Zitat von Ipsissimus:als private Anmerkung sei noch hinzugefügt, daß die ataraxia-Auffassung des Aristipp am ehesten dem zen-buddhistischen Geist entspricht, obwohl die offizielle Lehre eher Ähnlichkeiten mit der des Epikur aufweist. Viele Zenmeister werden das anders sehen^^
Das heißt, "Geist" und offizielle Lehre des Zen-Buddhismus weichen voneinander ab, bzw. letztere verkörpert nicht (mehr?) den Geist dessen, was zu lehren sie beansprucht?
Immerhin, von der inhärenten "Logik" her kann die Sicht Epikurs überlegen erscheinen, weil er die Forderung der Gelassenheit, gleich verteilt, und mir kam bei der zu überwindenden Affekttrias Furcht, Schmerz und Begierden eine Assoziation zu den "Geistesgiften" Bindung oder Gier, Hass, Unwissenheit, zugleich erscheint mir diese Haltung als die asketischere - Gründe für ihre offizielle Bevorzugung?
Aristipp erscheint mir für die Praxis anspruchsvoller - sich dem Genuss von Wein und anderem hinzugeben, wenn sie gerade vorhanden sind, und sie dennoch nicht zu missen, wenn es an ihnen mangelt, bedarf doch einiger Zügelung^^
Zitat von Traitor:Und nein, ich halte den totalen Skeptizismus nicht für einen "äußersten Erkenntnisschritt", sondern für eine finale Abkehr vom Prinzip der Erkenntnis.
Was aber, wenn diese finale Abkehr Ausfluss der Einsicht ist, nichts letztgültiges erkennen zu können?
Die Frage, wie mensch damit praktisch umgeht, ist doch eine andere - das rotgrüne runde Ding vor mir sieht aus wie ein Apfel, wird also wohl einer sein, und so reicht mir die recht große
Wahrscheinlichkeit, daß es einer ist, aus, um mit ihm das anzustellen, was ich für gewöhnlich mit Äpfeln zu tun pflege.
Zitat von Bowu:Die meisten Leute (so meine ich) sind demnach Dingen gegenüber oft skeptisch bevor sie sich mit ihnen beschäftigen, und damit noch nicht einmal kritisch.
Im Gegensatz findet man wohl kaum jemanden, der nach Jahrelanger Untersuchung einer Sache sich noch skeptisch nennt. (wohlmöglich, dass das nicht Urteilen einfach unserer Auffassung von Wissenschaft widerspricht, denn die Will Ergebnisse)
Ich sehe das ähnlich wie Ipsi, ich sehe in der Skepsis grundlegend den Ausdruck dessen, daß man sich überhaupt mit der Frage der Urteilsbildung über eine Sache befasst hat - eigentlich müsste hierfür der Begriff der Differenz eingeführt werden - und sich dann eben der Urteilsbildung enthalten hat, Ausdruck kritischer Reflexion also.
Nun, und Wissenschaftler sind oft in ihre Arbeit verliebt^^ - was nicht unbedingt einer hinreichenden kritischen Distanz zu den eigenen Befunden zuträglich sein muss. Ob eine Wissenschaft, die Ergebnisse will, auf dem Holzwege ist, wäre mal ein gutes Thema...
Andererseits, Wissenschaft wird von Menschen gemacht, und die wollen bekanntlich viel^^
Vielleicht rührt "unsere" Ungelassenheit hinsichtlich der heutigen Begriffskonnotation der Skepsis auch daher, daß wir heute mit so vielen Entscheidungsfragen konfrontiert sind, und daß jeder irgendjemanden kennt, der mittelbar von einem Urteil über eine Sache betroffen ist. Sag mal einem befreundeten Gentechniker, daß Du hinsichtlich seiner Freisetzungsversuche von herbizidresistenten Pflanzen unentschieden bist, weil Du nicht alles Wissensnotwendige als bekannt erachtest.^^
So gesehen, könnte Skepsis weitaus gefährlicher sein als Urteile.
EDIT:
Daher sehe ich das, worauf du hinweist, eher als ein geringfügiges Spannungsverhältnis zwischen theoretischer und praktischer Lebensführung an.
Naja, der Vorwurf der persönlichen Inkonsequenz wird von interessierter Seite auch Marx und Engels gegenüber geäußert. Keine Rede aber davon, daß er vielleicht
gerade wegen seines Lebenshintergrundes zu seinen Einsichten gekommen ist...
Der Revolutionär hat ein armer Schlucker aus ärmsten Verhältnissen mit lebenslang asketischer Lebensweise zu sein^^