Rechtfertigungen für die Behauptung überpositiver Rechte

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Maurice
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So 6. Mai 2007, 13:07 - Beitrag #1

Rechtfertigungen für die Behauptung überpositiver Rechte

Da ich in diesem Semester wohl wieder eine Hausarbeit schreiben werde, diesmal über das Thema "Menschenrechte", wollte ich mir wieder Inspirationen aus dem Netz holen. Aufsätze zu dem Thema werde ich genug lesen, weshalb die Diskussion eine hilfreiche Ergänzung sein kann.

Die Frage nach Rechten kann in zweierlei Weise verstanden werden:
1. Die positiven (=gesetzten von lat. "ponere") Rechte, in Form von Gesetzen. Um zu überprüfen, ob ich in der BRD das positive Recht auf Bildung habe, schaue ich in die entsprechenden Gesetzesbücher.
2. Die überpositiven Rechte, die angeblich unabhängig von menschengemachten Gesetzen gelten. Würde ich auch dann ein Recht auf Bildung besitzen, wenn es kein Gesetz gäbe, dass mir dieses Recht zuspricht?

Dass es Rechte im ersten Sinn gibt, bestreitet niemand. Gibt es aber auch überpositve Rechte? Die meisten Menschen würden diese Frage intuitiv mit "Ja" beantworten. Es gibt aber auch Personen, die diese verneinen. Beide Antworten sind mit Problemen verbunden.
Derjenige, der behauptet, dass es überpositve Rechte gibt, muss (wenn er sich für seine Meinung auf einem bestimmten Niveau rechtfertigen will) den ontologischen Status dieser Rechte angeben und die Methoden, wie man diese Rechte erkennen kann. Alles andere als ein einfaches Unterfangen.
Der strikte Rechtspositivist hingegen hat das Problem, eine für die Mehrheit kontraintuitive Meinung zu vertreten. Wie kann es sein, dass soviele Menschen einer möglicherweise falschen Meinung anhängen? Wie soll man in bestimmten Situationen darüber diskutieren, was richtig und was falsch ist, wenn man nur positive Rechte postuliert?

Ich würde nun gerne eure Meinung zu der Frage wissen und warum ihr diese Meinung vertretet.
Es ist mal wieder jeder willkommen, solange er sich an einen analytischen Grundton hält. Ich möchte also keine existenzialistische Parolen hören (wenn auch existenzialistische Argumente in analystischer Form erlaubt sind) und auch kein "Tod der Analyse!" oder sonstige Versuche, die Diskussion zu torpedieren. Wenn ich merke, dass das nicht läuft, muss ich mir für dieses Thema ein anderes Forum suchen. Aber ich wollte es erstmal hier versuchen, da ich weiß, dass hier ein paar schlaue Köpfe sind, die diesem Thema gewachsen sind. :)

Lykurg
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So 6. Mai 2007, 15:57 - Beitrag #2

Ich nehme überpositive Rechte an, die in der Nichtidealität unserer Gesellschaft (und der menschlichen Natur) einerseits und dem Bewußtsein unserer perspektivischen Verengung andererseits begründet liegen. Es erscheint mir notwendig, Handlungen als möglicherweise berechtigt zu erwägen, deren Rechtfertigung in meinem gegenwärtigen sozialen Umfeld und geistigen Raum nicht denkbar erscheint. Dazu gehören für mich ggf. Tyrannenmordszenarien, zumindest aber ein Recht auf passiven Widerstand, selbst wenn dieser explizit verboten wäre.

Ansonsten lese ich GG §1 als Verortung eines überpositiven Rechts - ein Begriff wie Würde kann nun einmal sehr vieles rechtfertigen, was nicht explizit ausformuliert werden kann.

Maurice
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So 6. Mai 2007, 16:13 - Beitrag #3

GG§1 kann nicht Prüfstein eines überpositiven Rechts sein. Entweder man versteht den Artikel als Verschriftlichung eines positiven Rechts oder als Behauptung eines überpositiven Rechts. An einer Behauptung wie "Jeder Mensch hat ein überpositves Recht auf Leben." kann man allein nicht prüfen, ob diese Behauptung wahr ist.
Wie können wir also überprüfen, ob diese Behauptung wahr ist? Welchen Teil der Welt müssen wir untersuchen, um die Antwort zu finden?

Ipsissimus
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So 6. Mai 2007, 17:23 - Beitrag #4

die Wahrheitsfrage an Konventionen anzulegen erscheint mir ... dem Begriff der Konvention nicht angemessen

Maurice
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So 6. Mai 2007, 17:28 - Beitrag #5

Verstehe ich dich richtig, dass du überpositive Rechte als Konventionen deutest?
Dieser Interpretation würde ich nicht zustimmen, da schon positive Rechte Konventionen sind und die Vertreter überpositiver Rechte behaupten, diese (die überpositiven) seien unabhängig vom Tun der Menschen. Also selbst wenn es in China keine Konvention zum Schutz des Menschenlebens gibt, haben die Menschen dort, so der Verteidiger des überpositiven Rechts, dennoch ein Recht, dass ihr Leben geschützt wird.

Ipsissimus
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So 6. Mai 2007, 19:31 - Beitrag #6

Maurice, dann ist aber dieser Thread eigentlich sinnlos, denn alles was wir tun müssen, ist zu warten, bis das überpositive Recht die Sache selbst in die Hand nimmt^^ wenn es mehr ist als eine Konvention, sollte es dazu ja wohl auch ohne menschliche Fackelträger und Erfüllungsgehilfen in der Lage sein^^

/edit stelle mir gerade vor, wie ich einem CIA-Beamten, der in Guantanamo oder auf Diego Garcia einem feindlichen Kombattanten gerade genüßlich die Eier in Königswasser badet, mit erhobenem Zeigefinger mitteile, daß dieser feindliche Kombattant ein überpositives Recht darauf hat, daß seine Eier in normalem Wasser gebaden werden. Ob ich da überpositiv geschützt noch lebend rauskomme?^^

Yanāpaw
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So 6. Mai 2007, 19:44 - Beitrag #7

denn alles was wir tun müssen, ist zu warten, bis das überpositive Recht die Sache selbst in die Hand nimmt^^ wenn es mehr ist als eine Konvention, sollte es dazu ja wohl auch ohne menschliche Fackelträger und Erfüllungsgehilfen in der Lage sein


Nein, das hast du falsch verstanden, das überpositive Recht gibt es und all jene, die es negieren und entsprechend handeln werden überjustizial geplättet. Allerdings erst post mortem um das überpositive Recht auf Leben nicht zu negieren, denn dann wäre der überpositive Ratschluss negiert, was die sofortige Negation jeglichen Seins zur Folge hätte und zwar jeglicher ontologischer Basis um das gleich klarzustellen.

Meine Meinung zu überpositiven Rechten sollte mittlerweile bekannt sein, der Form halber in aller Kürze nochmal: Sie sind eine Projektion realer Defizite und Machtlosigkeit.

Maurice
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So 6. Mai 2007, 19:51 - Beitrag #8

Aus diesem Standpunkt werde ich aber wohl keine 15 Seiten entfalten können. Das reicht höchstens für 15 Zeilen ^^* ... Sollte ich mir also besser ein anderes Thema ausgucken?

Ipsissimus
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So 6. Mai 2007, 20:23 - Beitrag #9

ich frage mich gerade, was für einen Moralphilosophen so furchtbar ist, daß Rechtsprechung sich aus Konventionen ableitet. Alle wesentlichen Entscheidungen werden ohnehin über Machtabgleich entschieden, die Moral liefert dazu nur noch ein bißchen PR, also was ist so furchtbar daran, die schnöde Wirklichkeit des Menschseins endlich mal in die Philosophie einfließen zu lassen.

Ich stelle mir gerade vor, ein Buch über überpositive Rechte, 1000 Seiten in logisch einwandfreier Herleitung und Begründung, alle Probleme der Menschheit theoretisch gelöst, und dann kommt so ein fieser kleiner Mops, drückt nen Knopf und pudert die Erdoberfläche vollständig mit radioaktivem Fallout ein.

Wo soll denn bitte überpositives Recht auch nur einen Stich bekommen, wenn Machtträger beschließen, es anders handzuhaben. Witzig übrigens: wenn es überhaupt sowas wie überpositives Recht gibt, dann in der Befähigung von mächtigen Menschen, einfach gemäß ihrer Willkür zu verfahren. Sie setzen ihr Wollen einfach durch^^ überpositiv im strengen Sinne, du kannst nichts dagegen machen^^

Maurice
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So 6. Mai 2007, 21:44 - Beitrag #10

Nicht das wir uns irgendwie falsch verstehen: Ich halte den Glauben an überpositive Rechte auch für realitätsfremd.
Aber die breite Masse ist, was Moral angeht, nunmal nicht so desillusioniert wie wir es sind. Und die meisten Philosophen haben sich leider noch immer nicht von der schlechten Gewohnheit befreit, die moralischen Alltagsintuitionen der breiten Mehrheit zu entzaubern. Natürlich würde ich eben gerade das in meiner Hausarbeit versuchen, doch wäre es wohl ein bisschen wenig, einfach meinen Standpunkt aus der letzten Hausarbeit zusammen zu fassen und im Anschluss daran die Sinnlosigkeit der Annahme überpositiver Rechte abzuleiten.
Deshalb gehe ich wieder unter das Volk und höre mir an, was sie zu dem Thema denken. ^^

Lykurg
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So 6. Mai 2007, 22:09 - Beitrag #11

Maurice, Norbert Hoerster: "Was ist Recht?" könnte dir vielleicht gefallen...

Ich stimme dir darin zu, daß es sich bei GG §1 um eine Behauptung überpositiven Rechts handelt. Aber auch an diversen anderen Stellen des juristischen Alltags hierzulande spielt Naturrecht eine wesentliche Rolle, etwa wenn es um Sitten geht, oder um die Abwägung zwischen Recht und Gerechtigkeit. In Situationen mit ungeklärter Rechtslage ist Vernunft ebenso notwendig und nützlich wie in denen einer offensichtlich unsinnigen Theorie.

Der strikte Ausschluß jeder überpositiven Komponente ist mE nur bei naiver Annahme eines perfekten Systems denkbar - oder (wie von 'euch' offensichtlich geübt) unter resignativem Verzicht auf etwas wie Gerechtigkeit.

Maurice
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So 6. Mai 2007, 22:25 - Beitrag #12

"Gerechtigkeit" ist für mich ein Begriff der Moral, weshalb ich mit ihm nicht wirklich was anfangen kann. Wieder so eine Vokabel mit der Menschen versuchen, ihren subjektiven Präferenzen einen Schein von Objektivität zu verleihen (seis nun bewusst oder unbewusst).

Während aus theoretischer Sicht das Postulat überpositiver Rechte meiner Meinung nach strikt abzulehnen ist, bin ich mir nicht sicher, welchen Standpunkt ich bei einer pragmatischen Perspektive einnehmen soll. Es spielen ja schon genug Leute verrückt, wenn man sie davon überzeugen will, nicht an Gott zu glauben. Vom Verlust jeglichen Lebenssinns und dem Zusammenbruch allem menschlichen Zusammenseins ist da teilweise die Rede. Was sagt der Plebs dann erst, wenn man ihm auch noch den Glauben an die Moral nehmen will?
Vielleicht ist für die Stabilität der Gesellschaft bei einem unaufgeklärten Volk der Glaube an Moral notwendig. Wie sehr moralische Motive und Überlegungen das menschliche Verhalten wirklich beeinflusst oder ob diese bloß zur nachträglichen Pseudo-Rationalisierung der eigenen Taten benutzt werden, müsste man mal emprisch prüfen. Würde mich ungemein interessieren ...

PS: Nach dem Hoerster schaue ich mal bei Gelegenheit. Habe zwar eigentlich schon zuviele Bücher hier liegen, die ich noch lesen will/muss, aber wenn das Buch vielversprechend klingt, hole ich es mir trotzdem. Danke schonmal für die Empfehlung! :)

Lykurg
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So 6. Mai 2007, 23:01 - Beitrag #13

Daß Gerechtigkeit höchst subjektiv ist, ist mir durchaus klar - ich zitierte unmerklich aus "Friede auf Erden" von C.F. Meyer, bei dem es sich zu allem Überfluß^^ auch noch um göttliche Gerechtigkeit handelt... Dennoch würde, wie du richtig erkennst, 'das Volk' wohl ziemlich schreien, wenn du ihm die (Hoffnung auf) Gerechtigkeit entzögest.

Ich halte - und dachte, das auch einmal so formuliert zu haben - moralisches Empfinden für äußerst nützlich zu Entscheidungsfindung in schwieriger Lage. Ein relativ einheitliches Moralsystem kann daher effizienzsteigernd sein - man kann sich in größerem Maße aufeinander verlassen, ohne gleich wieder Nutzenkalküle aufstellen zu müssen. Insofern wäre so etwas wie Anstand ein unscharfes, nicht genau definierbares, aber dennoch wirksames und hilfreiches Prinzip. (Daß für mich selbst die Nutzenserwägung sekundär ist, sei dahingestellt.^^)

Maurice
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So 6. Mai 2007, 23:22 - Beitrag #14

Entweder wir verstehen "Gerechtigkeit" verschieden oder du hast dich gerade nur etwas unglücklich ausgedrückt. Für mich ist Gerechtigkeit objektiv - die Gerechtigkeitsvorstellungen hingegen sind sehr subjektiv und individuell. Und da das Postulat des objektiven Maßstabs für richtiges Handeln (das moralisch Gute un die Gerechtigkeit) nicht befriedigend rechtfertigt werden kann, habe ich diese Vorstellung fallen lassen.

Ein relativ einheitliches Moralsystem kann daher effizienzsteigernd sein - man kann sich in größerem Maße aufeinander verlassen, ohne gleich wieder Nutzenkalküle aufstellen zu müssen.

Sekundärprinzipien lieber Lykurg! ;)
Ein Begriff, der vor allem im Utilitarismus Gebrauch findet: Es ist strukturell nicht optimal nutzenmaximierend, in jeder Situation alle Folgen abzuwägen, weshalb man sich Regeln - sogenannte "Sekundärprinzipien" - setzt, von denen man glaubt, dass das Einhalten dieser strukturell nutzenmaximierend ist. Aus einem Handlungsutilitarismus wird ein Regelutilitarismus.
Wenn du den Ausdruck schon kanntest, umso besser. Ich wollte auf Nummer sicher gehen. Man soll uns nicht vorwerfen, dass wir für den Laien unverständlich seien. ^^
Jedenfalls: Solche Sekundärprinzipien kann man auch für eine amoralische Ethik nutzen.
Abgesehen davon: Ich glaube, man kann sich auf mich auch ganz gut verlassen und das, obwohl mir legliche Moral (zumindest was ich unter "Moral" verstehe) völlig fern ist.

Ipsissimus
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Mo 7. Mai 2007, 00:19 - Beitrag #15

ich habe mit euren Darlegungen nicht die geringsten Schwierigkeiten^^ sofern ihr bemerkt, daß sich das alles im Bereich von Konventionen abspielt

Maurice
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Mo 7. Mai 2007, 00:36 - Beitrag #16

Drücke dich bitte etwas präziser aus, ich bin mir nicht sicher, wie ich dich zu verstehen habe.
Meinst du, dass die Tatsache, dass es eine objektive Gerechtigkeit gibt oder nicht, bloße Konvention ist? Bist du unter die Sozialkonstruktivisten geraten? :confused:

Ipsissimus
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Mo 7. Mai 2007, 10:37 - Beitrag #17

Ich halte - und dachte, das auch einmal so formuliert zu haben - moralisches Empfinden für äußerst nützlich zu Entscheidungsfindung in schwieriger Lage. Ein relativ einheitliches Moralsystem kann daher effizienzsteigernd sein - man kann sich in größerem Maße aufeinander verlassen, ohne gleich wieder Nutzenkalküle aufstellen zu müssen.


Sekundärprinzipien lieber Lykurg! ...


ich vermeine, in diesen Aussagen Keime des Bewußtseins darüber zu erblicken, daß alle diese Abstrakta Gegenstand von Konvention sind. Selbst deine Auffassung von der Objektivität der Gerechtigkeit ziehst du beinahe sofort wieder zurück. Also bleiben nur Konventionen.

Nach wie vor, es ist mir unerfindlich, wieso es so furchtbar sein soll, Prinzipien von Moral und Rechtsprechung auf konventionelle Basis zu stellen. Die "letzte" Herleitungsinstanz im Transzendent- (religiös) oder Immanent(Naturgesetz)-Göttlichen zu suchen, erscheint mir wie eine Flucht vor der schnöden Wirklichkeit

/edit um auch mal im engeren Sinne daruf uz antworten

die überpositiven Rechte, die angeblich unabhängig von menschengemachten Gesetzen gelten. Würde ich auch dann ein Recht auf Bildung besitzen, wenn es kein Gesetz gäbe, dass mir dieses Recht zuspricht?

...

...

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zum ersten Absatz des Zitates: habe ich auch dann ein Recht auf Bildung, wenn es Bildung gar nicht gibt? Wenn es kein Recht (= Gesetz) gäbe, das mir Bildung zusichert, wie sollte ein überpositives Recht darauf sich manifestieren können? Was sollte der zweite Satz dann überhaupt bedeuten? Rekursion auf Gott, Naturrecht usw?

zum zweiten Absatz: der Rechtspositivist weiß nicht, was richtig und was falsch ist, er weiß nur, was der Konvention entspricht und was nicht; eine einchlägige Diskussion wird sich also entsprechend ausrichten müssen. Daß Menschen großmehrheitlich einer falschen Meinung anhängen, ist die Regel, die in der menschlichen Tendenz begründet ist, lieber getröstet als aufgeklärt zu werden. Warum sollte sich ein Rechtspositivist darum scheren?

Maurice
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Mo 7. Mai 2007, 21:02 - Beitrag #18

Ich halte es leider weder für rhetorisch noch für didaktisch sehr geschickt beim Leser mit der Tür ins Haus zu fallen: "Im Handeln des Menschens geht es nur darum, Präferenzen zu verwirklichen. Es gibt keinen objektiven Maßstab für richtiges Verhalten. Der Glaube an diese Maßstäbe ist ein Schutzmechanismus, um der unbequemen Realität aus dem Weg zu gehen."
Ich glaube, es ist vielversprechender die Intuitionen der anderen ernst zu nehmen (oder wenigstens glaubhaft so zu tun) und ihn Schritt für Schritt vom Gegenteil zu überzeugen.

Ich will, dir damit nicht sagen, wie DU dich gegenüber anderen verhalten sollst, sondern versuche lediglich, meine geplante argumentative Vorgehensweise zu rechtfertigen. ;)
Und ich schere mich, um die Ansichten der anderen, weil ich sie überzeugen will. Dass das nicht so einfach ist, wirst du merken, wenn du hier im Forum versuchen wirst, die moralisch scheinende Welt der Mehrheit zu entzaubern. ^^

e-noon
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Mo 7. Mai 2007, 21:32 - Beitrag #19

Ipsi, irgendwie habe ich das Gefühl, du hältst Maurice selbst für einen - wie heißt das? - Überpositivrechtler. Dabei ist er wohl eindeutig als Vertreter der ersten von ihm genannten Gruppe zuzuordnen:

1. Die positiven (=gesetzten von lat. "ponere") Rechte, in Form von Gesetzen. Um zu überprüfen, ob ich in der BRD das positive Recht auf Bildung habe, schaue ich in die entsprechenden Gesetzesbücher.


Diese gesetzten Rechte sind ohne Zweifel zum großen Teil aus Konventionen übernommen oder entstanden, sind auch Konvention (wenn keiner sich mehr daran hält, keiner sich mehr müht, es durchzusetzen, sinddas BGB und das GG hinfällig), daher bin ich mir momentan nicht ganz sicher, wem du versuchst zu widersprechen. ?

Ipsissimus
Dämmerung
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Mo 7. Mai 2007, 21:54 - Beitrag #20

Maurice, geht es dir um Philosophie? Was hat dann Rhetorik und Didaktik da zu suchen? Oder geht es dir um um die Kunst, ein Staatsschiff zu lenken, also um Politik? Dann wäre dies eine ganz andere Diskussion.

e-noon, meine Darlegungen mögen gelegentlich etwas provozierend ausfallen, aber selbst noch die schlimmste Polemik scheibe ich nicht, um jemanden zu widerlegen oder gegen jemanden gar zu gewinnen, sondern um einer Sache willen, um die es mir geht, um einen Fingerzeig zu geben, wenn du so magst^^

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