Zitat von Ipsissimus:jan, der christliche Gott ist allmächtig und allwissend. Er hat demnach schon zu alttestamentlichen Zeiten vom Humanismus gewusst und dessen Standards gekannt. Irgendeine Art von Einfluss dieses Bewußtseins ist in der Bibel aber nicht zu erkennen. An keiner Stelle wird der vorläufige Charakter der göttlichen Gebote und Anweisungen festgestellt]
Ja, wenn man anerkennt, daß Gott die ihm zugeschriebenen Handlungen des AT begangen hat, muss man das konzedieren. Und auch die Nächstenliebe-Aussagen Jesu - ich habe sie mir mal wieder vorgenommen - klingen mir zumindest teilweise nicht so universell, wie sie meist verstanden werden, sondern eher nach "Nächster des eigenen Volkes / der Glaubensgemeinschaft". Ich sollte mal meinen Pastor fragen, wie der das sieht^^
Bliebe immer noch die mögliche Sichtweise, daß die Gläubigen Gott all das zugeschrieben haben, was ihnen bei der Durchsetzung ihrer eigennützigen Ziele hilfreich war - und weil die Konkurrenten Ungläubige waren, wurde denn in Jericho auch keiner wirklich ermordet, zumindest nicht so richtig...
Gut, aber das liefe der Anschauung göttlicher Autorschaft des AT zuwider...
Oder ist die auch nur erdacht worden, um das eigennützigen Interessen dienende Werk zu immunisieren?
Was den Triebtäter betrifft...aus eigener Anschauung von Tätern beliebiger Delikte würde ich das nicht ganz von vorne herein ausschließen. Immerhin hat er gegenüber einem bisher unauffälligen Menschen mit der gleichen Disposition den Vorteil, daß er auch noch die letzten Jahre in Freiheit verlieren würde.
Ganz davon zu schweigen, dass die schlimmste aller Drohungen sich im Neuen Testament findet. Im AT nach jüdischer Auslegung bist du am Ende einfach nur tot, fertig. Im NT droht es einer riesigen Mehrheit aller je gelebt habenden Menschen, am Ende als "Unkraut" aus dem "Weizen" aussortiert und im "Feuersee" der ewigen Verdammnis anheim gegeben zu werden. Ein liebender Gott? Nicht in einem mir auch nur entfernt geläufigen Sinne von "Liebe".
Ja, denen, die nicht im Glauben leben, wird dies angedroht; in einer Predigt, die ich eben gefunden habe, wird gerade dies als Beleg für die Liebe Gottes herangezogen - keiner
müsse dort landen.
Aber ich gebe Dir recht, daß es schon etwas seltsam ist, daß Gott einen Ort, den er selbst nicht erträgt, überhaupt Menschen zumutet. Und dann einfach so, nur weil sie gelebt haben.
Letztlich ist diese Passage Teil der für mich ziemlich problematischen Neuerung im NT, nach der in Gläubige und Ungläubige unterschieden und Abfallen vom Glauben möglich und zum Problem aufgebaut wird. Irre ich mich, oder ist die Jenseitsvorstellung des AT deshalb eine andere, weil mensch als Jude geboren sein muss und damit gar nicht Nichtjude werden kann?
Davon ab, glaubt recht, wer nur glaubt, um am Ende im richtigen Töpfchen zu landen?
Jedenfalls, so richtig liebevoll finde ich die Passage auch nicht.
Aber wie heißt es so schön...die Liebe Gottes, die höher ist als alle unsere Vernunft...^^
"Denn wahrlich, ich sage euch: Bis der Himmel und die Erde vergehen, soll auch nicht ein Jota oder ein Strichlein von dem Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist." (Matthäus 5,18)
Zumindest die Tora gilt laut Jesus demnach uneingeschränkt, und das sind 613 Einzelgebote mitsamt ihrer in großen Teilen inhumanen Ethik
Die Passage hatte ich vergessen... Mir fällt aber auf, daß sie nur bei Matth. auftaucht, während sich gleich zwei oder drei Evangelisten mit dem Scheidungsrecht und anderen Fragen befassen. Sagt diese unterschiedliche Intensität der Überlieferung etwas über die Relevanz aus?
Jesus hat einige Male gegen Gesetze der Tora verstoßen, z.B. bei der Heilung am Sabbat und hinsichtlich des Händewaschens vor dem essen, relativiert das die 613 Gebote nicht doch ein wenig? Und wie sind sie so schnell den frühen Christen abhanden gekommen?
ein Maß für alle?^^
Naja, wes Gründe nur von der Welt sind, dem kann geholfen werden^^
ich denke, ein wesentlicher Unterschied besteht darin, ob man seine heiligen Schriften wie in den Gesetzesreligionen als göttliche Offenbarungsschriften jeder Hinterfragbarkeit entzieht, oder ob Glaube und Theologie einer Religion sie als philosophische Reflexionen weiser Menschen auffasst, wie es bei vielen hinduistischen und allen buddhistischen Schriften der Fall ist.
Allerdings.
Allerdings stehen die Reflexionen von Menschen auch stärker in der Gefahr, durch Reflexionen anderer überwunden zu werden, notfalls interessegeleitet und mit Macht.
Stand der japanische Buddhismus in Opposition zu den Gräueltaten das Japaner in der Mandschurei und im Pazifikkrieg? Oder gab es da keine Beziehung?
Davon abgesehen ändert der Umstand, dass auch andere ein Problem haben, nichts daran, dass auch wir dasselbe Problem haben^^ bei und für uns allerdings könnten wir es lösen^^
Allerdings würde das Verschwinden des Christentums nach seiner synkretischen Vereinigung mit dem Humanismus die anderen Buchreligionen noch stärker davon abhalten, überhaupt an Aufklärung zu denken - sie wollten denn am eigenen Aste sägen.
na ja, jan, komm^^ der Umstand, dass das Christentum kein Kinderchor war und ist, macht aus den anderen Religionen keine Musterknaben^^ das, was im Christentum die biblischen Vorstellungen sind, sind im Islam koranische Vorstellungen und in anderen Religionen die Vorstellungen deren Schriften. Es kommt ja gar nicht auf die konkreten Inhalte an, sondern nur darauf, ob diese Inhalte als Double Binding Element verwendet werden können.
Meinst Du, daß nur das Christentum Double Binding-tauglich ist?
Es gab bei mir zumindest mal eine Zeit, in der es mir ziemlich geholfen hat, zu glauben...ich weiß nicht so recht, ob ich psychisch stabiler gewesen wäre, wenn ich damals schon so viel vom Buddhismus gewusst hätte, wie ich heute weiß.
Und wurden nicht auch in Indien blutige Kriege der Regionalkönige ausgefochten, und war China ein Hort der Freiheit, als dort Buddhismus, Taoismus und Konfuzianismus beherrschende Weltanschauungen waren?
das wird zunehmend in der EKD unter der Hand versucht und verursacht dort die übliche Mischung zwischen Zustimmung und Gegenwehr. Im wesentlichen würde ich aber sagen, dass in einer derartigen Sichtweise das Ende der Bibel als in Gänze heiliger Schrift bereits implizit mitenthalten ist, mit allen Folgen, die das für das Christentum hätte. Deswegen tut sich selbst die EKD schwer, derartige Ansichten zur offiziellen Lehre zu erheben, geschweige denn die RKK, bei der es noch nicht einmal Andeutungen einer offiziellen Relativierung des biblischen Gottesbildes gibt. Zur Gewaltfreiheit des NT habe ich oben schon ein bisschen was gesagt. Die darin enthaltenen Drohgebärden sind essentiell^^
Diese Gedanken/Befürchtungen hatte ich auch...
Tja und last not least, wozu benötigt ein gütiger Gott überhaupt ein Versöhnungsopfer? Gute Frage^^ wie mensch sie auch dreht und wendet, es bleibt ein Element von archaischer Bösartigkeit übrig^^
Vielleicht, weil die Menschen nicht so weit waren, eine andere Sprache zu verstehen. Ich kann mit meinen Schülern noch so viel über Wahrscheinlichkeiten reden, sie verstehen doch fast immer nur ja oder nein, Schlag und Gegenschlag, Ursache und Wirkung, sofortige Konsequenz. Alles andere gibt es nicht, wie es auch für die Indianer an der amerikanischen Küste die Segelschiffe nicht gab, die doch auf den Netzhäuten ihrer Augen abgebildet wurden.
Kommt noch hinzu, was Paulus und Konsorten angerichtet haben, haben sie nicht vielleicht die Geschichte in der Überlieferung blutiger gemacht, um den Glauben der Ihren zu stärken und zu schärfen? Der Feind muss böse sein, wenn die Bewegung leben soll...
Und daraus resultiert die Frage, die sich wirklich stellt:
Warum - bei all diesen Reduzierungen, Vorbehalten, Einwänden und der gesamten Geschichte des christlichen Glaubens - warum dem Dämon also die Waffe nicht aus der Hand schlagen und Schluss mit ihm machen?