Das Selbst

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Feuerkopf
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Fr 9. Mai 2008, 11:14 - Beitrag #1

Abgetrennt aus Welche Charaktereigenschaften MUSS Euer Partner besitzen?

Wir verändern uns während einer Beziehung, in Krisen und Versöhnungen, durch Trennungen und auch in den Phasen (un)freiwilligen Singletums.
Platt gesagt: Ich bin heute eine andere als gestern, wenn auch vielleicht nur in winzigen Nuancen.

Maurice
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Fr 9. Mai 2008, 11:30 - Beitrag #2

Wege zum Glück

Das ist klar. Ein Mensch verändert sich in seinem Leben mit der Zeit immer mehr oder weniger. Trotzdem glaube ich, dass es gewisse grundlegende Charaktermerkmale gibt, die einfach konstant bleiben. So glaube ich nicht, dass ich irgendwann zum totalen Bauchmenschen mutiere und Sarah irgendwann keinerlei Interesse mehr an Sprachen und Literatur hat - um jetzt mal zwei Beispiele zu nennen. Ziel muss es von jedermann sein, um mögichst sicher zum Glück zu gelangen, diese seine grundlegenden Charaktermerkmale - sein Selbst - zu erkennen und damit auch die Dinge, die ihm zum Glück verhelfen. Wenn ich nun weiß (als relativ, nicht absolut, das geht ja leider nicht), wie mein Selbst ist, kann ich auch auf Grund dessen überlegen und dann auswählen, welcher Mensch für mich als Lebenspartner geeignet ist - sofern ich zu der Sorte gehöre, die einen Partner fürs Leben brauchen, um dauerhaft glücklich sein zu können (da gibt es bestimmt auch Ausnahmen). Ist das Ziel dauerhaftes und möglichst sicheres Glück, dann sollte man sich nicht damit zufrieden geben, dass man eine nette und unterhaltsame Beziehung führt, da es durchaus schwer sein kann, einen Partner fürs Leben zu finden und man daher nie früh genug damit anfangen kann, sich selbst und den Partner fürs Leben zu finden. Wer sich selbst und den für einen selbst passenden Partner gefunden hat, den werden auch Veränderungen an der Oberfläche der Charaktere nicht auseinanderbringen, da eine viel tiefere Kompatibilität vorhanden ist. Man sollte dabei nicht naiv glauben, man finde auf jeden Fall den Partner fürs Leben und man brauche sich deshalb nicht dafür anstrengen oder könne gar seine Jugend mit Beziehungen mit Personen vertrödeln, die eigentlich gar nicht zu eigenen Selbst passen. Wer sich umschaut, wird genug Fälle erblicken, in denen Menschen mittleren Alters mit einer Person zusammen sind, die sie nicht glücklich machen oder gar ungewollt gar keinen Partner haben.

Ipsissimus
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Fr 9. Mai 2008, 12:39 - Beitrag #3

Maurice, in meinem Leben habe ich mindestens dreimal das erlebt und erlitten, was in der Wissenschaft als "Paradigmenwechsel" bekannt ist, aufgrund des kompletten Zusammenbruchs meiner jeweiligen Referenzsysteme. Mittlerweile bin ich mit jeder Behauptung von Kontinuität äußerst vorsichtig geworden. Nicht dass ich dir diese Erfahrungen wünsche. Aber unterschätze niemals die Macht des Windhauchs, der dich davonbläst^^

Maurice
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Fr 9. Mai 2008, 13:57 - Beitrag #4

@Paradigmenwechsel: Tja, dann wäre ich jetzt im Moment bei meinem dritten und bin damit deutlich schneller gewesen als du. ;)

Wenn nun in jenen Tagen Milena gebeten worden wäre, ihren zukünftigen Liebsten zu beschreiben - wäre ihrer Beschreibung etwa zu entnehmen gewesen, dass es Ipsissimus sein würde, gar Ipsissimus werden müßte? Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht

Bei Sarah und mir war das anders. Wir haben uns deshalb ineinander verliebt, weil wir zum allergrößten Teil dessen entsprachen, was der andere für Idealvorstellungen am Partner hatte. :)
Aber wie du beschreibst, kann es auch ganz anders laufen. Und das kann leider selbst jemanden passieren, der vorher seinen Partner nach rationalen Kriterien ausgesucht hat. Schon bedauerlich, wenn man wegen ein paar Hormonen all seine Prinzipien und guten Vorsätze über den Haufen wirft :rolleyes: ...

Ipsissimus
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Fr 9. Mai 2008, 13:59 - Beitrag #5

diese "paar Hormone" definieren und steuern wesentliche Aspekte dessen, was das ureigenste Selbst eines Menschen ist^^ der Verstand kann da oft nur staunend zuschauen^^


na ja, wenn du selbst erlebt hast, was ein persönlicher Paradigmenwechsel alles impliziert, dann weißt du ja selbst, wie brüchig alle Kontinuität sein kann^^ allerdings verstehe ich dann deine obigen Bemerkungen zu grundlegenden Charaktermerkmalen nicht^^

Maurice
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Fr 9. Mai 2008, 14:12 - Beitrag #6

Das Selbst kann keinen Paradigmenwechsel erleben, sondern nur der formbare Charakter um diesem herum. So waren auch mein amoristischer, mein skeptizistischer und mein pragmatischer Paradigmenwechsel nur Veränderungen, wenn auch sehr starke Veränderungen, bezüglich meines wandelbaren Charakters. Mein Selbst blieb dadurch unberührt.
Wobei ich das letztlich mehr analytisch als synthetisch schließe, wie ich zugeben muss. ^^*
Die Frage muss eigentlich nicht lauten, ob das Selbst wandelbar ist, weil es als unwandelbar definiert wird, sondern ob es ein solches Selbst gibt. Ich kann mich diesbezüglich irren, aber ich glaube an ein solches unwandelbares Selbst (wenn gleich nicht als spirituelle Entität).

@Hormone: Da stellt sich wohl die existenzielle Frage, welche Art von Mensch man sein will: Will man durch eigenen Überlegungen, Vorsätze und Prinzipien sich selbst das Gefühl von Autonomie verleihen und durch das Streben der Einhaltung der selbstgesetzen Prinzipien sein Leben orden und strukturieren? Oder will man sich dem unsteten und archaischen Schwanken und Wanken plötzlich auftauchender Gefühlsregungen unterwerfen, deren Lebensdauer von völlig ungewiss ist?
Ein gleichberechtigter Kompromiss ist nicht möglich und letztlich muss man sich für eine Seite entscheiden. Zwischen den beiden Extremen gibt es freilich Variationsmöglichkeiten, aber seinen Schwerpunkt muss man auf eine Seite setzen.

Ipsissimus
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Fr 9. Mai 2008, 15:16 - Beitrag #7

na ja, meine Auffassung von der menschlichen Psyche ist da deutlich prozesshafter^^ buchstäblich alles ist in Bewegung, manches vielleicht nur mit der Geschwindigkeit von Rennschnecken, anderes passiert in Realtime^^

aus meiner Sicht gibt es jedenfalls keinen "Kern" namens "das Selbst", es gibt nur Wandelzustände der Psyche. Alles ist Durchgang, und dass manche unserer Eigenarten uns wie festgeschrieben vorkommen, liegt nur daran, dass Menschen nicht wirklich über das Vermögen verfügen, mit sehr langen zukünftigen Zeiträumen empathisch umzugehen. Für viele sind 5 Jahre schon zu viel der Phantasie^^

welche Art von Mensch man sein will: Will man durch eigenen Überlegungen, Vorsätze und Prinzipien sich selbst das Gefühl von Autonomie verleihen und durch das Streben der Einhaltung der selbstgesetzen Prinzipien sein Leben orden und strukturieren? Oder will man sich dem unsteten und archaischen Schwanken und Wanken plötzlich auftauchender Gefühlsregungen unterwerfen, deren Lebensdauer von völlig ungewiss ist?


[Alter-vom-Berg-Modus an]
Glaub mir, du wirst hinterher feststellen, wer du warst. Du wirst vorher nicht wissen, wer du sein wirst. Du kannst jetzt wünschen, wer du sein willst, aber du wirst morgen nur den Kopf schütteln. Gewöhn´ dich dran und entspann dich. Nur dein Erweis wird zeigen, wer du bist.
[Alter-vom-Berg-Modus aus]

Maurice
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Fr 9. Mai 2008, 15:23 - Beitrag #8

Also sprach Zarathustra... ;)

@Selbst: Ich akzeptiere, dass du von einer anderen Grundthese ausgehst. Deine Schlussfolgerungen entsprechen dieser und dass wir eine andere Meinung vertreten ist verständlich, wenn wir eben von anderen Grundannahmen ausgehen. Man könnte wiederum auch über diese diskutieren, aber das erfordert zum einen einen eigenen Thread und zum anderen glaube ich nicht, dass einer von uns den anderen wesentlich in seiner Meinung diesbezüglich beeinflussen können wird. Das ist aber nicht schlimm, denn ich kann mit meiner Arbeitshypothese gut leben und diese für meinen Geschmack ausreichend gut begründen und so wird es auch bei dir sein, nehme ich an. :)

Feuerkopf
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Sa 10. Mai 2008, 00:10 - Beitrag #9

Boah, Maurice, entwickelst du diese Ideen alle selbst oder gibt es Vordenker dafür? :boah:
Mir scheint, du hast dir so hohe Ziele für dich selbst und deine innere Befindlichkeit gesteckt, dass du sie schon qua definitionem gar nicht erreichen kannst.

Ich komme aus einer ganz anderen Ecke als Ipsi, aber in vielen Dingen gebe ich ihm recht. Ich habe auch ein paar Paradigmenwechsel hinter mir und wenn ich eines gelernt habe daraus, dann dies: Ich bin ein Ganzes aus Kopf und Bauch (wobei der Bauch für alle Emotionen steht) und strebe an, dass beides in Einklang mit einander kommt.

Das ist btw etwas, über das mein Partner gar nicht nachdenkt. ;)

Milena
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Sa 10. Mai 2008, 09:15 - Beitrag #10

...ich denke, da hat Maurice schon recht....
wir sind eigentlich schon so wie wir sind....und alles angehäufte in den jahren und der erkenntnis und der freiwilligkeit und der unfreiwilligkeit, das kommt
als sahnehäubchen noch auf das eigentliche selbst mit drauf.....
und wenn ich so bin wie ich bin, wie auch Feuerköpfle, ein ganzes mit kopf und bauch (vielleicht bei mir sogar mit mehr bauch^^), dann kann ich mich zwar anstrengen mit einem nur-kopf-menschen, aber es fällt mir manchmal nicht leicht zu verstehen, wenn ich über etwas lache, und der partner lacht aber nicht, stattdessen mir korrekturen meines nicht grammatikalisch korrekten satzes vorenthält...ein beispiel nur..^^Bild
das nur zu den charaktereigenschaften......kopf-bauch-menschen...^^

Maurice
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Sa 10. Mai 2008, 10:55 - Beitrag #11

Boah, Maurice, entwickelst du diese Ideen alle selbst oder gibt es Vordenker dafür?

Also bei dem was ich in diesem Thread bisher geschrieben habe, baue ich iirc nicht bewusst auf einen Vordenker auf. Das habe ich mir quasi alles selbst überlegt. Man muss aber kritisch ergänzen, dass ich durch meine kulturelle Prägung indirekt schon durch Vordenker beeinflusst wurde und selbst wenn nur zu einem kleinen Teil. Ich habe mir das ja nicht im Luftleeren Raum ausgedacht. Und vor allem habe ich es nicht klassich rationalistisch wie jemand wie Descartes am Schreibtisch a-priori aus dem Hut gezaubert, sondern auf Grund meiner bisherigen Erfahrungen - da diese wiederum begrenzt sind und verschiedene Deutungen zulassen, ist mir durchaus bewusst, dass ich nur ein von mehreren möglichen Erklärungsansätzen gebe. Ich könnte mich irren, weshalb ich mich hier lediglich für meine Sichtweise zu rechtfertigen versuche, statt hier alle anderen übezeugen zu wollen. ;)

Mir scheint, du hast dir so hohe Ziele für dich selbst und deine innere Befindlichkeit gesteckt, dass du sie schon qua definitionem gar nicht erreichen kannst.

Ich war glücklich, sehr glücklich sogar. Das Ziel an innerer Befindlichkeit ist also nicht unerreichbar, habe ich es ja schon mal erreicht gehabt und sogar über mehrere Jahre gehalten. Es geht mir nicht um ununterbrochenes absolutes Wohlempfinden, sondern um diese besondere Art der inneren Zufriedenheit, die ich "Glück" nenne. Es bedarf dafür der richtigen Einstelllung und auch gewisser äußeren Umstände.

Ich bin ein Ganzes aus Kopf und Bauch (wobei der Bauch für alle Emotionen steht) und strebe an, dass beides in Einklang mit einander kommt.

Letzten Endes muss das irgendwie das Ziel sein - grob gesagt. Ich habe jahrelang alles ausschließlich nur nach abstrakten Prinzipien bewertet und meinen Gefühlen dazu höchstens verächtliche Bachtung geschenkt. Ich kam später zu der Ansicht, dass dies nur ein Fluchtversuch vor den eigenen Problemen war, indem ich nicht versucht habe, meine Probleme zu lösen, sondern sie klein zu reden, indem ich nicht versucht habe, meine negativen Gefühle durch positive zu ersetzen, sondern sie irgendwie abzutöten. Das ist nicht der richtige Weg und wer das versucht, kann sein Ziel nicht erreichen. Was für einen selbst bedeutsam ist, kann man nicht erkennen, wenn man seine Gefühle nicht ernst nimmt. Es bleibt meiner Meinung aber die Erkenntnis für "das große Ganze" in bezug auf die eigene Person, die Erkenntnis des eigenen Selbst, unmöglich, wenn man sich nur nach seinen aktuellen Gefühlen und spontanen Neigungen richtet. Um glücklich zu werden (und das setzt idR ein Maß an Selbsterkenntnis voraus), bedarf es (von wenigen utopischen Ausnahmefällen mal abgesehen) der ordnenden Unterstützung des Verstandes. Es gibt da eine imo passende Metapher eines antiken Rennwagens, bei dem die Pferde die Leidenschaften sind und der Mann an den Zügeln (in der Antike warens eben Männer) die Vernunft ist.
Eine völlige Harmonie zwischen Kopf und Bauch wäre das wünschenswerte Ideal - es ist aber imo utopisch und daher muss man irgendwo Prioritäten setzen. Derzeit glaube ich, dass man die Priorität auf den Verstand legen sollte und dieser ein Veto-Recht haben sollte, bzw. dass man sich im Zweifelsfall auf seinen Kopf statt auf seinen Bauch verlassen sollte. Ich lege mich da aber noch nicht fest und überlege, ob es nicht eher von der Einzelperson abhängt, welcher Instanz er ein Veto-Recht geben sollte. Aber ohne Veto-Recht geht es imo nicht, man muss auf eine Seite einen Schwerpunkt setzen. Man sollte beide Instanzen in den Entscheidungsprozess miteinbeziehen (das tue ich ja im Gegensatz zu früher ja auch), aber beiden gleiches Stimmrecht zu geben, würde in zuvielen Situationen eine Patt-Situation bedeuten und zur Handlungsunfähgikeit führen.

PS: Ich weiß, dass meine Formulierungen bei kritischer Analyse berechtigt in Frage gestellt werden können. Aber erstens will ich mir hier nicht den Aufwand machen und den Inhalt so formulieren, dass er dem mir höchstmöglichen Maß an Präzision entspricht und zum anderen halte ich ihn so, wie ich ihn jetzt formuliert habe, für eher allgemeinverständlich.
Also jetzt keine Meta-Diskussion, wer das denn sei, der das Veto-Recht gibt usw. ;)

Ipsissimus
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Sa 10. Mai 2008, 13:51 - Beitrag #12

Schätzle,mich kannst du aber mit dem "Nur-Kopf-Menschen" nicht meinen, so emotional wie ich oft reagiere, oder?^^

Maurice, wenn eine der Seiten ein Vetorecht hat, dann ist die Psyche schon aus dem Gleichgewicht. Eine integrale Psyche ist weder Verstand noch Gefühl, die Gesamtheit, die sie bildet, geht vielmehr weit über das Leistungsvermögen von Verstand und Gefühl hinaus; auch wenn sie sich deren Stärken bedienen kann, unterliegt sie nicht deren Zwängen, und sie versöhnt die beiden Seiten, und den Körper gleich noch mit. Ein solcher Status der Psyche ist auch erreichbar, er ist nur nicht offensichtlich für Menschen, welche extrem eine der Seiten bevorzugen.

Maurice
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Sa 10. Mai 2008, 14:02 - Beitrag #13

Es macht wohl keinen Sinn, darüber zu diskutieren. Wir nehmen die Dinge verschieden wahr und jeder kann seinen Standpunkt imunisieren, indem er dem anderen vorwirft, noch nicht die Erkenntnis erlangt zu haben, die man selbst glaubt erlangt zu haben. So sagst du mir, ich hätte einfach die Möglichkeit der völligen Harmonie zwischen Bauch und Kopf bisher noch nicht erkannt und ich sage dir, dass diese angebliche Harmonie eine Täuschung ist und man letzten Endes doch wieder einen Schwerpunkt setzen muss. Es ist jetzt dem persönlichen Geschmack des Lesers überlassen, für welchen Standpunkt er sich entscheidet. ^^

Aber vielleicht gibt es sogar hier wieder keine pauschale Antwort und es gibt Menschen, für die ist eine solche Harmonie möglich und andere müssen nunmal einen Schwerpunkt setzen. Ich kann diese Option nicht sicher ausschließen, bleibe aber derzeit erstmal bei meiner Meinung, dass jeder irgendwie einen Schwerpunkt setzen muss. ^^

Ipsissimus
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So 11. Mai 2008, 10:19 - Beitrag #14

ich bezweifle, dass diese Sache derart rational zur Disposition steht, wie es der Ausdruck "einen Schwerpunkt setzen" suggeriert^^ unsereins "setzt" oft "einen Schwerpunkt", wo es einfach nur nicht vermeidbar ist, da die Summe unsrer Traumatisierungen uns dazu zwingt^^ ich sag´s mal vorsätzlich provokativ: Leute ohne fünf Jahre Tiefenanalyse oder 20 Jahre Meditation auf dem Buckel haben keine Ahnung, wer sie sind^^

Feuerkopf
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So 11. Mai 2008, 11:06 - Beitrag #15

Zitat von Ipsissimus: ich sag´s mal vorsätzlich provokativ: Leute ohne fünf Jahre Tiefenanalyse oder 20 Jahre Meditation auf dem Buckel haben keine Ahnung, wer sie sind^^


Ipsi,
ich frage mich, wie weit diese Selbst-Erfahrung wiederum die Persönlichkeit verändert.

Da ich eh nicht an ein "unveränderliches Kern-Selbst" glaube, empfinde ich eine permanente Veränderung auch nicht als Problem. ;)

(Ich gehe davon aus, dass ich eine gewisse genetische Disposition mitbringe, die sich je nach Außeneinfluss ausprägt und wandelt.)

janw
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Mo 12. Mai 2008, 11:45 - Beitrag #16

Ich habe diesen thread aus dem Charaktereigenschaften-thread abgetrennt, weil er doch einige interessante Fragen aufwirft, die hier diskutiert werden sollten.

Es soll hier um das sog. Selbst gehen und um die Fragen der psychischen Wandelbarkeit des Menschen, Paradigmenwechsel und die Bedeutung von langjähriger Meditation und Therapie hierfür.

Ipsissimus
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Di 13. Mai 2008, 10:52 - Beitrag #17

ich frage mich, wie weit diese Selbst-Erfahrung wiederum die Persönlichkeit verändert


na ja, imo verändern sich Menschen auf verschiedene Weise, zum einen gemächlich über ein gemütliches Triften durch die Zeit, desweiteren am stärksten durch Erfahrungen und deren Verarbeitungsstatus, und zuletzt und am geringsten durch Nachdenken. Wobei Nachdenken noch eine zusätzliche Falle birgt, ein Mensch kann nämlich Attitüden einnehmen, die ihm aufgrund des Nachdenkens für wünschenswert erscheinen. Solche Attitüden erweisen sich häufig genug als Sackgassen (die gleiche Falle stellt sich auch sehr emotionalen Menschen).

Tiefenanalyse/Meditation gehört für mich zum Bereich angemessener Verarbeitungsstrategien. Insofern sind nicht sie selbst die Ursache für die Veränderungen eines Menschen, sie sind nur Werkzeuge, die die Auseinandersetzung eines Menschen mit seinen Erfahrungen unterstützen, indem sie verdrängte Erlebnisse behutsam ins Wachbewußtsein zurückholen und es dem Individuum möglich machen, sich mit seinen Erfahrungen zu versöhnen. Bildlich gesagt: das Bild im Spiegel ist meist das Bild der gewünschten Eigenschaften. Jetzt ersetzen wir es durch die tatsächlichen Eigenschaften^^

Ich glaube also, um auf deine Frage direkt zu antworten, dass die Selbst-Erfahrung Prozesse bereinigt und Erfahrungen integriert. Da ich wie du nicht von einem konstanten Selbst ausgehe, fasse ich Selbsterfahrung als Steuermechanismus auf, nicht aber als Ursache der Veränderung.

C.G.B. Spender
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Di 13. Mai 2008, 15:16 - Beitrag #18

Mehr ich selbst wurde ich, als ich aufhörte, nach so etwas wie dem Selbst zu suchen. Am meisten ich selbst war ich, als ich noch von keiner Suche wußte, kindlich, frei und verbunden mit allen Dingen.

Nur rückblickend auf die Lebenserfahrung erkenne ich was ich war und vielleicht auch zu was ich geworden bin und meine größte Sehnsucht besteht manchmal darin, zumindest einen Teil dieser kindlichen Verbundenheit wieder zu erlangen. Denn Erkenntnise über das Selbst mögen zwar aufschlußreich sein, aber letztendlich ist es die Harmonie, die den wirklichen Frieden bringt.

Das soll nun nicht zwingend eine Metadiskussion über den Sinn der Selbstfindung werden, sondern es sind ein Teil meiner Gedanken zu dem Thema.

Die Frage, die ich mir nun stelle, ist, wüßte ich die Harmonie und die guten einfachen spirituellen Dinge im Leben zu schätzen, wenn ich nicht bereits das Gegenteil kennengelernt hätte und bereits auf einer langen Reise zum Selbst gewesen wäre? Ich glaube das kann ich eindeutig verneinen.

Eine andere Frage, die sporadisch auftaucht, ist, ob ein gesundes Selbst in einer Gesellschaft in der nur funktioniert werden muß, überhaupt notwendig ist?

Braucht der durchschnittliche Konsumist und Spaßspießbürger überhaupt irgend eine Form von Selbstreflektion? Bild

Milena
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Di 13. Mai 2008, 15:34 - Beitrag #19

Mehr ich selbst wurde ich, als ich aufhörte, nach so etwas wie dem Selbst zu suchen. Am meisten ich selbst war ich, als ich noch von keiner Suche wußte, kindlich, frei und verbunden mit allen Dingen.


....gefällt mir sehr gut....^^

Denn Erkenntnise über das Selbst mögen zwar aufschlußreich sein, aber letztendlich ist es die Harmonie, die den wirklichen Frieden bringt.


....finde ich auch....^^
..ich bin manchmal so was von überrascht, von mir selbst, über mich selbst,
dass ich darüber lachen und auch weinen könnte....

Maglor
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Di 13. Mai 2008, 23:52 - Beitrag #20

Ich sehe die Sache eher wie die Impressionisten, also auch im Sinne der Synthese oder wie der alte Heraklit schreib: "Man kann nicht zweimal durch den selben Fluss schreiten!"
Manchmal geht es mir so, wie mir so wie der Frau in der "Traumnovelle". Für einen kurzen Moment glaubt man etwas, liebt, begehrt... und das auch noch von ganzem Herzen; und im nächsten versteht man es nicht, glaubt nicht einmal, dass man dies selbst gedacht haben könnte. :crazy:
Und es ist ja nicht so, dass dies Brüche wären, nicht einmal ein Paradigmenwechsel.

Ich glaube auch nicht, dass es so etwas wie ein unveränderliches Selbst gibt oder geben kann. Da ich ja die Existenz einer Seele™ in 95% aller Momente kategorisch auschließe, bleibt mir ja im Grunde nur die biologische und medizinische Perspektive:
Und die zeigt ja, dass z.B. körperliche Veränderungen seelische nach sich ziehen. Die Altersmilde kennt ja sogar der Volksmund.
Zahlreiche neurologische Erkrankungen ziehen charakterliche Symptome mit sich. Fleisch und Geist sind letztlich eins und auch die Arbeit der Schilddrüse ist letztlich sogar charakterbildend relevant.
Interressant fand ich diesbezüglich eine Dokumentation über das Gehirn und Inselbegabungen auf arte. Hier wurde ein Mann vorgestellt, der in seinem früheren Leben ein Krimineller war und seit ihm eine Pistolenkugel ins Gehirn geschossen wurde, ist er ein ganz anderer Mensch, beschäftigt sich mit Kunst und versteht überhaupt nicht, wie er früher so anders sein konnte. :rolleyes:

Im Grunde ist das System des Selbst so chaotisch, dass es die Wissenschaft geschweige denn meine Wenigkeit durchschauen können. Zu viele Faktoren spielen in unserem Betriebssystem mit, als dass man es verstehen könnte.
Sicher ergeben genetische Veranlagung und frühkindliche Prägung eine deutliche Grundlage, der man kaum entkommen kann; aber im Grunde ist die entscheidende Frage nicht, ob sich etwas am Selbst verändert, sondern was eine nennenswerte Veränderung an sich ist.
Für entscheidend halte ich hierbei die Unterscheidung von dem Gleichen und dem Selben. Wir sind ja natürlich immer die Gleichen und wie ein Tag dem anderen gleicht; so gleicht mein Ich von gestern mit Sicherheit von morgen. Doch bin ich jeden Tag der Selbe? Vielleicht ist dieses Selbst ja auch nur eine Idee, ein Konzept, ein Konstrukt von Geist und Sprache...
Und als solches können wir es ja benutzen und unsere eigene Wirklichkeit schaffen, jedenfalls für den Moment.
Und morgen erschaffe ich mich, mein Selbst, und den Rest wieder neu.
MfG Maglor :rolleyes:

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