Intelligente Steine

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
janw
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Mo 26. Mär 2007, 22:14 - Beitrag #1

Intelligente Steine

Ich bin auf eine kleine Geschichte gestoßen, die vielleicht etwas Diskussionsstoff liefern könnte...

Look, here is a tree in the garden and every summer it produces apples. And we call it an appletree, because the tree ‘apples’. That`s what he does!
Now here is a solar system inside a galaxy, and one of the peculiarly things of the system is, that at least on the planet earth there are people. In just the same way, as an appletree ‘apples’.

Now maybe two million years ago somebody came from another galaxy in a flying saucer and had a look at the solar system and they looked it over and shrugged their shoulders and said: „Just a bunch of rocks!“, and they went away.
Later on, maybe two million years later, they came around and they looked at it again and they said: „Excuse me. We thought, it was a bunch of rocks, but it's peopleing. And it's alive after all and it's done something intelligent.“

You see: we grow out of this world in EXACTLY the same way, that the apples grow on the appletree. If evolution means anything, it means THAT.
But you see, we curiously twist it. We say: „Well first of all in the beginning there was nothing than gas and rock. And then intelligence happened to arising it, like a sort of fungus or slime on the top of the whole thing.“ We think it in a way, that disconnects the intelligence from the rocks.

Where there are rocks: Watch out! Because the rocks are going eventually to come alive!
Alan Watts: The Tao of Philosophy


Im Grunde eine recht luzide Beschreibung dessen, was eine Emergenz ausmacht, und eine interessante Sichtweise, die Intelligenz als Emergenz der Steine anzusehen, aus welchen dieser Planet besteht...

Lykurg
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Di 27. Mär 2007, 00:45 - Beitrag #2

Ich sehe das Besondere dieser Sichtweise nicht. Für mich ist es einfach nur eine Vergröberung, die (unvermeidlich) wesentliche Aspekte außer Acht läßt - in diesem Fall ist der Vergleich allerdings so wenig deckungsgleich, daß er mir unbrauchbar erscheint. Ok, damit ein Apfelbaum auch tatsächlich trägt, müssen bestimmte Umweltbedingungen erfüllt sein - aber die Existenz des Baumes deutet stark darauf hin, daß diese Voraussetzungen gegeben sind. Das bloße Vorhandensein eines "Felsbrocken" dagegen ist (zählt man die subplanetaren Objekte mit) mit einer verschwindend geringen Wahrscheinlichkeit ausreichende Voraussetzung für die Entwicklung von Leben. Daher kann man durchaus auf die Idee kommen, ein Apfelbaum reiche aus, um Äpfel zu bekommen; den Gedanken, Steine reichten aus, Leben zu bekommen; insofern sei das Leben (in Analogie zum Apfel) eine Steinfrucht, finde ich dagegen abwegig.

Yanāpaw
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Di 27. Mär 2007, 02:11 - Beitrag #3

Intelligenz ist ungefähr so eine Emergenz von Steinen, wie Äpfel von Apfelbäumen, nämlich überhaupt gar nicht. Oder ist ein Schwein die Emergenz eines Ferkels und Futter? Abgesehen davon sollte Mr. Watts erstmal an seinem Englisch feilen, bevor er Glückskeksweisheiten von Menschen die aus den Steinen wachsen postuliert...:rolleyes:

aleanjre
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Di 27. Mär 2007, 09:51 - Beitrag #4

Nun ja, da das Leben zufällig nicht von den Steinen abstammt, besteht keine Gefahr, dass ein Granitbrocken demnächst aus eigener Kraft gegen meinen Kopf zu springen versucht. Oder vielleicht sind es ja auch höfliche Steine, die sich bemühen, mir möglichst hilfreich zu Diensten zu sein und mir immer dann passend in die Hand hüpfen, wenn ich gerade einen der ihren benötige? :rolleyes:
Aber der Betrachtungsansatz hat etwas für sich. Wenn ich im Wald spazierengehe und einen Ameisenhügel betrachte, sehe ich jede Menge wimmelndes Leben. Ich kann mir, wenn ich lange genug hinsehe, durchaus einbilden zu verstehen, welchem Ordnungsprinzip dieses Leben unterworfen ist. Aber wirklich wissen, warum Ameise A nach links rennt und Ameise B nach rechts, das ist durch reine Betrachtung nicht möglich!

Wenn irgendwelche Aliens hier also vorbeikommen, und einen Blick auf unseren Planeten werfen, was sehen sie dann? Wenn sie nach New York, Tokio und Hongkonk blicken, könnten sie durchaus, wie Douglas Adams so nett fabulierte, Autos für die vorherrschende Lebensform halten, und Menschen für die Nahrung, die diese Autos benötigen.
Wenn sie in die Sahara, auf den Atlantik und in den Great Canyon blicken, zucken sie wahrscheinlich mit den Schultern und sagen: Tja, hier und da sind höher entwickelte Lebensformen, v.a. in dem großen Wasser da, aber nichts, das Dominanz zeigen würde.
Vielleicht würden sie tatsächlich den Eindruck gewinnen, dass Felsen Leben hervorgebracht hat. Solange sie sich nicht verpflichtet fühlen dies genauer zu untersuchen ... ;)

Ipsissimus
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Di 27. Mär 2007, 11:00 - Beitrag #5

nun, solange wir uns nicht der Dienste eines Schöpfergottes bedienen wollen, müsen wir Intelligenz als Emergenz des Universums auffassen. Das Vorhandensein von Intelligenz ist zweifelsohne kontingent (außer für religiöse Menschen), das Maß der Nichtnotwendigkeit ist sicher noch erheblich größer als jenes des Lebens überhaupt. In gewisser Weise ist alles Leben Sternenstaub, "Felsen", um mit Watts zu sprechen. Das einzige, was Watts Übersetzung alter taoistischer Prinzipien in moderne Begrifflichkeit von der naturwissenschaftlichen Sicht der Dinge unterscheidet, ist die Annahme eines "Musters, das verbindet", das Tao als panpsychische Entität, welche alles verknüpft, Elementarteilchen, Galaxienhaufen und menschlichen Geist. Watts Tao ist sozusagen eine ins Spirituelle gewandte Erscheinungsform der Emergenz, durch welche die Kontingenz des Gesamten etwas gemildert wird. Daß auch Naturwissenschaftler eine gewisse Notwendigkeit empfinden, die Kontingenz des Gesamten zu mildern, sieht man an der Suche nach der Weltformel, die nicht nur alles in einen inneren Zusammenhang bringt, sondern auch schlüssig erklärt, warum überhaupt irgendetwas ist.

Watts war übrigens Engländer und hochgebildet, Yanapaw, ich glaube nicht, daß er aus mangelnder Sprachbeherrschung so formuliert, wie der formuliert.

Yanāpaw
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Di 27. Mär 2007, 13:49 - Beitrag #6

Watts war übrigens Engländer und hochgebildet, Yanapaw, ich glaube nicht, daß er aus mangelnder Sprachbeherrschung so formuliert, wie der formuliert.


Zunächst ist das hochgebildet Ansichtssache, zu hochgebildet gehört imo ein bisschen mehr als Philosophie als Autodidakt erlernen und 2 Dutzend Bücher schreiben aber lassen wir das.
Vielleicht schrieb er so, weil er der Meinung war, die Zielgruppe des Erguss' sei einer eloquenteren Sprache nicht mächtig, dafür (Zielgruppenorientierung) war er ja bekannt, oder er schrieb es, weil er gerade mal wieder so hoch geflogen ist, in jedem Fall kann ich bewusst inszeniertem Asiaten-Englisch nichts abgewinnen um Pseudo-Ferönstliche Authenzität und Einschläge vorzugaukeln.

Intelligenz ist allenfalls eine Emergenz von Leben, aber alles leblose ist dafür uninteressant.

Ipsissimus
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Di 27. Mär 2007, 13:58 - Beitrag #7

Intelligenz ist allenfalls eine Emergenz von Leben, aber alles leblose ist dafür uninteressant.


ah ja, und wie ist deiner Ansicht nach Leben entstanden? Per Kreation?

Watts war übrigens ursprünglich Theologe mit Abschluss^^ also kein Autodidakt

Yanāpaw
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Di 27. Mär 2007, 14:38 - Beitrag #8

Aus leblosem entstand Leben. Und aus leben emergierte irgendwann Intelligenz. Das bedeutet nicht, dass lebloses per se die Fähigkeit hat Intelligenz zu emergieren. Wieviele Schaufeln Sand muss ich in einigem Abstand nebeneinander auf Betonboden schütten, bevor aus einer ein Apfel emergiert? Die Sichtweise, die Watts hier vorträgt ist eine bewusste Verzerrung der Realität und eine unzulässige Simplifizierung um das gewünschte Resulatat vermeintlich korrekt konkludieren zu können und das weißt du auch ganz genau, also hör auf das zu verteidigen ^^ nur weil er sich, wie du, intensiv mit fernöstlicher Philosophie beschäftigt hat und davon fasziniert war und wie du, (Mutmaßung) Theologie studiert hat...

(Verzeihung, wenn der letzte Abschnitt eine -für deinen Geschmack- zu persönliche Note haben sollte)

Meines Wissens nach beschäftigte er sich schon lange vorm Studium mit Buddhismus und erlangte auch größtenteils autodidaktisch Einblick in weiterführende fernöstliche Philosophie, die mW auch nicht ausführlich im Theologiestudium abgehandelt wird.

Ipsissimus
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Di 27. Mär 2007, 15:36 - Beitrag #9

Aus leblosem entstand Leben. Und aus leben emergierte irgendwann Intelligenz. Das bedeutet nicht, dass lebloses per se die Fähigkeit hat Intelligenz zu emergieren.


natürlich folgt daraus, daß Lebloses die intrinische, quasi autotelische Fähigkeit hat, Intelligenz zu emergieren^^ es folgt nur nicht, daß diese Fähigkeit unter beliebigen Bedingungen spontan abläuft, sondern bestimmter Rahmenparameter bedarf. Alles andere würde wieder Kreation mit ins Spiel bringen

was Watts angeht, so glaube ich, daß eine philosophische Welterklärung grundsätzlich etwas von einer naturwissenschaftlichen Welterklärung Verschiedenes ist. Wir können das gerne explizieren, aber das ist ein sehr, sehr weites Feld. Jedenfalls denke ich nicht, daß eine philosophische Welterklärung schon widerlegt ist, weil sie zu bestimmten aktuell für gültig gehaltenen naturwissenschafltichen Erklärungen im Widerspruch steht, einfach deswegen, weil sie gar nicht auf die technische Seite der Erklärung zielt. Ungeachtet der Frage, wie weit Watts also Taoismus verstanden hat, verdient es sein Thema imo, ernst genommen zu werden. Die naturwissenschaftliche Suche nach der einheitlichen Weltformel zeigt, daß die Sehnsucht nach einem grundlegenden Ordnungsprinzip nicht nur bei Mystikern und Philosophen vorhanden ist

janw
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Di 27. Mär 2007, 16:26 - Beitrag #10

Vielleicht ist die leblose Materie selbst sogar hinreichend intelligent, uns ihre Intelligenz zu verschleiern, wohl wissend, was wir mit ihr anstellen würden, wüssten wir um ihre Intelligenz...

Mir kommt Watts' Begriff des Tao auch ein wenig unorthodox^^ vor, aber er reißt einen Punkt an, der mE gewissermaßen die Achillesferse der westlichen naturwissenschaftlichen Weltsicht ist - die Aufspaltung der Welt in Betrachtungseinheiten, welche isoliert betrachtet werden bei gleichzeitiger Negation ihrer übergreifenden Beziehungen - wenn diese sich nicht gar zu sehr aufdrängen.
Natürlich passiert dies systemintern völlig sauber und pro arte, weil das System nur das Nachweisbare als existent akzeptiert. Über die Wahrheit der Erkenntnisse ist damit nichts ausgesagt - das zu betonen ist der Geisteswissenschaften edelsten Aufgaben eine.

Yanāpaw
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Di 27. Mär 2007, 17:22 - Beitrag #11

Die Rahmenbedingungen sind nur leider maßgeblich, sie sind der Grund, dass wir Lichtjahre um uns herum zwar unendlich viele leblose Objekte bestauen können, aber keine Intelligenz. Und genau dieser Zusammenhang ist es, der Watts' Gedankenspiel zu einem Absurdum macht.

Naturwissenschaft versucht Erklärungen zu finden und erzeugt Verständnis, welches wiederum technologische Novationen generiert. Naturwissenschaft hat keinen Absolutheitsanspruch, sie existiert im jeweiligen Definitionssystem und stellt sich dort auch der Kritik, ganz im Gegensatz zu beispielsweise taoismus, der ein unbeweisbares Konstrukt darstellt, das zwar zahlreiche Thesen aufstellt, aber jegliche wie auch immer geartete Beweisührung schuldig bleibt, es handelt sich um einen Glauben und ein Glaube ist immer einfacher als Empirie und Akribie. Ich glaube ich sei lkasdh der Kreislauf, alles hat seinen Anfang in mir, alles führt zu mir, tu nichts und mein wille wird dich leiten. Fertig ist der Glaube adfafda und jetzt kann ich fröhlich drauflos kritisieren von meiner Insel der Unantastbarkeit. :rolleyes:

janw
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Di 27. Mär 2007, 23:13 - Beitrag #12

Yanapaw, zur Absurdität wird es nur, wenn Du aus der Tatsache, daß Du keine Intelligenz beobachten bzw. erkennen kannst, die Gewissheit ableitest, es gebe sie nicht. Dabei wäre bereits die Aussage statistisch die sicherere, da draußen gebe es Leben, als jene, die da draußen nur unbelebte Materie annimmt.

Naturwissenschaft funktioniert im Rahmen selbstgesetzter Definitionsysteme, die "wahre" Aussagen über die Welt ermöglichen, wobei aber wirkliche Wahrheit dieser Aussagen und die Richtigkeit der daraus abgeleiteten Welt-Modelle unbewiesen und teilweise unbeweisbar verbleiben. Demgegenüber kommt der Taoismus ohne Voraussetzungen aus und vermittelt dem Einzelnen dennoch ein tragfähiges Modell zum Umgang mit der Welt.
Den Taoismus als Religion zu bezeichnen...nun, ich denke, angesichts Deiner Jugend können "wir" Dir das nachsehen^^

Ipsissimus
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Mi 28. Mär 2007, 12:25 - Beitrag #13

Naturwissenschaft hat keinen Absolutheitsanspruch, sie existiert im jeweiligen Definitionssystem und stellt sich dort auch der Kritik, ganz im Gegensatz zu beispielsweise taoismus, der ein unbeweisbares Konstrukt darstellt, das zwar zahlreiche Thesen aufstellt, aber jegliche wie auch immer geartete Beweisührung schuldig bleibt, es handelt sich um einen Glauben und ein Glaube ist immer einfacher als Empirie und Akribie.


inwieweit sich Naturwissenschaft der Kritik stellt, sei dahingestellt; als Mitarbeiter eines international hochkarätigen Forschungsinstituts der angewandten Forschung mit entsprechender Vernetzung und Kontakten zur scientific community hege ich diesbezüglich aus eigenen Erfahrungen und täglichem praktischen Anschaungsmaterial erhebliche Bedenken. Heute geht es nicht mehr um hehre Ideale, heute geht es drum, egal mit welchen Mitteln Forschungsgelder aufzutreiben, und da ist niemand mehr zimperlich. Die früher Zuhälterkreisen vorbehaltene Maxime "klotzen, nicht kleckern" gilt in zunehmendem Maß auch für Naturwissenschaftler.

Dein Verständnis des Taoismus ist bestenfalls ein Missverständnis, möglicherweise eines, mit dem du nicht alleine dastehst, aber ein Missverständnis. Du wirst Taoist nicht durch das, was du glaubst, das ist völlig belanglos (ähnlich wie beim Zen). Du lebst irgendwann im Tao dadurch, daß du Konzepte abstreifst, und durch zunehmend gesteigerte Empathie gegenüber harmonischen, rhythmischen Strukturen in deiner eigenen, praktischen Lebensführung. Alles andere kannst du getrost vergessen, das hat mit Taoismus nichts mehr zu tun, ist bestenfalls mögliches, nicht notwendiges Werkzeug (ähnlich wie die Meditation im Zen auch nur mögliches und nicht notwendiges Werkzeug ist, nicht Voraussetzung, nicht Weg und auch nicht Ziel)

Yanāpaw
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Mo 2. Apr 2007, 13:06 - Beitrag #14

Die Art der Mittelbeschaffung hängt doch nicht mit dem Wahrheitsgehalt zusammen, der proklamiert wird. Naturwissenschaft ist Deduktion und Induktion auf Prämissen basierend, mit deren Korrektheit und der Beweiskraft der Belege steht und fällt die Aussagekraft der Schlüsse und Thesen. Religion und Glaube baut auch Konstrukte aus Thesen auf ohne allerdings einen einzigen Beleg für was auch immer zu liefern, ein Illusionsgebäude aus Behauptungen und Gleichnissen, das zur Erlösung führt, richtig von falsch und/oder Lehre von Nicht-Lehre abgrenzt.

Dein Verständnis des Taoismus ist bestenfalls ein Missverständnis, möglicherweise eines, mit dem du nicht alleine dastehst, aber ein Missverständnis. Du wirst Taoist nicht durch das, was du glaubst, das ist völlig belanglos (ähnlich wie beim Zen).


Taoismus ist wie jedes andere religiöse oder ethische Konstrukt ein System von Sätzen, Maßgaben und Kausalität, welches im Gegensatz zur Naturwissenschaft aber nur auf Behauptungen basiert. Nehmen wir diese Aussage:

Du lebst irgendwann im Tao dadurch, daß du Konzepte abstreifst, und durch zunehmend gesteigerte Empathie gegenüber harmonischen, rhythmischen Strukturen in deiner eigenen, praktischen Lebensführung.


das hört sich ganz toll an, sagt aber letztlich überhaupt gar nichts aus. Es ist eine Behauptung, dass Empathie und Harmonie mir irgendwas brächten, geschweige denn, dass ich dadurch im tao lebte (außer, im Tao leben = empathisch und in Einklang mit der Natur leben, in welchem Fall Taoismus nur ein Sammelbegriff für Offensichtliches und damit belanglos wäre) jeglichen Beweis bleibt die Lehre schuldig, wie jede andere Lehre eben auch. Zu glauben Taoismus unterschiede sich dahingehend auch nur im Geringsten von Hinduismus, Buddhismus, Christentum oder einer Naturreligion ist Selbstbetrug. Jede Glaubensrichtung ist ein Gedankengebäude, das gänzlich ohne Beweise auskommt, sonst wäre es kein Glaube sondern Wissenschaft. Daher ist es auch völlig unerheblich für meine Argumentation, ob ich mich 1 Minute oder hundert Jahre mit Taoismus beschäftigt habe.

Ipsissimus
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Mo 2. Apr 2007, 14:38 - Beitrag #15

Taoismus ist trotzdem genauso wenig Religion wie Zen - oder sagen wir es genauer: beides muss keine Religion sein, wenn auch beides - genau wie Wissenschaft - als Religion betrieben werden kann.

Richtig ist, daß Taoismus dich zunächst mal mit Aussagen konfrontiert, das macht Wissenschaft allerdings auch. Richtig ist auch, daß Wissenschaft Verfahren zur Verfügung stellt, diese Aussagen zu überprüfen. Falsch ist, daß Taoismus das nicht macht.

Die Verfahren zur Überprüfung taoistischer Aussagen sind allerdings anderer Natur als die Verfahren, welche Wissenschaft zur Verfügung stellt. Für beide gilt jedoch: sie sind erlernbar.

Verzeih, wenn ich darauf insistiere: solange du nicht in der Lage bist, sämtliche Differential-, Tensor- und sonstige Gleichungen der Schrödingerschen Wellentheorie, der Relativitätstheorie oder der Theorie der Schwarzen Löcher und überhaupt aller derzeit gängigen physikalischen Theorien selbst bis ins letzte Detail herzuleiten und zu lösen, solange sind auch wissenschaftliche physikalische Aussagen für dich eine reine Glaubenssache - du mußt darauf vertrauen, was dir andere in ihren Büchern sagen oder vorrechnen. Die Fähigkeit, diese Gleichungen zu lösen, bekommst du aber nicht geschenkt, du mußt dir die Fertigkeiten aneignen. Selbst wenn du Experimente anhand deines Experiment-Baukastens nachbaust, mußt du zunächst drauf vertrauen, daß sie so funktionieren, wie im Handbuch beschrieben. Du mußt zunächst sogar vertrauen und glauben, wenn dir ein weiser alter Wissenschaftler aus eigener Erfahrung beteuert, daß es alles funktioniert

Die Situation des Taoisten ist dem sehr analog. Er erhält Hinweise, entlang derer er arbeiten kann; die erhofften Einsichten und Lebensweisen winken frühestens nach langer Zeit der Mühe. Der dumme Taoist wird in der Tat ein gläubiger Taoist werden; aber auch der dumme Wissenschaftler wird nur nachvollziehen, was andere vorvollziehen und bestenfalls in bescheidenem Umfang kreativ werden. Die Genies, auf der einen wie der anderen Seite, unterliegen dieser Schranke nicht.


nebenbei: die Art der Mittelbeschaffung hängt heutzutage sehr wohl mit dem Wahrheitsgehalt zusammen, aber darüber müssen wir nicht streiten. Arbeite 2 Jahre in einem Forschungsinstitut, dann verlierst du die ein oder andere rosarote Brille hinsichtlich des Wissenschaftsbetriebs und der hehren Wissenschaftlichkeit^^

Yanāpaw
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Mo 2. Apr 2007, 15:32 - Beitrag #16

Richtig ist, daß Taoismus dich zunächst mal mit Aussagen konfrontiert, das macht Wissenschaft allerdings auch. Richtig ist auch, daß Wissenschaft Verfahren zur Verfügung stellt, diese Aussagen zu überprüfen. Falsch ist, daß Taoismus das nicht macht.

Die Verfahren zur Überprüfung taoistischer Aussagen sind allerdings anderer Natur als die Verfahren, welche Wissenschaft zur Verfügung stellt. Für beide gilt jedoch: sie sind erlernbar.


Naturwissenschaft ist mitnichten ein Glaube, denn das Verfahren zur Überprüfung der physikalischen Gesetzmäßigkeit der Massenanziehung ist das Fallenlassen eines beliebigen Objekts, mittels dieses einfachen Versuchs wird auch ein Nicht-Akademiker bei ausreichender Anzahl der Versuche die Gesetzmäßigkeit verifizieren können. Eine postulierte Aussage, die Massenanziehung existiere nicht, ließe sich durch eine entsprechende Versuchsreihe falsifizieren. Deine Beispiele sind bewusst so gewählt, dass sie 99% der Weltbevölkerung ausschließen, allerdings gibt es Millionen von Beispielen über die Überprüfbarkeit von Naturwissenschaft durch jedermann. Theoretische Physik, auf die du ausschließlich abzielst ist ein Bereich im riesigen Komplex Naturwissenschaft, der wie der Name schon sagt, theoretisch ist und sich daher nur theoretischem Herangehen öffnet.

Welche Versuchsreihe gibt es den Weg zur "Erlösung" im Buddhismus, oder im Hinduismus, oder im Taoismus zu verifizieren, die auch für nicht Involvierte konkludent und nachvollziehbar ist? Wenn eine Lehre proklamiert die Richtigkeit ihrer Paradigmen könnten nur jene erkennen, die der Lehre entsprechend handeln ist das immer und ausnahmslos ein Zeichen ihrer Unglaubwürdigkeit und Unbeweisbarkeit. Wenn Taosimus die Aussage trifft durch diese Handlungen wird jenes eintreten, muss das auch durch externe Betrachtung nachvollziehbar sein, ist es das nicht, dann ist es unbeweisbar und damit nur eine Behauptung, die nichts anderes beweist, als das Taoismus ein Glaube ist, im Gegensatz zur Naturwissenschaft.

Ipsissimus
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Di 3. Apr 2007, 09:54 - Beitrag #17

nein, das Fallenlassen des Apfels und die Beobachtung des Falls ist auch nach der tausendsten Wiederholung keine Wissenschaft. Zu der wird es erst, wenn die Beobachtungen zu der Erkenntnis führen, daß nicht nur die Erde den Apfel, sondern auch der Apfel die Erde anzieht, daß überhaupt Kräfte im Spiel sind, daß diese Kräfte mit dem Quadrat der Entfernung abnehmen. Dazu sind mindestens schon rudimentäre Geschwindigkeits- und Beschleunigungsabschätzungen und erkleckliches mathematisches Rüstzeug vonnöten (Newton ist nicht umsonst einer der Mitbegründer der Infinitesimalrechnung).

Überprüfung der Physik durch jedermann. Ich nehme an, du ziehlst darauf ab, daß jeder Depp einen Stromschalter betätigen kann und dann merkt, daß es im Raum hell wird, und dergleichen, also auf das Funktionieren von Technik. Wieviele von den Deppen würden den Unterschied zwischen Magie und Technik begreifen? Wieviele erarbeiten sich wirklich die Maxwellschen Gleichungen und akzeptieren den Strom nicht als das moderne Äquivalent eines Gottesgeschenkes? Aberglauben kann auch sehr moderne Formen annehmen, z.B. zu wissen glauben, wie etwas funktioniert, während ich es doch in Wirklichkeit nur bedienen kann. Nur für die wenigen, die wirklich wissen wollen, ist es nicht vollkommen egal, ob du ihnen mitteilst, dem elektrischen Licht in ihren Wohnungen liegen die Maxwellschen Gleichungen oder Magie zugrunde.

Im weiteren verwechselst du imo etwas. Taoismus usw beanspruchen nicht, eine Wissenschaft westlicher Provenienz zu sein. Die Erklärungen und Techniken, die sie bieten, setzen nicht bei Problemen quasi objektiver Gegebenheit an - für den Taoismus ist es völlig gleichgültig, ob der Blitz ein Naturereignis oder göttlicher Zorn ist. Nicht gleichgültig ist aber die Angst, die du möglicherweise empfindest, wenn du in ein Gewitter gerätst; egal, an was du glaubst, es steigert deine Überlebenschancen, wenn du einen kühlen Kopf bewahrst. Hierzu bietet dir Taoismus Techniken an. Natürlich steht am Anfang Vertrauen, das gleiche Vertrauen, das du auch einem Arzt entgegen bringst, obwohl du dich vorher normalerweise nicht durch seine Vitae durchgegraben, seine Referenzen überprüft und seine Kompetenz abgeschätzt hast. In gleicher Weise vertraut der taoistische Schüler seinem Mentor, daß dessen Hinweise ihn nicht in die Irre führen werden, auch wenn es harte Arbeit bedeutet, ihren Wert voll zu ermessen.

Ich weiß nicht, ob du im früheren Mauriceschen Stil von der Technifizierbarkeit primärer menschlicher Lebensäußerungen träumst, ob du wünschst, dich von Pillen glücklich machen zu lassen, oder wie Data ein emotionsloses rein intellektuelles Leben führen zu können, daß du per chemischer Injektion dazu gebracht wirst, die Frau zu lieben, mit der du die gesellschaftlich erwünschten Genkreuzungen produzieren kannst und dergleichen. Wenn nicht - was ich sehr für dich hoffe - bist du damit konfrontiert, daß sich die menschliche Psyche einigermaßen renitent und resistent erweist, daß du manchen emotionalen oder psychischen Knoten eben nicht mehr technisch auflösen kannst, daß du trotz optimaler äußerer technischer Bedingungen ein unglücklicher Mensch sein oder werden kannst. An dieser Stelle könnten Taoismus oder Zen für dich von Belang werden. Beweise? Keine. Nur das Vorbild von anderen Menschen, denen es ebenfalls möglich war. Und natürlich erhebt Taoismus keinen Absolutheitsanspruch^^ es gibt viele Werkzeuge

e-noon
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Di 3. Apr 2007, 13:02 - Beitrag #18

Busfahrer zieh die Jacke aus!

Ipsi, was hat Maurices Begeisterung für emotionslose Nutzenmaximierung mit dem Glauben (nicht religiös) an die Naturwissenschaften zu tun? (Wenn dann macht es Sinn, hier auf seine vorskeptische Phase zu verweisen, wo er noch naiv an die Unfehlbarkeit der Naturwissenschaften glaubte ~)
Es geht zunächst darum, ob die Ergebnisse der Naturwissenschaften in irgendeiner Weise sicherer oder objektiver belegt sind als die des Taoismus. Die Naturwissenschaft macht Voraussagen, die unter bestimmten Bedingungen eintreten.
These: Teilchen mit Masse ziehen sich ~proportional zu dieser an
Überprüfung: Ich lasse einen Apfel fallen, die Erde zieht ihn an.

Das könnte natürlich auch Magie sein, aber wenn diese Magie so regelmäßig ist, wie wir es beobachten, macht das solange keinen Unterschied, bis diese "Magie" nicht mehr im Einklang mit den Naturgesetzen steht.

Der Taoismus macht ähnliche Aussagen, auch wenn ich die nicht so genau kenne.
These: Nicht-Eingreifen in die Welt, Befreiung von unnötigen Begierden führt zum wahren Glück
Überprüfung: Da wirds schwierig. Jemand kann versuchen, nach dem Tao zu leben, wird aber nicht glücklich. Dann kann der Taoist sagen, er hat sich noch nicht endgültig von den Begierden befreit. Es gibt keine Möglichkeit, von außen zu überprüfen, ob derjenige tatsächlich keine Begierden mehr hat und trotzdem glücklich ist. Gleichzeitig scheinen, wie Yanapaw schon sagte, Voraussetzung und Wirkung sehr ähnlich zu sein. "Wenn ich mich in Harmonie mit der Welt bringe, werde ich glücklich" kann auch so gedeutet werden, dass Harmonie mit der Welt Glück ist, und dann wäre die Aussage tatsächlich belanglos (bzw. bringt nicht viel neue Erkenntnis).
Es scheint also so, als wären Menschen, die durch Tao glücklich werden, zwar Belege für den Taoismus, gleichzeitig aber Menschen, die durch Tao nicht glücklich werden, keine Widerlegung desselben, sodass sich die Frage stellt, ob es sich überhaupt widerlegen lässt. Wenn nicht, ist das auf jeden Fall keine wissenschaftliche Vorgehensweise und mehr Religion/diffuser Glaube als sonst irgendwas.

Ipsissimus
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Di 3. Apr 2007, 14:26 - Beitrag #19

e-noon, ich denke da an so manches Streitgespräch mit Maurice und glaube, das speist sich bei ihm alles aus derselben Quelle^^

Es scheint also so, als wären Menschen, die durch Tao glücklich werden, zwar Belege für den Taoismus, gleichzeitig aber Menschen, die durch Tao nicht glücklich werden, keine Widerlegung desselben


deiner Argumentation zufolge würdest du auch einem Schreiner konstatieren müssen, daß rauhe Holzoberflächen gar nicht glatt gehobelt werden können, weil du selbst über diese Fertigkeit nicht verfügst. Der Analphabet dürfte uns alle der Halluzination und des Selbstbetruges bezichtigen, weil wir uns der Illusion hingeben, lesen zu können.

Es mag in der Wissenschaft vorrangig um exaktes Wissen gehen, und in der Tat ist es dieser Umstand, der es so einfach macht, pro scientiam zu plädieren, eben weil Wissen losgelöst von Können und Fertigkeit angelesen werden kann. Daher kann es sehr schnell von einer großen Menge Menschen geteilt werden, die dann glauben, sie wüßten etwas. Tatsächlich aber beruht dieses Wissen auf den Fertigkeiten einer relativ kleinen Anzahl von Menschen, die sich die notwendigen Fertigkeiten zur Wissensgenerierung mühsam erarbeitet haben, die ihr Wissen erarbeitet haben, nicht indem sie Bücher auswendig gelernt haben, sondern weil sie die jeweiligen Fragen durchdrungen und Lösungen entwickelt haben. Diesen wenigen Menschen vertrauen im Prinzip alle anderen, welche dadurch im Wesentlichen als Gläubige qualifiziert sind.

Im Taoismus und Zen geht es ausschließlich um Fertigkeit, Wissen ist gegenstandslos. Daß du weißt - weil du es gelesen hast - wie eine bestimmte Bewegung im Wu-Stil und wie im Chang-Stil durchzuführen ist, wo die subtilen Unterschiede liegen und wie die praktisch einzusetzen sind - besagt noch lange nicht, daß du die Bewegung ausführen kannst oder daß dir diese Unterschiede in deinem Körperbewußtsein präsent sind.

Lass mal einen technisch unversierten, aber theorieversessenen Bücherwurm einen defekten Dynamo reparieren, dann siehst du den Wert seines Wissens. Lass mal einen Anfänger gegen einen Meister im Wu-Stil antreten, dann siehst du den Wert seines Wissens. In dieser Hinsicht sind Taoismus und Wissenschaft gleichwertig, nicht hinsichtlich ihrer Methode, ihrer Themen und ihrer Ziele.

Yanāpaw
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Di 3. Apr 2007, 15:54 - Beitrag #20

Überprüfung der Physik durch jedermann. Ich nehme an, du ziehlst darauf ab, daß jeder Depp einen Stromschalter betätigen kann und dann merkt, daß es im Raum hell wird, und dergleichen, also auf das Funktionieren von Technik.


Nein, ich ziele darauf ab, dass jeder Depp (wobei mir das bild vom Lichtschalter und dem Depp sehr gut gefällt) sich die letzte Zeile der Herleitung vom Gesetz der Massenanziehung betrachten kann und selbst ohne jegliches physikalisches Verständnis 3 Zahlen (Abstand, Masse Erde, Masse Apfel) einsetzen kann und sofern er die Grundrechenarten beherrscht erkennt, dass ein positiver Wert für F meint, dass eine Anziehung besteht. (Andernfalls gebe ich diese information auch vor) Dann probiert der Depp das anhand einer Versuchsreihe und sieht, dass dieses physikalische gesetz anscheinend zuverlässige Aussagen über das Fallen und Abheben und wegfliegen aller Objekte die er kennt ermöglicht, er verifiziert die Gesetzmäßigkeit. Das es sich dabei nicht um eine wissenschaftliche Handlung handelt ist klar, das habe ich aber auch nie behauptet, ich sprach ausschließlich von der Möglichkeit der Verifikation oder Falsifikation von physikalischen Gesetzmäßigkeiten durch jedermann, denn genau dadurch unterscheiden sich ernstzunehmende Konstrukte von trivialen oder illusorischen, sie ermöglichen Aussagen, die jedermann überprüfen kann.

Selbstverständlich wird Naturwissenschaft irgendwann so komplex, dass immense Kenntnisse zum tatsächlichen Verständnis erforderlich sind, nicht aber zur Überprüfung. (von unmöglichen Versuchsreihen abgesehen) Aber die prinzipielle Möglichkeit der personenunabhängigen Verifikation macht NAturwissenschaft zur Wissenschaft und nicht zum Glauben.

Ich bin auch einer der Deppen, von denen du sprachst, ich bin sicher nicht in der Lage die potentielle Existenz rotierender schwarzer Löcher, ausgehend von 1+1=2 zu beweisen, dennoch kann ich einige Theoreme und Herleitungen verstehen und bin von deren Richtigkeit überzeugt aka. glaube daran.



Die Erklärungen und Techniken, die sie bieten, setzen nicht bei Problemen quasi objektiver Gegebenheit an - für den Taoismus ist es völlig gleichgültig, ob der Blitz ein Naturereignis oder göttlicher Zorn ist. Nicht gleichgültig ist aber die Angst, die du möglicherweise empfindest, wenn du in ein Gewitter gerätst; egal, an was du glaubst, es steigert deine Überlebenschancen, wenn du einen kühlen Kopf bewahrst.


Zunächst, um bei diesem Beispiel zu bleiben, hilft mir hier die Physik am meisten, da sie mir den sichersten Aufenthaltsort definiert, denn ich kann Taoist sein, sogar meister aller Stile, trotzdem werde ich im Schneidersitz auf dem Blitzableiter des Empire State Building bald ein post-existenter Taoist sein, insofern hilft mir hier die Logik und die Naturwissenschaft, davon abgesehen muss Taosimus ja irgendeinen Nutzen haben, also Thesen formulieren, die eine wie auch immer geartete Hilfestellung bieten und diese müssen vom externen Beobachter verifizierbar sein, sind sie das nicht, dann ist Taoismus Glaube. Ich mache also keine Aussage zum Taoismus sondern wende eine grundsätzliche Kritik auf ihn an.


Wenn nicht - was ich sehr für dich hoffe - bist du damit konfrontiert, daß sich die menschliche Psyche einigermaßen renitent und resistent erweist, daß du manchen emotionalen oder psychischen Knoten eben nicht mehr technisch auflösen kannst, daß du trotz optimaler äußerer technischer Bedingungen ein unglücklicher Mensch sein oder werden kannst. An dieser Stelle könnten Taoismus oder Zen für dich von Belang werden. Beweise? Keine.


Das hätte ich früher lesen sollen. ^^ Ok dann sind wir uns wohl (außer es kommt jetzt doch noch ein Kontra) erstmals einig. Nein, das kann nicht sein, lass dir was einfallen. Also ich betrachte mich nicht als homo faber, obschon ich mir schon umfangreiche Gedanken über ein technisiertes Gesellschaftssystem gemacht habe ( a la brave new world), da aber massive Vorbehalte habe. Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich ein unbedeutender Furz bin, der ohne weiteres an banalen Problemen zerbrechen kann, zu deren Bewältigung es verschiedene Hilfsansätze verschiedener Systeme gibt.




Es mag in der Wissenschaft vorrangig um exaktes Wissen gehen, und in der Tat ist es dieser Umstand, der es so einfach macht, pro scientiam zu plädieren, eben weil Wissen losgelöst von Können und Fertigkeit angelesen werden kann. Daher kann es sehr schnell von einer großen Menge Menschen geteilt werden, die dann glauben, sie wüßten etwas.


Das ist zwar nicht an mich gerichtet, dennoch möchte ich dazu etwas anmerken. Ich bin sehr entschieden dafür, Wissen und Fertigkeit voneinander losgelöst zu betrachten, ich verstehe die Funktionsweise von Erosion bis ins letzte Detail, trotzdem werde ich nicht mit täglichem Urinieren auf die exakt gleiche Stelle in meinem Garten nach Öl bohren können. Ich verstehe auch den Aufbau eines Teilchenbeschleunigers und könnte, sofern ich die Muße aufbrächte, die Magnetfeldstärken errechnen, die Kollisionsgeschwindigkeiten, die Zustände et cetera, trotzdem kann ich nicht in den Keller gehen und mit meinem MACGyver Multitool (tm) und einer Kiste Legotechnik (tm) einen bauen. Es ist zwar richtig, das Wissen und Zu Wissen Glauben sehr oft verwechselt werden, dennoch ist die Differenzierung von Wissen und Können unumgänglich, ohne Wissen kein Können, aber Wissen ohne Können ist nicht nutzlos, es ist Verstehen und das ist schonmal ein wichtiger Schritt. Was pro scientiam angeht, es ist sehr viel einfacher pro Auferstehung zu sein, pro Armaggeddon und pro Himmel und Hölle, als pro überprüfbare Aussage, insofern sehe ich das anders.

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