Überprüfung der Physik durch jedermann. Ich nehme an, du ziehlst darauf ab, daß jeder Depp einen Stromschalter betätigen kann und dann merkt, daß es im Raum hell wird, und dergleichen, also auf das Funktionieren von Technik.
Nein, ich ziele darauf ab, dass jeder Depp (wobei mir das bild vom Lichtschalter und dem Depp sehr gut gefällt) sich die letzte Zeile der Herleitung vom Gesetz der Massenanziehung betrachten kann und selbst ohne jegliches physikalisches Verständnis 3 Zahlen (Abstand, Masse Erde, Masse Apfel) einsetzen kann und sofern er die Grundrechenarten beherrscht erkennt, dass ein positiver Wert für F meint, dass eine Anziehung besteht. (Andernfalls gebe ich diese information auch vor) Dann probiert der Depp das anhand einer Versuchsreihe und sieht, dass dieses physikalische gesetz anscheinend zuverlässige Aussagen über das Fallen und Abheben und wegfliegen aller Objekte die er kennt ermöglicht, er verifiziert die Gesetzmäßigkeit. Das es sich dabei nicht um eine wissenschaftliche Handlung handelt ist klar, das habe ich aber auch nie behauptet, ich sprach ausschließlich von der Möglichkeit der Verifikation oder Falsifikation von physikalischen Gesetzmäßigkeiten durch jedermann, denn genau dadurch unterscheiden sich ernstzunehmende Konstrukte von trivialen oder illusorischen, sie ermöglichen Aussagen, die jedermann überprüfen kann.
Selbstverständlich wird Naturwissenschaft irgendwann so komplex, dass immense Kenntnisse zum tatsächlichen Verständnis erforderlich sind, nicht aber zur Überprüfung. (von unmöglichen Versuchsreihen abgesehen) Aber die prinzipielle Möglichkeit der personenunabhängigen Verifikation macht NAturwissenschaft zur Wissenschaft und nicht zum Glauben.
Ich bin auch einer der Deppen, von denen du sprachst, ich bin sicher nicht in der Lage die potentielle Existenz rotierender schwarzer Löcher, ausgehend von 1+1=2 zu beweisen, dennoch kann ich einige Theoreme und Herleitungen verstehen und bin von deren Richtigkeit überzeugt aka. glaube daran.
Die Erklärungen und Techniken, die sie bieten, setzen nicht bei Problemen quasi objektiver Gegebenheit an - für den Taoismus ist es völlig gleichgültig, ob der Blitz ein Naturereignis oder göttlicher Zorn ist. Nicht gleichgültig ist aber die Angst, die du möglicherweise empfindest, wenn du in ein Gewitter gerätst; egal, an was du glaubst, es steigert deine Überlebenschancen, wenn du einen kühlen Kopf bewahrst.
Zunächst, um bei diesem Beispiel zu bleiben, hilft mir hier die Physik am meisten, da sie mir den sichersten Aufenthaltsort definiert, denn ich kann Taoist sein, sogar meister aller Stile, trotzdem werde ich im Schneidersitz auf dem Blitzableiter des Empire State Building bald ein post-existenter Taoist sein, insofern hilft mir hier die Logik und die Naturwissenschaft, davon abgesehen muss Taosimus ja irgendeinen Nutzen haben, also Thesen formulieren, die eine wie auch immer geartete Hilfestellung bieten und diese müssen vom externen Beobachter verifizierbar sein, sind sie das nicht, dann ist Taoismus Glaube. Ich mache also keine Aussage zum Taoismus sondern wende eine grundsätzliche Kritik auf ihn an.
Wenn nicht - was ich sehr für dich hoffe - bist du damit konfrontiert, daß sich die menschliche Psyche einigermaßen renitent und resistent erweist, daß du manchen emotionalen oder psychischen Knoten eben nicht mehr technisch auflösen kannst, daß du trotz optimaler äußerer technischer Bedingungen ein unglücklicher Mensch sein oder werden kannst. An dieser Stelle könnten Taoismus oder Zen für dich von Belang werden. Beweise? Keine.
Das hätte ich früher lesen sollen. ^^ Ok dann sind wir uns wohl (außer es kommt jetzt doch noch ein Kontra) erstmals einig. Nein, das kann nicht sein, lass dir was einfallen. Also ich betrachte mich nicht als homo faber, obschon ich mir schon umfangreiche Gedanken über ein technisiertes Gesellschaftssystem gemacht habe ( a la brave new world), da aber massive Vorbehalte habe. Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich ein unbedeutender Furz bin, der ohne weiteres an banalen Problemen zerbrechen kann, zu deren Bewältigung es verschiedene Hilfsansätze verschiedener Systeme gibt.
Es mag in der Wissenschaft vorrangig um exaktes Wissen gehen, und in der Tat ist es dieser Umstand, der es so einfach macht, pro scientiam zu plädieren, eben weil Wissen losgelöst von Können und Fertigkeit angelesen werden kann. Daher kann es sehr schnell von einer großen Menge Menschen geteilt werden, die dann glauben, sie wüßten etwas.
Das ist zwar nicht an mich gerichtet, dennoch möchte ich dazu etwas anmerken. Ich bin sehr entschieden dafür, Wissen und Fertigkeit voneinander losgelöst zu betrachten, ich verstehe die Funktionsweise von Erosion bis ins letzte Detail, trotzdem werde ich nicht mit täglichem Urinieren auf die exakt gleiche Stelle in meinem Garten nach Öl bohren können. Ich verstehe auch den Aufbau eines Teilchenbeschleunigers und könnte, sofern ich die Muße aufbrächte, die Magnetfeldstärken errechnen, die Kollisionsgeschwindigkeiten, die Zustände et cetera, trotzdem kann ich nicht in den Keller gehen und mit meinem MACGyver Multitool (tm) und einer Kiste Legotechnik (tm) einen bauen. Es ist zwar richtig, das Wissen und Zu Wissen Glauben sehr oft verwechselt werden, dennoch ist die Differenzierung von Wissen und Können unumgänglich, ohne Wissen kein Können, aber Wissen ohne Können ist nicht nutzlos, es ist Verstehen und das ist schonmal ein wichtiger Schritt. Was pro scientiam angeht, es ist sehr viel einfacher pro Auferstehung zu sein, pro Armaggeddon und pro Himmel und Hölle, als pro überprüfbare Aussage, insofern sehe ich das anders.