Was ist Leben?

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Ipsissimus
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Di 20. Feb 2007, 11:28 - Beitrag #1

Was ist Leben?

Die Verortung der Fragestellung im Philosophicum mag dem geneigten Lesenden ein Indiz dafür bieten, daß hier nicht nach der trivialen Antwort gefragt wird. Die triviale Antwort: Leben ist alles, was sich aus als Zellen bezeichneten Molekülansammlungen zusammensetzt, welche als Zellen dadurch charakterisiert sind, daß sie gemeinsame Grundeigenschaften teilen, als da wären Abgeschlossenheit, Reproduktionsfähigkeit, Energieumsatz, Reizverarbeitung. Hiernach ist also nicht gefragt.

Um es der biologischen Sichtweise etwas schwieriger zu machen, modifiziere ich die Frage und mache daraus eine Art Gedankenexperiment. Nehmen wir an, ein Krebs gelangte durch irgendein katastrophales Ereignis auf den Mars, tot natürlich, vielleicht in einen Meteoriten eingeschlossen, und auf sein Exxoskelett reduziert. Dort, auf dem Mars, würden ihn Angehörige eines imaginären Marsvolkes finden, das zwar intelligent ist, aber keine Wissenschaft in unserem Sinne betreibt, also keinen Begriff von Zellen, von Chemie oder Biologie hat.

Frage: gibt es irgendwelche Indizien - und wenn ja welche -, die den Marsbewohnern erlauben, den Krebs als Überrest einer Creatura, als etwas ursprünglich Lebendiges aufzufassen?

C.G.B. Spender
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Di 20. Feb 2007, 13:21 - Beitrag #2

Das Hauptindiz, das mir dabei in den Sinn käme, wäre eine Ähnlichkeit des Fundes mit einem bekannten Lebewesen auf dem Planeten Mars. Vielleicht sogar ein Lebewesen, das in der Nahrungskette der Marsbewohner vorkommt.

Ansonsten könnte ein Erkennen einer Lebensform sicherlich schwer sein. Vor allem wenn sie keinerlei Ähnlichkeiten mit einer bekannten in der Umwelt auftretenden Lebensform hat.

Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass so ein Nichterkennen selbst auf der Erde passieren könnte, trotz der vielen Wissenschaften. Denn es ist noch längst nicht alles erforscht.

Ipsissimus
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Di 20. Feb 2007, 13:28 - Beitrag #3

wie wäre es mit ästhetischen Kriterien? Es gibt im Unbelebten nicht vieles, was symmetrisch aufgebaut ist. Könnten die Marsianer aufgrund des symmetrischen Körperbaus auf Leben schließen?

C.G.B. Spender
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Di 20. Feb 2007, 13:51 - Beitrag #4

An die Symmetrie habe ich natürlich auch schon gedacht, aber ob der gewöhnliche Marsianer *g* deswegen auf Leben schließen würde, ist schwer zu beantworten. Was, wenn er sich ausschließlich vegetarisch von Moosen ernährt, oder von Schnecken ohne Häuser, bzw. seine Umwelt viele Lebewesen beinhaltet, die nur unter einem Mikroskop ihre Symmetrie offenbaren würden?

Naja, ansonsten ist eine Symmetrie sicherlich ein Indiz, vor allem zusammen mit einem Kopf und einem Körperbau, der anderen Lebewesen ähnelt. Es gibt aber auch Kristalle, die Symmetrien ausbilden. Oder Stalaktiten und Stalakmiten.

Ist die Natur, die Schöpfung an sich, nicht ebenfalls eine chaotische Struktur, eine Art komplexe Symmetrie? Wo hört das Leben auf und wo fängt es an?

Ipsissimus
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Di 20. Feb 2007, 14:01 - Beitrag #5

vielleicht dann nicht ein einzelnes Kriterium, sondern mehrere? Was wäre mit Selbstähnlichkeit zwischen bestimmten Körperteilen? Der menschliche Oberschenkelknochen und der Oberarmknochen sind eine "ähnliche" Lösung an zwei verschiedenen Stellen des Körpers, und solche Analogien gibt es einige. Das findet sich im Unbelebten in dieser Weise nicht.

C.G.B. Spender
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Di 20. Feb 2007, 14:24 - Beitrag #6

Ja, das stimmt schon, dem kann ich mich kaum verschließen, auch wenn ich mich anstrenge. ;)

Die Relationen zwischen den Gliedmaßen zueinander ist eine häufig vorkommende Symmetrie bei Lebewesen, darüber habe ich auch schon einiges gelesen, bzw. in Dokus gesehen. Ich erinnere mich gerade wieder daran. Das hat mich damals ein wenig erstaunt, da es die Frage nach natürlicher Schönheit einwandfrei beantwortet: Möglichst perfekte Symmetrie.

Dabei ist mir dann schon der Gedanke gekommen, ob die jeweils perfekteste Symmetrie auch die überlebensfähigste ist, oder eher nicht? Und ist dieser Gedanke, wenn man danach den Wert des Lebens beurteilt, eine Tendenz, die an die Nazizeit erinnert? Welche Schlüsse kann man daraus ziehen, dass höheres Leben auf Symmetrien aufbaut? Kann man immer davon ausgehen, dass die Symmetrien des höheren Lebens erkannt werden können? Was ist, wenn ein Teil der Symmetrien verborgen ist? - Nur so ein paar Gedanken. O.K., das sprengt vielleicht das Thema?

Der menschliche Oberschenkelknochen und der Oberarmknochen sind eine "ähnliche" Lösung an zwei verschiedenen Stellen des Körpers, und solche Analogien gibt es einige.
Bei den Fingergliedern, den Händen, dem Gesicht, etc., gibt es die gleichen Analogien, soweit ich weiß.

Irgend einem schlauen Marsianer würde es sicher auffallen. ;)

Ipsissimus
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Di 20. Feb 2007, 14:32 - Beitrag #7

nein, nein, das sprengt das Thema nicht^^ welches Muster verbindet das Leben, ich finde das eine faszinierende Frage^^

janw
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Di 20. Feb 2007, 14:47 - Beitrag #8

Hm, fürwahr eine faszinierende Frage... :)

Das Problem ist, daß uns, die wir tatsächlich analoge Strukturen besitzen, die symmetrien und Selbstähnlichkeiten auffallen - was aber, wenn die Marsianer völlig anders aufgebaut sind?
Sie werden die Symmetrien und Selbstähnlichkeiten vielleicht erkennen und sie dann nach ihrem Wertesystem zu bewerten suchen - vielleicht gar als abstoßend hässlich.
Vielleicht stellt der Krebs für sie auch nur eine Kuriosität dar, die plötzlich da ist, oder eine Gabe der Götter - ob nun als Geschenk oder Geißel hängt von ihnen ab.
Ich denke jedenfalls, daß zur Einordnung als Lebewesen ein Konzept von "Leben" vorhanden sein muss, eine formale Zuordnungsmöglichkeit zu Bekanntem würde die Sache sicher weiter erleichtern.

C.G.B. Spender
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Di 20. Feb 2007, 14:48 - Beitrag #9

Na, dann bin ich mal auf die anderen Antworten gespannt.... :)

(Ich wüßte es auch zu gerne, obwohl ich meine Ahnung Glaube nenne. (Das klang jetzt wieder so poetisch, toll, oder? (Ich habs raus, es ist Gott! (RUHE da UNTEN! :rolleyes: Ups, Jan, hat geantwortet...Pssst)))

janw
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Di 20. Feb 2007, 15:11 - Beitrag #10

Zitat von Ce Great Big Spender:Dabei ist mir dann schon der Gedanke gekommen, ob die jeweils perfekteste Symmetrie auch die überlebensfähigste ist, oder eher nicht? Und ist dieser Gedanke, wenn man danach den Wert des Lebens beurteilt, eine Tendenz, die an die Nazizeit erinnert? Welche Schlüsse kann man daraus ziehen, dass höheres Leben auf Symmetrien aufbaut? Kann man immer davon ausgehen, dass die Symmetrien des höheren Lebens erkannt werden können? Was ist, wenn ein Teil der Symmetrien verborgen ist?

Sagt die Bakterie zur anderen: Komm, ich zeig Dir mal meine inneren Symmetrien!^^

Nun, das Problem ist, daß die Mehrzeller den Weg der Symmetrie gegangen sind und daß dadurch unter entsprechend symmetrisch angelegten Lebewesen Symmetrie zum überlebensbegünstigenden Faktor geworden ist. Weil es keine alternative "Produktlinie" gibt, entzieht sich dieses Grundbauplanprinzip wie auch andere Grundeigenschaften der mehrzelligen Lebewesen einer wertenden Beurteilung. In gewisser Weise haben hier irgendwann am Anfang, vielleicht eher zufällig, getroffene Vorfestlegungen die Kraft einer selffulfilling prophecy, was spätere wertende Bewusstseinsinhalte betrifft - wir können nicht anders, als Symmetrisches und Strukturiertes neuronal positiver zu bewerten als Asymmetrisches und Unstrukturiertes, Amorphes. (Wobei ich denke, daß entsprechende neuronale Verschaltungen für diese Bewertungen auch bei anderen Organismengruppen existieren.)

Ipsissimus
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Di 20. Feb 2007, 16:17 - Beitrag #11

wobei, wenn wir wieder auf den Krebs zurückkommen, die Symmetrie ja nicht vollständig ist, eine der Scheren ist im Normalfall kleiner als die andere. Die Symmetrie scheint also nicht so sehr in der Größe und in der absoluten Gestalt implementiert zu sein, sondern in ... ja, in was? Vielleicht in der Evolutionsgeschichte, als eine Symmetrie der Relationen zwischen Funktionen?

henryN
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Di 20. Feb 2007, 18:52 - Beitrag #12

...oder besser "die Relation der Relationen"....?
mir kam kurz der Gedanke, daß ja auch ein Maschine verschiedenste Funktionen aufweisen kann, die man auch zueinander in Bezug setzen könnte.
Diese Maschine könnte sich genausogut bewegt haben, Scheren besitzen, somit selbst auch "Zeit" produzieren....
Ich glaube ohne die Kategorien -Bewegung- -Selbsterhalt- -Energieumsatz- Reproduktion- kommt man einfach nicht aus. Nicht in rein biologischer Hinsicht. Auch übertragen auf soziologische "Leben" wie etwa eine Gesellschaft, Beziehung oder gar dieses Forum.
Die Frage dann läßt sich das aus dem Skelett schließen?
Was sagt mir ein Skelett aus, über die Fähigkeit aus sich selbst heraus exestiert zu haben? Wie kann ich auf Selbstorganisation schließen?

hmm...
dachte gerade auch an etwas wie ein Klingelschild auf dem sowas steht wie "Peter und Maria Schmitz"
Über die Namensbestandteile könnte ich darauf schließen, daß es dort einen abgeschlossenen Ort gibt an dem eine Frau und ein Mann eine Beziehung führen oder geführt haben, der sie sich einen gemeinsamen Namen gegeben haben, selbst wenn diese nicht mehr existiert oder "tot" ist bzw. beide schon getrennt leben....

Funktionalismus, Strukturalismus..... was gibts da noch?

C.G.B. Spender
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Mi 21. Feb 2007, 01:18 - Beitrag #13

Amorphes positiv bewerten, Jan, schwierig das zu tun, wenn man mehr Symmetrien kennt, als wahrnimmt. Denn ich denke, da gibt es mehr, nehme es aber nicht wahr.

Man braucht zwei Augen, um räumlich sehen und die Entfernung zur Beute abschätzen zu können. Symmetrie der Sehorgane führt dabei sicher eher zu höherer Genauigkeit bei dieser Einschätzung, oder?

Natürlich gehört dazu auch ein Verarbeitungsorgan für die Informationen, die durch die Sehnerven entstehen: Das Gehirn.

Wie wird unser Sehnerveninformationsverarbeitungsgebilde aussehen, nachdem die Evolution der Technokratie einige weitere Jahrhunderte fortgeschritten ist?

Bekommen wir dann viereckige Augen? Wovor uns die Eltern immer warnten? ;)

Oder zerfließen irgendwann die Übergänge zwischen Mensch und Maschine, so wie die Übergänge zwischen Leben und Umwelt?

Das Chaos ist der Raum in den sich die Ordnung des Lebens hinein entwickelt, Chaos mitnimmt und wieder zu Chaos wird. Leben ist ein Muster am Strand. Zwei zusammenhängende Buckel, die sich unten zu einer Spitze verjüngen.

Eigentlich, eigentlich müßte sich der Zufall ein Herz geben und sich berechnen lassen. Vielleicht hätte man dann wirklich das Muster des Lebens?

Ipsissimus
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Mi 21. Feb 2007, 01:24 - Beitrag #14

henry, wir wissen ja um die Möglichkeit solcher Maschinen aus zahlreichen Sciencefiction-Filmen, in denen sie auftreten. Und doch - wenn sie nicht darauf angelegt sind, absolute Imitationen von lebender Materie zu sein, erkennt man noch durch alle Tricktechnik hindurch, daß da etwas unbelebtes "künstlich" bewegt wird, Leben nur vortäuscht, und das, ohne irgendetwas von den genannten Kategorien hierfür notwendigerweise wissen zu müssen.

henryN
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Mi 21. Feb 2007, 02:18 - Beitrag #15

Klaro.
Wollte damit nur deutlich machen, dass "Funktionen" nicht wirklich weiterhelfen.

Der Symmetrie liegt doch eigentlich eine Asymmetrie zugrunde. Eine geordnete Komplexität von Potentialen.

Der entscheidende Unterschied zur Maschine: Das gesamte System ist aus einer einzigen Zelle heraus entstanden, welche wiederum.......
Das heißt, das jedes Element des Organismus einen Bezug zum Ursprung hat.

Die Struktur der Potentiale hat eine Ordnung der Elemente geschaffen.

Da uns diese "Ordnung" vertraut ist, da alle Prozesse und Potentiale des Krebses auch in uns enthalten, können wir diesen sehr schnell von "künstlichem" unterscheiden.

Als Nichtterrestrischer würde mich dann die "Software" interessieren, die dieses Ordnungsschaffungsprogramm ermöglicht......
dann wäre auch die Frage des Alterns geklärt....

dmz
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Fr 23. Feb 2007, 23:36 - Beitrag #16

Das heißt, das jedes Element des Organismus einen Bezug zum Ursprung hat.
Die Struktur der Potentiale hat eine Ordnung der Elemente geschaffen.
Da uns diese "Ordnung" vertraut ist, da alle Prozesse und Potentiale des Krebses auch in uns enthalten, können wir diesen sehr schnell von "künstlichem" unterscheiden.

Das Geschriebene koennte ich in Bezug auf das Thema dann etwa so deuten:
'Die Marsianer koennen das Krebs-Relikt zunaechst nicht mit ehemaligem Leben in Beziehung bringen.
Erst ihr Bemuehen, die Bedeutung des Reliktes zu erklaeren,
muesste sie dazu bringen, dieses mit frueherem Leben in Beziehung zu bringen,
da die verborgene kosmische Information des Phaenomens 'Leben' in ihnen selbst vorhanden ist,
und wodurch ihre Bewusstseinsbildung zwangslaeufig vorherbestimmt waere.'


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