Was ist Gerechtigkeit?

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
e-noon
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Fr 24. Jul 2009, 23:18 - Beitrag #81

Jap da weiß ich was. Ich hab die genauen Zahlen nicht mehr im Kopf, weiß aber noch, dass Türken und Italiener die beiden größten Ausländergruppen in Deutschland stellen - wenn wir mal unterstellen, dass der "Ausländereffekt" in diesen relativ schlecht integrierten Gruppen auch noch bei den Enkeln auftritt, die in Deutschland geboren sind und die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Es geht also um Menschen mit Migrationshintergrund. Das Problem besteht zunächst in der Sprache - oft sprechen die Eltern irgendeinen veralteten türkischen/italienischen Dialekt, gemischt mit Deutsch. Die Kinder können dann beide Sprachen nicht richtig und werden im Prinzip ihrer Muttersprache beraubt. Dann gehen sie häufig nicht in den Kindergarten - Familien mit Migrationshintergrund sind oft arm oder wissen nichts davon bzw. halten nichts davon. Dem entspricht die Ghettoisierung - viele Ausländer auf einem Haufen sorgen dafür, dass die Kinder auch im Umfeld kein Deutsch lernen oder mit Deutschen überhaupt in Berührung kommen. Oft sind entsprechende Stadtviertel mit türkischen/italienischen Zeitungen, Fernsehen etc. versorgt. In den Grundschulen treffen die Kinder dann oft auf andere Ausländerkinder und/oder deutsche Unterschichtskinder, was natürlich nicht dazu beiträgt, in den vier Jahren Grundschule den Bildungsrückstand und die mangelnden Sprachkenntnisse aufzuholen. Wer es sich leisten kann und an einer guten Ausbildung für seine Kinder interessiert ist, zieht aus solchen Vierteln weg. Die Übrig gebliebenen sind dadurch noch schlechter dran. Prozentual sind Ausländer auf Hauptschulen viel häufiger als Deutsch, auf Gymnasien viel seltener als Deutsche. Sie haben häufiger einen Hauptschulabschluss oder brechen gar die Schule ab. Und dann? :|

Wer hat Schuld? Beide Seiten.


PS:

Honi soit qui mal y pense = Ein Schuft, wer böses dabei denkt.
Wiki sagt:
Der Sinnspruch wird heute im Deutschen, Englischen und auch im Französischen gebraucht, um …

* darauf hinzuweisen, dass eine Handlung bloß durch falsche Interpretation anstößig scheint,
* eine peinliche Situation abzumildern,
* augenzwinkernd die Doppeldeutigkeit einer Handlung oder Aussage auszudrücken.


ius primae noctis = Das Recht des Fürsten, jede in seinem Herrschaftsgebiet verheiratete Frau in der Hochzeitsnacht zu entjungfern.

janw
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Sa 25. Jul 2009, 02:43 - Beitrag #82

e-noon, sieh Dir mal die schlesischen Weber an, was da passierte, als die mechanischen Webstühle eingeführt wurden.

Im Grunde könnte man die heutige Situation wieder als eine subtile Form der Menschenbesitzung beschreiben, eben weil die Arbeitgeber, über ihre dominierende Stellung bei der Verteilung von Arbeit und in Verbindung damit, daß Arbeit die einzige Möglichkeit für die meisten Menschen ist, an Geld als quasi alleiniges Zugangsmittel zu allen materiellen Gütern zu gelangen, die materielle und daran gekoppelt auch die psychosoziale Existenz der Menschen in ihrer Hand haben.
UND, und das macht das Ganze so bedrohlich, wirklich immer mehr Menschen sind da nicht einfach nur in Händen, sondern diese Hände drücken zu - indem ganze Arbeitsbereiche wegrationalisiert werden oder einfach nicht mehr existenzsichernd bezahlt werden, und zusätzlich arbeiten diejenigen, denen die Hände gehören, zielstrebig daran, daß auch die Sicherungsstellen des Gemeinwesens, die Sozialversicherungssysteme, zunehmend weniger Sicherheit bieten. Hartz IV kam nicht von ungefähr, IMHO war es Ergebnis einer gezielten Lobbyarbeit, durch die sich die Unternehmer aus ihrem Teil der gesellschaftlichen Verantwortung stehlen wollen.
Erst die Brandmarkung der aus der Arbeit Geworfenen als Sozialschmarotzer, dann das Infragestellen menschenwürdigexistenzsichernder Leistungen für diese Menschen, gleichzeitig das Infragestellen der paritätischen Zahlungen in die Sozialversicherung, zugleich die systematische Verhinderung der Befreiung der Betroffenen aus der Misere* - im Mittelalter war die Ungleichheit wenigstens noch Ausdruck einer gottgewollten Ordnung, in der jeder einen verlässlichen Platz hatte, heute ist die Anarchie des Kapitals das reale Antlitz der freiheitlichen Demokratie.

Was die Obstpflücker betrifft...das ist sehr anstrengende Arbeit und nur für kurze Zeit und dann sehr schlecht bezahlt.
Sicher, die Polen machen diese Arbeit - aber welche? Überwiegend eher jüngere Männer, und auch nur, weil die Preise in ihrer Heimat noch etwa halb so hoch sind wie bei uns, der Lohn ist für sie damit real doppelt soviel wert wie für deutsche Arbeiter.

@dmz morgen getrennt.

e-noon
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Sa 25. Jul 2009, 11:54 - Beitrag #83

Zitat von janw:e-noon, sieh Dir mal die schlesischen Weber an, was da passierte, als die mechanischen Webstühle eingeführt wurden.

Aussage? Wünschst du dir, dass die mechanischen Webstühle nie hätten erfunden werden sollen? Würde denn das, was die schlesischen Weber an Arbeit schaffen, für unseren Bedarf ausreichen? Und würde überhaupt noch irgendwer am Webstuhl sitzen wollen?

janw
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Sa 25. Jul 2009, 16:05 - Beitrag #84

e-noon, das war nur ein Beispiel, wie die Verdrängung manueller Arbeit durch Maschinen die Arbeiter ins Elend gestürzt hat. In dem Falle noch verstärkt durch den Import billigerer Waren aus Asien und ausbeuterische Verleger. Ein Fall, der übrigens auch in die Literatur eingegangen ist.

Natürlich bin ich nicht grundsätzlich gegen Mechanisierung, dadurch sind viele gefährliche oder wirklich stupid monotone Arbeiten ersetzt worden, und viele Güter wurden dadurch erst in Mengen verfügbar, wie wir es heute gewohnt sind.
Nur haben wir seit Jahren eine Situation, in der auch Arbeiten mechanisiert werden, die gut von Menschen zu erledigen sind. Und dies wird staatlicherseits zumindest nolens volens gefördert, indem die Rationalisierungskosten steuerlich abzugsfähig sind, indem geduldet wird, daß die Entlohnung für diese Arbeiten im Vorfeld so weit abgesenkt wird, daß keiner mehr von diesen Arbeiten leben kann und dann mangelnde Verfügbarkeit von Leuten, die just for fun Obst pflücken oder Telefonanrufe tätigen wollen, als Grund für die Mechanisierung angeführt wird, und daß z.B. Banken die menschliche Arbeit ganz offen unattraktiv machen, indem geld abheben am Schalter mehr kostet als am Automaten.
Die Kassiererin im Supermarkt wird es bald nicht mehr geben, einige Ketten experimentieren bereits mit elektronischen Systemen.
Die Politik duldet bis fördert dies, tut aber vor der Öffentlichkeit so, als gebe es doch genügend Möglichkeiten, Geld zu verdienen.
Wenn das nicht pervers ist, was ist es dann?

Makeda
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So 26. Jul 2009, 16:10 - Beitrag #85

6 normale T-Shirts oder 9 bei Kik.
Bei KIK!? Kunde ist König oder auch Kinderarbeit ist künstiger! Und wenn genug Geld dar währe könnte man KiK auch entlich zu machen!
Und zum Schulranzen, die sind teuer, sehr teuer.....ich glaube billige bekommt man ab 40 Euro, aber auch nur im Angebot und vereinzelnt. Der Standart kostet ab 150 Euro (150 sind hierbei billig) aufwärts dabei.

und manchmal ist es eben so, dass sich solche menschen, die es von klein auf schwer gehabt haben, aus diesem sumpf heraus wollen und wirklich viel energie dafür verschwenden, um es zu schaffen und es den anderen zu zeigen.....aber wird wohl eher die ausnahme sein....

Ich bin eine!
schlimm finde ich es allerdings auch, wenn solche Menschen, die es aus dem Sumpf herausschaffen, später als Vorbilder benutzt werden, um denen, die im Sumpf verblieben sind, zu suggerieren, es könnten alle schaffen.

wie du auch sagtes es können nicht alle schaffen. Zudem kommt auch wenn ich so eine ausnahme bin, dass die Wahrscheinlichkeit wirklich in der oberen Gesellschaft anzukommen, sehr gering ist. Man gehört einfach nicht dazu. Man spricht die Sprache nicht so perfekt, das Verhalten ist ein anderes.
Dazu kommen auch noch Faktoren der Startschwierigkeiten nach der Ausbildung/Uni. Studenten, die gefördert werden durch Stependien oder Eltern, haben danach nicht das Problem, dass sie mit ca. 10-15.000 Euro Schulden die Uni verlassen. Man könnte jetzt natürlich einbringen, dass man sich ja ein Stependium selber besorgen kann. Ja, dass wäre Möglich, wenn die Abi-Noten stimmen würden.
Aber wenn man aus der unteren Schicht kommt, muss man neben der Schule arbeiten gehen, weil die Familie nicht das Geld besitzt, dass Kind länger durch zufüttern. Und ich war noch in der Situation, dass mein Vater nie Arbeitslos war, aber das Gehalt und das Ansehen seines Berufes eben sehr gering war.


Jetzt ist es bei mir so, dass ich ein Praktikum an meiner alten Hauptschule mache. Und ich finde es gut und wichtig, den Kindern ehrlich zu sagen, wie sehr man sich den Arsch aufreißen muss um aus diesem Sumpf zu entkommen und es oft dennoch nicht schaft oder sich immer wieder beweisen muss, dass man nicht einfach nur doof ist, weil man eine einfachere Sprache benutzt-kann man vergleichen mit der Pupatät und den Erwachsenen, die einen meist nicht so ernst nehmen; doch das es nicht aufhört-. Weil das bleibt man, Assig und doof! ;)

Anders Ausgedrückt, die Startschwierigkeiten werden sich nicht viel ändern.

Milena
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So 26. Jul 2009, 17:34 - Beitrag #86

Makeda..Bild...und gratzi...freut mich wirklich für dich....^^

e-noon
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Mo 27. Jul 2009, 12:15 - Beitrag #87

Auszug aus der PDF-Datei: Ergebnisse des Mikrozensus 2004
Im März 2004 waren in Deutschland 11% aller Erwerbspersonen von Erwerbslosigkeit betroffen. Mit 16,5% wiesen die Erwerbspersonen ohne Berufsqualifikation die höchste Erwerbslosenquote auf. Von den akademisch gebildeten Erwerbspersonen zählten nur 4,9% zu den Erwerbslosen.

Quelle: http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Publikationen/Querschnittsveroeffentlichungen/WirtschaftStatistik/Mikrozensus/Mikrozensus2004.psml

(Mikrozensus beruht auf Befragung zufällig ausgewählter Haushalte; es werden stets 1% der Bevölkerung befragt.)

@Traitor: Verlaufen? ^^

Roban
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So 20. Feb 2011, 18:34 - Beitrag #88

Zitat von Makeda:Jeremy Bentham (Philosoph und Jurist: Gerechtigkeit ist gegeben wenn das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl (Person in einer Gesellschaft) herbeizuführen.


Ich glaube, Gerechtigkeit kann man nur definieren, wenn man weiß, daß die Evolution alles an positive und negative Werte gekoppelt hat.

Für so komplexe und träge Erscheinungen wie Vernunftunwesen bedeutet das, daß sie mit positiven und negativen Gefühlen versuchen, Mühe und Lohn so auszugleichen, daß im besten Falle möglichst alle zufrieden sind.

Egal, was wir treiben, hinter allem steht nur das Befürfnis, an Wohlgefühle zu kommen. Und die erreichen wir nur über Unwohlgefühle, weil nur Unterschiede Warhnehmungen ermöglichen.

Das ist die Basis, und auf dieser Basis kann man sogar Gerechtigkeit berechnen. Denn Wohlgefühle wie Unwohlgefühle lassen sich auf eine Skala projizieren, die man von + 10 bis - 10 einteilen und nach Herzenslust und Macht unterteilen und mißbrauchen kann ...

Gerechtigkeit ist der zufriedenstellende Ausgleich partizipierender Interessen durch ein wahrheitsgemäßes Geben und Nehmen.

Roban
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So 20. Feb 2011, 23:41 - Beitrag #89

Ich vergaß, was zum Prinzip der Glücksmaximierung nach Bentham zu sagen.

Darin liegt sozusagen die Selbstzerstörungsformel menschlicher Gesellschaften. Denn das egoistische Prinzip der Evolution (Recht des Stärkeren) sorgt von ganz alleine für zu viel Glücksmaximierung. Erst wenn wir lernen, dem gegenzusteuern und uns zu mäßigen, können wir Eskalationsphänomene vermeiden, mit denen sich die Menschenwelt immerwieder mühsam auf ihre Glücksberge kämpft und irgendwann so massiv nach oben drängt, daß alle runterstürzen.

Ipsissimus
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Mo 21. Feb 2011, 17:00 - Beitrag #90

ich glaube, dass Gerechtigkeit ein Konzept und Begriff ist, dem keine objektive Qualität zukommt. Damit stehen beides, Konzept und Begriff, in einer ganzen Reihe in dieser Hinsicht analoger Konzepte und Begriffe wie Heiligkeit, Seligkeit, Wahrheit, Absolutheit. Natürlich lassen sich für alle diese Begriffe Definitionen angeben. Und auch andere Definitionen, und noch andere.

Maglor
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Mo 21. Feb 2011, 19:17 - Beitrag #91

Wenn du Gerechtigkeit als ein Gefühl betrachtest, so ist ist da sicher etwas wahres dran. Die Sache mit den Gefühlen ist nur eben durchweg subjektiv.
Für scheinbar einheitliche Gerechtigkeitsgefühle würde ich auch nicht so sehr die biologische Evolution verantwortlich machen, sondern die Kultur.

Beachtet man nun noch andere Kulturkreise und andere Zeiten, wird die Gerechtigkeit noch subjektiver.
Ich könnte an der Stelle ja pikante albanaische, chinesische oder gar afrikanische Auffassungen von Gerechtigkeit heraussuchen, begnüge mich aber der Einfachheit halber mit der deutschen Exotik. In Deutschland kann man historisch zurückverfolgen, wie sich die Gerechtigkeitsmoden über die Jahrzehnte verändertern, schneller als vielen lieb ist. Manches Vernunftwesen betrachtete in den 1930er Jahren gar die Endlösung unter dem Credo "Jedem das Seine" als die gerechte Sache. (Mal ganz unabhängig davon, dass das KZ-Motto - vom Wortlaut einmal abgesehen - nicht mehr viel mit dem platonischen Aphorismus zur Gerechtigkeit gemein hat.)

@Roban
Im übrigen gehst du davon aus, dass ein Gesellschaft ein Selbst und ein Glück haben könnte. Diese Umdeutung einer Gemeinschaft als einen Leib halte ich für - naja - schon ein bisschen gefährlich. Menschen sind nunmal keine Ameisen oder sollten keine sein.
Das Glück der einen, ist das Leid der anderen; das liegt in der Natur Sache. Gesteht nun das Individium ein, zum Wohle einer Gemeinschaft, seine eigenen egoistischen Streben einzugrenzen, so mag das ihn unglücklich machen, auch wenn sein Streben nach Gerechtigkeit vielleicht befriedigt wird. Kommt nun aber ein Dritter - am besten oben - und beschneidet das egoistische Herumwerkeln der Individiums, so mag das zwar das imaginäre Gerechtigkeitsempfinden einer imaginären Volksseele befriedigen, macht aber im Gegenzug das Individium unglück, da es sich bevormundet, beraubt oder gar gerichtet fühlt.

Roban
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Mo 21. Feb 2011, 23:12 - Beitrag #92

Zitat von Ipsissimus:ich glaube, dass Gerechtigkeit ein Konzept und Begriff ist, dem keine objektive Qualität zukommt. Damit stehen beides, Konzept und Begriff, in einer ganzen Reihe in dieser Hinsicht analoger Konzepte und Begriffe wie Heiligkeit, Seligkeit, Wahrheit, Absolutheit. Natürlich lassen sich für alle diese Begriffe Definitionen angeben. Und auch andere Definitionen, und noch andere.


Ja, aber alle lassen sich mit der Wahrnehmung oder Nichtwahrnehmung positiver oder negativer Gefühle verbinden ...!!!

Und das ist, sozusagen das hüpfende Komma an der Skala der Waage Justitias ...

Zitat von Maglor:Wenn du Gerechtigkeit als ein Gefühl betrachtest, so ist ist da sicher etwas wahres dran. Die Sache mit den Gefühlen ist nur eben durchweg subjektiv.
Für scheinbar einheitliche Gerechtigkeitsgefühle würde ich auch nicht so sehr die biologische Evolution verantwortlich machen, sondern die Kultur.

Die Evolution hat alle wahrnehmbaren Aktivitäten an Wahrnehmen (positiver Wert= und Nichtwahrnehmen (negativer Wert) gekoppelt. Was wir wahrnehmen können, ist mit positiven oder negativen Gefühlen verbunden. Womit könntest Du diese Erkenntnis entkräften, die letztlich auch aus allen Ergebnissen irgendwelcher Aktivitäten Gefühle macht ...?

Jegliches subjektive Wahrnehmung läßt sich durch Konsenswahrnehmungen objektivieren. Kannst Du dieser Feststellung was entgegensetzen?
Zitat von Maglor:Beachtet man nun noch andere Kulturkreise und andere Zeiten, wird die Gerechtigkeit noch subjektiver.
Ich könnte an der Stelle ja pikante albanaische, chinesische oder gar afrikanische Auffassungen von Gerechtigkeit heraussuchen, begnüge mich aber der Einfachheit halber mit der deutschen Exotik. In Deutschland kann man historisch zurückverfolgen, wie sich die Gerechtigkeitsmoden über die Jahrzehnte verändertern, schneller als vielen lieb ist. Manches Vernunftwesen betrachtete in den 1930er Jahren gar die Endlösung unter dem Credo "Jedem das Seine" als die gerechte Sache. (Mal ganz unabhängig davon, dass das KZ-Motto - vom Wortlaut einmal abgesehen - nicht mehr viel mit dem platonischen Aphorismus zur Gerechtigkeit gemein hat.)

Das muß ja so sein, weil unterschiedliche Gruppen unterschiedlich subjektiveren, aber bis heute keine allgemeingültige Grundlage zum Vergrundätzlichen einer Objektivierung geschaffen worden ist. Mein Bemühen dazu ist der bislang einzige Versuch, der übrigens auch von renommierten Experten anerkannt worden ist. (Das Adäquanz-Kommensurabilitätsverfahren ist die erste nachvollziehbare Methode, mit der man humanitäre Schäden objektivieren und beziffern kann. Wenn man möchte, auch in Währungen des Jenseits ... :D - nur die letzten 5 Worte sind Nonsens. - Die Grundlage des Wissens dazu beschäftigt mich seit 15 Jahren und findet ausnahmslos Bestätigungen, sofern man sich eingehend damit befaßt. Nur Drüberflieger erkennen das Wesentliche nicht und vermuten alles mögliche, nur nicht das, was Fakt ist.)
[quote="Maglor"]@Roban
Im übrigen gehst du davon aus, dass ein Gesellschaft ein Selbst und ein Glück haben könnte. Diese Umdeutung einer Gemeinschaft als einen Leib halte ich für - naja - schon ein bisschen gefährlich. Menschen sind nunmal keine Ameisen oder sollten keine sein.
Das Glück der einen, ist das Leid der anderen]
Ich bin sicher, daß ich nicht davon ausgehe, daß Gesellschaften EIN SELBST und EIN GLÜCK haben könnten. Freilich kann man auch menschliche Gemeinschaften wie Organismen betrachten.
Die meisten Gefühle erlittenen oder vorhersehbaren Unrechts beruhen auf Wahrnehmungsstörungen. Erkennt man dies, indem man sich an der Wahrheit orientiert, wird auch ein harmonisches Ganzes möglich, Machtpyramiden ohne Kluften und Löcher, die irgendwann zusammenbrechen. Denn auch das Beurteilen der eigenen Fähigkeiten, Ressourcen und Chancen ist aufgrund trickreicher Selbsttäuschungen unseres Hirns sehr häufig "gestört" und führt zu Mißgunst, Neid, Habgier, Frust, Aggressivität und all den Käse, mit dem sich nur die Menschenwelt "systematisch" belastet und herumquält.

Ipsissimus
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Mo 21. Feb 2011, 23:31 - Beitrag #93

Und das ist, sozusagen das hüpfende Komma an der Skala der Waage Justitias ...
metaphorischer Sprachgebrauch ist Teil des Problems

Roban
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Di 22. Feb 2011, 00:22 - Beitrag #94

Zitat von Ipsissimus:metaphorischer Sprachgebrauch ist Teil des Problems


Wohl wohl, bzw. unwohl unwohl ,,,!

Vor allem, wenn egoistische Interessen machtvoll mitgestalten und beim Gegenüber zu Ahaeffekten führen, die bei pragmatischer Betrachtung Ohoeffekte auslösen müßten ...

Ipsissimus
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Di 22. Feb 2011, 00:57 - Beitrag #95

aha? oho!

Traitor
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Di 22. Feb 2011, 01:07 - Beitrag #96

Bitte zurück zu inhaltlicher Auseinandersetzung...

Ipsissimus
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Di 22. Feb 2011, 11:35 - Beitrag #97

ich hatte die Antwort durchaus sachlich gemeint; allerdings ist die Sachlichkeit vielleicht ein bisschen implizit geraten^^

Roban, könntest du erläutern, was gemäß deiner Diktion einen aha- von einem oho-Effekt unterscheidet, was das ganze mit egoistischen Interessen zu tun hat und wie die wiederum mit metaphorischem Sprachgebrauch zusammenhängen? Meinem bescheidenen Verständnis zufolge ist metaphorischer Sprachgebrauch aus sich selbst heraus erst mal wertneutral, wenngleich in den seltensten Fällen hilfreich

Ja, aber alle lassen sich mit der Wahrnehmung oder Nichtwahrnehmung positiver oder negativer Gefühle verbinden ...!!!
das ist zweifelsohne richtig, wenn man als drittes noch Gefühlsleere dazunimmt. Sie lassen sich aber auch mit Tag und Nacht verbinden, oder mit Sonnenschein und Regen, mit Nähe und Ferne und überhaupt mit allem, womit sie, entsprechenden Absichten folgend, verbunden werden sollen. Letzten Endes sagst du damit, die Welt ist schwarz oder weiß, und das heißt, du hast keine Ahnung von Farben.

Roban
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Di 22. Feb 2011, 14:35 - Beitrag #98

Zitat von Ipsissimus:ich hatte die Antwort durchaus sachlich gemeint]
Für meinen Geschmack darf es auch gerne insgesamt ein bißchen zystostatischer zugehen ... :D
Zitat von Ipsissimus:Roban, könntest du erläutern, was gemäß deiner Diktion einen aha- von einem oho-Effekt unterscheidet, was das ganze mit egoistischen Interessen zu tun hat und wie die wiederum mit metaphorischem Sprachgebrauch zusammenhängen? Meinem bescheidenen Verständnis zufolge ist metaphorischer Sprachgebrauch aus sich selbst heraus erst mal wertneutral, wenngleich in den seltensten Fällen hilfreich

Meiner beständigen Wertungsgier zufolge gibt es nichts, was sich einer Wertung entziehen kann, und meine verständnisvolle Bescheidenheit läßt mich anmerken, daß metaphorischer Sprachgebrauch beim Management von Interessen kaum eine Rolle spielt. Das "aus sich selbst heraus" habe ich jetzt mal ignoriert. Was sollte ein Sprachgebrauch mit sich selbst anfangen ...?

Nicht nur um Traitor zu befriedigen rekapituliere ich mal möglichst ungeschwollen:

Du glaubtest, Gerechtigkeit sei Konzept und Begriff ohne objektive Qualität und reihe sich in ähnliche Konzepte und Begriffe wie Heiligkeit, Seligkeit, Wahrheit, Absolutheit, die sich unterschiedlich definieren lassen.

Dieser Feststellung von dir widersprach ich, weil es beim Finden einer objektiven Definition für Gerechtigkeit um das Erkennen einer fundamentalen Struktur geht, um das Erkennen einer grundlegenden Mechanik des Miteinanders unzähliger Energieaktivitäten kleinster Bestandteile. Die fügen sich zu größeren bis unvorstellbaren großen Erscheinungsformen, lassen sich mit positiven oder negativen Wahrnehmungen verbinden und damit auf eine Skala projizieren, die man mit der Waage Justitias vergleichen kann. Wird in eine Waagschale zu viel vom einen geworfen, kann man das erkennen und mit modernen Verifikationsmethoden auch immer öfter sichtbar machen.

Das habe ich mit dem hüpfenden Komma an der Skala der Waage Justitias gemeint. Vielleicht war ich mit dieser Assoziation zu schnell. Eine Metapher sehe ich darin zwar nicht, doch glaubte ich, daß deine Bemerkung
"metaphorischer Sprachgebrauch ist Teil des Problems"
zum hier Zusammengefaßten auf genug Verständnis hinweist, daß ich
"Wohl wohl, bzw. unwohl unwohl ,,,!
Vor allem, wenn egoistische Interessen machtvoll mitgestalten und beim Gegenüber zu Ahaeffekten führen, die bei pragmatischer Betrachtung Ohoeffekte auslösen müßten ..."
kommentierte.

"Aha" macht einer von zweien, wenn er endlich bekommt, was er sich vorgestellt hat, "oho", wenn es ausbleibt.

Konnte ich damit jetzt alle Schwellungen beseitigen? :crazy: Ich hoffe. Wenn nicht, werde ich mich weiter bemühen, wenn ich Hilfe bekomme ...
Zitat von Ipsissimus:das ist zweifelsohne richtig, wenn man als drittes noch Gefühlsleere dazunimmt. Sie lassen sich aber auch mit Tag und Nacht verbinden, oder mit Sonnenschein und Regen, mit Nähe und Ferne und überhaupt mit allem, womit sie, entsprechenden Absichten folgend, verbunden werden sollen. Letzten Endes sagst du damit, die Welt ist schwarz oder weiß, und das heißt, du hast keine Ahnung von Farben.


Gefühlsleere gibt es nicht. Punktum. Ich habe mich intensiv damit beschäftigt, sodaß ich dich bitte, bei Aufrechterhaltung deiner entgegengesetzten Ansicht Beispiele zu nennen.

Selbst der Wegfall positiver Wahrnehmungen, beispielsweise durch eine ausgeprägte endogene Depression, erlaubt noch minimale Restlustgefühlchen im Bett der negativen Gefühle zwischen 0 (theorisch nichts) und -10 (Höllenqualen mit Todeswunsch und sofortigen Suizid-Vorbereitungen!

Alles läßt sich miteinander verbinden, was einigermaßen zusammenpaßt, auch mit Gewalt ...

Und mit dem, was sich sage, was aber sehr gerne nicht verstanden wird, weil Pflichten und der Wegfall von Bequemlichkeiten und wohlgefühlmachenden Hoffnungen dranhängt (!!!), läßt sich das gesamte Farbspektrum der Evolution wahrnehmen! Ich unterscheide nämlich lediglich zwischen AN und AUS! Das DAZWISCHEN läßt sich mit meinen Erkenntnissen so objektivieren, daß auch der Dümmste der Welt mal zu einer großen Leuchte werden kann.

Boah, kann man mir wenigstens jetzt mal ein bißchen auf die Schulter klopfen? Aber nicht zu fest bitte ... :D

Danke Edit, daß Du folgendes noch dazu tust:

Noch was zur "Metaphorik" unserer Verständigungsbemühungen beim Erreichen von Gerechtigkeit ...

Wir benutzen Sprache für unsere Kommunikation mit uns selbst. Sprache ist aber sehr üppig mit ihren vielen Begriffsdefinitionen und Kombinationsmöglichkeiten. Da wir zu faul sind, immer sofort genau zu erurieren, was was tatsächlich bedeutet im allgemeingültigen Interpretationskonsens, füllen wir neue Begriffe auch schnell mit vermuteten Inhalten. Damit entsteht eine relative Denkunschärfe, die die Hirnfehlleistungen bei unserer egoistischen Wahrnehmung zu gefährlichen Balancestörern macht. Was daraus entsteht, sich aber mit wenigen "KOPFGRIFFEN" beherrschen läßt (wenn auch nicht immer, aber immer öfter), ist so belastend und manifest, daß kaum jemand Gerechtigkeit definieren kann bzw. jeder fallweise ein bißchen was anderes darunter versteht.

Und dieses Bißchen reicht aus, um in hierarchischen Machtgefügen zu dem anzuschwellen, was dann irgendwann im großen Knall endet.

Gibt es etwas Besseres für unsere Welt, als daß wir uns mit Wahrheit, Gerechtigkeit, Verständigung beschäftigen und dafür sorgen, daß das möglichst viele um uns herum tun? Den wenigsten ist bekannt, daß Kommunikations das mächtigste Werkzeug der Welt ist. Schon etwas mehr Sensibilität könnte also schon viel bewegen und damit in Gang setzen ...

Ipsissimus
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Di 22. Feb 2011, 14:57 - Beitrag #99

Gefühlsleere gibt es nicht. Punktum. Ich habe mich intensiv damit beschäftigt, sodaß ich dich bitte, bei Aufrechterhaltung dieser Ansicht Beispiele zu nennen.
nun ja, damit sind immerhin etwa zwei Drittel meines inneren Lebens für nichtexistent erklärt worden^^ wenn du wenigstens gesagt hättest, dass du Gefühlsleere nicht kennst^^

Ich unterscheide nämlich lediglich zwischen AN und AUS!
okay, das erklärt einiges. Na dann, klopf, klopf^^

Roban
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Di 22. Feb 2011, 20:35 - Beitrag #100

Zitat von Ipsissimus:nun ja, damit sind immerhin etwa zwei Drittel meines inneren Lebens für nichtexistent erklärt worden^^ wenn du wenigstens gesagt hättest, dass du Gefühlsleere nicht kennst^^

okay, das erklärt einiges. Na dann, klopf, klopf^^


Klar gibt es das Gefühl der Gefühlsleere, doch läßt sich mittlerweile auch wissenschaftlich nachweisen, daß in einem solchen Zustand noch viele andere Gefühle reinspielen und wir, ähnlich der Datenkomprimierung beim Bestücken von CD's oder sonstigen Datenreduktionsverfahren vor allem das jeweils vorherrschende Gefühl wahrnehmen (und anderen gerne mitteilen).

Würde ich dich für deine subtil-offensichtlichen Aversiönchen mit zehn verschiedenen Schmerzverursachern zwiebeln, die beispielsweise jeweils eine Schmerzintensität der Stufe 2 erzeugen auf der 10-teiligen Schmerzskala, ergäbe das nicht Stufe 20, und würde ich dir dann noch dein Brett vor'm Kopf reißen, ohne die Schrauben vorher zu lockern, und dir dein Brett dann mit voller Dröhnung auf den Schädel schlagen, würde dieser Schmerz einen großen Teil der zehn Zwiebeln in den Hintergrund drängen und damit abschwächen.

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