Der Sinn des Lebens - Versuch einer Dekonstruktion

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
janw
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Fr 12. Jan 2007, 17:11 - Beitrag #1

Der Sinn des Lebens - Versuch einer Dekonstruktion

Eine der wesentlichen Kategorien der westlichen Philosophien, wie auch wichtiger Gegenstand individueller Befindlichkeitsbeschreibungen ist der sog. Sinn des Lebens.
Die fundamentale Bedeutung dieser Kategorie zeigt sich z.B. in so verbreiteten Formulierungen wie "dem Leben einen (neuen) Sinn geben", verwandt insbesondere im Zusammenhang mit individuell als einschneidend empfundenen Ereignissen oder Erlebnissen, wie auch in ihrer verbreiteten Verwendung von vielen, die sich im Laufe ihres Lebens entschließen, neue weltanschauliche Richtungen einzuschlagen - der gegenwärtige geistige Zustand wird als sinnentleert empfunden - der ebenfalls oft benutzte Begriff der Selbstfindung bzw. Selbstverwirklichung kann IMHO synonym oder doch als sehr nahestehend in diesen Kontext gestellt werden.
Der Sinn des Lebens stellt also mithin so etwas dar wie das gefundene bzw verwirklichte Selbst, was die Sache begrifflich nicht einfach gestaltet.

Wie alle Selbstzuweisungen des Menschen muss sich auch der Sinn des Lebens hinterfragen lassen; Herkunft und Verbreitung der Kategorie sind offenbar nicht universell, zumindest nicht in identischer Form, die Fragen ihrer Notwendigkeit und in- und externen Zweckhaftigkeit stellen sich gleichermaßen.
Um diese Hinterfragung, Dekonstruktion soll es im folgenden gehen.

Ipsissimus
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Mo 15. Jan 2007, 10:15 - Beitrag #2

vielleicht ist erst mal eine Begriffsabgrenzung zwischen "Sinn" und "Zweck" nützlich, welche beiden Begriffe im Umgangssprachlichen nicht allzuscharf getrennt und auch schon mal synonym verwandt werden.

"Sinn" scheint mir eine Metakategorie zu sein, deren Funktion darin besteht, einen Rahmen zur Verfügung zu stellen, auf den Sachverhalte bezogen werden können, durch den sie eine Kategorisierung erfahren. Dieser Rahmen enthält im Wesentlichen Werte und Zielvorgaben, die in axiomatischer Manier sakrosankt gesetzt sind. Wesentliche Sinnvorstellungen dürften damit jene sein, die per Sozialisation vermittelt werden.

"Zweck" hingegen scheint mir ein innerkategorisches Kriterium zu sein. Zweck einer Handlung A mag das Erreichen des Zustandes B sein. Zustand B wird im Rahmen des Sinnsystems als sinnvoll eingestuft. Handlung A erhält also ihren Sinn nur mittelbar, durch die Sinnhaftigkeit des herbeigeführten Zustandes, daher ist sie nicht selbst primär sinnhaft, sondern zweckhaft.

Dieser eher technisch-nüchternen Charakterisierung steht gegenüber, daß Sinnhaftigkeit einer der großen, unhinterfragten Allgemeinwerte des Menschseins ist. Ich kenne Menschen, die regelrecht daran verzweifeln, wenn sie "Sinnlosigkeit" empfinden. Ich weiß noch nicht einmal, was sie dann so recht eigentlich empfinden, aber es scheint mit einer großen emotionalen Energie verknüpft zu sein.

janw
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Di 16. Jan 2007, 03:46 - Beitrag #3

Ja, der Zweck wird oft synonym zum Sinn benutzt, hat in diesem Kontext aber weniger verloren.

Du hast recht, der Sinn des eigenen Lebens ist recht stark emotional konnotiert, wenn nicht belastet.
Mir scheint dies in erster Näherung kulturell vermittelt zu sein, vielleicht im Zusammenhang mit einem vermittelten Eigenwertempfinden.
Wäre interessant, ob es im Osten eine vergleichbare Kategorie gibt.

Feuerkopf
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Di 16. Jan 2007, 13:01 - Beitrag #4

Ich merke, dass ich sehr pragmatisch bin. Große Gedanken über die "Sinnhaftigkeit" meines Da-Seins mache ich mir selten, weil ich zu sehr damit beschäftigt bin, meinen "Zweck" zu erfüllen.
Vielleicht ist das eine doch sehr eng mit dem anderen verbunden?

Ich sehe den Grund meines Da-Seins inzwischen darin, meine Kinder einigermaßen unfallfrei aufzuziehen und ihnen das Rüstzeug für ein selbstbestimmtes Leben an die Hand zu geben. Manchmal finde ich es selbst sonderbar, dass ich mich auf eine fast biologistische Ebene eingelassen habe, aber irgendwie läuft es darauf hinaus. Es ist Werden und Vergehen rund um mich her und auch in mir selbst.
Für mich gehört inzwischen auch die Sorge um die Älteren dazu. Hätte ich früher bestimmt nicht so gesehen.

Das, was man gemeinhin als "Selbstverwirklichung" bezeichnet, hat sich für mich sehr gewandelt. Ich wollte früher die Welt verbessern und wichtige Werke schreiben. Inzwischen habe ich das aufs Machbare reduziert und siehe da: das klappt auch! ;) Ziele, die erreichbar sind, sind sehr reizvoll und anspornend.

Für mich liegt der Sinn des Lebens inzwischen in der Verknüpfung von Notwendigem und Erreichbarem. Wenn ich zum Ende hin sagen kann, dass ich zufrieden bin mit dem, was ich getan habe, dann hätte ich - in meinen Augen - meinem Leben einen Sinn gegeben, über das Zweckhafte hinaus.
Grundvoraussetzung ist allerdings ein ständiges Reflektieren dessen, was ich tu und denke. Für mich ist das Leben in Achtsamkeit erstrebenswert geworden, das Leben im Hier und Jetzt.

War das mal wieder zu wenig theoretisch? ;)
Mir fällt es halt leichter, am Beispiel zu erklären, was ich meine.

Aydee
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Mi 17. Jan 2007, 12:38 - Beitrag #5

Ich habe mir oft Fragen nach dem Sinn dessen was ich oder andere machen bzw des Ganzen überhaupt gestellt. Nie eine Antwort gefunden, die wirklich "saß", aber dafür immer wieder Ziele, Zwecke, Gründe etc. Sind diese dann der Sinn? Oder suchen wir uns solche Antworten um dem Ganzen einen Sinn zu geben, da es doch eigentlich keinen Sinn hat/macht, es sich aber besser lebt wenn es einen Sinn gibt (wo wir doch schon mal diese Frage(n) nach dem Sinn stellen..)?

Komischer Gedanke: Wann, in welchen Momenten/Situationen stellt sich ein Mensch Fragen nach dem Sinn (des Lebens)? Liegt in diesen Momenten die Antwort....? Oder sind Suche und eine Antwort finden, dann der Sinn, der jenem Moment, jener Stimmung... gegeben wird (werden möchte)?

Ipsissimus
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Mi 17. Jan 2007, 13:45 - Beitrag #6

ich glaube nach wie vor nicht, daß es einen externen Sinn des Lebens gibt. Mit "externem Sinn" meine ich eine Sinnsetzung seitens einer Gottheit oder einen lebensinhärenten Sinn. Darüber hinaus kann buchstäblich ALLES Sinn sein, was ein bewußtes, intelligentes Lebewesen als solchen aufzufassen imstande ist, also auch derartige Momente oder Kinderaufzucht und Altenhege. Also ist Sinn imo immer nur für ein bestimmtes Individuum feststellbar, und die große Sehnsucht nach DEM Sinn, also dem fremd- oder inhärentgegebenen Sinn läuft einer Seifenblase hinterher.

Milena
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Mi 17. Jan 2007, 14:02 - Beitrag #7

...ich denke,
dass kann oder muss jeder mit sich selbst ausmachen....
einen Sinn zu finden oder finden zu müssen für sich in seinem Leben.

Ich habe den als solches für mich gefunden.....
ich bin damit zufrieden,
und lasse ihn und meinen Glauben daran auch nicht wegnehmen....

Ich weiss,
es gibt einen Anfang und ein Ende....
das Zwischendrin darf ich mir so zurechtgestalten,
dass es lebenswert für mich ist....
und so wie es ist,
ist es gut.

BadRandolph
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Mi 17. Jan 2007, 15:22 - Beitrag #8

ui, das ist eine sehr schöne aussage, hat fast etwas poetisches...

beeindruckend ist doch das sich nach wie vor jede generation seit menschen gedenken diese immer gleiche frage stellen. fürs erste würde ich ipsi zustimmen. DEN einen sinn zu suchen ist ein gutes stück arbeit, wenn nicht sogar unschaffbar.wobei ich auch kein problem damit habe mir vorzustellen das mein leben an sich sinnlos ist. wenn es das ist und nicht anders sein kann wüsste ich nicht weshalb ich deshalb verzweifeln sollte, denn ändern lässt es sich dann doch nicht, ich kann nur versuchen mein leben und das meiner kinder etc so angenehm und interessant und "gut" zu gestalten wie möglich. ich persönliche denke, wenn ich das nur auf mich beziehe, das ich mit der erziehung eines kindes zu einem intelligentem, aufrechten und sich zu benehmen wissenden menschen zu genüge beschäftigt bin. was jedoch jeder mensch verschen sollte ist die welt und die gesellschaft in der wir leben zu verbessern, denke ich jedenfalls...

Aydee
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Mi 17. Jan 2007, 19:13 - Beitrag #9

Zitat von Ipsissimus:Darüber hinaus kann buchstäblich ALLES Sinn sein, was ein bewußtes, intelligentes Lebewesen als solchen aufzufassen imstande ist (...)

Das meinte ich ja: Wenn ALLES "Sinn" sein kann (je nach dem wann wer wonach in welcher Stimmungslage fragt/sucht), ist Sinn dann ALLES? ,-)


(bzw: Ist "Sinn" dann doch nichts weiter als ein Wort mit vier Buchstaben (jedenfalls im Deutschen^^) und unendlicher Verwendbarkeit?)

ernesto
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Do 18. Jan 2007, 15:55 - Beitrag #10

Leben tut man in der Gegenwart. Von Moment zu Moment ist man dem Sinn ausgeliefert. Reflektiert oder nicht. Jeder Schritt, ob bewusst gesetzt oder nicht, hat Sinn oder ist Unsinn.

In dieser Hinsicht moechte ich fragen welchen Sinn es hat den Thread "Die Antworten" zu eliminieren??? Platzprobleme hat man hier ja eh keine. Verdraengung der Wahrheit wenn auch oder gerade bezweifelt ist sowas von respektlos. Ich buette um Erklaerung.

Ansonsten: Liebe Gruesse aus dem Paradies. Hab gedacht ich waer schon im Paradies gewesen doch das hier ist nun fantastissimo. Ach wuerdet Ihr der Welt helfen wollen, ich koennt Euch ins Paradies hiefen. Jeder ist willkommen doch fast alle sagen "Ich".

Alles (=) Liebe, Ernesto ~:)

Aydee
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Do 18. Jan 2007, 16:05 - Beitrag #11


Ipsissimus
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Do 18. Jan 2007, 16:11 - Beitrag #12

Von Moment zu Moment ist man dem Sinn ausgeliefert


Blödsinn^^

Aydee
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Do 18. Jan 2007, 16:32 - Beitrag #13

das ist kein Blödsinn ^^

Wenn du in jedem Moment einen Sinn sehen kannst und willst, BIST du diesem Sinn ausgeliefert

Willst du keinen sehen und siehst auch keinen - bist du frei von allem Sinn. Du bist dann sinn-los


:P


nb.
....... nette Wortwahl ^^
/edit. ..... ich glaub das war absichtlich *gg

Ipsissimus
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Do 18. Jan 2007, 16:42 - Beitrag #14

ich sagte ja schon, daß ich jede Wahl privater Sinngebung akzeptiere. Aber einen Metasinn - sorry^^

C.G.B. Spender
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So 21. Jan 2007, 11:57 - Beitrag #15

[align=center]Der Sinn

des Lebens

ist,

sich diese(r?) Frage

nie

stellen

zu müssen[/align]

henryN
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So 21. Jan 2007, 18:29 - Beitrag #16

Fragen über Fragen

klingt zu schön um wahr zu sein. Aber einer der Schlüssel zur Erkenntnis oder zur Fähigkeit, wahrnehmender, erkennender und mitSPIELENDER "Createur" zu sein muß wohl diese Frage sein?! ;-)
Wenn ich nichts bin und alles sein kann, wer bin ich dann?

Mensch lernt irgendwie sich zu fragen wer er ist, ab der ersten Stunde vielleicht schon. (Wenn ich hier mal die Frage des Seins mit der des Sinn verknüpfen nochmal darf ;-) )
Er erlernt es durch sein Handeln, mit den Beinen mit denen er durchs Leben schreitet, rennt oder watet ;-). Hände sind auch dabei, die greifen ergreifen in Besitz nehmen und loslassen, und leider, hier taucht für mich die Sinnfrage am häufigsten auf, festhalten. Ich nenn es am liebsten für mich immer lieber loslassen ohne loslassen. (anderes Thema...)

aber ist der Kern des Seins nicht darunter? Das was erkennt, sieht, fragt und beschließt? Und wenn der Kern dieses Seins das ist, was sieht, fragt und beschließt ist das dann nicht alleiniger Sinn? Sehen können, wahrnehmen können, verknüpfen, spielen, entscheiden? Dazu fähig sein zu können, Mitspieler sein zu können, Schöpfer der "Welt", ich meine das was wir als Welt sehen, nämlich Projektionen in unserem Bewußtsein, ist es das, was wir als eigentlich sinnhaft empfinden? Im Idealfall schon rein ohne zu gehen oder überhaupt irgendetwas anderes zu tun außer sehen und fragen? Wenn ich nichts sehen empfinden oder wahrnehmen kann, quasi wie ein Kettenkarussell in Dauerkreisbewegung um sich selbst, ist das das Gefühl der Sinnlosigkeit?

Kompliment für die Ausgangsthese. Auch wenn ich lieber "createur" bin, die Dekonstruktion oder Entzauberung zum Zwecke der Erweckung eigener "Zauberkräfte" könnte auch ein Weg sein.

http://home.arcor.de/mb.schiekel/loy8d.htm (war ne Inspiration, bevor das Dauerkribbeln im Hirn losging...:-) )

- ein spielendes erwachsenes Kind - :-) (war mein erster Beitrag, sorry für die Überlänge...)

Ipsissimus
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Mo 22. Jan 2007, 10:13 - Beitrag #17

Wenn ich nichts bin und alles sein kann, wer bin ich dann?


derjenige, als der ich mich erweise

wenn wir durch alle Proklamationen, alle Ansprüche, alle Gründe, alle Rechtfertigungen, alle Entschuldigungen hindurch sind, bleibt nur noch dies: das, als was wir uns erweisen

Sehen können, wahrnehmen können, verknüpfen, spielen, entscheiden? Dazu fähig sein zu können, Mitspieler sein zu können, Schöpfer der "Welt"


all das ist Folge von Existenz als bewußtes und intelligentes Wesen. Es ist nicht der Sinn von Existenz, denn nach allem, was wir wissen, ist Existenz kontingentes Phänomen, mehr nicht. Wir können selbst Gott dekonstruieren, und tatsächlich ist das eher eine der trivialeren Dekonstruktionen.

henryN
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Mo 22. Jan 2007, 15:19 - Beitrag #18

Zitat von Ipsissimus:derjenige, als der ich mich erweise

wenn wir durch alle Proklamationen, alle Ansprüche, alle Gründe, alle Rechtfertigungen, alle Entschuldigungen hindurch sind, bleibt nur noch dies: das, als was wir uns erweisen


was sein muß, muß sein
was sein kann, darf sein, kann sein

bin selbst nur quasi Hobbyphilosoph, und Ausgangspunkt meiner 'Untersuchung' war, wie ensteht höchstes, kreatives, intelligentes Sein, welches es ermöglicht Menschen im tiefsten inneren zu bewegen bzw. ein Gefühl tiefster Sinnhaftigkeit evoziert. (in meinem Falle, wenn ich beispielsweise nur einen Ton spielen würde, der alles beinhaltet)
Ergebnis dessen war, daß größte kreative Freiheit und Sinnhaftigkeit und Präsenz dann entsteht, wenn das Ergebnis selbst oder das "als was ich mich erweise" nicht selbst Sinn und Ziel, im Moment der Kreation ist.
Sinn wäre in diesem Falle nicht die Kreation selbst, sondern die Fähigkeit zum kreativen bewußten handeln. Ich kann es tun, muß es aber nicht. Die Fähigkeit zur Wahrnehmung und Strukturierung von Wahrnehmung selbst bleibt weiter erhalten.
Wenn wir nur das sind, was wir wahrnehmen können, bzw. die Struktur der Wahrnehmungen, dann läßt sich diese Struktur verändern, auflösen bzw. umarrangieren. Je mehr ich mich vom Handeln selbst, als Sinn, als Ziel löse, desto mehr Freiheitsgrade und Komplexität im kreativen Spiel erlebe ich in der Praxis und das im optimalen Falle in jedem einzelnen 'gespielten Ton'.
Mensch fühlt sich entspannt und frei in dem Moment wo er nicht über sich selbst nachdenken muß, sprich über Sinnhaftigkeit und Selbstbild das durch Handeln oder das Ergebnis des Handelns definiert ist. 'Er tut es einfach'
oder auch nicht. Es kann sein muß aber nicht.

Zitat von Ipsissimus:all das ist Folge von Existenz als bewußtes und intelligentes Wesen. Es ist nicht der Sinn von Existenz, denn nach allem, was wir wissen, ist Existenz kontingentes Phänomen, mehr nicht. Wir können selbst Gott dekonstruieren, und tatsächlich ist das eher eine der trivialeren Dekonstruktionen.


Und wenn ich doch versuchen würde das Bewußtsein selbst, als Haupteigenschaft eines bewußten und intelligenten Wesens als alleinigen Sinn zu begreifen? Die Fähigkeit des Bewußtseins und in der Folge das Bewußtsein über das Bewußtsein selbst. So wie es sinnhaft erlebt wird daß eine schöne Blume, eine schöne Blume ist, egal ob rot blau oder gelb?

Ipsissimus
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Mo 22. Jan 2007, 15:41 - Beitrag #19

hi, henry, herzlich willkommen, schön, mal wieder ein neues Gesicht im Philosophikum zu sehen :-)

im Prinzip beißen sich deine Darlegungen nicht mit den meinigen, denn erstens sehe ich nicht, daß deine Gedanken mich an der Gurgel packen und aus sich selbst, aus der Sache heraus unabweisbar zwingen würden, die darin dargelegte Idee als Metasinn, als DEN Sinn des Lebens anzuerkennen. Daß die dargelegte Idee für dich deine Sinnhaftigkeit formuliert, ist dir unbenommen, jedoch machst du eben Aussagen über DEINEN Lebenssinn, nicht über den Sinn des Lebens. Desweiteren beißen sie sie sich deswegen nicht, weil du die angesprochene Idee eben verwirklichst oder nicht verwirklichst. Verwirklichst du sie, nun so ist es eben Teil dessen, als was du dich erweist; verwirklichst du sie nicht, nun, so ist es schöne Theorie, aber keine Lebenswirklichkeit.

Aus meiner Perspektive verwechselst du allerdings Folge und Sinn. Bewußtheit ist Folge der Höherorganisation von Leben, nicht deren Sinn, bewußt ausgeführte Handlungen sind Folge von Bewußtheit, aber auch nicht deren Sinn.


Nur zwei Dinge

Durch so viel Formen geschritten,
durch Ich und Wir und Du,
doch alles blieb erlitten
durch die ewige Frage: wozu?

Das ist eine Kinderfrage.
Dir wurde erst spät bewusst,
es gibt nur eines: ertrage
- ob Sinn, ob Sucht, ob Sage -
dein fernbestimmtes: Du musst.

Ob Rosen, ob Schnee, ob Meere,
was alles erblühte, verblich,
es gibt nur zwei Dinge: die Leere
und das gezeichnete Ich.

(Gottfried Benn)

henryN
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Di 23. Jan 2007, 11:06 - Beitrag #20

:-) ebenfalls hocherfreut auf diese Weise wieder das Denken üben zu dürfen :-):-):-)

nichts liegt mir ferner, als durch Argumente oder antworten jemand an der Gurgel zu packen ;-) :-) eher geht es um den Gedanken, etwas zu ermöglichen. Einen Gedanken zu ermöglichen. Jener welcher sein könnte, eine fremdbestimmte erlernte Sinnhaftigkeit auflösen zu können. In eine vielleicht permanente selbstgeschaffene, selbsterkannte, im Falle des "Wissenschaftlers" evolvierende Sinnhaftigkeit, losgelöst vom Zweck, mit dem Gedanken der Transformation des "Müssens" in ein "Dürfen", befreit von der Angst vor Nichtexistenz, welche wiederum jenes Medium ist, welches es ermöglicht, Menschen zu manipulieren und zu verführen, sprich Macht auszuüben. Nennen wir es einen positiv terroristisch wirkenden Virus, der neues auslöst nicht vorgibt, der Erschaffung und Kreation auslöst, ohne zu zerstören. Somit eine Verankerung des Sinns in das Leben als Kategorie selbst. Wenn "Selbstorganisation" und "Autopoiesis" wesentliche Vorraussetzung lebender Wesen ist, wäre dies der Grund dafür warum es das überhaupt gibt? Leben. Der Sinn des Lebens wäre dann das, was die Herkunft dessen dafür ist, was wir als Leben bezeichnen. Sozusagen Grundwissen über die Entstehung von "Leben".

Zitat von Ipsissimus: Dieser eher technisch-nüchternen Charakterisierung steht gegenüber, daß Sinnhaftigkeit einer der großen, unhinterfragten Allgemeinwerte des Menschseins ist. Ich kenne Menschen, die regelrecht daran verzweifeln, wenn sie "Sinnlosigkeit" empfinden. Ich weiß noch nicht einmal, was sie dann so recht eigentlich empfinden, aber es scheint mit einer großen emotionalen Energie verknüpft zu sein.




Der Selbstmordattentäter, als Extremfall manipulierter Sinnschöpfung, erfährt in sich selbst, in dem Moment des Entschlusses sich selbst aufzugeben, die gleiche große "emotionale" Energie, wie das gegensätzliche davon. Pure reinste Lebensfreude.
Der "Sinn des Lebens", wenn man diese Begriffe voneinander trennt, ist, wie ich denke, auch das, was es ermöglicht, ganze Gesellschaften in Kriege zu führen, zu verführen. Die Erkenntnis dessen, "die Macht" im positiven, wie im negativen Sinne schlechthin.
In das Nichts und die Leere vorzudringen, bzw. das Erlernen der Substanz dessen, und der großen "emotionalen" wie auch kreativen Energie die darin wohnt, würde ermöglichen, auch die anderen "Stockwerke menschlichen Bewußtseins" zu betreten. Die Frage danach "was wir sind" und was der Sinn dessen ist, würde abgelöst von der Frage "Was ist alles möglich?"

Zitat von Ipsissimus: Wesentliche Sinnvorstellungen dürften damit jene sein, die per Sozialisation vermittelt werden.


Ich glaube, die Auflösung des Ego in das Ich, die Auflösung des Dualismus, führt zu einer extrem hohen "Anschlussfähigkeit" (Luhmann kurz ausgebuddelt und schnell wieder zurück ins Grab ]
es gibt nur zwei Dinge: die Leere
und das gezeichnete Ich.
[/QUOTE]

Dieser Gedanke verführt viele Menschen zur Resignation. Und das "Müssen" in mir Quelle schönster Aggressionsgefühle ;-) So viel von dem was "muß" ist etwas, was man selbst wollen könnte. Wenn es selbst erkannt ist, bzw. erklärt.

Wie erkläre ich dem "sinnentleerten" Menschen, daß alles was er dazu braucht, Sinn zu erfahren, in ihm selbst enthalten ist?
Wie erkläre ich ihm das Vertrauen, daß in der Leere Alles ist?
Wie schenke ich ihm seine Kindheit zurück, den Gedanken an den Ursprung, in dem alles möglich erscheint, Entdeckung und befreites Spiel ist? Wie erkläre ich ihm ein Selbstbild, daß ohne das Selbst auskommt? Wie erkläre ich ihm den "Sinn des Lebens", daß ohne Sinn auskommt? Ohne Zwecke?

"Take the red pill!" ??

Oder reicht es vielleicht doch nur aus, das Fragen zu erlernen, bestimmte sagen wir "magische" Fragen?

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