Ethik

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Padreic
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Do 18. Okt 2001, 11:02 - Beitrag #1

Ethik

Was ist euer ethisches System bzw. wonach beurteilt ihr eine Handlung?

Padreic

Arschfurunkel
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Do 18. Okt 2001, 13:09 - Beitrag #2

Zum zweiten Teil: Die Frage ist viel zu allgemein gestellt. Es hängt von der Handlung ab, wie ich sie beurteile. Ich kann also nur bei konkreten Handlungen sagen, wie ich reagiere und nicht abstrakt-theoretisch.

Die Frage nach dem ethischen System ist ebenfalls sehr allgemein gestellt.

Ethik beschreibt die Lehre vom sittlichen oder moralischen Verhalten des Menschen. Darauf bezogen, würde ich meinen Grundsatz auf das Sprichwort "Was Du nicht willst, was man Dir tu, das füg' auch keinem anderen zu" legen oder auf die Erkenntnis, daß meine persönliche Freiheit dort aufhört, wo sie die Freiheit anderer beschränkt.

Allgemein tu' ich mich sehr schwer damit, gültige Grundsätze zu definieren.

Deswegen, Padreic, da Du anscheinend ein "ausspruchreiferes" ethisches Konzept zu haben scheinst, wäre ich dankbar, wenn Du dieses nennen könntest, um eine Diskussionsgrundlage zu haben...

Padreic
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Do 18. Okt 2001, 13:43 - Beitrag #3

@Arschfurunkel
Meine ethische Hauptprämisse ist: "Eine Handlung ist umso besser, je mehr Menschen sie möglichst viel Nutzen bringt." Diese Hauptprämisse muss man dann in bestimmte Grundsätze umsetzen, da die volle Analyse aller Faktoren natürlich nicht möglich ist. Dein Sprichwort ist einer dieser Grundsätze, da dieser bei Einhaltung der Menschheit doch einen hohen Grad an Nutzen bringt.

Das schwierige an meinem Konzept ist, den Nutzen genau zu definieren. Da bin ich mir selbst noch nicht vollständig im klaren, wie er am besten zu definieren ist. Glücksfühle und ein ausgefülltes Leben sind wohl Aspekte dieses Nutzens.

Aber ich würde nicht behaupten, dass ich immer nach meiner ethischen Hauptprämisse handle. Nobody is perfect *g*.

Padreic

Aldair
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Do 18. Okt 2001, 19:12 - Beitrag #4

Original geschrieben von Padreic
[B"Eine Handlung ist umso besser, je mehr Menschen sie möglichst viel Nutzen bringt." [/B]


Moin!

Du hast es praktisch selbst schon gesagt, dass du nicht immer nach diesem Grundsatz handelst. Dieser Ansatz würde wohl eine Welt darstellen, in der es absolut keinen Egoismus gibt. In der Praxis ist es aber nahezu nicht umzusetzen. Ein wichtiger Faktor, der dabei fehlt, ist dass "verdient haben" (mir fällt kein besserer Ausdruck ein) dieses Nutzens.
Beispiel: Wenn ich fünf Stunden arbeite und dabei 100 Mark verdiene. Dann hätte ein Obdachloser von der Strasse wahrscheinlich ein grösseren Nutzen von dem Geld, aber in meinen Augen wäre es trotzdem nicht richtig ihm dieses zu geben, da ICH es verdient habe.

Der "Spruch" von Arschfurunkel: "Die persönliche Freiheit hört dort auf, wo sie die Freiheit anderer beschränkt" sagt mir schon eher zu, jedoch beleuchtet sie einen ganz anderen Aspekt, und für jede Situation kann man diese "Weisheit" auch nicht verwenden.

Ich würde sagen, dass es unmöglich ist, eine ganze Ethik in wenigen Sätzen darzulegen. Man muss vielmehr jede Situationen einzeln neu bewerten.

Bis denn und Schüss!!

Arschfurunkel
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Fr 19. Okt 2001, 01:49 - Beitrag #5

Hast Du gut und richtig erkannt, Aldair!

Ethik und deren Bewertung ist eine Sache des Einzelfalls, der konkreten Situation. Aus diesem Grund taten Padreic und ich uns auch so schwer, allgemeingültige Regeln zu definieren.

Es heißt ja auch, keine regel ohne Ausnahme und da wir eh nicht vollkommen sind, kann es auch passieren, daß wir bestimmte Grundsätze anhand konkreter Situatonen ab und an mal modifizieren müssen... ;)

Traitor
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So 21. Okt 2001, 15:11 - Beitrag #6

Meine "Ethik" genau zu beschreiben bin ich nicht in der Lage.

Aber ich versuche meist nach diversen Grundsätzen wie der goldenen Regel (siehe Arschfurunkel), dem Gleichheitsgrundsatz, dem Nutzen-satz von Padreic, dem kleineren Übel und so weiter zu handeln.

Monoceros
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So 21. Okt 2001, 23:31 - Beitrag #7

Bei dieser Diskussion wäre auch eine Betrachtung der Theorien zur Moralentwicklung nach Lawrence Kohlberg interessant. Auf dieser Seiten findet sich Material dazu:

Stangel-Taller.at

Mit freundlichen Grüßen
Monoceros

Thod
Harfner des Erhabenen
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Mo 22. Okt 2001, 14:38 - Beitrag #8

Hallo zusammen,

hier kann ich es mir vermeintlich einfach machen :)
Als Christ brauche ich rein deontologisch nur das zu tun, was in der Bibel steht... Leider ist die dort behandelte Kasuistik nicht mehr ganz zeitgemäß, und somit muß ich dann den Kathechismus zusätzlich noch zu rate ziehen, doch ehrlich gesagt, ist mir das i.d.R. doch viel zu viel arbeit.
Also halte ich mich (soweit es mir möglich ist) an das Ziel, bei ethischen Fragen mich für den "liebevolleren" Weg zu entscheiden. (Auch streng biblisch :) ) Wie der genau aussieht ist wohl ein wenig schwierig zu beschreiben, am ehesten kommt wohl die Frage hin, ob die Handlung einer gewissen Arroganz oder Überheblichkeit entspricht. Ist das der Fall, so ist sie abzulehnen.

Grundsätzlich muß ich aber doch sagen, daß meine bewußten Handlungen (und dadurch eher utilitaristisch) nur einen ganz kleinen Teil der Handlungen darstellen. Meistens handeln wir doch unbewusst, und greifen dabei auf einen festen Normenkatalog zu, der uns anerzogen wurde, und den wir auch permanet erweitern und verändern; bewusst oder unbewusst. Somit kommt dann doch wieder mein erster Ansatz zum Tragen. Das Reflektieren des automatischen Gewissens, oder Norenkataloges, auf seine Herkunft und Stichhaltigkeit wird häufig vernachlässigt. Man spricht von "gesundem Menschenverstand" ohne ihn genau reflektiert zu haben. Das zeitgenössische, öffentliche Bewußtsein für Normen ist oft sehr inkonsequent, und auch nicht immer dem Wohle aller zukömmlich. Hier sind selbstbewußte Menschen sicher in besonderer Weise aufgerufen, ihre ethischen Grundlagen gerade in der heutigen Zeit gut zu überprüfen.

Gruß,
Orald

Ipsissimus
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Mi 11. Sep 2013, 16:16 - Beitrag #9

"Eine Handlung ist umso besser, je mehr Menschen sie möglichst viel Nutzen bringt."


was ist, wenn dieser Nutzen für viele mit extremem Unrecht an wenigen erkauft wird?

Traitor
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Mi 11. Sep 2013, 17:38 - Beitrag #10

Meinen Eindrücken vom letzten Jahrzehnt Philo-Forum nach würde es mich doch sehr wundern, wenn Padreic dir jetzt noch aus Perspektive eines überzeugten Utilitaristen antworten würde. ;)

Die einfache Antwort: Es muss natürlich der korrekt aufsummierte Gesamtnutzen für alle unter Einberechnung allen Anti-Nutzens betrachtet werden.
Der Teufel im gar nicht so detaillierten Detail: Angemessene Skalierungen und Gewichtungsfaktoren.

Ipsissimus
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Do 12. Sep 2013, 10:54 - Beitrag #11

würde mich auch wundern^^ aber immer wieder interessant, die Halbwertszeit von Meinungen^^

Deine Antwort, Traitor, macht aus Moral eine Rechenaufgabe. Dass der Utilitarismus dem keinen inhärenten Riegel vorschiebt, macht ihn wahrscheinlich so geeignet für ... unmoralische Anwendungen, die zur Absicherung eine moralisch klingende Unterfütterung brauchen^^ der Teufel steckt nicht in der Findung angemessener Skalierungs- und Wichtungsfaktoren^^ der Teufel steckt bereits in der Bereitschaft, Moral auf diese Weise zu bestimmen^^ "bestimmen" im doppelten Wortsinn, als "ermitteln" und "vorschreiben"^^

Traitor
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Do 12. Sep 2013, 13:00 - Beitrag #12

Womit wir bei der nächsten Begriffsdiskussion wären - "Teufel". :D

Ich würde sagen, in der Bereitschaft zur rational-quantitativen Moralbestimmung steckt ersteinmal nur der Luzifer. Man hört auf, Moral als von Gott, Kaiser, Eltern oder diffusem Gemeinschaftswillen gegeben anzunehmen und setzt sich selbst eine rationale Skala.
Der Satan wird erst daraus, wenn man den Missbrauchsverlockungen erliegt.

Wobei eigentlich die Alternative "moralisch ist, was ich persönlich toll finde" noch viel luziferischer wäre.

Man könnte auch sagen, in Analogie zu "die Demokratie ist die beste aller schlechten Regierungsformen" sei der Utilitarismus das beste aller schlechten Moralsysteme.

Ipsissimus
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Do 12. Sep 2013, 13:25 - Beitrag #13

wie heißt es in irgendeinem StarTrek-Film so schön? "Manchmal ist das Wohl aller wichtiger als das Wohl des Einzelnen. Und manchmal ist das Wohl eines Einzelnen wichtiger als das Wohl aller." Wenn du das ohne willkürlichen Machtentscheid objektivieren willst, hast du was zu tun^^

Wobei eigentlich die Alternative "moralisch ist, was ich persönlich toll finde" noch viel luziferischer wäre.
Was möglicherweise darauf hin weist, dass Moral ein untauglicher Ersatz für Freundlichkeit ist^^

Traitor
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Do 12. Sep 2013, 18:33 - Beitrag #14

Wenn ich mich recht entsinne, waren es zwei Filme - Teil 1 des Zitats aus II und Teil 2 aus III. ;)

In einer idealen Philosophenrepublik wäre eine gleichberechtigte Objektivierung vielleicht annäherungsweise erreichbar. In anderen Gesellschaften muss man darauf hoffen, dass die Entscheidungsträger halbwegs zu nachträglicher Objektivierung kompatible Subjektivität besitzen, und/oder dass die Richtlinien sie zu solcher zwingen. Aber das sind dann dann "Implementierungsdetails" aka "Politik". ;)

Eine gute Moral fördert Freundlichkeit.

Noch kurz zum Utilitarismus, bei Exkursbedarf gerne ein eigenes Thema, vielleicht lockt das ja auch Maurice wieder an: seine besondere Stärke (als Konzept, nicht unbedingt in der Umsetzung) ist sein Absorptionsvermögen. Im Prinzip kann man jede beliebige Moral als Sonderform des Utilitarismus mit hinreichend idiosynkratischer Nutzenfunktion uminterpretieren.

Ipsissimus
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Fr 13. Sep 2013, 11:13 - Beitrag #15

mein Vertrauen in den Objektivitätswillen philosophischer Begründungen ist mäßig bis nicht vorhanden :)

Eine gute Moral fördert Freundlichkeit.


hmm^^ Ist das eine Hoffnung? Oder Erfahrung? Eine a priori-Verfügung? Soweit ich es beobachten kann, erzwingt Moral in Gesetzesform im Idealfall ein gewisses, nicht allzu hoch anzusetzenden Maß an Sozialkompatibilität, im Realfall liefert sie vor allem Begründungen, warum Scheiße Gold ist (wenn es wieder mal irgendeinem Privilegienträger formal korrekt gelungen ist, sein individuelles Wohl auf Kosten der Gesellschaft als Gemeinwohl durchzusetzen oder darzustellen).

seine besondere Stärke (als Konzept, nicht unbedingt in der Umsetzung) ist sein Absorptionsvermögen


hmm^^ gut, dass wir Modelle haben, dann brauchen wir uns nicht mit den Niederungen der Alltagspraxis auseinander zu setzen^^


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