Definition von "Religion"

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Maglor
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So 25. Dez 2005, 23:17 - Beitrag #1

Definition von "Religion"

Religion kann sowohl den Kult, also die religiöse Handlung bezeichnen, als auch die religiöse Gemeinschaft, aber auch die religiöse Lehre. Hier geht es um die religiöse Lehre.
Was unterscheidet eine religiöse Lehre von der gemeinen Ideologie oder Weltanschauung.

Ich denke eine Religion enthält in der Regel eine Ethik, Mythen und die Idee der "Heiligkeit".

Um Ipse vorwegzugreifen: Vielleicht gehören auch kanonische Schriften, ein Nachweltglauben und ein Götterglauben zu den notwendigen Bestandteilen.

MfG Maglor

Ipsissimus
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Di 3. Jan 2006, 15:34 - Beitrag #2

Ich denke eine Religion enthält in der Regel eine Ethik, Mythen und die Idee der "Heiligkeit".


das erste Kriterium findet sich in direkter Form auch in Weltanschauungen, hinsichtlich Kriterium 2 und 3 wäre zu fragen, ob es da um das Wort, die Begrifflichkeit geht, oder um die Funktion

so ist die Idee der Heiligkeit z.B. im Kommunismus durch die Idee der klassenlosen, herrschaftsfreien Gesellschaft ersetzt - schaut mensch genauer hin, wird sofort ersichtlich, daß diese Idee im Kommunismus die analoge Funktion zur Idee der Heiligkeit im Religiösen aufweist.

Wenn Mythen als im Volksglauben verhaftete Deutungen bestimmter Aspekte der Welt definiert sind, so unterscheiden sich die Mythen der Religionen und der Weltanschauungen nur durch ihren Charakter, nicht hinsichtlich ihrer Existenz und nicht in ihrer Funktion

letztlich würde ich damit Religion als Spezialform einer Weltanschauung auffassen, deren wesentliche Stützen mit außermenschlichen geistigen Wesenheiten (Gott, Panpsychismus) argumentieren, während nichtreligiöse Weltanschauungen mit menschlichen Ideenwelten argumentieren.


Sokrates war bekanntermaßen von einem Daimon geleitet, zumindest reklamierte er das für sich. Ungeachtet unserer heutigen psychologischen Sichtweise war dieser Daimon für ihn selbst eine von ih und seinem üblichen Denken durchaus streng unterscheidbare Größe, deren Einflüssen er sich absolut verpflichtet fühlte. Bei aller Bedeutung, die Sokrates für die Entwicklung der europäischen Kultur einnimmt - warum gibt es keine explizit auf diesem Dämon basierende Religion, der doch in Gestalt Sokrates viel besser verbürgt ist als z.B: der "Vater" des Jesus von Nazareth?

weil vieles, vielleicht das meiste, was religiös "echt" ist, zugleich privat ist, sich nicht für die massengerechte Trivialisierung eignet.

Maglor
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Di 3. Jan 2006, 17:32 - Beitrag #3

Vielleicht ist ja der Kommunismus stalinscher Prägung auch eine Art Religion. ;)
Zentral ist denke ich auch noch der Wunderglaube, der bisher unerwähnt blieb.
Mit dem Wunder meine ich, das unerklärbare, unmögliche Ereignis, das trotzdem geschieht. Die Wunder sind es, die die Religion und die Naturwissenschaft scheiden.
Vielleicht ist ja auch der "neue Mensch" auch so eine Art des Wunderglaubens.
MfG Maglor

Ipsissimus
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Mi 4. Jan 2006, 17:47 - Beitrag #4

natürlich müßte Religion dann noch von Magie abgegrenzt werden - beide nehmen außermenschliche intelligente geistige Wesenheiten als gegeben an.

etwas flapsig ausgedrückt liegt der Unterschied darin, daß in der Magie der Mensch das Sagen hat, in der Religion besagte Wesenheiten (Macumba als Zwischenform)

Maglor
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Mo 9. Jan 2006, 15:51 - Beitrag #5

Nun ich glaube nicht das man scharf und klar Religion und Magie voneinander abgrenzen kann. Vielmehr ist die Magie Teil religiöser Praxis und Leere.
Dies gilt nicht nur für die Primärreligionen sondern auch für das Christentum.
Man denke nur die heilenden Hände mancher Heiliger, den Exorzismus, die Verhandlung von Wein in Blut, oder den heiligen Franziskus, der mit den Vögeln spricht...
Magie schließt einen Gottesgedanken keineswegs aus. Gerade die christliche Hermetik führte sich auf biblische Gedankenspiele zurück, insbesondere auf den Schöpfungsbericht des Johannesevangelium und die Genesis. Die Idee ist, es gäbe eine adamitische Sprache. Dies war die Sprache Adams und Gottes. Sie ging in der babylonischen Sprachverwirrung verloren. Mit jener Sprache aber wirkte Gott, sie war also das "Wort". So ist es Gedanke der christlichen Magie, die Gerechten könnte die adamitische Sprache erlernen und sich so der Macht Gott bedienen.
Ähnlich ist auch in der Geschichte des Prager Golems, in der der Rabbi Löw eine menschliche Kreatur aus Lehm erschafft, und dies mittels hebräischer Buchstaben.

MfG Maglor

Ipsissimus
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Mo 9. Jan 2006, 16:25 - Beitrag #6

das ist wohl richtig, daß es diese religiös gefärbte Spielart von Magie gibt; darüber hinaus gibt es nichtreligiöse Magie, z.B. in den verschiedenen Spielarten der Freimaurer, oder schamanistische Magie, die Magie der weißen Frauen uvm. Bei der magischen Tradition des Christentums, soweit sie sich an die offizielle Lehre und Rechtssprechung der Kirche hält, ist zu beachten, daß diese magieartigen Elemente gerade nicht als Magie gedacht sind, sondern als Wunder, bedingt durch das direkte Handeln Gottes und nicht durch den steuernden und evozierenden Willen eines Menschen

Maglor
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Mo 9. Jan 2006, 16:41 - Beitrag #7

Betrachtet man die Primärreligion genauso als Religion wie das Christentum, so ist der Schamane ebenso religiös und magisch wie der heilige Franziskus...
Überhaupt ist mir keine nicht religiöse Spielart der Magie bekannt, also außerhalb von Science-Fiction-Fabelwelten.
MfG Maglor

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Mo 9. Jan 2006, 17:08 - Beitrag #8

na ja, mir wäre da der Begriff "spirituell" schon lieber, aber mag sein, daß das Geschmackssache ist. Religion ist doch zu sehr mit "Organisiation" konnotiert, als daß Schamanismus sich deckungsgleich auf Religion abbilden ließe

wenn man den Taoismus gemäß Laotse inhaltlich ganz ernst nimmt, ist er keine Religion, enthält in der Praxis aber durchaus magische Elemente, auch wenn die ihm nicht wesentlich sind (genau wie die Sakramente im Katholizismus imo nicht wesentlich sind, obwohl sie in der Praxis eine große Rolle spielen); ähnliches gilt für Zenbuddhismus und andere Spielarten des Theravada; es gilt vor allem auch für die Advaitisten, die sich auf die Vedanta beziehen, in ihrem abgrundtiefen spirituellen Materialismus

Maglor
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Di 10. Jan 2006, 15:36 - Beitrag #9

Ipse sagte einmal: "weil vieles, vielleicht das meiste, was religiös "echt" ist, zugleich privat ist, sich nicht für die massengerechte Trivialisierung eignet." Und sprach sich so vielleicht gegen eine all zu große Bedeutung des Organisatorischen in der Religion aus. ;)
Wenn du meinst Schamanismus sei spirituell aber nicht religiös, so impliziert dies es könne Spiritualität außerhalb einer Religion geben. Wenn man das weiterführt, landet man schließlich bei einer snobistischen Unterscheidung von Religion und Sekte, Glauben und Aberglauben.

MfG Maglor

Ipsissimus
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Di 10. Jan 2006, 16:15 - Beitrag #10

nun, Spiritualität ohne Religiosität ist in meinen Augen alles andere als ein Schreckgespenst

deine Differenzierungen, auf die du im weiteren verweist, halte ich nicht für eine Folge des Umstandes, daß es Spiritualität außerhalb von Religion gibt, sondern im Gegenteil, als Folge von Diffamierungen, die im wesentlichen von den Alleinvertretungsansprüchen der großen Kongregationen ausgehen. Der Schamane kümmert sich nicht um aus seiner Sicht so offensichtlich intentionale Unterscheidungen wie Glaube und Aberglaube, das ist Anliegen der Priester, und der Kern des Anliegens ist Diffamierung zwecks Verdrängung vom Markt^^

Religion und Sekte liegen übrigens auf unterschiedlichen Ebenen^^

janw
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Sa 14. Jan 2006, 01:01 - Beitrag #11

Nun ja, was die Magie betrifft, ist es vielleicht eine Frage des Blickwinkels.
Der sibirische Nenze geht zum Schamanen, der weiß, wie man Krankheiten heilt und mit den Nöten der Menschen umgeht.
Der Schmane selbst ist sich sicher, daß nicht er weiß, sondern daß er von den Geistern inspiriert wird, wenn er in Trance Kontakt zu ihnen aufnimmt.

Der Übergang von der Magie zur Religion ist für mich eher fließend, vielleicht dadurch gekennzeichnet, daß der Umgang mit den transzendenten Wesenheiten ritualisiert wird.

janw
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So 15. Jan 2006, 18:41 - Beitrag #12

Ipsi, verstehe ich Dich richtig, daß Du Religion am ehesten mit "organisierter Spiritualität" gleichsetzen würdest?
Wird unser Blickwinkel diesbeszüglich nicht vielleicht durch das Modell der katholischen Kirche verstellt, gewissermaßen dem Modell der Hyperorganisiertheit?

Ipsissimus
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Mo 16. Jan 2006, 11:28 - Beitrag #13

Religion, auch Priesterreligion, war immer Magie gewesen, "Ritus" ist ein zentrales Element magischer Praxis. Selbst in den Verfallsformen (Christentum, Islam) ist das noch einigermaßen korrekt (Sakramente, Eucharistie sind magische Praktiken, auch wenn die Magie darin längst verlorengegangen ist). Was sich geändert hat, ist der Deutungshintergrund. Magie verlangt gebieterisch nach Fähigkeit und Erfahrung, nicht nach Glauben. Damit wird sie für die große Masse unbrauchbar.

Aydee
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Mo 16. Jan 2006, 15:09 - Beitrag #14

OT: Magie verlangt gebieterisch nach Fähigkeit und Erfahrung, nicht nach Glauben. Damit wird sie für die große Masse unbrauchbar.

vorallem: unerreichbar

janw
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Mo 16. Jan 2006, 16:14 - Beitrag #15

Zitat von Ipsissimus:Magie verlangt gebieterisch nach Fähigkeit und Erfahrung, nicht nach Glauben. Damit wird sie für die große Masse unbrauchbar.

So gesehen...braucht es zur Religion den Magier - ob im Gewande des Schamanen oder des Priesters - der fähig und erfahren darin ist, optimalerweise Kontakt zu der/den transzendenten Wesenheit/en herzustellen, minimal Probleme der großen Masse zu lösen, im Verfallsfalle mindestens durch feststehenden Ritus das Vertrauen der großen Masse an sich zu binden.

Aydee, die Erreichbarkeit ist dann kein Problem, wenn der einfache Gläubige gar nicht danach trachtet, Priester zu werden...

Maglor
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Mo 16. Jan 2006, 16:54 - Beitrag #16

Nun, mir ist keine Religion bekannt, die predigt, der Glaube versetze Berge und schaffe Wunder.
Tatsächlich können die Wundertaten auch im Christentum nur von bestimmten Heiligen, Aposteln und so weiter erzeugt werden. Paulus spricht ja gern von der Gnade und Gott ist eben nicht zu allen gnädig.
Ipse sagte Magie benötige Fähigkeit und Erfahrung. Ich sage Fähigkeit ist vor allem Befähigung. Und befähigt wird der Magier in der Regel durch die höheren Mächte, gleich ob Götter, Ahnen oder sonstige Geister.
Was die Erfahrung betrifft, so spielt sie im Kultwesen schon eine Rolle. Hierbei handelt es sich aber meist nur um das Wissen um Liturgie, Mythen und Riten; nicht aber um die konkrete Magie oder Wunderwirkung. Auch im heutigen christlichen Abendland ebent das Theologiestudium zwar den Weg zum Ritualmeister, nicht aber zum Magier.
Die Idee des Wunders ist auch die Unregelmäßigkeit und Unberechenbarkeit. So treten auch heute meist Hinz und Kunz als Wunderheiler, Kreuzesmahlträger und Marienbeobachter aus und nicht etwa Benedikt XVI., der ja als Greis, Professor und Papst die größte Fülle an Erfahrung und Macht haben müsste.

MfG Maglor

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Mo 16. Jan 2006, 17:43 - Beitrag #17

das ist schon richtig, Magglor, aber es bezieht sich doch eher auf den christlichen Kontext. Nimmt mensch einen religionsgeschichtlichen Rahmen, so sind die Aktivitäten altägyptischer Magierpriester genauso zu berücksichtigen wie die Vorgänge in tibetischen Lamaklöstern, das, was bei der Erteilung katholischer Sakramente geschieht genauso wie die Beschwörungen einer Umbanda-Priesterin uvam.

Und bei einem solchen Überblick zeigt sich meines Erachtens schon, daß aus einem spezifischen Blickwinkel die Geschichte des Christentums als Geschichte des Verfalls der Magie verstanden werden kann, insofern als Können und Erfahrung ersetzt wurde durch das Prinzip des Glaubens.

Wie das zu bewerten ist, bleibt natürlich eine andere Frage und hängt wohl maßgeblich vom Weltbild des Bewertenden ab.

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Mo 16. Jan 2006, 17:54 - Beitrag #18

Nun, mir ist keine Religion bekannt, die predigt, der Glaube versetze Berge und schaffe Wunder.
Tatsächlich können die Wundertaten auch im Christentum nur von bestimmten Heiligen, Aposteln und so weiter erzeugt werden.
Wörtlich genommen ist ersteres aber eine ganz zentrale Aussage des Christentums, siehe etwa Mt 17,20: "Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge: Heb dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein."
Der zweite Satz ist eher im Umkehrschluß zu verstehen: Wer ein Wunder bewirkte (bzw. wem ein vermeintliches Wunder angehängt wurde), den ernannte man flugs zum Heiligen (und tut es auch heute noch: Nach wie vor sind nachgewiesene Wunder bei den Katholiken Voraussetzung für die Heiligsprechung.)

superconductor
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Sa 18. Mär 2006, 02:12 - Beitrag #19

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Etwas vom Mensch geschaffenes zur Erreichung eines bessern Lebens / Aussicht nach dem Tode.


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