@Maurice:
Ich denke, der Kohärenzbegriff von Wahrheit hat mit Wahrheit erstmal nichts zu tun. [ich weiß, Definitionen können nicht wahr oder falsch sein, aber ich kann auch meine Katze Wahrheit nennen] Die Kohärenztheorie beschreibt, wann wir eine Aussage als wahr bezeichnen bzw. annehmen, dass eine Aussage wahr ist. Aber der Begriff hat viele Konsequenzen, die ich als für einen Wahrheitsbegriff nicht angemessen halten würde (Ipsi wird mir sicherlich widersprechen): Zeitabhängigkeit und Subjektbezogenheit oder Verletzung des Satzes vom Widerspruch.
Die Korrespondenztheorie halte ich allerdings auch (zumindest ohne weitere Verfeinerung) für problematisch. Die beiden problematischen Wörter sind 'wenn' und 'übereinstimmen'.
Wenn ich etwas definiere, so muss traditionellerweise die rechte Seite bekannt sein und insbesondere nicht den zu definierenden Begriff enthalten. Benutzt aber so ein logisches Symbol wie das Wort 'wenn' nicht schon den Begriff der Wahrheit? Eine Aussage ist wahr, wenn die Bedingung erfüllt ist, dass die Aussage der Wirklichkeit entspricht. Ist das eine andere Aussage? Wenn nein, was ist dieses 'erfüllt' denn anderes als 'es ist wahr'? Ich könnte die Definition wieder einsetzen: "es entspricht der Wirklichkeit, dass diese Aussage der Wirklichkeit entspricht" Das ist für mich aber nicht klarer.
Und leitet gleich zum zweiten Punkt. Was heißt es, dass eine Aussage der Wirklichkeit entspricht? Eine Aussage verweist auf einen Verhalt, der eben in der Wirklichkeit zutrifft oder eben nicht; so würde ich es naiv formulieren. Schwieriger wird es mit abstrakten Aussagen. Beispielsweise mathematische Aussagen. Oder auch Aussagen wie: "Die Aussage X entspricht der Wirklichkeit." Verweist eine solche Aussage wirklich auf die Wirklichkeit oder nur auf das Verhältnis von Aussagen zu Wirklichkeit?
A propos: Was ist überhaupt eine Aussage? Siehst du sie als Abstraktum oder als konkrete sprachliche Äußerung? Und ist für dich der Begriff 'Wahrheit' eine bloße Abkürzung für irgendetwas oder hat es einen ontologischen Status?
[Entschuldige meine Fragenkaskade. Die Fragen sind konstruktiv destruktiv gemeint; also teilweises Einreißen zu einem festeren Bau.]
An sich ist alles egal, aber meistens nicht für ein konkretes Subjekt. Und ich verstehe nicht, warum ein atheistischer Amoralist notwendig kein Interesse an der Wahrheit haben sollte. Man denke nur mal an die Wissenschaftler dieses Kalibers, die einem wissenschaftlichen Realismus anhängen.
Ich finde deine These unplausibel.
Nunja, dann formuliere ich meine These um: es gibt keinerlei aus praktischen Erwägungen folgenden Grund, Wahrheit irgendeine Bedeutung beizumessen. Darüber, inwieweit man diese Wissenschaftler religiös nennen kann, will ich jetzt nicht diskutieren.
@Ipsissimus:
Padreic, daß es ein Ideal gibt, Lügen zu vermeiden, bestreite ich gar nicht. Im Begriff des Ideals ist aber auch schon der unerfüllbar hohe Anspruch mitformuliert, welcher der Realität nicht standhält.
Nein. In dem Sinne, dass es vollständig real erfüllt werden kann, hast du vermutlich recht, aber eben als Ideal, dass es einen kontinuierlich dazu antreibt, sich ihm anzunähern, hält es durchaus der Realität stand.
es geht doch aber etwas pragmatischer zu im Leben, oder? Wir vertrauen Fahrplänen ("Vertrauen" im weitesten Sinne^^), wir treffen Entscheidungen auf der Basis für wahr genommener Informationen uvm. Und bei den allermeisten dieser Situationen kommt es nicht wirklich darauf an, ob sie in einem idealistischen Sinne wahr sind, sondern ob sie trotz ihrer Abweichungen von der Absolutheit praktikabel bleiben.
Klar, für alles Pragmatische hast du recht. Aber es geht eben nicht immer nur pragmatisch zu.
das ist noch so ein idealistischer Begriff. Glück und "wahres" Glück gar. Ich kenne Glücksmomente, auch ausgedehntere. Sie kommen und gehen, und ihr Kommen und Gehen ist kontingent.
Ja, was impliziert, dass du noch nicht das "wahre" Glück gefunden hast
. Das wäre das Glück, dass einen durchdringt und bleibt und keinen Grund hat zu schwinden.