Zivilisatorischer Fortschritt

Durch zwei Äußerungen/Unterdiskussionen im Thread Brauchen Kinder Mystik? kam mir die Idee zu diesem Thema. Wie steht es mit dem Verhältnis unserer modernen westlichen Kultur zu anderen, sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart, die wir als "niedriger entwickelt" betrachten?
Zum einen schreibt Padreic:
Zum anderen ist da diese Diskussion zwischen mir und aleanjre:
Die westliche Zivilisation und Weltanschauung über die anderer Völker zu stellen, wird heutzutage oft als arrogant, anmaßend und engstirnig bezeichnet.
Doch wo ist im Prinzip der Unterschied, ob ich unsere Kultur mit der europäischer Jäger und Sammler vor 5000 Jahren oder mit der von Jägern und Sammlern im heutigen Sibirien vergleiche, die ersten sehr ähnlich sind?
Eigentlich muss ich doch entweder konsequent sagen "alle Kulturen sind gleichwertig, auch die vergangenen" oder ich gestehe ehrlich ein, dass ich die eigene als überlegen betrachte.
Das eine Extrem gipfelt im totalen Relativismus, der u.a. eigentlich sämtliche Globalpolitik sinnlos macht, das Geschichtsverständis auf den Kopf stellt und uns vor starke Rechtfertigungsprobleme in vielen anderen Bereichen stellt.
Das andere Extrem zeigt sich im Imperialkolonialismus des 19. Jahrhunderts, in der "Bürde des weißen Mannes"-Denkweise. Beides kann kaum erstrebenswert sein.
Ich bin jedoch der Meinung, dass ein Kompromiss näher an der Überlegenheits-Ansicht als an der Relativismus-Ansicht liegen sollte. Der Vergleich mit dem Rückblick in die Geschichte zeigt, wie sehr das Gefühl der eigenen Überlegenheit in all unseren Denkweisen sitzt, und dass es auch so falsch nicht sein kann. Und vor allem, wie notwendig es ist, um vernünftig gegenüber Anderen auftreten zu können.
Wenn man die eigene Position zu stark relativiert, läuft man Gefahr, sie dadurch zu zerstören - warum sollte ich meine Lebensweise noch schützen und fördern, wenn jede andere genauso gut ist?
Natürlich darf diese Erhebung nicht zu weit gehen, wie es bei den Kolonialisten trotz IMHO durchaus bis zu einem gewissen Grad sinnvolle Prinzipien (ob es Prinzipien oder nicht viel mehr nur Vorwände waren, ist ein anderes Thema) geschehen ist: das Selbstbewusstsein wird dann zur Unrechtbehandlung anderer Völker, wenn man diese gegen ihren erklärten Willen zwangs"zivilisieren" will.
Eindeutig nicht hinter dieser Grenze ist es meiner Meinung nach aber, unsere (Lebens- und Geistes-) Kultur in Überlegungen und Diskussionen als die erstrebenswertere (nicht -werteste, es gibt ja auch noch die Zukunft) zu betrachten und ihre Vorgänger als Zwischenstationen auf dem Weg zu ihr, bzw. heutige, mit vergangenen vergleichbare Kulturen, als auf diesem Weg zurückgeblieben.
Auch nicht dahinter ist es, zu versuchen, andere Völker auf unser "Niveau" zu bringen, solange dies nicht mit Gewalt geschieht.
Zum einen schreibt Padreic:
So sehr auch manche "die Weisheit der Alten" beschwören mögen oder der Verfall der modernen Kultur beschimpft wird, so gibt es doch kaum jemanden, der ernsthaft widersprechen würde, dass die heutige Lebens- und Gesellschaftsform "höherentwickelt" und erstrebenswerter ist als vergangene.Der Mythos war in der Kindheit der Menschheit das Mittel, die Welt zu begreifen. Warum sollte er nicht für die Kindheit eines Mensch taugens?
Zum anderen ist da diese Diskussion zwischen mir und aleanjre:
Original von aleanjre
Bevor ich hier weiter aushole, erkläre bitte deine offenkundige Feindseligkeit gegenüber Religiösität. Es gibt schließlich eine Menge Menschen, die in ihrem Glauben absolut erfüllt und glücklich leben. Dem Dalai Lama kann man nicht vorwerfen, er wäre verblendet, eifernd, oder unglücklich. Unzählige Bauern, Fischer und Jäger in sogenannten Entwicklungsländern haben noch nie von DNA, Dinosauriern oder Evolution gehört, leben aber absolut zufrieden im Glauben an ihre hiesige Gottheit.
Original von Traitor
Das Beispiel der glücklichen Dritte-Welt-Bauern in deinem letzten Abschnitt sehe ich nicht gerade als positiv an. Es zeigt im Gegenteil, wie bei ungenügender Bildung Religion die Menschen fesseln kann, daran hindern, über ihre Situation hinauszudenken. Aktuelle schlechte Lebensumstände als gut und erfüllend darzustellen, ist einer der großen Schäden, die Religionen der Menschheit zufügen.
Original von aleanjre
Ich hatte nicht diejenigen Menschen im Sinn, wo die Mutter mit 12 Kindern auf dem dürren Feld verhungert, während der Vater in einer Uranmine kaputt geht, und der Papst "liebet und vermehret euch, denn Pille und Kondom sind Sünde" predigt.
Sondern jene Menschen, die erfolgreich und zufrieden leben, obwohl sie das geschriebene Wort nicht kennen. Im Einklang mit der Natur, einigermaßen genug zu essen vor der Hütte. Vielleicht mit einer niedrigeren Lebenserwartung, denn die medizinische Versorgung ist nicht so perfekt. Aber eben zufrieden und glücklich.
Ich finde es anmaßend, auf solche Menschen herabzusehen. Sie haben ein funktionierendes Lebenskonzept, wozu brauchen sie Logik, Mathematik und all das, was wir "Zivilisation" nennen? Wenn sie mit ihren Naturgottheiten ein erfülltes Leben haben, wozu brauchen sie Evolutionstheorie und Quantenphysik? Warum sollte die Religion sie hindern, über sich selbst hinauszuwachsen?
Ich könnte mich jetzt hineinsteigern, was unsere atheistische, voll zivilisierte Gesellschaft "geschafft" hat, aber das ist nun wirklich nicht das Thema...
Die westliche Zivilisation und Weltanschauung über die anderer Völker zu stellen, wird heutzutage oft als arrogant, anmaßend und engstirnig bezeichnet.
Doch wo ist im Prinzip der Unterschied, ob ich unsere Kultur mit der europäischer Jäger und Sammler vor 5000 Jahren oder mit der von Jägern und Sammlern im heutigen Sibirien vergleiche, die ersten sehr ähnlich sind?
Eigentlich muss ich doch entweder konsequent sagen "alle Kulturen sind gleichwertig, auch die vergangenen" oder ich gestehe ehrlich ein, dass ich die eigene als überlegen betrachte.
Das eine Extrem gipfelt im totalen Relativismus, der u.a. eigentlich sämtliche Globalpolitik sinnlos macht, das Geschichtsverständis auf den Kopf stellt und uns vor starke Rechtfertigungsprobleme in vielen anderen Bereichen stellt.
Das andere Extrem zeigt sich im Imperialkolonialismus des 19. Jahrhunderts, in der "Bürde des weißen Mannes"-Denkweise. Beides kann kaum erstrebenswert sein.
Ich bin jedoch der Meinung, dass ein Kompromiss näher an der Überlegenheits-Ansicht als an der Relativismus-Ansicht liegen sollte. Der Vergleich mit dem Rückblick in die Geschichte zeigt, wie sehr das Gefühl der eigenen Überlegenheit in all unseren Denkweisen sitzt, und dass es auch so falsch nicht sein kann. Und vor allem, wie notwendig es ist, um vernünftig gegenüber Anderen auftreten zu können.
Wenn man die eigene Position zu stark relativiert, läuft man Gefahr, sie dadurch zu zerstören - warum sollte ich meine Lebensweise noch schützen und fördern, wenn jede andere genauso gut ist?
Natürlich darf diese Erhebung nicht zu weit gehen, wie es bei den Kolonialisten trotz IMHO durchaus bis zu einem gewissen Grad sinnvolle Prinzipien (ob es Prinzipien oder nicht viel mehr nur Vorwände waren, ist ein anderes Thema) geschehen ist: das Selbstbewusstsein wird dann zur Unrechtbehandlung anderer Völker, wenn man diese gegen ihren erklärten Willen zwangs"zivilisieren" will.
Eindeutig nicht hinter dieser Grenze ist es meiner Meinung nach aber, unsere (Lebens- und Geistes-) Kultur in Überlegungen und Diskussionen als die erstrebenswertere (nicht -werteste, es gibt ja auch noch die Zukunft) zu betrachten und ihre Vorgänger als Zwischenstationen auf dem Weg zu ihr, bzw. heutige, mit vergangenen vergleichbare Kulturen, als auf diesem Weg zurückgeblieben.
Auch nicht dahinter ist es, zu versuchen, andere Völker auf unser "Niveau" zu bringen, solange dies nicht mit Gewalt geschieht.