Freiheit

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Ipsissimus
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Mo 18. Mai 2009, 15:33 - Beitrag #1

Freiheit

zwei Thesen zum Thema

1) Die überwiegende Mehrheit aller Menschen braucht keine Freiheit, sondern die Illusion von Freiheit.

2) Die überwiegende Mehrheit aller Menschen braucht nicht die Illusion der Freiheit zu, sondern die Illusion der Freiheit von

ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die "goldener Käfig"-Situation so gut wie unbemerkt bleibt, wenn die Illusion nur gut genug gemacht ist. Schaue ich auf die Gleichförmigkeit von Tagesabläufen, scheint mir das eigentlich evident. Schaue ich darauf, dass Menschen sich damit abfinden, dass ihre Meinung im großen Pool untergeht, solange sie nur das Gefühl haben, jederzeit alles sagen zu dürfen (obwohl nichts davon zur Kenntnis genommen wird und Auswirkungen hätte), steigt die Evidenz um ein erkleckliches Maß. Schaue ich weiter, dass in diesem Pool auch der effektive Widerstand gegen Vereinnahmung untergeht bzw. Vereinnahmung als Normalfall und Widerstand dagegen als unangemessen empfunden wird, steigt die Evidenz abermal um ein gehöriges Maß.

Ich bin außerdem davon überzeugt, dass die meisten Menschen keine eigene Vision verfolgen, sondern sich bereitwillig vereinnahmen und Visionen überstülpen lassen, solange sie nur unbehelligt bleiben von größeren Unannehmlichkeiten (was sie wiederum mit "frei sein von" verwechseln)

zu schwarz, zu pessimistisch, zu böse, nur realistisch, oder einfach nur "na und?"

Milena
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Mo 18. Mai 2009, 15:51 - Beitrag #2

..interessantes thema schatz,^^ gabs glaub schon mal, und wird es noch lange geben irgendwo und überall...^^
Ich bin außerdem davon überzeugt, dass die meisten Menschen keine eigene Vision verfolgen, sondern sich bereitwillig vereinnahmen und Visionen überstülpen lassen, solange sie nur unbehelligt bleiben von größeren Unannehmlichkeiten (was sie wiederum mit "frei sein von" verwechseln)

....ja, aber nur, weil der mensch nicht unbedingt eine andere wahl hat....
er ist immer irgendwo gefangen, nie wirklich frei und versucht das beste in dieser gefangenschaft zu machen.....
die freiheit per se gibt es nicht....
der mensch wird hineingeboren in ein umfeld, das verantwortung, pflichten und so weiter beinhaltet....deswegen kann er es sich noch so sehr wünschen,
die freiheit an sich bleibt fiktion...

e-noon
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Mo 18. Mai 2009, 15:52 - Beitrag #3

Am ehesten noch "ja, und?".
Allerdings ein ziemlich müdes.

"Wenn die Illusion gut genug ist"- das trifft auf alles zu. Wenn die Illusion, dass mein Partner mich liebt, gut genug ist, reicht mir das, solange ich nicht weiß, dass es nur eine Illusion ist. Solange ich die Illusion habe, dass ich gesund bin, fühle ich mich eventuell wohl, auch wenn sich der Krebs durch meine Gedärme schleicht (tut er meines Wissens nicht, aber weiß man ja nie).

Die wichtigsten Freiheiten habe ich, ich kann gehen, wohin ich will, Religion kann ich mir aussuchen, kann denken und sagen, was ich will (natürlich nicht ohne Konsequenzen, aber meist ohne rechtliche Konsequenzen); einige ebenfalls wichtige Freiheiten habe ich nicht und werde sie nie bekommen, die Freiheit, mir einen eigenen Körper auszusuchen oder meinen Dozenten zu feuern, wenn er seine Unfähigkeit oft genug bewiesen hat, und darüber ärgere ich mich natürlich, sehe aber keinen Weg, auf dem ich einen anderen Körper oder Dozenten erlangen könnte. Entleibung mit Hoffnung auf Wiedergeburt scheint mir zu drastisch und unwahrscheinlich.

Lykurg
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Mo 18. Mai 2009, 15:58 - Beitrag #4

zu schwarz, zu pessimistisch, zu böse, nur realistisch, oder einfach nur "na und?"
Ganz und gar nicht (höchstens eine Prise "na und", verfeinert mit einer Messerspitze "war doch immer so"). These 1 stimme ich zu und möchte vielleicht noch ergänzen, daß eine überwiegende Mehrheit auch das Bestehen eines Unterschieds zwischen Freiheit und Illusion der Freiheit nicht einsehen wird, wenn die Illusion nur gut genug funktioniert. (Das läßt sich allerdings teilweise unter "braucht" subsummieren).

Über These 2 muß ich noch einen Moment nachdenken, mir jedenfalls ist auch die (Illusion von) Handlungsfreiheit wichtig. Zwar möchte ich meine Bedürfnisse und Ansichten nicht zum Prinzip machen, denke aber doch, daß es deutlich mehr Menschen so gehen dürfte. - Ein zwingendes Bedürfnis nach echter Freiheit halte ich für eine Ausnahmeerscheinung, (vermeintlich?) gelebt von einigen wenigen 'Individualisten', die schon als solche von der Gesellschaft beargwöhnt werden.

blobbfish
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Mo 18. Mai 2009, 16:05 - Beitrag #5

Ich frage mich allerdings, wie sinnvoll es noch ist, Freiheit und Illusion derselben überhaupt zu trennen, wenn es faktisch praktisch ohnehin zusammenläuft.

Ipsissimus
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Mo 18. Mai 2009, 18:04 - Beitrag #6

weitgehende Zustimmung, Schatzele^^ bei deinem ersten Punkt "....ja, aber nur, weil der mensch nicht unbedingt eine andere wahl hat...." wäre aber zu fragen, woher dieses schlussendliche Abfinden mit der Situation seine Macht bezieht. Ist es wirklich nur, wie du schreibst, das Beste draus zu machen?

e-noon und blobbfish, das Problem beginnt, wenn die Illusion irgendwann einmal doch bricht und ersichtlich wird, dass euer ganzes Leben in eine Täuschung eingebettet ist, die ihr vor euch selbst nicht mehr verbergen könnt

Lykurg, dieses "na und" gepaart mit "war doch immer so" empfinde ich ja selbst als außerordentlich verführerisch, und zur Unterstützung des sich Abfindens ist es sicher eine der ultimativen Waffen. Zu These 2 ließe sich z.B. aus meinem Leben alle jene Dinge anführen, die ich nie gemacht habe, weil ich zufrieden war, sie tun zu können, wenn ich denn wollte. Ihre Zahl ist Legion^^

e-noon
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Mo 18. Mai 2009, 18:18 - Beitrag #7

e-noon und blobbfish, das Problem beginnt, wenn die Illusion irgendwann einmal doch bricht und ersichtlich wird, dass euer ganzes Leben in eine Täuschung eingebettet ist, die ihr vor euch selbst nicht mehr verbergen könnt
Und zwar? Ich wüsste nicht, dass ich irgendetwas vor mir zu verbergen suche. Ich bin unfrei, bestimmt von Naturgesetzen, meinen eigenen Wünschen, der Gewohnheit, den Wünschen der anderen, der Gesellschaft, den Gesetzen... Teilweise ist das auch gut so, will gar nicht wissen, will gar nicht wissen, wieviele Menschen ein blaues Auge hätten, wenn ich im entsprechenden Moment freier gewesen wäre oder mich freier gefühlt hätte... ^^

Wenn mir irgendjemand verbieten würde, nach Afrika zu reisen, würde ich dagegen stirkt protestieren, auch wenn ich jetzt nicht den Wunsch habe, nach Afrika zu reisen... soweit klar. Warum ist man aber weniger frei, wenn man etwas nicht tut, weil man nicht den Wunsch dazu hat? Ist deiner Meinung nach nur frei, wer alles macht, was er nicht machen will, nur weil er es kann? Oder wie?

Milena
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Mo 18. Mai 2009, 21:54 - Beitrag #8

.....mmh, freiheit hin oder her.....
im prinzip kann doch ein jeder das machen , was er möchte,.....
er muss dann auch mit den konsequenzen leben können...^^Bild

janw
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Mo 18. Mai 2009, 22:01 - Beitrag #9

Ich denke, These 2 trifft es recht gut, wobei in meinen Augen für die meisten/viele Freiheit bedeutet, daß ihr eigener selbst gesetzter Freiheitsrahmen nicht mit äußeren Grenzen kollidiert, mithin also die Freiheit bedeutet, sich selbst begrenzen zu können. Die Selbstbegrenzung wird aber durch medial vermittelte Werturteile wesentlich und unbewusst mit beeinflusst, so daß ihre Freiwilligkeit Illusion ist.

Ipsissimus
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Di 19. Mai 2009, 12:21 - Beitrag #10

e-noon, das bedeutet also, du heißt z.B. die Situation in China für gut? Den Leuten werden alle Informationen vorenthalten, die sie ohnehin nur stören würden, und so dürfen sich dort alle frei fühlen? Weißt du, welches Argument ich bei der Nachrichtenauswahl während meiner diversen Praktika in Rundfunkredaktionen am häufigsten gehört habe? "Das können wir unseren Zuhörern nicht zumuten."^^

zu deiner Frage ("Ist deiner Meinung nach nur frei, wer alles macht, was er nicht machen will, nur weil er es kann?"): ich weiß nicht, was Freiheit ist^^ am ehesten ist sie mir eine innere Haltung den Sachverhalten gegenüber, aber jede Definition, mit der ich bis jetzt konfrontiert wurde, hat ihre Anwendungsgrenzen, sofern man sie nicht an Modellen sondern an der Wirklichkeit anwendet. Mein Leben zum Beispiel findet seit seiner Konsolidierung in einem Streifen von etwa 200 Meter Breite und knapp 5 km Länge statt, und zwar vollständig, bis auf Eskapaden (Besuch bei Eltern, Besuche bei Milly). Daneben die große weite Welt, die mir theoretisch größtenteils zugänglich sein müßte, aber für mein Leben völlig überflüssig ist^^ ich bin frei, aber ich nutze selbige Freiheit nicht. Und es kommt mir so vor, als sei der in dieser Feststellung implizierte Konflikt nicht so ganz einfach mit dem Vermerk "selbst schuld" zu erledigen^^


Schätzle, dieses "mit den Konsequenzen leben können müssen" ist aber eine kritische Frage, oder? Wieviele können das denn wirklich? Wieviele hadern statt dessen vielmehr permanent mit ihrem Schicksal? Fakt ist sicher, dass die Leute mit den Konsequenzen leben müssen. Ob sie es aber können, ist eine andere Frage. "Freiheit ist die Fähigkeit, den Konsequenzen des eigenen Tuns und Wollens mit Gelassenheit zu folgen."^^ so viele in diesem Sinne freie Menschen kenne ich nicht^^



jan, hältst du das für eine Henne oder Ei?-Frage? Irgendwann, irgendwie muss dieses Spielchen doch mal losgegangen sein^^

e-noon
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Di 19. Mai 2009, 13:47 - Beitrag #11

Daneben die große weite Welt, die mir theoretisch größtenteils zugänglich sein müßte, aber für mein Leben völlig überflüssig ist^^ ich bin frei, aber ich nutze selbige Freiheit nicht. Und es kommt mir so vor, als sei der in dieser Feststellung implizierte Konflikt nicht so ganz einfach mit dem Vermerk "selbst schuld" zu erledigen^^
Sondern? Wer ist schuld?
In Unrechtsstaaten wäre meine Freiheit wahrscheinlich so weit eingeschränkt, dass ich mich nicht mehr wohlfühlen würde. Wenn ich allerdings bescheidene Bedürfnisse hätte und es nicht merken würde, würde ich mich auch da frei fühlen.

Mein Leben spielt sich in einem 2000km und (wie hoch fliegen Flugzeuge?) x km hohen Raum ab. Ich kann dir versichern, dass es tatsächlich möglich ist, das Land zu verlassen, wenn man das möchte. Es sei denn, die Ländergrenzen sind gar nicht die echten und die malen die Striche nur auf die Erde, um uns zu täuschen. Ich kenne Leute, die waren in China und sind auch wieder zurückgekommen, und ich kenne Leute, die waren in Australien. Sind sie deswegen freier? Was hat Freiheit mit freier Ortswahl zu tun? Doch nur passiv, wenn sie eingeschränkt wird. Das wird sie aber eher durch Sachzwänge als durch die bösen Mächtigen, zumindest für Deutsche ab einer gewissen Einkommenshöhe. Und auch das ist sinnvoll. Wieso sollte irgendjemand einen Zug bauen und Leute damit fahren lassen, wenn er nichts dafür bekommt? Wer wirklich ins Ausland will, mehr als alles andere, wird das auch schaffen.

Wenn du nicht weißt, was Freiheit heißt, aber schon weißt, dass ich sie nicht habe oder dass die Chinesen sie nicht haben, oder was auch immer: Was ist dann für dich Unfreiheit? So richtig will mir das noch nicht klar werden, es sei denn, du meinst Informationsfreiheit, die sicherlich eingeschränkt ist, aber doch auf einem allgemeinen Stand, der mMn den vorangegangener Jahrhunderte weit übertrifft.

Milena
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Di 19. Mai 2009, 14:06 - Beitrag #12

...da muss ich e-noon zustimmen....
wer wirklich etwas möchte, sei es ins ausland gehen oder sonst was, was für ihn freiheit eben beinhaltet, der wird es auch eines tages schaffen...
wer alles irgendwo halblebig sich vorstellt und selbst nicht so recht nichts weiss, der wird in seiner illusionären freiheit weiterhin verharren......^^

Ipsissimus
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Di 19. Mai 2009, 14:14 - Beitrag #13

ach, Menschen sind doch üblicherweise so was von paradoxen Wesen^^ ich möchte schon gerne gelegentlich sonstwohin, bin es aber zufrieden, hier zu sein, und fühle mich trotzdem unfrei^^ gerade wegen der Konsequenzen stehe ich des morgens trotz erwiesener Unlust auf^^

janw
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Di 19. Mai 2009, 14:55 - Beitrag #14

Ipsi, ich würde sagen, ein Kontinuum mit modalen Verschiebungen.
In dem Maße, wie legale Grenzen aufgeweitet wurden, wurden strukturelle geschaffen bzw. die in Anpassung an die legalen Grenzen etablierten strukturellen konsolidiert.
Da gab es mal ein nettes Lied:"Sie sind grün, und wenn wir vorüber gehn, dann tu bitte so, als hättest du die Leute nicht gesehn..."
Benno Ohnesorg war ein Terrorist, weil Bild das sagte, und sonst hätte der Polizist ihn ja auch nicht...^^
Und selbst heute wird durch das illegale Filmen von Demonstrationen, ewige Wiederholung von Steinwürfen und brennenden Autos in Trailern, mit dramatischer Musik untermalt, wird auch dem letzten Bürger verdeutlicht, daß Ruhe nach wie vor seine erste Pflicht...^^

Ich denke, daß das Biedermaier zeigt, wie die Sache funktioniert, Rückzug ins Private, um die Pickelhauben draußen nicht sehen zu müssen.

Heute sagen "uns" Tom Buhrow und so, wie "wir" die Welt zu verstehen haben. O-Ton des Vorsitzenden des Bundes niedersächsischer Zeitungsverleger: "Der Kommentar vermittelt dem Leser, wie er die Vorgänge einzuordnen hat." Imperativ also.

e-noon
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Di 19. Mai 2009, 15:23 - Beitrag #15

Sehr weise. Und was tut ihr dagegen, wenn es euch so sehr stört?

Ipsissimus
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Di 19. Mai 2009, 15:40 - Beitrag #16

ich für mich? Rückzug ins Private, oder Neudeutsch innere Emigration^^

blobbfish
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Di 19. Mai 2009, 17:35 - Beitrag #17

Wenn du nicht weißt, was Freiheit heißt, aber schon weißt, dass ich sie nicht habe oder dass die Chinesen sie nicht haben, oder was auch immer: Was ist dann für dich Unfreiheit? So richtig will mir das noch nicht klar werden, es sei denn, du meinst Informationsfreiheit, die sicherlich eingeschränkt ist, aber doch auf einem allgemeinen Stand, der mMn den vorangegangener Jahrhunderte weit übertrifft.


Freiheit und Unfreiheit sind konträr. Beispiele für Unfreiheit sind eine negative Abgrenzung für Freiheit. Aber selbst wenn du Unfreiheit an sich, lapidar kantisch gefasst, untersucht hast und festgestellt hast, was es ist, hast du damit noch keine direkte positive Abgrenzung für Freiheit. Was zumindest einfach ist, ist Beispiele aufzulisten. Was denen gemein ist, ist wiederrum schwierig.

e-noon und blobbfish, das Problem beginnt, wenn die Illusion irgendwann einmal doch bricht und ersichtlich wird, dass euer ganzes Leben in eine Täuschung eingebettet ist, die ihr vor euch selbst nicht mehr verbergen könnt


Gut, damit haben wir einen theoretischen/hypothetischen Fall. Den gestehe ich dir auch zu. Allerdings ist zu erklären, wie die Freiheit zu einer Illusion der Freiheit wird, bzw. wie das für das betreffende Subjekt feststellbar ist oder wie es allg. feststellt, dass Freiheit nur eine Illusion von Freiheit ist und was dann die eigentliche Freiheit ist (eigentlich zeigt an, dass etwas nicht in Ordnung ist!).

e-noon
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Di 19. Mai 2009, 20:26 - Beitrag #18

@blobbfish: Ich weiß...

@Ipsi: Wenn du beschlossen hast, nichts ändern zu wollen, warum dann dieses Thema? Als hübsche Deko im privaten Rückzugsbereich? Sollen andere ändern, was du als Missstand empfindest? Oder reicht es dir, wenn sie es ebenfalls als Missstand empfinden?

Ipsissimus
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Mi 20. Mai 2009, 09:54 - Beitrag #19

blobbfish, ich bezweifele, dass der Fall so theoretisch/hypothetisch ist. Häufiges Beispiel: Ehen, die nach 20, 25 Jahren auseinander gehen, weil einer/m der Partner plötzlich unerträglich wird, was solange anscheinend reibungslos klappte. Anderes Beispiel (selbst im Freundeskreis erlebt): Krist, der plötzlich bemerkte, dass er mitnichten in der Liebe und Freiheit Christi lebte, sondern in der Enge einer kleinlichen Gemeinde, die seine eigenen Überzeugungen usurpierte. Blöderweise war er der Pastor derselben. Wurde dramatisch. Beispiele sind Legion.

Das mit der negativen Abgrenzung empfinde ich in der Praxis gar nicht mal so dramatisch. Ich weiß bei vielen Sachverhalten nicht, wie ich sie mir idealerweise vorstelle; ich weiß aber gegebenenfalls immer sehr genau: so nicht. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich irgendwo in der Mitte stehe; ich verfolge selbst kaum aktive Visionen (kein Ehrgeiz, noch nie gehabt), ich lasse mir aber auch kaum Visionen überstülpen.

e-noon, sprichst du nur über Dinge, bei denen du einen Handlungsimperativ empfindest? Aber davon abgesehen: für mich hat sich die Illusion der Einflussnahme ziemlich gründlich desavouiert. Strukturelle Gewalt ist etwas Grauenvolles, noch dazu auf einer Ebene, die so gut wie unbemerkt bleibt. Ich verlange auch nicht etwa von anderen, etwas zu ändern oder gar etwas Bestimmtes zu empfinden, das überlasse ich schön unseren Politikern und Meinungsmachern (also das Einfordern). Das einzige, was ich mache - und womit die innere Emigration sich als unvollständig erweist - ist das, was du sehen und lesen kannst - ich verstreue Gedanken. Selbstverständlich in Konkurrenz mit unzähligen anderen Gedanken, schließlich sollen die Leute selbst denken und nicht glauben. Aber den einen oder anderen Anstoß werde ich wohl schon gegeben haben. Das reicht.

blobbfish
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So 24. Mai 2009, 12:31 - Beitrag #20

Nun, mit deinen Beispielen hast du recht. Mich fuehren sie jetzt allerdings auf etwas andres, wohl im Bestreben, die Illusion loszuwerden. Ich habe den Verdacht, das kann uns in ein Muenchhausen-Trilemma fuehren. Vielleicht kann man ja weiter trennen und das empfinden einer Illusion einfuehren, im nachhinein, also in deiner Rede nach aufdecken der Illusion, ist das auch legitimiert. Mir scheint naehmlich, bei der Rede der Illusion von Freiheit und Freiheit haben wir eine Freiheit per se, eine Freiheit an sich, etc, jeder wie er mag. Worauf ich hinauswollte ist, dass diese Freiheit entweder nicht erreichbar ist und insofern obsolet oder die eine Illusion in einer andere uebergeht.
Daher schlage ich dann obige Trennung vor um eine gewisse Lokalitaet zu erhalten. Jetzt kann man natuerlich fragen oder einwenden, dass man eigentlich nicht weiter ist, denn wir betrachten etwas, was wir als Freiheit bezeichnen moegen nur im nachhinein und auch nur relativ zu einer Erkenntnis. Da aber das ganze nun auf Einzelwesen heruntergebrochen ist, scheint mir ein Kette von Illusionen ad infinitum ausgeschlossen. Der Preis ist allerdings, dass wir die Illusion der Freiheit nicht mehr mit der Freiheit schlechthin vergleichen koennen und nun ueberlegt werden muss, ob man aus der vmtl. unbefriedigenden Antwort Ja und? herauskommt, immerhin haben wir ja nun nur mehr die Moeglichkeit Dinge im nachhinein auszusagen, aendern laesst sich kaum mehr was, als das was gerade ist, ich kann also nurmehr fragen, ob ich mich frei fuehle.


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