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Das Wesen von Raum und Zeit

BeitragVerfasst: So 5. Dez 2004, 17:22
von Maurice
Ipsis Post im Nichts-Thread hat mich dazu angeregt mal eine philosophische Diskussion über die Begriffe zu starten.
Sind nun Raum und Zeit eigene Entitäten oder Eigenschaften von Dingen oder bloße Anschauungsweisen der Welt?

Um mich kurz zu fassen: Ich halte die dritte Option für am naheliegensten. Wir sehen noch erleben wir sonst Raum und Zeit. Was wir allein Erleben ist Materie die sich in gewisser Weise verhält.
Die Erde kreist um die Sonne, wir erleben Tag und Nacht und sprechen deshalb davon, dass die Zeit vergeht. Was wir tun ist das Verhalten der Gestirne für uns zu einer eigenen Anschauungsweise der Welt zu abstraieren.
Ähnlich sieht es mit Raum aus. Ich sitze hier in meinem Zimmer und meine dies sei ein Raum. Was aber ist hier genau? Neben allerlei Gegenständen sind hier vier Wände und was zwischen diesen Wänden ist, nenne ich Raum. Der Raum wird also für mich durch die Wände konstituert, ist aber keine eigene Entität, sondern meine Betrachtungsweise der Relation der Materie zueinander.

Ich nenne Dinge zwar räumlich und zeitlich, aber sind dies nur Umschreibungen von Sachverhalten. Ich nenne sie so, weil sie ihre Position und ihre Art verändern können, was ich auch so bezeichnen könnte, aber aus gewohnheit die Begriffe Raum und Zeit benutzte.

BeitragVerfasst: Mo 6. Dez 2004, 15:55
von BEN2506
Hmm

Seit Einstein ist es ja die "RaumZeit" . Ich denke wir "erleben" doch JEDEN Tag, jede Sekunde, jede Nanosekunde... den Raum und die Zeit. Könnte Zeit ohne Raum existieren oder Raum ohne Zeit ? Könnten wir ohn Zeit oder Raum existieren ? Vielleicht sind Dinge ja auch Eigenschaften von Raum und Zeit, was mir besser gefallen würde.

Ein Zimmer ist doch auch nur ein Teil des Weltalls, bloß unterliegt dieser Teil einer höhren Gravitation und ist mit Gasen angefüllt.

So long

Ben

BeitragVerfasst: Mo 6. Dez 2004, 17:53
von Padreic
Ich würde Raum und Zeit erstmal frei nach Kant als Anschauungsformen sehen. Es bleibt die Frage, inwieweit sie auf etwas reales verweisen.

@Maurice
Ich verstehe ehrlichgesagt nicht ganz, was du meinst. Du schreibst, wenn ich das recht sehe, dass die Position der Materie bzw. ihre Veränderung unsere Vorstellung von Raum konstituiert, das aber keine reale Entität Raum existiert. Wie aber denkst du Position ohne Raum?
Ähnlich mit der Zeit. Hältst du das, was wir als ein 'danach' wahrnehmen für Willkür unserer Wahrnehmung oder siehst du da ein fundamentum in re?
Darüberhinaus möchte ich noch bemerken, dass wir Zeit nicht nur in der Wahrnehmung unserer äußeren Sinne sehen, sondern auch in der unseres inneren Sinn, um einen Terminus der Empiristen aufzugreifen. Zeit geht also aus erkenntnistheoretischer Sicht der Materie voraus und wird nicht durch sie konstituiert.

Padreic

BeitragVerfasst: Mo 6. Dez 2004, 20:39
von Maurice
Pad wir stimmen doch wohl überein, dass wir Kants Ansicht vertreten. Zumindest wenn ich ihn rihtig verstanden habe.

@Raum: Was wir sehen ist erstmal Materie. Ich sehe mich z.B. um und sehe die Wände meines Zimmers. Das ist der erste Schritt. Zwischen diesen Wänden sind neben Objekten, wie mein Bett oder der PC, aber auch "Nichts". Da wo keine Materie ist kann ich mich direkt hinbewegen. Dieses "Nichts" zwischen der Materie nenne ich dann "Raum".
Ich gestehe, es ist nicht ganz einfach, weil man den Begriff "Raum" ständig benutzt. Aber gäbe es ohne Materie Raum?Wenn das Universum nicht exisiteren würde, was sollte dann Raum sein?

@Zeit: Wir wir sehen ist erstmal Materie. Ich sehe, dass sich Dinge bewegen und verändern. Ich sehe, dass die Sonne am Himmel aufgeht, wieder untergeht und wieder aufgeht. Um in dieser Welt der Veränderungen mich besser verändigen zu können benutzte ich das Konzept "Zeit". Was ich sehe ist Gegenwart, was ich mal gesehen habe ist Vergangenheit und was ich glaube einmal zu sehen ist Zukunft.
Wenn es keine Veränderungen gäbe, so würden wir auch nicht von Zeit sprechen, weil es nur ein unveränderliches Jetzt gäbe.

Dass das Denken in Raum und Zeit a priori ist, also genetisch bedingt muss nicht heißen, dass es nichts mit Erfahrungen zu tun hat. Wenn es keienn Reiz gäbe, der uns zu diesem a-priori-Denken motivieren würde, würden wir auch nicht so denken. Außerdem gründet wohl jede Anschauung, die wir a priori haben, auf irgendwann gemachten Erfahrungen, die Lebewesen vor uns gemacht haben.

Ich verstehe auch nicht, warum du meine Ansicht hinterfragst, wenn du doch auch den Standpunkt Kants vertritst. :confused:

BeitragVerfasst: Di 7. Dez 2004, 15:42
von Padreic
Dass ich Raum und Zeit genauso sehe wie Kant, war nicht meine Absicht zu behaupten. Raum und Zeit sind sicherlich Anschauungsformen, d.h. aber nicht, dass es Raum und Zeit nicht auch wirklich gibt.

Ich habe das Gefühl, dass du nicht wirklich auf meine Fragen eingegangen bist; vielleicht wurde auch nicht ganz klar, worauf ich hinauswollte.
Deine Argumentation, dass Zeit bzw. die Notwendigkeit des Begriffes 'Zeit' Veränderung voraussetzt, finde ich durchaus plausibel. Zumindest naiv gedacht würde ich aber durchaus sagen, dass Veränderung genauso Zeit voraussetzt. Oder kannst du mir konkret schildern, was du mit 'Veränderung' meinst, ohne auf das Konzept von Zeit zurückzugreifen?
Genauso stellt sich die Frage, was du mit einem 'zwischen' meinst, siehst du Raum als nichts Reales an. Ähnlich wie bei der Zeit, halte ich es durchaus für plausibel zu sagen, dass es ohne Materie keinen Raum gäbe, das heißt aber noch lange nicht, dass Raum nichts Reales ist.

Übrigens möchte ich noch anmerken, dass ich bestreiten möchte, dass wir "erstmal Materie" sehen. Was wir erstmal sehen, sind Farben und Helligkeit, auf zwei Bildern im zweidimensionalen verteilt, die dann zu einem dreidimensionalen Bild vereinigt werden, das mit Hilfe der Kategorien des Verstandes nun langsam eine gewisse Struktur erhält, sodass wir erst jetzt so etwas wie Objekte sehen. Dass das Materie ist, ist noch ein Schritt weiter gedacht. Eine Unmittelbarkeit in der Wahrnehmung von Materie kann ich so nicht sehen.

Padreic

BeitragVerfasst: Di 7. Dez 2004, 15:55
von Ipsissimus
hmm, Bens Einwurf oben ist aber nicht von der Hand zu weisen. Wenn es die Raumzeit im Sinne der allgemeinen Relativitätstheorie gibt, ist es fraglich, ob es Raum und Zeit als getrennte "Dinge an sich" gibt, ob sie mehr als eine Bewußtseinskonvention sind.

BeitragVerfasst: Di 7. Dez 2004, 16:14
von Padreic
Es ist Voraussetzung der Allgemeinen Relaitivitätstheorie, dass es so etwas wie Raum und Zeit an sich gibt, ob nun getrennt oder zusammen als Raumzeit.

Und dass in der physikalischen Welt Raum und Zeit eine unaufhebbare Einheit bilden, heißt nicht, dass sie nicht jenseits des Geltungsbereiches der Physik getrennt existieren können. Wenn ich meine Augen schließe, ist da kein Raum mehr, wohl aber noch Zeit.

Padreic

BeitragVerfasst: Di 7. Dez 2004, 16:23
von BEN2506
Raum ist immernoch da, bloß in einer winzigen ausführung. ;) .

So long

Ben

BeitragVerfasst: Di 7. Dez 2004, 16:26
von Ipsissimus
Es ist Voraussetzung der Allgemeinen Relaitivitätstheorie, dass es so etwas wie Raum und Zeit an sich gibt, ...


hmm, wenn das so stimmt, muß ich nochmal ein bißchen über die Allgemeine Relativitätstheorie nachsitzen. Ich hatte das anders im Kopf

BeitragVerfasst: Di 7. Dez 2004, 23:06
von Maurice
@Pad:
Ich habe heute abend leider keine Zeit ausführlich zu antworten, das mache ich dann morgen.
Nur soviel auf die schnelle: Für mich sind Raum und Zeit sehr wohl real, weil diese Anschauungsweisen ja ohne Zweifel existieren. Ich zweifle nur daran, dass diese in der objektiven Welt an sich existieren.
Dein Einwand ist aber dennoch nicht unbedeutend, weil ich gerade ins Grübeln gekommen bin, inwieweit man Ansichtsweisen als unabhängige Entitäten sehen soll. Was ich damit meine ist, dass z.B. "Materie" auch als eine Ansichtsweise interpretiert werden könnte, wir aber dennoch meinen, sie existiert unabhängig von uns. Ich glaube ich sollte mir nochmal den Bunge in dem Fall ansehen... Im Augenblick schwanke ich, ob eine Relation zwischen Dingen als Eigenschaften dieser gewertet werden sollte, oder ob diese Relation eine bloße Ansichtssache von uns ist... ich glaube das zweite ist der Fall, aber da muss ich nochmal in Ruhe nachdenken und wie gesagt nochmal nachlesen.

Ich glaube ich hatte es mit der Abstraktion etwas übertrieben gehabt. ^^*