Der "genetische Fehlschluss"

Ich zitiere Maurice aus dem Frau-als-Bundeskanzler-Thread:
Die Ansicht, dass es sich bei dem allgemein beschriebenen Schluss und/oder den Beispielen um einen totalen Fehlschluss handelt und man deshalb generell Aussagen "unabhängig von den Umständen ihrer Entstehung betrachten" solle, kann ich nicht teilen.
Gehen wir auf das Beispiel mit dem Regen ein. Sagen wir, an diesem Tag gibt es laut Wetterbericht eine Regenwahrscheinlichkeit von 50%. Der Verkäufer (warum übrigens ein Lexikon?
Nicht gerade das naheliegendste Verkaufsgut
) trifft nun seine Aussage "es regnet", ohne aus dem Fenster zu gucken. Die Wahrscheinlichkeit, dass er recht hat, liegt bei 50%. Man könnte also "die Qualität der Aussage" mit der Wahrscheinlichkeit, dass sie richtig ist, gleichsetzen und sagen, diese Aussage hat die Qualität 50%. Wenn nun der Verkäufer aber vorher aus dem Fenster gesehen hat und weiß, dass es regnet, so kann ein unabhängiger Beobachter, der den Kenntnisstand des Verkäufers kennt, die Aussage als von der Qualität 100% beurteilen.
Analog kann Angela Merkel eine familienpolitische Aussage treffen. Hat sie selbst keine familiären Erfahrungen, liegen ihre Chancen, eine korrekte Aussage zu treffen, vielleicht dank Expertenberatung bei 40%, mit eigenen Erfahrungen wären es dann vielleicht 45%.
Natürlich sind die Beispiele fragwürdig, da sich das "Wahrscheinlichkeit, dass die Aussage entweder falsch oder richtig ist" schon nicht mehr sinnvoll auf die Familienpolitik beziehen lässt. Aber die Überlegung zeigt in meinen Augen:
Mit Sicherheit ist es ein Fehlschluss, zu sagen "ich weiß genau, wer der Mensch ist, also weiß ich auch genau, ob seine Aussage zutrifft" - denn die Aussage bezieht sich ja auf etwas außerhalb dieses Menschen. Aber genauso ist es ein Fehlschluss, zu sagen "die Kenntnis des Menschen ist irrelevant für die Beurteilung der Qualität seiner Aussage", denn die Kenntnis des Wissensstandes und der generellen Zuverlässigkeit und Logikfähigkeit des Menschen erlaubt durchaus, seinen Aussagen mehr oder weniger zu trauen als zufälligen Kontrollaussagen.
Angemerkt sei, dass es sich bei dem Schluss, dass Frau Merkel keine gute Familienpolitik vertreten könnte, weil sie selbst keine Kinder hat, um einen sogenannten genetischen Fehlschluss handelt.
Aussagen wie z.B. "Als Mann können Sie das gar nicht beurteilen. Nur wir Frauen machen damit Erfahrung." richten sich nicht direkt auf die Aussagen oder Argumente einer Person, sondern verweisen auf Merkmale, die bei der Entstehung der Aussagen eine Rolle spielen könnten. In dem Bespiel ist es das Geschlecht der Person. Andere Merkmale können auch soziale Herkunft, Sexualität, Religion usw. sein. Ein genetischer Fehlschluss liegt genau dann vor, wenn wir von solchen Merkmalen auf die Qualität - insbesondere auf Wahrheit und Falschheit - der Aussage schließen. Der Ausdruck "genetisch" bedeutet soviel wie die Herkunft betreffend. Folgendes Beispiel soll nochmal verdeutlichen, weshalb es keinen gültigen Schluss von der Entstehungsbedingung einer Aussage auf deren Qualität gibt:
Stellen wir uns vor, dass in einem Zimmer zwei Leute sitzen, von den einer ein teures Lexikon verkaufen möchte. Der Verkäufer bemerkt, dass sein Gegenüber nach seiner Jacke sieht und anscheinend gehen will. Der Mann mit dem Lexikon täuscht darauf hin vor, durch eine nSpalt im Vorhang nach draussen zu sehen und behauptet darauf, dass es draussen regne. Er versucht damit den potentiellen Käufer zum Bleiben zu bewegen. Doch dieser Versuch bleibt erfolglos, der andere Mann nimmt seine Jacke, geht nach draussen - und es regnet tatsächlich. Der Lexikonverkäufer hat ohne es zu wollen unwissentlich die Wahrheit gesagt.
Dieses Beispiel zeigt, dass Aussagen über ihre Entstehungsbedingungen hinausreichen. Wir sollten sie daher unabhängig von den Umständen ihrer Entstehung betrachten.
Das Argument von Frau Schröder-Köpf ist daher alles andere als gelungen, weil sie einen genetischen Fehlschluss begeht.
Die Ansicht, dass es sich bei dem allgemein beschriebenen Schluss und/oder den Beispielen um einen totalen Fehlschluss handelt und man deshalb generell Aussagen "unabhängig von den Umständen ihrer Entstehung betrachten" solle, kann ich nicht teilen.
Gehen wir auf das Beispiel mit dem Regen ein. Sagen wir, an diesem Tag gibt es laut Wetterbericht eine Regenwahrscheinlichkeit von 50%. Der Verkäufer (warum übrigens ein Lexikon?


Analog kann Angela Merkel eine familienpolitische Aussage treffen. Hat sie selbst keine familiären Erfahrungen, liegen ihre Chancen, eine korrekte Aussage zu treffen, vielleicht dank Expertenberatung bei 40%, mit eigenen Erfahrungen wären es dann vielleicht 45%.
Natürlich sind die Beispiele fragwürdig, da sich das "Wahrscheinlichkeit, dass die Aussage entweder falsch oder richtig ist" schon nicht mehr sinnvoll auf die Familienpolitik beziehen lässt. Aber die Überlegung zeigt in meinen Augen:
Mit Sicherheit ist es ein Fehlschluss, zu sagen "ich weiß genau, wer der Mensch ist, also weiß ich auch genau, ob seine Aussage zutrifft" - denn die Aussage bezieht sich ja auf etwas außerhalb dieses Menschen. Aber genauso ist es ein Fehlschluss, zu sagen "die Kenntnis des Menschen ist irrelevant für die Beurteilung der Qualität seiner Aussage", denn die Kenntnis des Wissensstandes und der generellen Zuverlässigkeit und Logikfähigkeit des Menschen erlaubt durchaus, seinen Aussagen mehr oder weniger zu trauen als zufälligen Kontrollaussagen.