ist der immanente und unveränderbare Wert des Menschen ohnehin ohne jegliche Bedeutung, da er ja bei beiden exakt identisch ist. Folglich muss ich doch den sekundären Wert zur finiten Bewertung heranziehen, nämlich den, der Produkt einer Analyse der Gedanken und Taten, sowie des Nutzen der jeweiligen Menschen ist. Und somit gibt nicht das Menschsein dem Menschen ein Wert, sondern vielmehr, was er letztendlich aus dem Geschenk des Menschseins macht.

Padreic
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Sa 1. Mai 2004, 16:03 - Beitrag #14

@Artanis
Deinen letzten Schluss kannst du so nicht tätigen. Dass man in bestimmten Situationen den sekundären Wert eines Menschen heranziehen muss, heißt nicht, dass der primäre nicht existiert.

@Maurice
Das habe ich nicht gesagt. Was ich gesagt habe, ist, dass sie beide durch ihr Menschsein einen ihnen immanenten Wert haben und dass ein sekundärer Wert sehr schwer quantifizierbar zu bestimmen ist.
Im Grunde könnte man den sekundären Wert eines Menschen erst nach seinem Tod von einem absolut weisen und unparteiischen Richter feststellen lassen (Gott). Wenn man den Wert eines Menschen aufgrund seines Nutzens bestimmen will, müsste man dazu erst einmal wissen, wir er in Zukunft handeln wird, wie andere Leute zu ihm stehen wollen etc., und man müsste eine vernünftige Definition von Nutzen haben. Beides ist IMHO unmöglich. Man könnte nur grob extrapolieren und das halte ich bei einem Fall, wo es um Menschenleben geht, für recht gefährlich. Sicher gibt es Situationen, wo der Fall klar zu sein scheint, wie z. B. beim Beispiel Maurices, obwohl selbst da die Sache nicht völlig klar ist, aber der Fall ist selten so klar.
Ich denke, wenn man von zwei Leuten nur einen retten kann und der eine von beiden wirklich so viel wert ist, wird nicht sich retten und den anderen verrecken lassen, er wird vielmehr dem anderen den Vortritt lassen. Vielleicht mag das diesen auch zum Guten bekehren.

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Elbereth
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Sa 1. Mai 2004, 17:21 - Beitrag #15

@Padreic: Wenn es deiner Meinung nach einen primären und einen sekundären Wert eines Menschens gibt, wieso muss dann der Wert, den jeder Mensch von geburt an hat, als primär, folglich wichtiger, definiert werden, und der "sekundäre" Wert in den Hintergrund geraten? Meiner Meinung nach, ist nur dieser Sekundäre Wert relevant, weil der primäre Wert, wie Artanis es schon gesagt hat, nutzlos ist.

Wenn man den Wert eines Menschen aufgrund seines Nutzens bestimmen will, müsste man dazu erst einmal wissen, wir er in Zukunft handeln wird, wie andere Leute zu ihm stehen wollen etc., und man müsste eine vernünftige Definition von Nutzen haben. Beides ist IMHO unmöglich.


Natürich kann man nicht hundertprozentig wissen, wie die Zukunft aussehen wird, aber dann nimmt man einfach das Wahrscheinlichere an. Das muss genügen, denn was wissen wir in diesem Leben schon mit 100% Wahrscheinlichkeit? Und was meinst du mit "vernunftige Definition"? Nutzen kann man auf verschiedene Weise definieren, aber die Menschen, die in einer bestimmten Situation entscheiden müssen, werden natürlich nach der Definition entscheiden an die sie glauben. Und ich sehe darin kein Problem.

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Sa 1. Mai 2004, 19:14 - Beitrag #16

@Elbereth
Primär ist der von mir beschriebene Wert insofern, dass er jedem Menschen von Geburt an eigen ist, völlig unabhängig vom sekundären Wert. Eine Betrachtung des primären Wertes ist dabei selbstredend nicht nutzlos. Allein schon die daraus abzuleitende ethische Forderung, dass ich jeden Menschen, egal, was er getan hat, mit Achtung behandeln muss. Aus alleiniger Betrachtung des sekundären Wertes heraus, könnte man beispielsweise vertreten, Verbrechern die Menschenrechte abzuerkennen oder dergleichen.

Natürich kann man nicht hundertprozentig wissen, wie die Zukunft aussehen wird, aber dann nimmt man einfach das Wahrscheinlichere an. Das muss genügen, denn was wissen wir in diesem Leben schon mit 100% Wahrscheinlichkeit? Und was meinst du mit "vernunftige Definition"? Nutzen kann man auf verschiedene Weise definieren, aber die Menschen, die in einer bestimmten Situation entscheiden müssen, werden natürlich nach der Definition entscheiden an die sie glauben. Und ich sehe darin kein Problem.

Mit welchem Recht maßen wir uns an, den Nutzen eines anderen Menschen nach unserer willkürlichen Definition zu beurteilen, dazu noch gestützt auf irgendwelche Mutmaßungen, über dessen Zukunft?
Nehmen wir mal an, jemand hat die Möglichkeit, genau eine von zwei Personen zu retten. Die eine stehe mit ihm in einem besonderen persönlichen Verhältnis. Nach seiner persönlichen Nutzendefinition mag diese dadurch einen sehr hohen Nutzen haben, obwohl sie vielleicht Triebtäter oder sonstwas ist. Er rettet dann diese. Ist das OK?
Man könnte natürlich sagen, dass nur ein gesellschaftlicher Konsens das Recht dazu hätte, einen Nutzen zu definieren, eher noch der Gesetzgeber, ähnlich wie beim Strafgesetzbuch. D.h. man müsste einen Katalog haben, der gewisse Leitlinien zur Nutzenbestimmung von Menschen gibt und dann Richter, die daran den Nutzen eines Menschen beurteilen. Tut mir leid, aber ich finde dergleichen schrecklich unmenschlich.

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Sa 1. Mai 2004, 20:14 - Beitrag #17

Und ich finde es bedauerlicherweise sehr menschlich etwas a priori vorrauszusetzen, obwohl kein driftiger Grund dazu besteht soetwas annehmen zu müssen. In unseren Fall ist es dein Postulat der Mensch hätte einen sehr großen Wert aus sich heraus, den er seit seiner Geburt unveräußerlich in sich trägt. Mir ist selbst nach dem x-ten hören dieser These völlig schleierhaft wie man zu so einer Ansicht kommen kann. Was du beschreibst ist nichts von der Natur oder Gott, sondern allein der Gesellschaft gegebenes. Andere Systeme andere Sichtweisen des Menschens, wo ist der Grund anzunehmen, dass eine der Sichtweisen eine Art transzendentale ist und nicht wie es allen anschein hat rein eine gegebene. Und wenn eine Gesellschaft Individuen einen Wert zuteilt, dann kann sie diesen natürlich auch jederzeit wieder verändern, wenn sie sich nicht selbst das Verbot aufgelastet hat, dass ihr anfänglich gegebener Wert unveräußerlich sei.
Ja wenn man allein über den Nutzen eines Menschens spricht mag es willkürlich erscheinen, aber damit es an Systematik gewinnt muss der Begriff Nutzen in seinen Richtwerten definiert werden. Aber was willkürlicher als die Festlegung des Wertes über den Nutzen ist, ist die Festlegung eines Wertes ohne jegliche Richtlinien und außer dass du dich imo an die christliche Lehre in deiner Bewertung anlehnst sehe ich keine solchen.

Ich frage mich auch was das jetzt hier soll, weil wir die Diskussion nach dem Wert eines Menschens, wenn ich mich recht entsinne, schon mehrmals geführt haben ohne zu einem gemeinsamen Konsens zu kommen, wie sollten auch Rechtspositivisten und Naturrechtler zu einem gemeinsamen Grundsatz kommen, ohne dass einer der beiden Fraktionen zu anderen überläuft?

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Sa 1. Mai 2004, 23:47 - Beitrag #18

Ich bin halt ein Mensch.
Dass ich die grundsätzliche Werthaftigkeit nicht an konkreten Beobachtungen festmachen kann, versteht sich von selbst. Es ist eher etwas, was aus meinem Verständnis der Welt erwächst, insbesondere auch aus meiner christlichen Weltanschauung. Aber nicht nur daraus allein, ich fühle als Mensch auch Werte in bestimmten Dingen, insbesondere auch in anderen Menschen, auch wenn mir ihre Handlungen missfallen. Ich denke, dass ockhamsche Rasiermesser kann man in solchen Bereichen auch ein wenig ruhen lassen, so nützlich es in der Naturwissenschaft sein mag. Warum soll ich nicht annehmen, dass das, was ich tief in mir fühle, grundsätzlich real ist?

Dass wir keinen Konsens finden werden, heißt nicht, dass jegliche Diskussion zwecklos ist. Die meisten Diskussionen enden nicht im Konsens (außer wenn sie darin begonnen haben, aber dann sind sie langweilig), aber trotzdem können sie fruchtbar sein. Es ist interessant, Positionen anderer, auch wenn man sie nicht teilt, zu durchleuchten, mögliche Widersprüche zu hinterfragen etc.

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So 2. Mai 2004, 00:08 - Beitrag #19

@Padreic

Selbstverständlich kann ich diesen Schluß ziehen. Wenn ich zwei Größen, welche sich aus jeweils zwei Werten zusammensetzen, vergleiche, es gilt also x+y>a+b; und ich weiß, per definitonem, dass x=a, dann kann ich diese Variablen außer Acht lassen, so dass einzig y und b einer Analyse bedürfen. Ob das ethisch einwandfrei ist oder nicht ist irrelevant.
Außerdem ist es völlig klar, dass eine Bewertung nur durch eine objektive Gerichtbarkeit, ohne persönliche Preferenzen und Bezüge vorgenommen werden darf. Es ist in diesem Fall jedoch nicht von Belang, ob der postnatale, dem Menschen ob des Menschseins immanente Wert, Q, Fundament jeglicher soziolaler Interaktion und Ethik ist, da es um die Bestimmung von differenzen geht und Q keine näher bestimmte Größe ist und weit wichtiger, selbst wenn Q gegen unendlich strebt, dann bedarf es einer einfachen Äquivalenzumformung, um deren Bedeutung in unserem Fall aufzeigen.

Wenn du als objektiver, allwissender, über den Dingen stehender, Richter gezwungen wärest, Mensch A und Mensch B hinsichtlich ihres Wertes in Relation zu setzen und folglich eine Entscheidung zu treffen, welcher von beiden, in einer hypothetischen Situation überleben solle, dann gilt deine Sorge einzig dem jeweiligen Nutzen, das zu leugnen ist unsachlich.

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So 2. Mai 2004, 00:41 - Beitrag #20

@Artanis
Mein Kritikpunkt war nicht die elementare Mathematik, sondern vielmehr lag mein Augenmerk darauf, dass dieses 'x=a' nur einen Spezialfall darstellt. Beispielsweise ist nicht alles, was mir begegnet, ein Mensch.
Aber selbst wenn derjenige, dem ich hier potentiell ethisch begegne, ein Mensch ist, kann der "primäre" Wert durchaus von Bedeutung sein, vor allem, wenn er mir alleine begegnet. Dessen Existenz macht die Ethik ihm gegenüber ja erst möglich. Beispielsweise könnte man gegen Grausamkeiten schwer etwas einwenden, wenn die Objekte dieser keinen Wert hätten.

Nutzen ist ein sehr unbestimmter Begriff. Wenn ich beispielsweise wüsste, dass der eine von beiden ein ganz normales Leben führen wird, der andere dagegen erst zwanzig Leute bestialisch ermordern, dies dann aber bereuen und zu einem wahrhaft guten Menschen würde, vielleicht erst auf seinem Sterbebett, so würde nach der Definition der meisten Leute von Nutzen wohl der erstere gewinnen, manche würden aber sich dem letzteren zuwenden, insbesondere Christen, denke ich. Wenn man so will urteilen aber beide nach dem Nutzen, erstere auf wohl offensichtliche Weise, letztere eher danach, wer auf seinem Totenbette Gottes ist.

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