Nach-Denken

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Thod
Harfner des Erhabenen
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Do 5. Sep 2002, 21:43 - Beitrag #1

Nach-Denken

Hallo zusammen,
hier einmal ein paar Gedanken zum Denken.
Eine eher provokante Frage, denke ich ist, ob wir heute überhaupt noch in der Lage sind, nachzudenken.
Im eigentlichen Sinn des Wortes versteht man ja darunter, einen Gedanken, den ein Vor-Denker gedacht hat, nachzudenken. Früher war es üblich, wenn man etwas schrieb, zuerst einmal eine Zusammenfassung der Gegenthese darzustellen. Thomas v. Aquin wurde z.B. des öfteren bescheinigt, dass er die Gegenpositionen oft pointierter vorgetragen hat, als sie zu seine Zeit von ihren Vertretern dargelegt wurden...

Heute habe ich in Gesprächen oft den Eindruck, dass es um das Verstehen des anderen gar nicht mehr geht. Basierend auf einem gewissen Relativismus, der ja besagt, dass sowieso letztlich alle Meinungen gleich sind, machen sich viele gar nicht erst die Mühe, in das Nachdenken der Gegenposition, Energie zu setzen.
Die Position eines andern zu Durchdenken, sie Nachzudenken, macht arbeit. Direkt aus dem Bauch heraus dahinreden, dagegen ist einfach, und da man mit Floskeln leicht wen Mundtod machen kann, kann man sich auch schnell recht überlegen fühlen. Wie peinlich das allerdings auch oft wirken kann, wenn man an den Falschen gelangt, ist vielen dabei wohl egal.

Als Ergebnis, hört man oft alte Hüte, die vor Jahrtausenden schon detailierter durchdacht wurden, und die einem permanent als neue Erkenntnisse vorgetragen werden, nicht ohne Stolz des sog. Denkers...

Ich habe den Eindruck dieses Verhalten ist u.a. auch ein Resultat eines unzulänglichen Schulsystems. Gerade in den Geisteswissenschaften, wird keine Methode, und es werden auch keine Inhalte mehr gelehrt. Einzig das Argumentieren, seine Meinung zu vertreten, das steht im Mittelpunkt. Dass dann ausser Sophistik oft nicht mehr viel zu hören ist, wundert nicht; war ja bei den Griechen auch schon so...
Eine anderer Effekt scheint zu sein, dass leute, die eine besondere Begabung haben, oftmals nicht richtig gefördert werden, so dass sie mit minimalauffwand an ihr schulisches Ziel gelangen, und anschliessend meinen, sie wüssten schon alles, und wären mit jeglicher Bildung überladen.

Aus meiner Erfahrung, macht einen guten Denker hingengen genau das aus, daß er weiss, wo seine Grenzen liegen, und dass er noch viel mehr nicht weiss, als er bisher gelernt hat.

Gibt es Leute, die das, was ich da von mir gebe einigermassen nachvollziehen können, oder ist das alles nur undurchdachter Quatsch?

Gruss,
Orald

Shockk
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Do 5. Sep 2002, 21:54 - Beitrag #2

ich glaube ich kann es nachvollziehen :)

ein entscheidender schritt in die "falsche" richtung sind meiner meinung nach die klassischen gespräche auf dem pausenhof der schule. die mädchen "tratschen", wie es so schön heisst, also im prinzip nichts anderes als inhaltslose informationsweitergabe, die jungs machen es genauso, nur heisst es da nicht so...die geben halt an *G*. diese unsitte setzt sich konsequent bis zum ende der schulischen laufbahn fort, oft ist auch zu beobachten, das die gespräche mit zunehmendem alter und zunehmender reife nicht etwa anspruchsvoller werden, sondern nur die floskeln umfangreicher

in der heutigen medienwelt kriegt man alle informationen, die man braucht oder auch nicht, einfach vorgesetzt, von radio, fersehn, zeitung, internet, immer und überall, wann man will. man diskutiert nicht mehr, man absorbiert nur noch. das fängt in jungen jahren an und eliminiert im alter die notwendigkeit von "gepflegten" unterhaltungen

Noriko
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Do 5. Sep 2002, 21:55 - Beitrag #3

ihc kann das was du sagts teilweise nachvollziehen, aber ich versteh es ncih nicht ganz, aber es klingt irgendwie plausiebel, ich habde schon ähnlies bemerkt, das leute ohne nachdenken reden, das tue ich ja oft genug selbst :D und das was das mit der förderung angeht habe ich selbst erfahren, oder genaugenommen nicht ;) was aber die überheblcikeit angeht hat sich das bei mir gelegt, ich halte es lieber wie dokrates: ich weis das ich nichts weis.

und mal ein schöner spruch überdas denken:
das denken der gedanken ist gedankenloses denken, denn wenn du denkst du denkst dann denkst du nur du denkst denn das denken der gedanken ist gedankenloses denken

ö.ä.

Acron Lanoval
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Fr 6. Sep 2002, 08:25 - Beitrag #4

Ich denke, durch die Mediengesellschaft wird der Gedankenaustausch auch zu einer Art One-Way-Street; dem Fernseher ist es egal was ich quassle, der zieht unbeeindruckt sein Programm durch. Das berieselt die Menschen täglich und von klein an, da muß man sich nicht wundern, wenn die Dialektik und schlicht die Fähigkeit zu konstruktivem, gleichberechtigtem Gedankenaustausch einfach verloren geht. Was heißt verloren, sie wird gar nicht mehr erlernt.

Reden kann heutzutage (fast) jeder, mit zuhören/mitdenken/nach-denken/verstehen und letztlich auch Verständnis (im allgemeinsten Sinne) aufbringen schaut es schon deutlich schlechter aus.

Traitor
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Fr 6. Sep 2002, 11:44 - Beitrag #5

Den Gedankengang an sich kann ich nachvollziehen, was mich nur stört, ist mal wieder, dass du es auf die heutige Zeit beziehst. Ich denke eher, dass dies ganz normal für Menschen ist. Als Vergleich für die frühere Zeit bringst du Thomas von Aquin an. Aber war der so typisch für die damalige Zeit? Ich denke, wohl nicht, und man müsste ihn wenn dann auch mit den größten Philosophen und Theoretikern unserer Zeit vergleichen und nicht mit der Allgemeinheit.

Thod
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Fr 6. Sep 2002, 14:17 - Beitrag #6

Ich denke zwar auch, dass früher nicht alle Denken konnten/wollten, aber heute findet sich dieses Unvermögen *besonders* in der Klasse derjenigen, die sich für eine Bildungselite halten. Das denke ich, war früher nicht so.

Gruss,
Orald

Padreic
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Fr 6. Sep 2002, 22:28 - Beitrag #7

Um ein Beispiel aus der Hirschberger-Philosophiegeschichte zu nehmen:
Russel hat den Unterschied zwischen 'Ich sehe jemanden auf der Straße.' und 'Ich sehe niemanden auf der Straße.' untersucht und wurde sehr für die Untersuchung gelobt. Praktisch die gleiche Untersuchung hatte aber schon Anselm von Canterbury vor fast 1000 Jahren durchgeführt.

Die alten Griechen haben schon überzeugende Argumente gegen Relativismus und Materialismus gefunden und so war man lange im allgemeinen davon abgekommen. Heute wird er immer verbreiteter.
In modernen philosophischen Schriften wollen wohl nicht wenige eher ihre eigene (Pseudo-)Originalität beweisen als den Erkenntnisstand voranzubringen. Besonders im Mittelalter war das anders (jedenfalls so weit ich weiß). Die Schriften wimmelten von Zitaten. Manchmal wurde es vielleicht fast etwas übertrieben und die vorherigen Philosophen/Theologen als Quelle von Wahrheit gesehen, ohne sie genug zu hinterfragen. Heutzutage geschieht das teilweise mit modernen Philosophen ähnlich, obwohl vielleicht gegen die Lehren dieser schon vor vielen Jahrhunderten Argumente gefunden wurden, die die meisten aber nicht kennen.

Man sollte viel über ein Thema lesen, bevor man eine eigene Schrift darüber veröffentlicht. Man kann nicht mehr leisten als die gesamte Geschichte vor einem. Unkenntnis der Geschichte führt somit meist zu niedrigeren Qualität der Schrift. Trotzdem muss man noch viel genug denken, denn Philosophie ist nicht nur das Nachvollziehen von logischen Schritten, sondern das tiefe Verstehen der Dinge, was man nicht direkt aus Büchern beziehen kann, aber Bücher können einem dabei sehr helfen.

Padreic

Seeker
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So 8. Sep 2002, 01:16 - Beitrag #8

Hy!

Ich stimme Orald zu.
Leider ist es so, dass unser Bildungssystem nicht gut ausgefeilt ist und deshalb brachliegendes Talent verschwendet wird. Ich persönlich bemerke immer mehr, wieviel mir in der Schule NICHT beigebracht wurde. (Das liegt natürlich auch an den Örtlichkeiten! Nicht jede Schule hat geeignete Mittel.)
Menschen sind verschieden. Der Eine überlegt sehr viel und zeigt es auch. Der Andere ist still und verschlossen, läßt sich von außen "berieseln", denkt also nicht nach (im Sinne von "Nach-Denken", wie es Orald beschrieb.)
Ein Anderer denkt selbst nicht viel, erhält aber von außen entsprechende Reize und geht darauf ein ...
Die Variationen sind vielfältig.

Was mir in keinster Weise beigebracht wurde ist die Kunst der Diskussion!
Ich ärgere mich nur zu häufig, dass mir die passenden Worte fehlen und (fast) jeder mich überrennen kann, wenn er gut argumentiert. Ich brauche immer einige Zeit um meine Gedanken zu ordnen.

Das "Nach-Denken" ist ein kleines Hobby von mir. Nur fehlt mir da der schon erwähnte "historisch-philosophische Hintergrund", um es effektiver zu gestalten. Ich beginne erst mir einen groben Überblick zu verschaffen.

Ich denke, es täte der Menschheit sehr gut, wenn jeder eine breite Bildung erhalten würde. Aber das ist mit Sicherheit eine "Utopie" der Extraklasse.

Gruss,
Seeker

oberdau
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So 15. Sep 2002, 15:23 - Beitrag #9

es gibt leider zu viele dinge die man gar nicht beachtet weil man es zu subjektiv wahrnimmt aber wenn man es schafft seinen geist frei von bewertungen zu halten ist man den ersten schritt zur einsicht gegangen wenn man jetzt noch positiv denkt und sein verlangen bündelt stehen alle türen offen alles ist möglich und das ist real

ich schreibe so unverständlich weil ich die suche die es verstehen um mehr zu verstehen


oberdau

Thod
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So 15. Sep 2002, 22:07 - Beitrag #10

mir wäre halt etwas mehr gedient, wenn du bei der Antwort auf meine Fragen, auch auf diese eingehen würdest.
Die Frage ist ganz einfach, ob wir nicht mehr Nach-Denken können, und wenn ich dich hier richtig verstehe, sagst du, ja, das können wir nicht, weil wir das nicht brauchen.
Was du unter positiv Denken verstehst, und dem Sich-freimachen ist genau das, was ich als Mangel unserers Denkens empfinde: Wir hören nicht mehr, gehen nicht mehr auf andere ein, und können die gedachten Wege anderer nicht mehr nachvollziehen, weil wir denken, wir könnten selber alles besser.
Dies unterstreichtst du letztlich auch damit, dass du auf die von mir aufgetane Frage gar nicht richtig eingehst...

Gruss,
Orald

oberdau
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So 15. Sep 2002, 22:31 - Beitrag #11

ich glaube wir reden ziemlich aneinander vorbei aus meiner sicht geht kein wissen verloren man muß es nur schaffen nicht alles unserem logischen denken zu überlassen sondern auch mal auf die inneren signale zu achten unser ego will bewerten und das kann es mit seinem begrenzdem zugang auf das wissen nur mangelhaft folglich müssen wir nur richtig denken wir verändern unsere aufmerksamkeit und dadurch uns selbst

Thod
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So 15. Sep 2002, 22:36 - Beitrag #12

ich glaube wir reden ziemlich aneinander vorbei

mag sein, ich achte seher aufs Topic, vor allem in Threads, die ich selber aufgemacht habe. Ich eröffne ein Thema nämlich nur dann, wenn es mir auch wichtig ist.
aus meiner sicht geht kein wissen verloren man muß es nur schaffen nicht alles unserem logischen denken zu überlassen

Das hat mit dem Thema hier halt nichts zu tun. Ich frage nach der Fähigkeit des Nach-Denkens, nicht danach, ob man Gedanken woher auch immer erfindenkann.

Diese subjektive Ansicht, alles käme aus einem selber und so, wie du es auch in einem anderen Thread beschreibt hat halt mit meiner Frage nichts zu tun, es wäre nett, wenn du den Subjektivisums, oder Pantheismus etc. diskutieren möchtest, dafür einen eigenen Thread aufzumachen.

Danke,
Orald

oberdau
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So 15. Sep 2002, 22:53 - Beitrag #13

ok kein problem danke für den ratschlag entschuldigt die störung

Thod
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So 15. Sep 2002, 22:55 - Beitrag #14

*gg* war nicht bös gemeint. ich bin bei sowas halt manchmal recht genau. Danke für dein Verständnis.

Gruss,
Orald

oberdau
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So 15. Sep 2002, 23:41 - Beitrag #15

macht nix vieleicht beim nächsten thema bin im moment eh mehr mit der psyche zugange es war aber trotzdem nicht schlecht deine gedanken sind anregend

bis demnächt

Ipsissimus
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Fr 13. Sep 2013, 14:07 - Beitrag #16

Ich bezweifele, dass mir in meinem ganzen Leben schon ein einziger originärer Gedanke jenseits situativer Kontexte gelungen ist. Ich bezweifele auch, dass es entlang der Menschheitsgeschichte der letzten 5000 Jahre mehr als x << 1000 Menschen waren, denen das gelungen ist. Insofern ist "nach-denken" keine Leistung, sondern eine Unvermeidbarkeit. Die Härte dieses Urteils wird vielleicht ein bisschen gemildert durch den Umstand, dass bestimmte Gedanken "in der Luft liegen", also an vielen Stellen gleichzeitig gedacht werden. "Mein" originärer Gedanke ist damit tatsächlich einer des Zeitgeistes, geht aber nicht notwendig auf einen konkreten Vordenker zurück.

Insgesamt sehe ich die Gedanken Thods als Anwendungsfall des grundlegenden Verdachts, dass Menschen andere Menschen praktisch ausschließlich als Mittel zu eigenen Zwecken verstehen.


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