Das Ersthelfer-Dilemma

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Ipsissimus
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Do 25. Okt 2007, 16:27 - Beitrag #1

Das Ersthelfer-Dilemma

für medizinische Ersthelfer / Sanitäter an Unfallstellen gibt es hinsichtlich der Versorgung von Verwundeten eine einfache Regel: Versorge zuerst die, von denen du den Eindruck hast, sie können überleben.

Das führt in solchen Situationen regelmäßig dazu, dass Menschen, die noch leben, auch wenn sie tödlich verletzt sind, längere Zeit, im schlimmsten Fall bis zum Tod, ohne Behandlung oder auch nur Zuspruch bleiben.

Ethisch / moralisch gerechtfertigt? Wie würde ihr es handhaben? Würdet ihr es in jedem Fall so handhaben, wie ihr es beschreibt? Gäbe es für euch Ausnahmen?

Was sagt ihr zu folgendem Szenario: Person A ist tödlich verletzt, Person B nur schwer. In der Zeit, in der Person A bis zum Todeseintritt betreut wird, kommt Person B unversorgt dem Tode nahe, kann aber immer noch gerettet werden. Würdet ihr Person A Zuspruch geben? Warum ja, warum nein?

Maurice
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Do 25. Okt 2007, 17:14 - Beitrag #2

Darf ich mich als Amoralist bzw. moralischer Nihilist (je nachdem wie man jemanden bezeichnen will, der leugnet, dass es moralisch richtiges oder falsches Verhalten gibt) am Thema beteiligen? "Darf" natürlich nicht im moralischen Sinne, sondern im Sinne von "erlaubst du es mir". ;)

Wenn ja müsste ich natürlich fragen, was die Hintergrundbedingungen sein sollen, auf dessen Grundlage ich mein Nutzenkalkül auf die Frage, wie Ersthelfer sich verhalten sollten, zu erstellen habe.

Die Frage, ob es gerechtfertigt ist, kann ich im Moment nur mit "nein" antworten, weil du ja noch keine Begründung abgegeben hast. Rechtfertigen lässt sich dagegen prinzipell schon, wie sich eben fast alles für irgendjemanden rechtfertigen lässt. Oder meinst du damit, ob man es so begründen kann, dass es der Mehrheit der hiesigen Bevölkerung schmackhaft machen kann?

Ipsissimus
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Do 25. Okt 2007, 17:53 - Beitrag #3

Maurice, du bist in allen Diskussionen gern gesehen^^ ich habe keine weiteren Vorgaben an das Nachdenken der Diskussionsteilnehmer, als das geschilderte Szenario.

Stell dir einfach vor, großer Unfall auf der Autobahn, oder Zugunglück. Überall Tote, Sterbende, Schwerst- und Schwerverletzte und relativ glimpflich Davongekommene. Du bist einer der ersten Ärzte oder Sanitäter an der Unfallstelle, doch die Ankunft von ausreichend viel Hilfspersonal verzögert sich durch Staus u.dgl., du und die anderen bereits anwesenden Helfer, ihr könnt euch nicht um alle gleichzeitig kümmern, noch nicht mal um alle Schwerstverletzten gleichzeitig.

Das von mir geschilderte Dilemma ist gängige Praxis in dieser Situation. Alle Unfalleinsatzkräfte in Deutschland sind darauf gedrillt, sich solange nur um die zu kümmern, bei denen Hoffnung besteht, bis genügend viele Rettungskräfte eingetroffen sind. Ich möchte diese Grundsatzentscheidung einfach nur vor einem subjektiven und einem mehr intersubjektiven Hintergrund etwas durchdenken.

nazgul
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Do 25. Okt 2007, 20:43 - Beitrag #4

Wunderbares Thema, aber ihr seid da leider nicht ganz auf dem Stand.

Bei einem Massenanfall von Verletzen (>=5 Betroffene) wird solange es geht versucht _ALLE_ Opfer medzinisch adäquat zu versorgen.
Das Personalproblem stellt sich wenn, dann nur in den ersten Minuten.
In der Regel ist innerhalb von 10-15 Minuten (Hilfsfrist lt. Landes RettDG) mindestens ein Rettungsmittel vor Ort, wer bei der Rettungsleitstelle entsprechend präzise den Notruf absetzt verkürzt das Intervall der Personalknappheit.
Das ersteintreffende Einsatzmittel übernimmt nun vorläufig die Einsatzleitung und gibt eine erste Rückmeldung an die Leitstelle (5 Schwerstverletzte, 3 Leichtverletzte, 2 Betroffen, X Eingeklemmt, X Verbrannt, Feuer ja/nein, Gefahrgut ja/nein, Andere besonderheiten)
Anhand der Alarm und Ausrückeordnung alarmiert die Leitstelle dann, wenn nicht schon geschehen weitere benötigte Kräfte. Das beinhaltet unteranderem medizinisches und betreuendes Personal.
Sogenannte SchnellEinsatzGruppen (SEG)
In der Regel sind innerhalb von 30min nach Notruf mehr als genug Helfer vor Ort.

Bis dahin gilt:
- Das ersteintreffende Fahrzeug sichtet und bereitet Patientenablage vor bis der OrgL/LNA eintrifft.
- Gehfähige, Nichtverletzte werden zur Betreuung von Verletzten herangezogen
"Setzen Sie sich hier hin, wenn sich was ändert, melden Sie sich"
- Gefahren erkennen / Abstand halten / Menschenleben retten / Spezialkräfte nachfordern.

Der erste Notazt vor Ort übernimmt (bis eintreffen LNA) die med. Leitung - er sichtet die Patienten und Teilt Behandlungs/Transport-prioritäten zu.
Rot - Schnellstmöglicher transport
Gelb - Transport innerhalb von 2h
Grün - Nichtpriorisiert
Schwarz - Pat. Exitus.

Kategorie Blau - abwartende Behandlung wird normal nicht unter 50 Verletzten vergeben.
Bei solche Patienten würde man jemanden aus ner Betreuungs-SEG oder nen Notfallseelsorger stellen.Im Zweifelsfall springen bei nem Einsatz mit mehreren Verletzten genug Feuerwehrleute rum, die zumindest Basismaßnahmen beherrschen)

Die Feuerwehr brint die Patienten aus dem Gefahrenbereich in die Patientenablage - sprich man sammelt die Patienten, sichtet Erneut, und Verteilt die Patienten auf dem Behandlungsplatz. (Wird von den SEG/Katschutz mit Zelten/Material aufgebaut)

Je nach Bundesland und Kreis und Uhrzeit wird sowas ab zwischen 10 und 20 Patienten
aufgebaut. Von dort erfolgt dann der Abtransport.

Dank großer Investitionen von Bund/Ländern und ehrenamtlichem Engangement vieler Bürger, kommt es zum Glück NICHT vor, das Sanitäter regelmäßig nach Chancen entscheiden, wer behandelt und transportiert wird.
Bis genügend Einsatzkräfte da sind wird nicht nach Hoffnung sondern nach Notwendigkeit therapiert.
Meint: Pat. A wird wenn schwerer verletzt als B auch zuerst behandelt.
Bei bestimmten Verletzungen werden allerding keine (prolongierten) Reanimationsmaßnahmen durchgeführt - nicht wegen Hoffnung, sondern wegen fakten.
Leute die Reanimiert werden müssen sind halt eigentlich Tot. Dadrüber muß man sich halt klar sein.

Jetzt noch n wort zu Ersthelfern:
Die meisten Ersthelfer sind leider keine Ersthelfer weil sie warum auch immer nicht helfen.
(Vgl.: Quarks & Co - Wenns mal Kracht, definitiv bezeichnend für unsere Gesellschaft)
Ansonsten sollten Ersthelfer nach folgender Prioritätenliste handeln (pers. Meinung)

- Bewusstloser Patient:
- Atmet noch?
- Wenn Ja: Stabile Seitenlage
- Wenn Nein: Reanimation => Mitte Brustkorb 100-120 mal/min ca 5 cm Eindrücken, nach jeweils 30x wird 2x beatmet, in jedem fall aber Drücken, auch wenn man sich das Beatmen nicht traut
- Alle Patienten:
- Blutende Wunde?
- Ja: Blutung Stillen
- Nein: Wenn nicht Reanimationspflichtig weiter zum nächsten.

Mehr kannst du als EH eh nicht machen.
Lagerung, Verband, Betreuung - das Absetzen eines Notrufes setze ich vorraus.

Ein Stau ist übrigens keine allzugroße Verzögerung, nochweniger wenn es nicht die Idioten gäbe die die Standspur blockieren. Es gibt Straßen außer BAB und Behelfsauffahrten, zur not Fährt man über die Gegenseite und die FW hohlt die Leitplanke raus. Genügend Personal ist genügend schnell Verfügbar. Das was danach kommt ist ein logistisches Problem.

ZUSAMMENFASSUNG:
- Ausreichend Personal lässt sich immer in kurzer Zeit rekrutieren (Es gibt genug Feuerwehren im zweifelsfall)
- Ausreichend Material wird ebenfalls vorgehalten und ist Zeitnah verfügbar.
- Deshalb muß bei MANV<50 keiner wegen "Hoffnungslosigkeit" sterben.
- Der RD personal behandelt nach Dringlichkeit, nicht Chance
- Den Abbruch von Behandlungsmaßnahmen kann nur ein Arzt anordnen, und dann sollte er das gut begründen können (ergo nur kategorie Reanimation)
- Situationen in denen Behandlungen zur Rettung anderer Abgebrochen werden, sind zum glück SELTEN und nicht alltäglich.

Ipsissimus
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Fr 26. Okt 2007, 11:04 - Beitrag #5

danke für die Aktualisierung meines Kenntnisstandes, Nazgul^^ das heißt also, es wurden Organisationsformen für derartige Einsätze gefunden, die das Dilemma abmildern oder auflösen - jedenfalls solange die Einsätze in der geschilderten idealtypischen Form ablaufen. Das ist in jedem Fall erfreulich - allein mir fehlt der Glaube, dass alle Einsätze in dieser idealtypischen Weise ablaufen^^

Allerdings glaube ich nicht, dass durch diese Organisationsformen die Brisanz des Dilemmas wirklich aufgehoben ist. In meinem Bekanntenkreis sind 2 altgediente Rettungssanitäter, wenn die früher gelegentlich erzählt haben, kamen soche Szenarien immer wieder vor und sind auch heute noch nicht gänzlich auszuschließen. Darüber hinaus gibt es ja nicht nur in Deutschland Rettungsdienste, und wer weiss, ob überall auf der Welt die Einsatzorganisation auf so hohem Niveau ist. Last not least, selbst wenn es sich nur noch um eine hypothetische Fallstellung handeln sollte, eignet sie sich m.E. doch ganz gut dafür, ethisch-moralische Positionen und Normvorstellungen daran zu versuchen^^

janw
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Fr 26. Okt 2007, 12:55 - Beitrag #6

Nazgul, das wird sicher die aktuelle Hilfskonzeption für solche Rettungseinsätze sein - sie wird im Einzelfall aber denke ich durch die Rahmenbedingungen geprüft, die da heißen tatsächliche schnelle Verfügbarkeit des benötigten Personals, hinreichend gute Erreichbarkeit des Einsatzortes, hinreichend Platz am Einsatzort, um die benötigte Personalmenge auch einsetzen zu können, ohne daß Personal sich gegenseitig behindert oder gefährdet wird, usw.

Ich erinnere mich an einen Fall, der mich zum Nachdenken über dieses Thema gebracht hat, das war das Zugunglück in Eschede.
Dort war nach den damaligen Berichten das Problem, daß ein Teil des Zuges schwer erreichbar war, weil er unter der Brücke lag, das Trümmerfeld war ansonsten lang auseinander gezogen, viele Opfer steckten in den Trümmern der Waggons fest, und die Retter mussten sich zu ihnen vorarbeiten.
Meines Wissens wurde dort, soweit eben möglich, zuerst die Einteilung in Dringlichkeitsklassen durchgeführt, wie Nazgul sie geschildert hat, danach mit der Bergung begonnen, die eben relativ schwierig war.

Ipsi, wenn ich sowas prinzipiell könnte...und dann allein oder mit Wenigen mit Verbänden und Schmerzstillern vor einem solchen Szenario stünde, Verstärkung ist gerufen, aber wird aufgrund besonderer Umstände ne Weile brauchen, würde ich wohl eine "gemischte" Strategie fahren: Die weniger Verletzten haben Vorrang, weil sie nicht nur größere Überlebenschancen haben, sondern durch ihren Verbleib am Unfallort weitere Rettungsmaßnahmen behindern würden (um ein Autowrack wegzuziehen, unter dem weitere Opfer liegen, sollte es selbst leer sein), aber ich würde wohl einen Sterbenden nicht so liegen lassen...zumindest eine Schmerzspritze und ein paar gute Worte sollte da drin sein. Natürlich wäre es dabei bitter, nicht mehr tun zu können, aber...Schicksal eben.
Nun, das wäre der für mich anzustrebende Weg in dieser schwierigen Situation, in der nicht nach dem von Nazgul dargestellten Reglement verfahren werden könnte. Ob ich das aber so könnte? Ich war - zum Glück - noch nie in einer solchen Situation, aber bin vergleichsweise nah am Wasser gebaut, was Blut sehen, Horror allgemein, angeht. Ob ich das überwinden würde, könnte? Ich weiß es ehrlich nicht.

Was sagt ihr zu folgendem Szenario: Person A ist tödlich verletzt, Person B nur schwer. In der Zeit, in der Person A bis zum Todeseintritt betreut wird, kommt Person B unversorgt dem Tode nahe, kann aber immer noch gerettet werden. Würdet ihr Person A Zuspruch geben? Warum ja, warum nein?

Ich würde A Zuspruch geben, wenn möglich ein schmerzstillendes Mittel und mich dann B zuwenden. Damit B nicht auch noch dabei draufgeht oder mehr Schäden zurück behält als unvermeidbar gewesen wären.

Maurice
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Fr 26. Okt 2007, 12:56 - Beitrag #7

Welche Regelung soll jetzt Grundlage der Diskussion sein - oder sollen wir beide diskutieren?

PS: Ich habe im Moment verdammt viel zu tun, weshalb ich nicht weiß, wann ich mich konstruktiv zu dem Thema äußern kann. Reizen tut es mich, aber ich will auch nicht einen dreizeiligen Post hinklatschen, den ich zwischen zwei Seminaren verfasst habe. Da will ich doch ein bisschen mehr Muse für haben. ^^

Ipsissimus
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Fr 26. Okt 2007, 13:19 - Beitrag #8

Maurice, ich würde es bevorzugen, wenn wir auf der Basis der einleitenden Darstellung diskutieren, da darin imo das Dilemma deutlicher zum Ausdruck kommt.

Jan, könntest du dir vorstellen, dass du in so einer Situation in eine Aporie gerätst?

janw
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Fr 26. Okt 2007, 14:31 - Beitrag #9

Ipsi, ja das könnte ich mir für den ersteren Fall vorstellen. Wobei ich andererseits auch nicht ganz ausschließen kann, daß ich unter dem Eindruck der Situation doch tun könnte, von dem ich momentan glaube, es wäre zu viel für mich.
Eine Möglichkeit wäre auch, in der Gruppe Aufgaben zu verteilen, und dann die Verwirrten zu mir.

In dem Fall mit A und B könnte ich mir das auch vorstellen - A mit mehreren stark blutenden und nicht zu stillenden Wunden, B mit starken Blutungen, aber stillbar, und einem unregelmäßigen Herzschlag, da müsste im Grunde ständig jemand bei B sein. B durchzukriegen wäre dann für mich vorrangig, aber wenn es irgendwie ginge, würde ich Zeit für A abzweigen. Zumindest für schmerzstillende Mittel und ein paar Worte.
Natürlich wäre es für mein Gefühl schlimm, dem einen nicht genug gegeben zu haben, und der Rückzug auf die Möglichkeit, an der es fehlte, wäre ein recht schwacher Trost.
Aus ethisch-moralischer Sicht ist in meinen Augen maßgeblich, daß man überhaupt im Rahmen seiner eigenen Möglichkeiten etwas tut.

nazgul
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Fr 26. Okt 2007, 19:43 - Beitrag #10

@janw:
Das Problem fängt eher an, wenn du alle Helfer vor Ort hast. In kurzer Zeit 100 oder mehr Helfer zu mobilisieren geht schnell (Wenn ich die FW zur Tragehilfe oä bestelle
hab ich spontan zwischen 20 und 30 leuten da)
Das Problem ist, dafür zu sorgen das die auch alle koordiniert arbeiten.

Dein Ansatz für das A vs. B Problem wird Umgekehrte Triage genannt. Aufgrund höherer Chancen und höherem Störungspotential (=Pat. nervt rum) erst die leichtverletzten und dann die Schwerverletzten abtransportieren.

@Ipsi:
Ich wüsste nicht das hier seit Enschede (da könnte ich mir das vorstellen) jemand als T4/Blau triagiert worden wäre.
Wenn die Maßnahmen noch am Unfallort abgebrochen werden, liegt das daran das schlicht keine Erfolgsaussicht mehr da ist (2 h frustrane Rea oder so).
In NRW muß die Verwendung von T4/Blau iirc durch das LMI freigegeben werden, generell gibts das Zivil nur, damit andere Staaten und die BW nicht umdenken müssen.

Ich hab aber ein wirklich alltägliches Helferdilemma:
Man wird zu einer "Bewusstlosen Person" alarmiert, selbige hat neben Bewusstsein auch Atmung und Herzaktivität verloren. Drumherum stehen lauter Angehörige/Altenpfleger oä und keiner hat angefangen zu Reanimieren oder (wenn auch Sinnfrei aber logisch) die Person in die Stab.Seitenlage gebracht. Weiterhin ist die Bew.P. schon steinalt, und hat
ne endlose Liste an Vorerkrankungen.
Da der Notarzt noch ewig brauchen wird, muß man aber (außer bei sicheren Todeszeichen) nun mit der Reanimation beginnen.
Sollte diese wieder erwarten zu einem Kreislauf führen, so ist die Chance recht groß das man nen Apalliker geschaffen hat.

Ebenfalls, aber weniger im bezug auf schnelle Hilfe:
Wenn der Shutdown des Körpers nen gewissen Punkt erreicht hat, dann essen und trinken die Menschen weniger, was den weg zum Ende beschleunigt. In der modernen Medizin wird diesen meist fortgeschritten dementen Menschen eine PEG eingesetzt, über die dann Nahrung, Wasser direkt in den Magen verabreicht werden (was ein langes weitevegetieren zur Folge haben kann).
Währe es hier nicht sinnvoll das als Teil des Sterbens zu akzeptieren, anstatt dem Körper etwas aufzunötigen was er nicht will.

Das sind z.b. alltägliche Entscheidungsprobleme in der Medizin. Das Menschen zum nutzen von anderen sterben gelassen werden eher nicht. Das ist nämlich dann mehr Kategorie Schäuble: "Flugzeug mit 200 abschießen das auf Stadion mit 20000 zurast"

janw
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Sa 27. Okt 2007, 03:01 - Beitrag #11

Nazgul, klar macht die Umgekehrte Triage Sinn - aber wie geht Helfer damit um, wenn während des notwendigen Abtransports der leichteren Fälle die schweren, an die man ja gerade rankommen will, sterben?

Und sicher ist die Koordination der Helfer ein Problem.
Mir ging es aber um eine Situation, die ich für durchaus denkbar halte, daß ein Einsatzort schwer zugänglich ist und die eigentlich benötigte Zahl Helfer da gar nicht hin kommt. Helfer steht dann vor mehr Verletzten, als in der nötigen Zeit zu versorgen sind.

Was Deine Fälle betrifft...das Problem ist, daß es sich immer noch um Menschen handelt und wir nicht wissen, ob ein Apalliker wirklich nur "vegetiert", ebenso ein Dementer.
Letztlich hilft hier nur eine hinreichende Verbreitung von Patientenverfügungen, oder sonst eben am Leben erhalten und pflegen.

nazgul
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Sa 27. Okt 2007, 12:05 - Beitrag #12

Man müsste dafür an jemanden Rankommen, der dabei mal mitgemacht hat. Ich bin mir nicht sicher, ob die umgekehrte Triage je in nem Ersntfall durchgeführt wurde.
Wobei das ja zum Teil selbstständig passiert - Die ersten Verletztenablagen bilden sich durch diesen Effekt selbst, wenn leicht/unverletzte sich (lemmingsmäßig) irgendwohin versammeln, und zum Teil schon schwerer Verletzte bergen und mitnehmen. Ein Effekt der durchaus nützlich ist.
Als Helfer selber muß man sich mit dem Gedanken anfreunden, das man nicht in jedem Fall helfen kann, auch nicht mit maximalem Einsatz von Mensch und Gerät. Ich hoffe das zumindes das professionelle Hilfspersonal mittlerweile so differenziert denkt, das es sowohl den "mir doch egal, isser halt ex" als auch den "ich zerkau das jetzt tiefgründig in meine psyche" typen nicht mehr gibt. Irgendwann ist der Behandlungsabbruch die logische Konsequenz der Erfolgslosigkeit bisheriger Maßnahmen und insbesondere für NAs ne belastung, da diese Entscheidung vor Ort nur von einem NA getroffen werden darf.

Interessant wäre auch mal zu höhren was die Crew vom Hubschauber zu erzählen hat, die in Eschede als erstes vor Ort war - die waren iirc wegen irgendwas kleinem dahingeschickt worden um dann über Funk durchzugeben "Schickt alles was ihr habt, das ist ne Zugkatastrophe" - Ersteintreffendes Fahrzeug ist halt die besondere Härte, weil du halt keine Maßnahmen durchführen sondern nur Sichten und Organisieren sollst.
Weiter gilt halt, das du neben dem Bahngelände warten musst, bis der DB-Notfallmanager das Gelände für dich Freigegeben hat. (Strom abschalten, gleise Sperren etc).

---
Eben, wenn der Demente halt keine Nahrung mehr will - muss ich sie ihm Aufzwingen?
Früher waren so leute zu Hause im Bett, die Familie drum herum, und die hat dem Kranken/Sterbenden halt hin und wieder die Lippen befeuchtet und versucht doch nen löffel Brei einzutrichtern.
Ich persönlich finde das menschenwürdiger.

Mich belastet ein Toter nach VU oder sonstwas weniger, als wenn ich in manche Altenheime komme zum hohlen/liefern und mir dann das dortige Patientengut und den Umgang mit demselben betrachte.

Nur mal son Beispiel.: Letztens zu nem AH gebimmelt worden, Bewusstlose Person. NAP lag im Bett auf dem Rücken, aus dem Mund lief Erbrochenes in dem sein Kopf lag. Drumherum dann n Pfleger und ne Schwester - Blutdruckmessen hätte nicht funktioniert.
Hm, pat. keine Reaktion auf Schmerz, keine Atmung, kein Puls - warum da wohl kein Blutdruck war? Anamnestisch ne Stunde vorher noch gelaufen und kaffe und kuchen genossen. Vor eintreffen bereits ne Viertelstunde so da gelegen. Nach eintreffen NA keine Reamaßnahmen mehr. (macht nach ca 15min Stillstand auch wenig Sinn).
WTF haben die zwei Pflegenden nicht wenigstens das Erbrochene weggewischt?
Wenn man da ne PatVerf oder sowas hat(hatten sie nicht) oder andere basismaßnahmen durchgeführt? Statdessen stehen die da wie Zinnsoldaten...
Eigentlich ist das aktive Sterbehilfe.

Sowas geht mir eher nahe als das ausgeblutete Polytrauma, wo einfach jede Hilfe zu spät kommt, oder wenn im KH die Therapie des aggressiven Abwartens durchgeführt wird.
(Wichtige Medikamente bei konstanter Dosis weitergeben, keine Dosisänderungen nach oben, keine ivasiven Maßnahmen).

Milena
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Sa 27. Okt 2007, 12:24 - Beitrag #13

...nazgul,^^
bzgl. Altenheim....
nicht jeder dort, der in weiss rumläuft ist automatisch ein ausgebildeter pfleger oder ne schwester...
soll heissen,
ich arbeite selbst in einem pflegeheim und hätte als notmassnahme nicht wirklich ne ahnung was zu tun ist, ausser auf die klingel zu drücken, um eine examinierten pfleger zu rufen, denn ein arzt ist weit und breit nicht wirklich, ausser einmal die woche oder zu besonderen anlässen vorhanden....
der hintergrund in altenheimen oder sonst wo ist der,
dass gespart wird und zwar an allen enden...
pflegehilfskräfte, 1€jobler, zivis, fsjer sind gang und gebe...
ich selbst bin nie in der pflege ausgebildet worden und mir stehen jeden tag für 5std non stop 19 bewohner ganz ALLEINE in der tagesgruppe unter obhut.....
offiziell stehe ich nicht mal auf dem wochenplan, aber inoffiziell bin ich eine
preisgünstige arbeitskraft, die auch keine ahnung hat, wie man blutdruck misst oder sonstiges......
also,
wer trägt die schuld,
an der misere in altenheimen hier in deutschland,
oder wie kann dem ersthelfer-dilemma dort entgegengetreten werden...?

janw
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Sa 27. Okt 2007, 12:47 - Beitrag #14

Ja, Nazgul, ich sehe es auch so, daß immer noch öfters mit Gewalt versucht wird am Leben zu erhalten, was nicht mehr leben will - aber das Problem ist die Entscheidung im Einzelfall. Der Demente isst nicht nichts mehr, weil er mit dem Leben abgeschlossen hat, nicht unbedingt zumindest, sondern weil er die Handlung nicht mehr auf die Reihe bekommt. Man muss ihn füttern, sonst verhungert er vielleicht vor vollem Teller.
Tja, und da kommt Milenas Einwand, die Kosten...fast keine Angehörigen wollen oder können - Zwang zum Geld verdienen! - das selbst übernehmen, und anders kriegt unser System es nicht auf die Reihe, dies bezahlbar zu halten. Also Magensonde rein und gut. :(
Kommt noch hinzu, daß die Angehörigen auch Druck machen - den einen kann es nicht schnell genug gehen, daß der reiche alte Sack...die anderen wollen die geliebte Mutter möglichst nie verlieren.

Was das Altersheim betrifft,, solche Zustände sind skandalös und müssten IMHO der Heimaufsicht gemeldet werden. Wer Blutdruckmessen kann, der muss auch ne Stabile Seitenlage beherrschen, das Erbrochene wegwischen können und erkennen können, daß da etwas im Argen liegt, wenn kein Blutdruck mehr zu messen ist. Warum haben die nicht gleich einen Notarzt gerufen?
Ceterum censeo...meine ich, daß alle, die in solchen Einrichtungen arbeiten, wenn sie nicht selbst ausgebildete Kräfte sind, bei ihrer Arbeit begleitet werden sollten. Damit meine ich, daß sie in Erster Hilfe ausgebildet werden sollten und in regelmäßigen Kursen/Schulungen auf ihre Arbeit und die Bewältigung ihrer Erlebnisse hin weitergebildet werden sollten, verbunden mit der Möglichkeit des Austauschs mit anderen aus dem Metier.

Ipsissimus
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Sa 27. Okt 2007, 13:33 - Beitrag #15

Schatz, was du da thematisierst ist genau dieser kleine hässliche Unterschied zwischen Theorie und Praxis, der nicht nur im Altersheim sondern auch an zunehmend vielen anderen Stellen die Wirklichkeit charakterisiert. In der Theorie ist alles bestens geregelt - es GIBT Regeln, Normen, Vorschriften, gutausgebildetes und in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehendes Fachpersonal, beste Ausstattung (ein besonders guter Witz übrigens) und alles ist gut. Und wenn in der durch den kleinen Unterschied charakterisierten Wirklichkeit irgendetwas schiefgehen sollte, was nicht schiefgehen darf, kannst du sicher sein, dass vor Gericht nicht die realen Rahmenbedingungen, sondern die ideale Situation als Referenz dient, mensch also bestraft wird, als wären alle Umstände ideal gewesen.

Nazgul, ich entnehme deinen Schilderungen, dass sich da anscheinend wirklich ziemlich viele Menschen ziemlich kluge Gedanken gemacht haben, um derartige Situationen in den Griff zu bekommen; allein schon eine Bezeichnung wie "umgekehrte Triage" suggeriert Souveränität im Umgang, aha, das ist eine "umgekehrte Triage" aha, die Leute wissen, wovon sie reden, es sind Profis.

Und daneben das hässliche kleine Faktum, dass da ein Mensch schlimmstenfalls halt einfach sterben gelassen wird, im schlimmsten Falle ohne jeden Zuspruch. Klar ist, dass mensch als professioneller Helfer sich von derartigen Einschränkungen seiner Handlungsfähigkeit freimachen muss, klar, dass es keine Alternative gibt, wenn du allein bist und da liegen neun Schwerstverletzte und ein Sterbender, du dich um die Neun kümmerst (in welcher Reihenfolge übrigens?) und im übrigen hoffst, dass ganz schnell die große Hilfe kommt. Aber was, wenn nicht, gleichgültig aus welchen Gründen? Und was mit dir hinterher, so ganz im Privaten?

Und was machst du mit dem einen Sterbenden, wenn du abrupt und unvermutet siehst, dass es eines deiner Kinder, vielleicht gar dein einziges Kind ist? Immer noch professionell funktionieren, es liegen lassen und dich den hoffnungsvolleren Fällen widmen, in dem sicheren Wissen, dass gleich die Kollegen kommen? Und nochmal, es geht nicht darum, ob sowas in Deutschland schon mal vorgekommen ist. Es könnte vorkommen. Was dann? Was dann nicht mit der Vorschrift, sondern was dann mit dir? Kein Dilemma?

nazgul
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Sa 27. Okt 2007, 16:56 - Beitrag #16

Angenommen ich wäre beim MANV in der Wüste Gobi (oder irgendwo anders fernab jeder Hilfe) dann Helfe ich denen denen ich Helfen kann.

Will heißen, Lagerung, Stillen von Blutungen und gutes Zurreden.
Bei nem Polytrauma, ist das Resultat dieser Therapie leider vorherbestimmt - aber in dem Fall außerhalb meiner Macht.
Es hält mich trotzdem nicht davon ab, Reihum allen Patienten diese Behandlung zukommen zu lassen.
Für die Priorisierung in diesem Falle: leute die nicht schreien vor leuten die Schreien.
Gerade Bewusstlose profitieren von der Maßnahme der "Stabilen Seitenlage" ungemein.

Danach halt immer Reihum bei den einzelnen Patienten vorbeigehen und gut zureden - "Hilfe ist unterwegs" etc.

Wenn das mein Kind am schwersten verletzt wäre? Hm, ich würde vermutlich allem professionellem Ehrgeiz zum trotz bei meinem Kind bleiben, oder zumindest die Häufigkeit der Rundgänge reduzieren.
Trost spenden kann dann vllt der gedanke, das die, die es nicht bis zum Eintreffen der Hilfskräfte geschafft haben, es vermutlich auch nicht bei einem frühreren eintreffen derselben geschafft hab.
(Ich erinner mich noch an meinen ersten VU-Toten, LKW-Fahrer, auf vorausfahrenden LKW aufgefahren, eingeklemmt). Der war, als wir eintrafen (ca. 7min) schon tot. Dem hätten wir auch wenn wir direkt dagewesen wären nicht mehr Helfen können.)

@Milena:
Die beiden Pflegekräfte standen in Zivil daneben, auf die Frage ob sie Angehörige wären, sagten sie, sie wären Fachpersonal, und hier(in dem AH) würden keine Kittel getragen).
Habt ihr keine Erste-Hilfe-Kurse gemacht? Gibts das bei euch nicht 1x im Jahr als pflichtfortbildung oder so?
Irgendwann für nen Führerschein?

Das würde erklären warum hier in einem AH an der wand n Zettel hängt auf dem unteranderem steht:
"Die Maßnahmen der Ersten Hilfe sind durchzuführen bis der Rettungsdienst eintrifft"


@jan:
Die Konsquenz: Bewusstlos => NA! War evtl nicht so ganz vorhanden, die haben erstmal versucht den Blutdruck zu messen. (Dabei sollte man ein "Nicht Atmen" eigentlich merken)
Da waren bestimmt bald 5min rum. 1min Alarmzeit für uns (zum Auto laufen)
und so um die 8min Fahrzeit. Mit ins Hauslaufen macht also 10min.
Deshalb wird ja in EH-Kursen gepredigt so früh wie möglich den Notruf abzusetzen.

---

EH Leitfaden BRK (etwas outdated...) http://www.brk-weilheim-schongau.de/eh-online.htm
Aktuelle ERC Richtlinien zur CPR: http://www.bgs-aelrd.de/pdf/ERCd.pdf

Milena
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Sa 27. Okt 2007, 17:36 - Beitrag #17

...mmh nazgul,^^
bei mir steht nichts an der wand oder ich habe es schlichtweg übersehen, aber, was mach ich nur damit, meine führerscheinprüfung liegt über 2 jahrzehnte zurück....
Fortbildungen für hilfskräfte..?
nicht das ich wüsste....^^

Jan,^^
begleitung, einführung von fachkräften...?
jo, die hatte ich ganz am anfang:
`wenn was ist, einfach auf den knopf drücken, dann kommt auch jemand..`
ich,
alleine mit 19 senil-dementen bewohnern in der tagesgruppe(endstation) , eine davon 99jahre alt, diabetikerin, kippt am esstisch um, ich klingle, niemand kommt, ich gehe den 1.stock hoch, keine schwester, den 2.stock hoch, kein pfleger in sicht, ich gehe wieder runter, treffe endlich auf etwas weissgekleidetes, 99 jährige wird im rollstuhl aufs zimmer gebracht, ich werde getröstet, wohl unterzuckerung,
ich, fix und fertig darf meine arbeit fortsetzen, ich betone noch, ich habe sofort auf die klingel gedrückt, keiner hört mir wirklich zu.....
betreuung, aussprache von betreuenden?...nicht das ich wüsste.....
ach,^^
den job bekam ich vom arbeitsamt selbst vermittelt-...^^

jo schatz,^^
was mach ich nur, wenn mir jemand in den armen wegstirbt, und ich keinen blassen schimmer der erstmassnahme habe...mich trifft doch keine schuld oder..?:D

nazgul
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So 28. Okt 2007, 08:52 - Beitrag #18

Hm, geh doch mal zu deiner Heimleitung und frag mal, ob sie dir mal nen EH-Kurs verpacken, oder ob du beim nächsten Kurs für die "Examinierten" mitmachen darfs. (Die müssten eigentlich ja ne Fortbildungspflicht haben).
Oder einfach mal beim lokalen DRK anfragen wann die den nächsten Kurs steigen lassen.

Im Wesentlichen fürs AH relevant:

Bewusstlos und atmet noch: Stabile Seitenlage
- Notruf
- BZ-Messen

Bewusstlos und atmet nicht:
- Notruf
- Mitte Brustkorb ca. 100-120mal / Minute ca. 5cm tief Eindrücken und entlasten.
- nach 30mal drücken 2mal Beatmen (mund-zu-mund, beutel wai), in jedem fall aber drücken, auch wenn nicht Beatmet.

Atemnot: Oberkörper Hoch
- Notruf
- RR / Puls
- Sauerstoff 2-4l je nachdem was euer Gerät kann, wenn Patient blau, dann vollgas.

Spontane halbseitige Lähmung, Motorische Sprachstörungen, Hängender Mundwinkel
- Oberkörper Hoch
- Notruf
- RR / Puls
- BZ
- Sauerstoff 2-4l

Krampfender Patient:
- Notruf
- Nicht Festhalten
- Wenn Krampf vorbei und bewusstlos: Atemkontrolle,Stabile Seitenlage.

Das deckt die häufigsten (internistischen) Seniorenheimnotfälle ab.
Gegen die chirurgischen Probleme hilft am besten Prophylaxe.

Wenn ich irgendwo hinkomme und o.g. Maßnahmen sind durchgeführt, dann gibts
auf meinem Einsatzprotokoll auch guten Gewissens das Kreuzchen bei "suffiziente EH".

Blutdruckmessen einfach: Puls am Handgelenk des Pat. suchen. Manschette über dem Ellenbogen des selben Armes anlegen (Artey/Arterie muss auf die Ellenbeuge zeigen).
Erneut Puls tasten und Manschette 20 über den wert Aufpumpen, bei dem man keinen Puls mehr tastet. Langsam Druck ablassen, wenn Puls wieder Tastbar ist das der obere wert. Wenn der <80 dann auch bei luftnot flach Lagern.

Es gibt ganz wenige AH wo die Situation wirklich gut ist. Das liegt weniger am Personal als an der Leitung und der Tatsache, das gute Pflege nix wert ist, bzw die Kasse durch gute Pflege nichts gewinnt.
Wenn der Patient durch miserable Pflege im AH n halbes ja früher über die Wupper springt, dann spart das ja kosten.
Das ist genau wie bei meiner Zivistelle - die haben kein interesse daran, das die MA den Job bis zur Rente machen können, wenn die mit 40 gehen müssen, weil sie kaputt sind, dann kann die Firma jmd mit nem billigeren TV und wegen alter nochmal weniger Gehalt einstellen.
Dann guckt man scih mal zb ne Berufsfeuerwehr an - da sind die leute Beamtet, und damit die nicht die letzten 20 Jahre auf irgendwelche sinnfreien Posten geschoben werden müssen, legen die wert drauf, das ihre MA gesund und fit bleiben.

Wo der trend hingeht, dazu hat das ZDF mal ne schöne Doku gebastelt - 2030 Aufstand der Alten - sehr empfehlenswert.
---

Noch son Helferdilemma, direkt aus der Praxis: Türk. Mädchen z.n. kollision mit Auto.
Anamnestisch keine Schmerzen, panische Angst vor mitfahrt ins KH, will da überhaupt nicht hin. Normalerweise müsste man da trotzdem nen ordentlichen Bodycheck machen, um sicherzugehen, das nix passiert, wenn die Eltern mit ihr zum Doc fahren.
Andererseits gibt das für gewöhnlich sowohl für d. Pat. als auch für das Rettungsteam meistens Streß.
Generell, gibt es viele Kunden, die nach nem Bagatelltrauma Symptome haben die nen Transport rechtfertigen würden, wo einem die Erfahrung sagt, da ist nix. Aber wenn man mal jmd dann nicht mitnimmt, und dem passiert was, is ma dran.
Alkohol das gleiche. Wenn ich privat an nen Besoffenen komme, dreh ich den solange der Atmet auf die Seite, nen Eimer davor und gut ist. Dienstlich fährt der gleiche Besoffene mit
- wenn der sonst Folgeschäden erleidet krieg ich ja einen mit drauf.

janw
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So 28. Okt 2007, 10:42 - Beitrag #19

Milena, genau das ist ja das Problem, daß Ihr da mit der Situation allein gelassen werdet - Ihr erreicht keine Hilfe, erhaltet selbst keine vernünftige Anleitung und müsst dann mit Eurer Hilflosigkeit und den Folgen auch noch selber fertig werden. Das ist Menschenschinderei in meinen Augen und rechtswidrig dazu. Im Grunde ein Fall für einen whistle-blower.

Nazgul, im Falle des türkischen Mädchens denke ich, daß Krankenhaus die beste Lösung ist - dort gibt es weibliches Personal, das ohne Probleme zur Untersuchung schreiten kann.

Spontane halbseitige Lähmung, Motorische Sprachstörungen, Hängender Mundwinkel

Kleine Ergänzung: Das klingt für mich nach möglichem Schlaganfall, deshalb am besten im Notruf gleich "Schlaganfall" sagen und Krankenhaus mit stroke unit informieren.

nazgul
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So 28. Okt 2007, 14:43 - Beitrag #20

Beim Notruf "verdacht Schlaganfall" sagen reicht.
Das Krankenhaus abklären macht dann die Rettungsleitstelle.
Stroke Units haben für gewöhnlich auch recht enge Aufnahmekriterien, wenn sie als solche
etabliert sind, wenn das auf der Intensiv im kleinen KH mitläuft, kriegt man da einfacher mal nen sehr alten, oder vorerkrankten Patienten unter. Außerdem muß das CT verfügbar sein
(wenn da grad n Polytrauma ansteht, geht für den Stroke-Patienten wertvolle Zeit verloren).
Ab ca. 2h nach Symptombeginn ist eine Lysetherapie = das was auf der Stroke passiert -
nicht mehr Effektiv. Davon ausgehend das der RD ca. 10 min Anfahrt + 15min vor Ort + 30min zum KH braucht, und da auch nochmal gut 15-20min für CT und Befundung drauf gehen, ist vorallem der schnelle und präzise Notruf wichtig. Wenn die 112 erst (wie oft üblich) mehrere Stunden nach Symptombeginn gewählt wird, dann ist der Schaden passiert.
Stroke-Plätze sind halt wenig und teuer. Allein so n Lysemedikament kostet je nach Produkt zwischen 1000 und 10000 TEUR pro Patient.

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