Deus lo vult

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
janw
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Sa 11. Aug 2007, 16:52 - Beitrag #1

Deus lo vult

Inspiriert von einer Äußerung von Ipsissimus möchte ich gerne mal ein Experiment wagen.
In diesem thread meinte Ipsi:
Sprich, es ist keine Überlegenheit, gemessen im Maße der "Gottgewolltheit" einer Religion, sondern es sind profane Gründe, die zum Triumph oder zum Untergang führten. Ich denke, darüber dürfte weitgehend Einigkeit bestehen (wobei die sicherlich anders lautende Ansicht eines religiösen Fundamentalisten gleich welcher Religion Thema eines eigenen hochinteressanten Threats sein könnte^^).

Ich bin ja nun, wie mehrfach angedeutet, zunehmend distanziert zu den hierzulande herrschenden religiösen Vorstellungen und werde diesen Weg auch weiter gehen. Ich möchte hier aber mal eine andere Maske aufziehen, die nur für diesen thread gilt, nämlich die eines Fundamentalisten der Religion des Einen Gottes Abrahams. Diese Religion umschließt damit die Vorstellungen des Judentums, des Paulustums und des Islams als räumlich und zeitlich leicht unterschiedliche Spielarten.
"Deus lo vult", "Gott will es so" lautete 1095 der Aufruf von Papst Urban II. zur Befreiung Jerusalems, und diesen Satz stelle ich dem Ganzen voran, weil er meinem credo zufolge eine fundamentale menschliche Verirrung darstellt: Jerusalem ist, von Rom abgesehen, nie in der Hand Ungläubiger gewesen. Zum anderen ist dieser Satz die ultimative Möglichkeit eines Menschen, Ereignisse welcher Art auch immer gegen die Frage "warum lässt Gott das zu?" zu begründen. ;)

Um auf das Eingangszitat einzugehen:
Ipsi, was meinst Du mit "profanen Gründen"? Ich denke, auch wenn Menschen meinen, autonom zu handeln, handeln sie doch nie ohne Gottes Mitwirkung, bestehe diese nun in direkter manifester Hilfe, in geistiger Stärkung, oder auch in Gegenwirkung, wo Mensch Gefahr läuft, sich und der Sache des Glaubens zu schaden.
Die Götter und Geister der Heiden in Mitteleuropa waren der Kraft Gottes unterlegen, und so konnten auch sie von der Liebe und Kraft des Einen Gottes überzeugt werden.

Maurice
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Sa 11. Aug 2007, 17:53 - Beitrag #2

Jan, wenn du wirklich einen Fundamentalisten spielen willst, darfst du dich von keinem Argument überzeugen lassen. Zumindest glaube ich mittlerweile, dass tiefe Überzeugungen argumentationsresistenz sind. Da kann man dem anderen noch so viele "Fakten" präsentieren, durch seine Brille wird er nicht die "Beweise" sehen, die der andere durch seine Brille sieht. Das gilt aber genauso für den überzeugten Atheisten. So selbstkritisch bin ich immerhin. Und umso schlichter, also unflexibeler und unreflektierter ein Gemüt ist, umso mehr solcher Überzeugungen werden vorliegen.
Wenn zwei Personen mit sich gegenseitig widersprechenden tiefen Überzeugungen aufeinandertreffen, ist eine Diskussion reine Zeitverschwendung. Da gibt es nur drei Möglichkeiten:
1. Sich aus dem Weg gehen.
2. Der eine unterdrückt den anderen.
3. Es findet ein Schlüsselerlebnis statt, das die tiefe Überzeugung erschüttert.

Sorry, wenn das jetzt ot war. Ich will euch auch nicht den Spaß verderben, wollte diesen Kommentar trotzdem loswerden.

janw
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Sa 11. Aug 2007, 18:58 - Beitrag #3

Maurice, mir ist dies durchaus klar, und ich bin auch nicht sicher, wie lange dies Experiment gelingen wird.

Aber ich denke, es wird schon keiner den anderen unterdrücken, und naja, Du musst ja nichts schreiben hier^^

Maglor
Karteizombie
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Mo 13. Aug 2007, 11:24 - Beitrag #4

Tatsächlich entsteht immer ein leichter Widerspruch. Da Gott allmnächtig sein muss, um Gott zu sein, muss alles, was geschieht sein Wille sein. Da der Mensch allerdings natürlich nur ein Wurm ist, ist im der Wille Gottes unergründlich.
So ist auch niemand selber Schuld. Die Gnade Gottes ist es, so Paulus, die den Menschen zum Gläubigen macht. Wem Gott die Gnade nicht gewährt, muss eben Heide bleiben. Hört man sich nun Martin Luther an, der von den Gutmenschen gern als Prototyp des neuzeitlichen Westlers gilt, sieht man das selbe Bild. Der Mensch wird von Gott oder vom Teufel geritten und kann im Grunde nicht dafür. Die Heerscharen Babylons sind aus alttestamentlicher Sicht nicht weiter alsWerkzeuge des Herrn und sein Volk zu strafen oder zu prüfen.
Entscheidend für dieses Verständnis der abrahamitischen Religionen ist wohl das Buch Hiob. :rolleyes:
Allerdings ist es so, das die Toleranz zumindest dem Islam nict fremd. Selbst im Iran, dem angeblichen Hauptwohnsitz des Antichristen, können jüdischen Gemeinden ganz normal arbeiten, solange sie kein Kontakte mit Isral pflegen möchten. Ebenso verfahren sie mit Christen, zuweilen auch mit Zoroastrier oder sogar Hindus.
Tatsächlich gibt es aber auch zahllose kleinere stark synkretische Kinder der abrahamitischen Religion, die die Sache nicht so streng nehmen. Theosophie, Bahai....
Allerdings ist es auch so, dasses jene Deus-Vult-Fraktion auch auf dem asiatischen Kontinent zu Hause ist. Ein richtiger Sikh mit Schakrams auf dem Turban steckt Assasinen und Templer doch locker in die Tasche. :P
MfG Maglor

Ipsissimus
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Mo 13. Aug 2007, 13:15 - Beitrag #5

janw, du weisst doch, dass Gläubigkeit unwiderlegbar ist, weswegen sie so gerne für Wissen ausgegeben wird^^ und dir die Ohren langzuziehen, wie du den Fundamentalisten mimst, macht nicht annähernd so viel Spaß, wie nem Fundamentalisten die Ohren langzuziehen^^

janw
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Di 14. Aug 2007, 01:38 - Beitrag #6

Tja, Ipsi, so einen richtig waschechten Gläubigen werd ich wohl mit aller mimischer Mühe nicht abgeben können...also muss ich das Experiment verloren geben, bevor es noch recht begonnen hat.
Zitat von Ipsissimus:janw, du weisst doch, dass Gläubigkeit unwiderlegbar ist, weswegen sie so gerne für Wissen ausgegeben wird^^

Wobei damit impliziert wird, daß es so etwas wie Wissen überhaupt gebe.
Sicher gehen viele fehl mit dieser Gleichsetzung, wobei viele Rationalisten IMHO aber übersehen, daß die Unwiderlegbarkeit der letzten Gründe von Gläubigkeit nicht so ganz von dieser Welt ist: Ginge es nur um die Betrachtung, daß Gott sich vielleicht eben qua Meta-sein menschlichem Erfassungsvermögen und Feststellbarkeit entzieht, wäre man noch im Bereich hierarchisch-logischer Betrachtungen, Betrachtungen, die der Wissens-Kategorie zugänglich sind.. Wenn wir aber mit Cusanus Gott als coincidentia oppositorum denken, dann denken wir uns ihn außerhalb des Systems, das Betrachtungen der Logik in unserem gängigen Sinne zugänglich ist, denn Logik in unserem Sinne ist nicht darauf angelegt, Gegenstände mit widersprüchlichen Beschreibungswerten zu beurteilen.

Zitat von Maglor:Da Gott allmnächtig sein muss, um Gott zu sein, muss alles, was geschieht sein Wille sein.

Nööö^^ Allmacht kann auch mal geschehen lassen.

Ipsissimus
Dämmerung
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Di 14. Aug 2007, 22:19 - Beitrag #7

jan, wäre ich ein christlicher oder sonstiger religiöser Fundamentalist, würde ich dem wissenschaftlichen Weltbild genau das um die Ohren schlagen^^ dass seine letzte Fundierung Glaubenssache ist^^

aber nicht auf die dumme Tour^^ nicht auf die Tour einfältiger Parallenenbildung^^ es geht viel, viel schlauer^^ nur dass kein Fundamentalist bisher darauf gekommen ist, weil sie allesamt in irgendeiner Weise die Dümmlichkeit ihrer biblischen Fundierung bewahren zu müssen glauben^^

janw
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Mi 15. Aug 2007, 17:17 - Beitrag #8

Es geht viel schlauer, aber irgendwie ist mir gerade wieder mal entfallen, wie...magst Du mir mal raushelfen?^^

Feuerkopf
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Do 16. Aug 2007, 00:25 - Beitrag #9

Ach, Jan,
brauchst du Backgroundfutter?
Schau mal hier - diesen Link poste ich nur mit Magengrimmen, aber ich denke, die Leute hier können damit umgehen.
Deus vult

janw
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Do 16. Aug 2007, 02:13 - Beitrag #10

Ich kann mir ja was denken...die Sache mit der zurechtgeschreibselten Bibel und dem unbekannten Jesus, aber das zieht nur gegen Gläubige vom christlichen Ufer.

Die Quelle ist interessant, wer Gegensätze in der Offenbarung sehen will, der wird sie sehen - und dabei übersehen, daß die Wahrheit irgendwo da draußen ist, am Omega-Punkt, in welchem alle Widersprüche zusammenfallen und genichtet werden.
Wobei, wenn dieser Punkt so außerhalb wäre, wie könnte dann von dort aus Wirkung ausgehen?


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