Wege zum Zen

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Anaeyon
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Fr 5. Mai 2006, 15:46 - Beitrag #21

Oh, dann war es ein Fehler von mir. Ich hatte gedacht im Zen ist das Ziel, "nichts" zu visualisieren und ich habe das ähnlich wie eine schamanische Reise als Trance interpretiert. Sprich mit bunten oder weniger bunten Bildern, wie auch immer das Nichts sich uns zeigt...Bild

Ipsissimus
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Fr 5. Mai 2006, 16:03 - Beitrag #22

nein, im Zen wird nicht das Nichts visualisiert; Visualisationen sind, bezogen auf den Buddhismus, afaik eher charakteristisch für die tibetischen Richtungen; es ist möglich, daß es da auch Übungen zum Visualisieren des Nichts gibt, z.B. die Diamant-Meditation, aber da kenne ich mich nicht wirklich aus.


Ceitlyn, um völlige Kontrolle über den Gedankenfluss zu erlangen, ist sehr viel Übung vonnöten, das gelingt dir nicht mit ein paar mal probieren. Die Zenausbildung in japanischen Klöstern von Leuten, die "nur" Priester werden wollen, dauert drei Jahre; Leute, denen es mit Zen ernst ist, bleiben oft 10 Jahre und länger, ehe sie die Anerkennung als Meister bekommen - wenn sie sie bekommen, wozu aber ein bißchen was anderes gehört, als nur Gedankenstille erzeugen zu können. Die Gedankenstille ist eines der vielen Mittel, welche Zen zur Verfügung stellt, zum Zweck, der "Einsicht" heißt, und im esoterischen Raum oft etwas großspurig mit "Erleuchtung" umschrieben wird.

C.G.B. Spender
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Mi 10. Mai 2006, 03:38 - Beitrag #23

Zen und die Kunst Inneres innezuhalten

Zitat von Ipsissimus:mach mal ein einfaches Experiment, Jan. Setz dich irgendwo entspannt hin, schließ die Augen, atme ein paar Mal tief durch. Dann versuch mal, deinen inneren Aufmerksamkeitsfokus in deinen Hinterkopf zu verlagern und von dort hinten aus deine Gedanken zu beobachten, die im Vorderhirn herumflattern, ohne in diese steuernd einzugreifen. Dann hast du eine ganz gute erste Annäherung an deinen inneren Beobachter
Den inneren Beobachter finde ich recht nützlich, ihn würde ich als Kern meines Selbst ansehen.

Gestern hatte ich mir einen Konzertausschnitt angesehen und Seals "Killer"-Bassline war am Morgen noch einwandfrei abrufbar, zusammen mit seiner wunderschönen Stimme. Wie nennt man das noch mal? Ohrwurm?

"...Brother... Brother...
Sister... Sister...

It's the loneliness thats the killer

So you want,
To be free.
To live your life,
The way you want to be.
Will you give,
If we cry?
Will we live,
Or will we.. die?
Ohh..."

Seal, Killer



Das ging den ganzen Tag so weiter.
Musik, die die Saiten der Seele schwingen läßt.
Besser als Dolby Surround.

Zuletzt lief mir noch die Titelmelodie von "Medium" nach, was verglichen mit "Killer" ziemlich nervig war.


Ich muß zugeben, dass mich der Ausdruck "Erleuchtung" manchmal ebenfalls nervt, denn er impliziert, dass es immer nur etwas weltbewegendes sein kann und der Mensch, der die Botschaft empfängt, auserwählt sein muß. Das, finde ich, ist nicht der Fall, sondern der Wille, seinen Geist fallen zu lassen, führt einen dahin, wenn man die Ausdauer hat. Dieser Wille, sich dem Sein hinzugeben, ist für mich der Weg.

Die Einsicht ist wohl nicht das Nichts, sondern besteht aus Jenem, welches in dieses Nichts eintritt, eingegeben wird, durch die Seele, das Sein, das Universum, die Liebe, alle Dinge]"...Cray...cray...cray...

...Crazy yellow people walking through my head.
One of them's got a gun, to shoot the other one.
And yet together they were friends at school
Ohh, get it, get it, get it, get it no no!

If all were there when we first took the pill,
Then maybe, then maybe, then maybe, then maybe...
Miracles will happen as we speak.

But we're never gonna survive unless...
We get a little crazy.
No we're never gonna survive unless...
We are a little...
Crazy..."

Seal, Crazy

[/i]

Die Gedankenstille,
verrückt wäre es, sie zu erreichen,
verrückt wäre es, es nicht zu versuchen, indem man es nicht versucht.

Innehalten, Stillhalten, sein, atmen

Innehalten in der Stille, Seinleben

____________________________

[align=center] Einfach vertrauen!
Kirschblüten rieseln
zu Boden
Haiku, eine Kunst des Entdeckens[/align]

Ceitlyn
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Do 11. Mai 2006, 11:38 - Beitrag #24

Zitat von janw:Es ist so schwer, die einfache Erkenntnis für sich anzunehmen, daß man so einfach entspannen kann, grundlos, einfach nur so...

grundlos entspannen

Kann das jemand?
sich "einfach" (was rede ich hier..?) fallen lassen...?
Aus sich heraus, ohne äußeren "Anreiz", "Hilfen"...?

Ich denke, ich möchte mich nicht mit mir befassen.
Darauf läuft eine solche Zen-Übung bei mir aber hinaus: alle Gedanken kreisen immerzu um das eigene Ich. Ist lästig, aber ich kann es irgendwie nicht "stoppen", "beruhigen". Ist wirklich lästig....

Anaeyon
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Do 11. Mai 2006, 11:48 - Beitrag #25

Was hast du für ein Problem mit dir?

/Me wird übernächste Woche zwecks Elemente-Monat im Heidenforum zum Thema Wasser mal die "Gedankenstille" ausprobieren. 20.000 Meilen unter dem Meer Bild

janw
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Do 11. Mai 2006, 12:09 - Beitrag #26

Ceitlyn, das mit dem "für sich annehmen" geht mir oft genug auch so, auch mir kreist oft viel zu viel im Kopf und will sich nicht vertreiben oder ausblenden lassen. Noch...

It will go by, with a little help from my friends...

Ipsissimus
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Do 11. Mai 2006, 13:36 - Beitrag #27

vorsätzliches Ausblenden ist noch viel zu schwierig. Versucht es damit, euch immer wieder rauszunehmen, in die Beobachterperspektive zu wechseln, immer und immer wieder. Ganz langsam werdet ihr dann merken, daß der Strom der Gedanken abebbt

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Di 16. Mai 2006, 15:03 - Beitrag #28

Ich habe festgestellt, dass ich mich in dieser Hinsicht am Besten entspannen kann, wenn ich die Natur beobachte. Manchmal ertappe ich mich sogar dabei, dass kein "vorderer Gedankenfluß" vorhanden ist. Das passiert am häufigsten, wenn ich mich sehr stark konzentrieren muß, z.B. einen schönen engen Waldweg entlangradel, ohne Löcher und Wurzelwerk zu treffen. Beim Photographieren habe ich es auch schon erlebt und früher beim Gitarrespielen.

Körperliche Anstrengung scheint dabei zu helfen, zumindest mir.

janw
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Di 16. Mai 2006, 15:26 - Beitrag #29

Spender, das ist wahrscheinlich der Effekt, der durch kundalini-yoga angestrebt wird; liegt wohl daran, daß Denken anstrengend ist und mal abgeschaltet wird, wenn andere Körperbereiche Leistung bringen müssen.

Ich muss meinen Beobachter mal dazu bringen, eine etwas bessere Meinung von mir zu haben ;)

C.G.B. Spender
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Mo 22. Mai 2006, 02:02 - Beitrag #30

Vielleicht ist die Meinung eines Beobachters besser, als du denkst, Jan.

Der Effekt des Nichtaktivdenkens, so würde ich es mal nennen, entsteht in meiner Erfahrung auch nur bei sehr langen Anstrengungen oder bei extremen Anstrengungen. Wobei ich festgestellt habe, dass Anstrengungen dabei helfen, eine Art Hürde zu überwinden, hinter der die Gedanken langsam ihre Heimat finden. Dazwischen bahnen sich Sinneseindrücke ungefilterter ihren Weg, bis man schließlich seinem Körper beim Tun zuschaut, losgelößt.

Das ist dann vielleicht kein Zen mehr, aber die Empfindung des Raum- und Zeitgefühles ist verändert und intensiver, jede Minute wird zu einem Ruheraum der Kraft.

janw
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Mo 22. Mai 2006, 10:58 - Beitrag #31

Die Ausschaltung des Denkens durch Anstrengung wurde mir vor mehreren Jahren einmal sehr bewusst, auf einer Alpen-Exkursion, die mich an meine Grenzen brachte...oder gewissermaßen darüber hinaus. Wo irgendwann das Gehen zum nur-noch-gehen wurde, das Sehen zur Anstrengung, geschweige von allem anderwärts als auf den Weg gerichteten Denken.

Demgegenüber ist das Versuchen, seine Gedanken von sich zu drängen, sie schlicht vorbeifliegen zu sehen, etwas anderes, auf andere Weise anstrengend und dann sehr entspannend.

Mein innerer Beobachter, nun, das, was ich dafür halte, heißt nicht umsonst Innerer Schweinehund - er schießt mir zu gerne dazwischen, wirft mir vor, Situationen zerstört zu haben, die aus der Sicht meines Gegenübers völlig in Ordnung sind.
Muss nochmal ergründen, was ihn dazu treibt.

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Di 23. Mai 2006, 04:48 - Beitrag #32

So ähnlich meinte ich das mit der Antrengung, Jan.

Mein innerer Beobachter, nun, das, was ich dafür halte, heißt nicht umsonst Innerer Schweinehund - er schießt mir zu gerne dazwischen, wirft mir vor, Situationen zerstört zu haben, die aus der Sicht meines Gegenübers völlig in Ordnung sind.
Muss nochmal ergründen, was ihn dazu treibt.
Es ist komisch, aber schon seit geraumer Zeit mache ich mir keine Selbstvorwürfe mehr, und ich kann es durchaus nachvollziehen, was du dort schreibst, Jan. Ich weiß nicht so recht, warum ich nicht mehr so sehr mit mir hadere, vielleicht habe ich schluß endlich doch meine Mitte gefunden. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass es mich wohl nicht mehr so sehr kümmert, was andere denken mögen. Jedenfalls nicht so sehr, wie früher. Zumal ich weiß, das ich kein schlechter Mensch bin, warum sollte ich mir also Vorwürfe machen? Weil ich nicht zu den Schlechten passe, die mich vielleicht gerne Einen von den ihren machen würden?

Der Schweinehund in mir liebt die dunklen Tage und die gehen fort, bis zum Summer Solstice, dem 23.6., der Sommersonnenwende.

janw
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Do 4. Jan 2007, 20:17 - Beitrag #33

Spender, wahrscheinlich muss man diesen inneren Schweinehund einfach dadurch in seine Schranken weisen, daß man ihn erkennt und benennt, als was er ist - die Sammlung aller sozial mediierten und auf einen projizierten Setzungen, wie "man" zu sein hat -, und wohin "man" sich andernfalls gefälligst zu ändern hat. An sich eine einfache Erkenntnis, die sozialen Mechanismen einmal durchschauend, gleichwohl nicht einfach umzusetzen, und eine sehr würzige Angelegenheit, arbeitet man mit Menschen, die tatsächlich etwas an ihrem Sosein ändern müssen, dies aber anderen Faktoren - Familie, Gesellschaft,... - anlasten.

Aber, um mal wieder zum Kern zurück zu kommen...

Bei allem Nachdenken über Sein, Bewusstsein und Sinn reibe ich mich doch immer noch etwas daran, anzuerkennen, daß das Sein sinnlos ist.
Als Argument dafür ist mir ein Bild eingefallen, das vielleicht die Situation erklären könnte.
Es besteht im Wesentlichen aus einer mit Sand gefüllten Schale, welche oben glatt gestrichen ist.
Sie stehe für das Sein.
Bewußtsein über dieses Sein entstehe nun im Sinne Sartres durch einen Blick "darüber", sei es durch das Erkennen des Leuchtens der Sandkörner im Licht.
Durch die Ebenheit des Sandes leuchtet dieser nun überall relativ gleich, es gibt keinen Unterschied zwischen Licht und Schatten, wie er entstünde, wären Linien oder Dellen in den Sand gezogen, nichts wird durch Hügel verdeckt.
Diese einzugravieren, ist dem Leben vorbehalten, wobei dies dem Sand das Antlitz des Soseins gibt, das jedoch gleichsam nur an der Oberfläche des Seins schürft, das immer frei bleibt von Sinn und Intentionalität.

Ist damit wohl irgend etwas anzufangen?

C.G.B. Spender
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Sa 6. Jan 2007, 08:10 - Beitrag #34

Zitat von janw:Spender, wahrscheinlich muss man diesen inneren Schweinehund einfach dadurch in seine Schranken weisen, daß man ihn erkennt und benennt, als was er ist - die Sammlung aller sozial mediierten und auf einen projizierten Setzungen, wie "man" zu sein hat -, und wohin "man" sich andernfalls gefälligst zu ändern hat. An sich eine einfache Erkenntnis, die sozialen Mechanismen einmal durchschauend, gleichwohl nicht einfach umzusetzen, und eine sehr würzige Angelegenheit, arbeitet man mit Menschen, die tatsächlich etwas an ihrem Sosein ändern müssen, dies aber anderen Faktoren - Familie, Gesellschaft,... - anlasten.
Mittlerweile bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass ich nie ein guter Maskenträger und Mitschwimmer war, aber das muß nicht schlecht sein.

Die Familie eines Menschen kann sehr schlecht sein und keinen guten Start ins Leben ermöglichen. Es gibt jedoch immer einen Ausweg aus dem eigenen Fehlverhalten, welches aus der schlechten Sozialisation entstand, solange man gewillt ist, über sich selbst zu reflektieren und zu lernen.
Ob einem allerdings von der sogenannten Gesellschaft jederzeit neue Chancen geboten werden, wage ich ernsthaft zu bezweifeln, sehr ernsthaft!

janw
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Di 1. Mai 2007, 11:22 - Beitrag #35

Nun, der Weg ist noch nicht am Ziel...

Neulich hatte ich ein sehr interessantes Gespräch mit henryN, in dem er meinte, man sollte eher selbst den Weg gehen, anstatt sich an einen Zen-Lehrer zu wenden.
Ich kann den Gedanken nachvollziehen - läuft es nicht gerade dem Gedanken des individuell frei werdens zuwider, "Verantwortung" für sich an einen Lehrer zu delegieren - und wodurch ergibt sich die Legitimität von Lherern in einem System, das jede Form von "Macht" als intentionale Zuweisung hinterfragt?

Ipsissimus
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Mi 2. Mai 2007, 17:25 - Beitrag #36

So wie es Menschen gibt, die einen Hammer in lässiger Eleganz, ohne überhaupt hinzuschauen, so schwingen können, daß der Nagel perfekt sitzt, so gibt es Leute wie mich, die über ein natürliches Talent verfügen, Nägel krumm und unbrauchbar einzuschlagen^^

Zen ist ein Werkzeug, wie ein Hammer, oder ein Ziseliermeisel, oder ein Elektronenmikroskop. Ein Werkzeug wofür? Sich selbst auf die Schliche zu kommen. Ein Werkzeug der Selbsterkenntnis.

Manche sind ein Naturtalent auch darin, haben sie einen Faden in der Hand entwirren sie quasi mühelos die Schichten von unerwünschten Prägungen, Selbstbetrug, Masken und Lügen, die den Blick auf den eigenen Wesenskern verstellen. No need for Zen.

Andere wissen nicht, wovon die Rede sein soll, wenn von Selbstbetrug die Rede ist, finden aber trotz ewiger Therapiestunden, mal als Workaholic, mal als Flowerpower-Hippie mal als was auch immer keinen Zugang zu sich selbst. Für diese Menschen bietet Zen ein mögliches Werkzeug, bei weitem nicht das einzige, aber auch eines.

Zur Handhabung des Werkzeuges ist eine gewisse Einweisung nötig; wenn du ein Elektronenmikroskop einrichten sollst, kannst du das auch nicht ohne Einweisung. Natürlich kannst du dir Atemtechniken, Meditationsformen, das korrekte Sitzen usw. alles selbst beibringen. Wenn du dich dabei nicht selbst belügst^^

janw
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Do 3. Mai 2007, 20:13 - Beitrag #37

Ach mensch, das mit dem Nagel ist doch ganz einfach, Du musst ihn nur da ansetzen und dann ganz zart mit dem Hammer da drauf, und nochmal, und nochmal...^^

Das mit dem selbst belügen ist wahr...mensch ist bequem und belässt es zu gerne bei "na, das muss jetzt reichen"...

Wie funktioniert das eigentlich, wodurch wird ein Zen-Lehrer zum Zen-Lehrer?

Ipsissimus
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Fr 4. Mai 2007, 12:27 - Beitrag #38

formal dadurch, daß er die Anerkennung eines anderen, anerkannten Zenmeisters erhält; für diese Anerkennung ist in der Regel die mehr- bis langjährige Schülerschaft bei diesem Zenmeister notwendige aber nicht hinreichende Voraussetzung - will sagen, es gibt auch langjährige Schüler, die keine Anerkennung erhalten

Die Kriterien, die zur Anerkennung führen, sind eng verwandt mit dem, was in einer Psychoanalyse zwischen Analytiker und Patienten passiert; ein guter Analytiker hat die Fähigkeit erlernt, Blockaden des Patienten auch da zu erkennen, wo der Patient diese nicht sieht. Die Beziehung zwischen einem Zenmeister und einem Schüler hat viel mit der zwischen Psychoanalytiker und Patienten gemeinsam; der Zenmeister macht den Schüler immer wieder in zeneigener Manier auf Blockaden udgl. aufmerksam und merkt an den Reaktionen des Schülers, ob der verstanden hat, worauf er aufmerksam gemacht wurde. Die Anerkennung wird normalerweise dann erteilt, wenn der Zenmeister den Eindruck gewonnen hat, daß der Schüler alle Blockaden aufgelöst hat und in der Lage ist, diese auch bei anderen zu sehen und geeignete Hinweise zu geben.

Was in der Analytiker-Patienten-Beziehung mit Bierernst betrieben wird, wird in der Meister-Schüler-Beziehung des Zen auf eine witzige, unkonventionelle Art zu einer Sache auf Leben und Tod für den Schüler; gute Zenmeister konfrontieren ihre Schüler auf unabweisbare Weise mit den Brüchen und Verwerfungen ihrer Psyche. Und sind darin gnadenlos^^

henryN
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Mi 16. Mai 2007, 01:36 - Beitrag #39

Zen als Handwerksform finde ich in der Idee wiederum großartig. Und es ist ein eigenes schwer zu erlernendes und praktizierendes Handwerk. Dessen bin ich sicher. Schwierigkeiten hätte ich nur mit der psychologischen Identifikation als Lebensform "Zenmeister" oder "Zenschüler" in Form von "Ich Zen Du Mensch" ;-) Und wer von sich behauptet er sei Zenmeister wie andere von sich sagen sie seien Schuster oder Künstler ist ja auch noch auf dem Holzweg, wenn ich es richtig verstanden habe. Wie hieß es schön: es erweist sich...

Ipsissimus
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Mi 16. Mai 2007, 14:00 - Beitrag #40

dann habe ich mich wirklich missverständlich ausgedrückt, Henry; "Zenmeister" ist selbstverständlich keine Lebensform, es ist eher eine Chiffre für ein menschenmögliches Bewußtseinsniveau, zu dem mensch aber auch über andere Wege als Zen gelangen kann^^ die Fähigkeiten, die es meisterlich zu beherrschen gilt, entsprechen denen eines erstklassigen Psychoanalytikers - der ja im Rahmen seiner Ausbildung selbst eine Psychoanalyse durchlaufen muss - allerdings in zentypischer Manier gestaltet, alles andere ist bloß "Zenkultur" und zweitrangig. Und tatsächlich kann man sagen, daß eine gute Psychoanalyse einer Zenausbildung gleichkommt, und daß die Einsichten, die durch die Analyse erlangt werden, durchaus Satori-Potential haben können.

Übrigens herrscht unter den japanischen und chinesischen Zenmeistern ein lustiger Konkurrenzkampf, treffen zwei aufeinander kommt es ganz oft vor, daß sie sich ein- oder wechselseitig in spielerischer Weise in Frage stellen. Und wehe demjenigen, der dann nicht wirklich seine Blockaden aufgelöst hat^^ ansonsten gibt es darunter Leute von allen Sorten^^ tiefreligiöse Menschen, knallharte Atheisten, reiche Säcke und Leute, die in der Gosse leben, gescheiterte Existenzen und hochangesehene Bürger, ehemalige Kriegsverbrecher und Quasi-Heilige, die in Slums wie weiland Mutter Theresa wirken. Das einzige Gemeinsame ist eine bestimmte Intensität und Charakteristik der Bewußtheit ihrer selbst.

In der gesamten chinesisch-japanischen Geschichte der letzten 1500 Jahre sind etwas 800 Zenmeister anerkannt worden, 800 von mehreren Milliarden Menschen

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