Respektvoller und respektloser Umgang mit anderen... und etwas Drittes?

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Maurice
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Mi 25. Jul 2007, 16:03 - Beitrag #1

Respektvoller und respektloser Umgang mit anderen... und etwas Drittes?

Gestern Abend kamen Sarah und ich auf die Frage, was es bedeutet respektvoll bzw. respektlos mit Menschen, Tieren usw. umzugehen. Am einfachsten schein uns "respektloses Verhalten" zu bestimmen, was wir mit "böswilligen Zufügen von Schaden" umschrieben. Dies beinhaltete sowohl physische als auch psychische Gewalt. Zum "respektvolles Verhalten" fielen uns Begriffe wie "Wohlwollen" und "Hilfsbereitschaft" ein. Während wir uns aber bei dieser Bestimmung schon nicht ganz sicher waren, wurde die Sache noch komplizierter, als ich die Frage stellte, ob es denn noch ein Drittes zwischen diesen beiden Polen gäbe und wie man dies benennen sollte. Sarah hatte spontan den wohlklingenden Vorschlag "Indifferenz". "Respektvoll" und "respektlos" schienen uns recht gut unterscheidbar, doch waren wir uns nicht sicher, wo man die Trennlinie zwischen "respektlos" und "indifferent" ziehen sollte.
Wir diskutierten die Frage an den Beispielen eines Bettlers, eines Werbespots für hungernde Kinder und absichtvoller Umweltverschmutzung. Ich plädierte dafür das Nichtbeachten bzw. Hinwegsehen über das Leid des Bettlers und der hungernden Kinder als Indifferenz zu bezeichnen, weil das Wohl der betroffenen Person einem einfach egal ist und man diesem weder wohlwollend noch feindselig gegenübersteht. Sarah neigte dazu, diese Bezeichnung bei dem Werbespot zu teilen, war sich aber nicht sicher, inwieweit dieses Prädikat zutreffend bei Personen sei, deren Leid man in unmittelbarer Nähe erfahre. Kann man sich indifferent gegenüber einem Menschen in Not verhalten, wenn man ihm direkt gegenüber steht? Noch schwieriger schien uns zu bestimmen, wann man sich indifferent und wann respektlos gegenüber der Umwelt verhält. Nach der vorangegangenen Bestimmung, würde sich derjenige, der absichtlich seine Chemieabfälle in einen Fluss schüttet, weil ihm die Natur egal ist, indifferent zu ihr verhalten. Diese Bezeichnung schien mir zumindest alltagssprachlich falsch zu sein, da man in solchen Fällen von einem respektlosen Umgang mit der Natur sprechen würde.

Soviel zur Vorgeschichte. Ich möchte hier gerne diskutieren, was ein respektvolles und was ein respektloses Verhalten ausmacht und ob es eine dritte Verhaltensweise (eine „indifferente“) gibt und wenn ja, wie diese zu definieren ist.

Milena
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Mi 25. Jul 2007, 19:14 - Beitrag #2

...also wenn ich das Wort Respekt in den Mund nehme, dann meist im Zusammhang mit einem Menschen...
also z.b. dieser Mensch da hat für mein Gefühl keinen Respekt mir gegenüber, weil...
dieser z.b sich in meine Privatspähre einmischt oder mit Beleidigungen daherkommt.....
respektvoll ist mitunter für mich, wie mit höflich, ehrfürchtig und galant zu assoziieren...

(muss jetzt leider los..sry^^)
(und hoffe, das ist jetzt net respektlos einfach so zu verschwinden,auf die schnelle..^^)

Padreic
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Mi 25. Jul 2007, 21:42 - Beitrag #3

Nach üblicher alltagssprachlicher Benutzung, muss in einer Respektlosigkeit IMHO keine explizite Feindseligkeit liegen. Respektlosigkeit heißt gerade, dass einem zumindest bestimmte Aspekte vom Schmerzempfinden, seiner Subjekthaftigkeit oder dergleichen von einem anderen Menschen egal sind.

Wenn ich an einem Bettler vorbeigehe, ist mir sein Leiden auch nicht egal, sondern ich ignoriere es. Mich bekümmert sowohl das Leid des Bettlers wie das der Kinder in Afrika (in einem gewissen Maße), aber aus irgendeinem Grund bin ich eben nicht bereit, den Aufwand zu treiben, ihnen wirklich zu helfen, falls es überhaupt in meiner Macht steht.

Ob man der Natur gegenüber überhaupt respektlos sein kann, ist eine gute Frage; damit setzt man, denke ich, so etwas wie Subjekthaftigkeit, Würde oder Schmerzempfinden bei der Natur voraus, was im nicht-tierischen Bereich ja umstritten sein dürfte.
Vielleicht ist Respektlosigkeit gerade dadurch gekennzeichnet, dass man sein Gegenüber quasi wie einen Stein oder dergleichen behandelt; dass man ihn als bloß Vorhandendes oder gar Zuhandendes ansieht; oder dass man ihn als bloßes Mittel und nicht zugleich als Zweck betrachtet (heideggersch/kantianisch gesprochen)...

Maurice
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Mi 25. Jul 2007, 23:53 - Beitrag #4

@Pad: Also würdest du nicht sagen, dass es sowas wie Indiferenz gibt, das weder Respekt noch Respektlosigkeit ist? Also entweder Respekt oder Respektlosigkeit und kein Drittes?

Mich bekümmert sowohl das Leid des Bettlers wie das der Kinder in Afrika

Wenn ich mich richtig einschätze, dass kümmert mich weder der Bettler noch die Kinder in Afrika. Bin ich nun gegenüber diesen Menschen respektlos?

Ipsissimus
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Do 26. Jul 2007, 09:32 - Beitrag #5

Respekt heißt imo einfach, daß die Gleichwertigkeit eines anderen Menschen anerkannt wird. Dem Bettler gegenüber respektvoll zu sein, hat für mich überhaupt nichts damit zu tun, ob ich ihm in seinem Leid helfe oder nicht, es heißt einfach, daß ich mich nicht über ihn erhaben fühle. Die "Hilfe bei Leid"-Problematik hat viel mehr mit Mitleid oder Mitgefühl, Caritas usw. zu tun, aber Hilfe kann auch bei äußerster Respektlosigkeit gewährt werden.

Traitor
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Do 26. Jul 2007, 14:57 - Beitrag #6

Allein der Aufbau der Worte legt meines Erachtens nahe, dass es falsch ist, hier ein Gegensatzpaar mit etwas in der Mitte zu vermuten, also 1, 0, -1. Respektlosigkeit ist dem Wort nach einfach das Fehlen von Respekt, also gibt es für dieses Kriterium nur die Werte 1 und 0. Und natürlich das Kontinuum dazwischen, aber das wird wohl kaum zur Debatte gestanden haben.

Im umgangssprachlichen Gebrauch wird "Respektlosigkeit" aber natürlich oft so verwendet, als sei es eine eigene Eigenschaft mit eigenen Ausprägungen, als läge also 1, 0, -1 nahe. Dies liegt meines Erachtens aber nur an der üblichen Verselbstständigung von Begriffen und der Tendenz, Nichtsein als Sein des Nichts wahrzunehmen.

Ich würde die Frage also ausschließlich von "Was ist Respekt?" her aufrollen und dann nur sehen, inwieweit sich das Verhalten ändert, wenn der Respekt immer weiter wegbricht. Dabei würde ich weder Indifferenz noch Böswilligkeit irgendwo auf dieser Skala verorten. Diese beiden Begriffe gehören zu jeweils eigenen anderen Skalen, die sich lokal an die Respekt-Skala anschmiegen mögen, aber an sich unabhängig von ihr sind. Es gibt Respekt, bei dem man dem anderen dennoch böswillig Schaden zufügen will (unter "ehrenvollen Kriegern"), Respekt, bei dem einem das Gegenüber ziemlich egal ist (der Respekt vor einem höchst ehrenwerten Eremiten, der da oben auf seinem Berg allerdings herzlich wenig Relevanz für einen hat) und auch, sehr häufig, indifferente oder böswillige Respektlosigkeit.

Ipsis Respekt-Definition gefällt mir eigentlich recht gut, obwohl ich eigentlich der Ansicht bin, dass die Erkenntnis der Gleichwertigkeit anderer Menschen eine direkte Folge der Selbsterkenntnis ist und es eher die Frage, aus ihr auch Handeln folgen zu lassen, ist, bei der Respekt entwickelt wird. Und sie klammert natürlich den Respekt gegenüber unpersönlichen oder nichtmenschlichen Wesenheiten, Prozessen und Dingen aus. Das wesentliche Element des Respekts ist sicher das Zuerkennen der Existenzberechtigung, darüberhinaus lässt sich so ziemlich jedes Attribut respektieren oder nicht.

Maurice
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Do 26. Jul 2007, 15:27 - Beitrag #7

@Ipsi:
Stimmt natürlich, dass Hilfe auch ohne Respekt funtkionmiert - z.B. wenn man sich als Promi gut in der Öffentlichkeit verkaufen möchte.
Zum Verhältnis von Respekt und Hilfbereitschaft vermute ich aber, dass Respekt die notwendige Bedingung von Mitleid ist, das sich wiederum oft in Hilfsbereitschaft äußert.

Mit dem Punkt der "Gleichwertigkeit" habe ich so meine Probleme, da das für mich so klingt, als ob du dem Menschen einem Wert an sich unterstellst. Wenn man einen solchen aber nicht einnimmt, dass kann ein Mensch für einen anderen sehr wohl einen anderen Wert besitzen, als ein anderer. Daran ist erstmal auch gar nichts verwerfliches.

@Traitor: Was deine Kritik am 1-0-1-Schema angeht, so ist mir das gestern abend auch eingefallen. ^^*
Entweder etwas ist respektvoll oder respektlos. Entweder A oder -A. Etwas Drittes gibt es nicht. Zumindest für uns pöse Analytiker. ;)
Das macht aber imo nicht meinen ganzen Ansatz zunichte, sondern spricht nur gegen die bsiherige Terminologie. Neuer Vorschlag:
1. Respekt
2. Respektlosigkeit
2.a. Indifferenz/Gleichgültigkeit
2.b. Feindseeligkeit/Verachtung
Die Ausdrücke zeigen, wo es hingegen soll, wobei ich mir noch nicht sicher bin, ob sie die passensten sind. Auf jeden Fall entspricht 2.a. dem vorherigem "Indifferenz" und "Feindseeligkeit" dem ehemaligen "Respektlosigkeit".

@Krieger-Beispiel: Gutes Beispiel... daraus folgt, dass "Feindseeligkeit" als negativer Pol eine schlechte Bezeichnung nicht. Aber wie sieht es mit der "Verachtung" aus? Es ist ja ein Unterschied, ob die Kämpfer voreinander Respekt haben oder sich gegenseitig verachten. Ersteres könnte z.B. zur Folge haben, dass bestimmte Verhaltensweisen ausgeschlossen sind (z.B."unfaire Tricks").

Ipsissimus
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Fr 27. Jul 2007, 09:20 - Beitrag #8

Maurice, die Zubilligung von Gleichwertigkeit muss nicht notwendig auf der Basis erfolgen, daß du Menschen einen Wert an sich zubilligst. Man kann einem Menschen aus vielerlei Gründen einen Wert zubilligen, die Überzeugung vom "Wert an sich" ist da nur ein möglicher Grund von vielen.

Traitor, das mit der Folge der Selbsterkenntnis ist imo ein zweischneidiges Schwert. Irgendwann erkennt ein Mensch, daß er zur Ausübung von Macht geboren ist und erhebt sich über andere, strebt zumindest danach. Oder jemand erkennt, daß er selbst zwar von Adel, gleich welcher Art ist, der Rest der Welt aber nur aus Pöbel besteht. In einem mittleren Bereich, in dem ein Geben und Nehmen funktioniert, mag allerdings tatsächlich Selbsterkenntnis mit der Anerkennung der Gleichwertigkeit von anderen verknüpft sein.

Ist "Achtung" ein vollständiges Synonym für "Respekt", oder gibt es Unterscheidungsnuancen?

Maurice
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Fr 27. Jul 2007, 12:11 - Beitrag #9

Wenn ich Werthaftigkeit rein präferenzabhängig verstehe, dann besitzt der Bettler schlciht und einfach nicht denselben Wert für mich, wie ich selbst oder gar wie Menschen, die mir wichtig sind (z.B. meine Freundin).
Kannst du mir das mit der "Zubilligung von Gleichwertigkeit" unter relativistischer Perspektive nochmal etwas näher erläutern? :confused:

janw
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Fr 27. Jul 2007, 15:18 - Beitrag #10

->Gleichwertigkeit: Setzt es eine "Wert an sich"-Annahme voraus, wenn man sich selbst qua Selbstachtung einen "Wert" iSv Relevanz, "zu-beachten-heit" zuspricht und diesen in Erkenntnis ihrer prinzipiell gleichen Situation auf Mitmenschen überträgt?

Zitat von Maurice:Wenn ich Werthaftigkeit rein präferenzabhängig verstehe, dann besitzt der Bettler schlciht und einfach nicht denselben Wert für mich, wie ich selbst oder gar wie Menschen, die mir wichtig sind (z.B. meine Freundin).

Wie wäre es mit einem quasi mehrdimensionalen Modell, wonach andere Menschen auf unterschiedlichen Ebenen "Wert" oder Relevanz entfalten?
Dein Freundin ist für Dich mit anderen Assoziationen verbunden als der Bettler auf der Straße, aber der Bettler kann durchaus eine Rolle spielen, indem er unbewusst als Mahnung aufgefasst wird, daß man selbst seinen aktuellen materiellen Status nicht abonniert oder garantiert hat. Memento mori gewissermaßen.

Zitat von Ipsissimus:Ist "Achtung" ein vollständiges Synonym für "Respekt", oder gibt es Unterscheidungsnuancen?

Für mich sind beide Begriffe hinsichtlich ihres aktuellen Gebrauchs etwas antiquiert, die in einigen Jugendsubkulturen intensive Verwendung des Respektsbegriffes, ohne daß dort dessen tiefere Implikationen bekannt wären, steht auf einem etwas anderen Blatt.
Traditionell würde ich "Respekt" eher der weltlichen Seite zuordnen, hochgestellte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wurden "früher" als Respektspersonen bezeichnet. "Achtung" hingegen würde ich eher als das Pendant des Begriffes im geistlich-klerikalen Bereich ansehen.

Ipsissimus
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Mo 30. Jul 2007, 09:07 - Beitrag #11

Maurice, wahrscheinlich kann ich das nicht, da ich nicht genau weiss, worin du die Schwierigkeit siehst^^ ich habe keinerlei Probleme, die Welt einzuteilen in Menschen mit FÜR MICH höherer und geringerer Wertigkeit. Das ist ein fließendes Kontinuum, die Menschen sind darin beständig in Bewegung, gewinnen und verlieren an Wert; natürlich gibt es auch einige Menschen, die in konstant hoher Wertschätzung verbleiben, aber auch einige - ungefähr 7 Milliarden minus ein paar Dutzend - deren Wertschätzung durch mich praktisch nur eine Zurkenntnisnahme ihrer Existenz ist, zumindest solange, bis ich konkrete Erfahrungen mit ihnen mache.

Teil meiner persönlichen Ethik ist allerdings auch das Axiom der grundsätzlichen Gleichwertigkeit aller Menschen qua ihres Menschseins. Ich habe nicht vor, das inhaltlich zu rechtfertigen; ich fühle mich einfach besser, wenn ich es so halte. Aus dieser prinzipiellen Gleichwertigkeit folgt allerdings nicht der konkrete Wert eines Menschen für mich; das erste ist Philosophie und bewahrt mich vor Selbstüberhebung, das zweite folgt der Erfahrung mit diesem Menschen.

Maurice
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Mo 30. Jul 2007, 17:40 - Beitrag #12

@Janw:
Wie wäre es mit einem quasi mehrdimensionalen Modell, wonach andere Menschen auf unterschiedlichen Ebenen "Wert" oder Relevanz entfalten?

Ich glaube sowas kann mein Modell... aber was hat das mit "Wert an sich" zu tun?

Abgesehen davon freut es mich zu hören, dass du "Respekt" und "Achtung" als weitgehend synonym verstehst. Habe ich doch in meiner Hausarbeit an der ich gerade arbeite auch diese Gleichsetzung getätigt und bisher gehofft, dass ich nicht der einzige bin, dem das plausibel ist. ^^


@Ipsi:
Die Menschen haben also laut dir einen Wert für jemanden -> Zustimmung.
Aber daneben auch einen Wert an sich -> Keine Zustimmung.

Meine Frage nun: Wie kann man Respekt/Anerkennung definieren, wenn man dem Menschen einen relationalen aber keinen Wert an sich unterstellt? Ich bin überzeugt, dass das geht, behandele ich ja auch viele Menschen mit Respekt, ohne ihnen einen Wert an sich zu unterstellen. Nur wie ich die Sache definieren soll, bin ich mir unsicher... das ist mal wieder so ein Fall, wo man in etwa eine Ahnung hat, was ein Ausdruck meint, es aber nicht sofort druckreif auf den Punkt bringen kann. ^^*

Ipsissimus
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Mo 30. Jul 2007, 19:03 - Beitrag #13

stop, stop, stop, Maurice^^ Menschen - inklusive meiner selbst - haben für mich keinen "Wert an sich", ich billige ihnen - im Rahmen aller denkbaren Interaktionsprozesse - lediglich prinzipielle Gleichwertigkeit (die nur durch massiven Machteinsatz praktisch aber nicht ethisch in Frage gestellt ist) zu bzw. gehe von allgemeiner prinzipieller Gleichwertigkeit aus. Das ist ein Riesenunterschied^^

wa gibt Leute, da muss ich eindeutig sagen: in Bezug auf bestimmte Sachverhalte bin ich besser als die. Und es gibt Leute, von denen muss ich sagen: in Bezug auf bestimmte Sachverhalte sind die besser als ich.

Aber das Faszinierende: die Leute, von denen ich denke, daß ich in Bezug auf bestimmte Sachverhalte besser bin als sie, sind ihrerseits in Bezug auf bestimmte Sachverhalte besser als die Leute, von denen ich wiederum sage, daß sie in Bezug auf bestimmte Sachverhalte besser sind als ich^^ dieser Kreislauf begründet keine objektive Moral, er macht aber Bescheidenheit als ethische Privat-Maxime plausibel^^

der Wertebegriff, bezogen auf absolute Werte, ist für mich gründlich desavouiert, persönliche Ethik nicht.

Was deine Frage anbelangt: man muss nichts definieren können, um es handhaben zu können. Ein - noch so diffuses - Wollen reicht. Und für die, die es nicht wollen, bewirkt es auch eine noch so durchgefeilte Moral nicht

janw
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Mo 30. Jul 2007, 21:26 - Beitrag #14

Zitat von Maurice:Ich glaube sowas kann mein Modell... aber was hat das mit "Wert an sich" zu tun?

Gute Frage, die mir auch schon gekommen ist:
->Gleichwertigkeit: Setzt es eine "Wert an sich"-Annahme voraus, wenn man sich selbst qua Selbstachtung einen "Wert" iSv Relevanz, "zu-beachten-heit" zuspricht und diesen in Erkenntnis ihrer prinzipiell gleichen Situation auf Mitmenschen überträgt?

Ich denke eher, es tut es nicht, denn sowohl die Selbstachtung wie auch die Erkenntnis der prinzipiell gleichen Situation von/der Mitmenschen sind etwas selbst Gewonnenes und die Übertragung eine selbst gewonnene Schlussfolgerung - mithin alles eine Sache, für die eine private Ethik ausreicht.
Die Mehrdimensionalität kam mir als Mittel in den Sinn, der Unterschiedlichkeit argumentativ etwas abzugewinnen, läuft in etwa auf Ipsis Sachverhalte hinaus. Tatsächlich ein guter Weg zur Bescheidenheit, besonders wenn ich mich selbst auch gewissermaßen "mehrdimensional" betrachte...gibt son paar Dinge, für die könnte ich mich ziemlich...^^

Aber letztlich...ändert es etwas für mein Gefühl, wenn ich Praxis in ein Regelwerk zu zwängen suche? Es fühlt sich nicht lebendiger an...

henryN
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Di 31. Jul 2007, 02:24 - Beitrag #15

"Gleichwertigkeit"? !!! Wozu dient diese Form der Bewertung? Wozu wird sie benötigt?

Ich glaube diese Begrifflichkeit bedarf der Entzauberung, ebenso wie "der Sinn des Lebens" vielleicht?

Ipsi: Wenn Du sagt, jemand sei besser oder schlechter als Du, was bedeutet das für Deine Selbstreferenz?

Ich kann die Frage nachdem was zwischen Respekt und Respektlosigkeit steht, gut verstehen. Aber steht es wirklich dazwischen, und nicht vielleicht ausserhalb dessen?

Nähmen wir an wir würden Einstein begegnen. Ein extremes Beispiel ich weiß, aber könnten wir uns normal verhalten? Oder sagen wir unter welchen Umständen könnten wir uns normal verhalten und uns beispielsweise über die Blumen im Garten "unterhalten" (nicht nur sprechen) ?

Respekt und Respektlosigkeit setzen eine "Ich"bezüglichkeit voraus.
Maurice, wäre das wonach Du suchst, das, was ohne diesen Bezug auskommt?

Ich bin versucht es Aufmerksamkeit zu nennen, aber dann würde die Ebene Aufmerksamkeit - NichtAufmerksamkeit aufgefächert werden..... mmh

Wenn ich einem Bettler begegne stehe ich immer vor dem selben Dilemma. Aus meiner Sicht heraus, mag ich nicht eine Lebensweise unterstützen, die sich als nicht produktiv bzw. gesund erwiesen hat. (Alkoholkonsum etc) Auf der anderen Seite lebe ich aber auch nicht viel gesünder..... Stress, Doping etc.
Und vielleicht hat er auch einfach nur eine Rolle bzw. einen Platz im Leben gefunden, die sich unter seinen Umständen /äußeren und inneren) als die einzig mögliche erweist?
Oder ist es für die Gesellschaft notwendig, dass es soetwa wie Bettler gibt, weil sie uns an etwas in uns selbst erinnern?

Ich hab einen in Madrid gesehen. Verkleidet als Clown. Der hatte neben sich ein Schild stehen, auf dem soetwas stand wie: Ich bin depressiv, ich kann nichts tun, mich nicht mehr freuen und auch nicht arbeiten. Ich bin Spanier." Eine Konsequenz in der Selbsterkenntnis, die ich mit dem gesamten Kleingeldinhalt meiner linken Hosentasche belohnen mußte....(meine Rechte hatte leider ein großes Loch...)

Das Modell der Mehrdimensionalität gefällt mir gut. Schon wenn ich ein dreidimensionales Modell zwischen -1 und 1 denke, komme ich auf recht zahlreiche Ergebnisse. Besser noch fände ich jedoch die Postulierung von mehreren Sichtweisen um ein gemeinsames Zentrum, ähnlich der Stringtheorie. "Ich kann nur etwas beschreiben, wenn ich es von verschiedenen Seiten her betrachte und in Bezug setze" In diesem Falle würden sich die Iterationen nicht in einem endlosen Ereignisbaum verlieren....sondern stehen immer im Verhältnis zum Raum zwischen den Potentialen x und y, die im gegenwärtigen ein "Verhältnis zueinander haben, und gegenüber z.b. Respekt bekunden.

Allgemeinpychologisch betrachtet, scheint mir Respekt auch als "Abstandhalter" zu funktionieren. Sozusagen als Grenzziehung.

Ipsissimus
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Di 31. Jul 2007, 09:57 - Beitrag #16

"Gleichwertigkeit"? !!! Wozu dient diese Form der Bewertung? Wozu wird sie benötigt?


das habe ich dargelegt^^ zumindest wozu ICH sie benötige^^

Wenn Du sagt, jemand sei besser oder schlechter als Du, was bedeutet das für Deine Selbstreferenz?


bitte nichts unterschlagen^^ ich habe gesagt, "besser oder schlechter" IN BEZUG AUF BESTIMMTE SACHVERHALTE, habe also auf übliches normales Leistungsdenken rekurriert, von dem ich annahm, daß für alle Partizipanten der Diskussion klar sei, daß in diesem Rahmen "Respekt" normenkonform Folge erwiesener höherer Leistung sein soll.

Für meine Selbstreferenz bedeutet diese Form von Respekt exakt nichts^^

Nähmen wir an wir würden Einstein begegnen. Ein extremes Beispiel ich weiß, aber könnten wir uns normal verhalten? Oder sagen wir unter welchen Umständen könnten wir uns normal verhalten und uns beispielsweise über die Blumen im Garten "unterhalten" (nicht nur sprechen) ?


wenn ich gut drauf bin, könnte ich mich unter beinahe allen Umständen dazu herablassen, mit Promis wie mit Menschen umzugehen^^ ob die Promis das umgekehrt auch könnten, sei dahingestellt, ich befürchte beinahe, daß der Prominentenstatus in alluzvielen Fällen mit einer Art selbstbezüglicher Hierarchiebewußtsein einhergeht^^^^

Wenn ich einem Bettler begegne stehe ich immer vor dem selben Dilemma. ...


nu ja, mit spanischen Bettlern kenne ich mich nicht sonderlich gut aus, vermute aber, daß es sich bei Bettlertum im wesentlichen auch dort um eine Folge von Verarmung und gesellschaftlichem Ausschluß handelt, und nicht - wie deine Worte anzudeuten scheinen - eine selbstgewählte Lebensweise. Von daher unterstützt der Euro nicht Alkoholismus als Leidenschaft, sondern hilft, Elend zu ertragen.

Allgemeinpychologisch betrachtet, scheint mir Respekt auch als "Abstandhalter" zu funktionieren. Sozusagen als Grenzziehung.


dort, wo er pauschal eingefordert wird, ja. Dort, wo er sich "wie von selbst" einstellt, nicht unbedingt

janw
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Di 31. Jul 2007, 11:07 - Beitrag #17

Zitat von henryN:Oder ist es für die Gesellschaft notwendig, dass es soetwa wie Bettler gibt, weil sie uns an etwas in uns selbst erinnern?

Nun, es führt etwas vom Thema weg, aber...ich denke, daß es Armut immer geben wird, wo Menschen ein Ideal von Stärke und Leistung aufgezwungen wird, es ist zwangsläufig, daß da nicht alle mithalten können.
Gesellschaft muss dann aber IMHO auch dulden, daß diese Menschen in Gesellschaft auftreten, darf sie nicht an die Stadtränder verfrachten, wie dies manche der aalglatt gestriegelten Politiker gerne propagieren.

Ipsi, wie siehst Du es mit den Clochards, ist oder war das nicht teilweise selbst gewählter Lebensstil? Mir erscheint das eher als ein Mythos, wie so viele um große Städte kreisen.

Ipsissimus
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Di 31. Jul 2007, 12:09 - Beitrag #18

"wie siehst Du es mit den Clochards, ist oder war das nicht teilweise selbst gewählter Lebensstil?"

Paris ist im Winter schweinekalt, und Regen ist keine Freude für die, die auf der Straße leben, egal zu welcher Jahreszeit. Ich denke, der Clochard ist im wesentlichen eine mediale Verklärung zur Gewissensberuhigung, zumindest mittlerweile und seit geraumer Zeit

henryN
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Di 31. Jul 2007, 22:14 - Beitrag #19

Zitat von Ipsissimus: habe also auf übliches normales Leistungsdenken rekurriert, von dem ich annahm, daß für alle Partizipanten der Diskussion klar sei, daß in diesem Rahmen "Respekt" normenkonform Folge erwiesener höherer Leistung sein soll.


Ist dies wirklich so? Wenn Du jemanden begegnest, im Sinne von zufälliger Unterhaltung, verhälst Du Dich Ihr gegenüber respektlos? Wenn Du sagst besser oder schlechter, wenn auch nur bestimmte Sachverhalte, woran misst Du das? Vorallem wenn Dir nur bestimmte Informationen zugänglich sind.

[quote="Ipsissimus
Für meine Selbstreferenz bedeutet diese Form von Respekt exakt nichts^^
[/QUOTE"]
Du hast gesagt "besser" oder "schlechter". Zu was ist das eine Referenz oder Relation, wenn nicht zu Dir selbst oder Deinem Denk und Wertesystem?

Bettlertum ist nichts selbstgewähltes oder erwähltes. Von einer Wahl war nicht wirklich die Rede, es sei denn man denke, keine Wahl zu haben......
Ihn hat der Tee gepflückt....^^

Ipsissimus
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Mi 1. Aug 2007, 10:29 - Beitrag #20

Henry, das ist jetzt doch wirklich nicht schwer^^

Wenn ein 20jähriger Sprinter und ich einen 100 Meter Lauf machen, dann kommt der 20jährige Sprinter ungefähr 1 Stunde vor mir ins Ziel, ist also darin besser als ich^^

und ich respektiere seine Leistung, auch wenn er gedopt sein sollte^^ aber das bedeutet nicht, daß mein Respekt vor ihm als Mensch auf seiner Leistungsfähigkeit in dieser Sache beruht, denn das hieße umgekehrt, daß mein Respekt schwinden würde, wenn ich mit seinen Defiziten konfrontiert werde.

Das meinte ich damit, daß diese Form von Respekt für mein Referenzsystem exakt nichts bedeutet.

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