Freier Wille - nichts als Illusion?

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Seeker
Lebende Legende
Lebende Legende

 
Beiträge: 1916
Registriert: 21.05.2002
Di 29. Okt 2002, 13:24 - Beitrag #1

Freier Wille - nichts als Illusion?

Moin Zusammen!

Ich habe sehr interessiert die Diskussion um den "Freien Willen" im Thema "Matrix" gelesen. Ich finde, es ist ein eigenes Thema wert!

Hier etwas, das ich unter einem Google-Ergebnis zu: Freier Wille gefunden habe:

Bei näherem Hinsehen zeigt sich, daß "Freier Wille" eine Illusion ist, da wir in unseren Willensentscheidungen und in der nur scheinbar "freien" Meinungsbildung von Genen, Kindheit, Eltern, Werbung, Manipulation, Massen- und Gruppendynamik und vielen anderen Faktoren abhängig sind und somit unsere Willens- und Meinungsbildung eher eine Summe von Fremdprodukten ist, denn eine kreative Eigenleistung. Auch haben wir aus dieser augenfälligen Fremdbestimmtheit des Menschen die Berechtigung abgeleitet, diesen in elementaren Meinungsbildungsprozessen zu beeinflussen und mit ausgeklügelten Manipulationstechniken zu arbeiten.

Aus der Chaostheorie haben wir aber nun in der letzten Zeit gelernt, daß selbst determinierte und genau beschriebene Systeme, so sie nur komplex genug sind, zu kreativen Eigenleistungen fähig sind, sich "selbst organisieren" können. Auf ein menschliches Bewußtsein übertragen bedeutet dies folgendes: Das menschliche Bewußtsein ist ein komplexes stochastisches System, welches alle Eigenschaften dissipativer Strukturen aufweist und somit auch zu Selbstorganisation befähigt ist. Selbst also, wenn die Anfangsbedingungen bekannt sind und sich im Bewußtsein einer bestimmten Person nur Produkte der Manipulation dritter (wie z.B. Elternprogramme oder "Erziehung") befinden, kann sich unter bestimmten Bedingungen hieraus eine neue Information ergeben, die durch Selbstorganisation zustande gekommen ist.

Um all jenen, die sich mit dem Begriff der Autogenese (Selbstorganisation i.e.S.) noch nicht befaßt haben, hier ein analoges Beispiel zu geben, sei folgender Vergleich angeführt: Ebenso wie sich auf der Erde aus sehr rauhen und wenig strukturierten Umweltbedingungen und einfachen Naturgesetzen das Leben durch Selbstorganisation entwickelt hat, kann sich auch im Gehirn eines Menschen, der in einem reizarmen und minderwertigen psychosozialen Umfeld aufgewachsen ist, spontan eine Information bilden, die kreativ ist und nicht auf äußere Ursachen direkt zurückgeführt werden kann.

Überträgt man diese Überlegung auf die Berechtigung zu Manipulation und Fremdbestimmung von Menschen, kann man konstatieren, daß man nur dann ohne Gewissenskonflikte manipulieren darf, wenn man sicher sein kann, daß der/die Manipulierte weitgehend fremdbestimmt ist. Je weiter die Meinungsstruktur einer Zielperson von der Meinungsmatrix der sie gegenwärtig und in ihrer Vergangenheit umgebenden sozialen Systeme und Individuen abweicht, desto kritischer ist
ein manipulativer Eingriff zu prüfen. An die gängige Ordnerwelle angepaßte Menschen sind jedoch tatsächlich im ethischen Sinne weiterhin als manipulatives Freiwild zu handhaben, solange der Zweck der Manipulation ethisch zu rechtfertigen ist.

Quelle: Natur- und Grenzwissenschaftliche Forschungsgemeinschaft

@Padreic:
Deiner Definition, dass der "Freie Wille" frei sei, kann ich nur hinzufügen, dass es ein vom Menschen geschaffenes Wortkonstrukt ist! Woher wissen wir, dass er "frei" ist? Nur, weil ein Mensch die Idee eines "Freine Willen" hatte?

Gruss,
Seeker

Monoceros
Lebende Legende
Lebende Legende

 
Beiträge: 2359
Registriert: 12.09.2001
Di 29. Okt 2002, 21:05 - Beitrag #2

Die Theorie ist sehr interessant, vor allem deshalb, weil sie äußere Einflüsse und unbewusste Manipulationen miteinbezieht und trotzdem noch zu etwas kommt, was zu dem Konstrukt des Freien Willens passt. Den eigentlichen Begriff halte ich für ein reines Konstrukt, weil sämtliche (auch nachgewiesene) äußere Einflüsse außer Acht gelassen werden. Vollständig frei war der Mensch noch nie. Das Höchste, was er erreicht hat ist, sich nicht vollständig von seinen Instinkten steuern zu lassen.

Monoceros

Thod
Harfner des Erhabenen
Lebende Legende

 
Beiträge: 2858
Registriert: 02.06.2001
Mi 30. Okt 2002, 15:35 - Beitrag #3

Hallo Seeker,
ich denke, bei der Freiheitsdiskussion ist ein häufiges Problem der Begriff Freiheit selber. Jeder meint zu wissen, was man darunter versteht, aber bei genauerer Betrachtung ist das oft dann doch nicht so klar.
So begegnet einem Freiheit eigentlich immer nur im Zusammenhang mit einer Abhängigkeit: man kann Frei sein von etwas. Somit geben sich unter den verschiedenen Hinsichten massig verschiedene Arten von Freiheit.

Das, was man als völlige Freiheit in sich empfindet, ist ein deutlich schwerer zu Fassendes Phänomen. Einerseits erleben wir uns permanent in Sachzwängen, doch andererseits "fühlen" wir uns irgendwie frei. Dieses Freiheitsgefühl ist Grundlage für das, was wir oft Sinnhaftigkeit, Verantwortung etc. nennen. Wo man dies aber konkret festmachen kann, scheint mir ein Problem. Allzu leicht sagen wir so, die Gedanken, der Geist, der Wille oder ähnliches sei frei, ohne aber diese wiederum genauer zu bestimmen.

Auch hier stellen wir immer wieder Determinanten fest, die allerdings auch immer wieder viele Bereiche offen lassen, so dass wir zu ihnen keine gesicherten Aussagen treffen können. Der Versuch, dem empirisch, d.h. durch die naturwissenschaftliche Betrachtungsweise nahe zu kommen, sei es qunatenphysikalisch oder durch sonstige erforschungen komplexer strukturen scheint mir problematisch, da man hier immer schon Grundprämissen setzt, also sozusagen das Problem Freiheit durch einen geregelten, letztlich deterministischen Filter betrachtet.

So schreibst du, dass der "Freie Wille" eine Illusion sei, da er von Genen und nachgeburtlichen Prägungen abhängig sei. Gleichzeitig verstösst du aber gegen die Prämisse, indem du die Möglichkeit der "bewussten" Manipulation dieser Mechanismen zugestehst, und sogar von einer Berechtigung sprichst. Hier argumentierst du von einer Ebene aus, die letzlich eine von deiner Einleitung her unabhängige Freiheit benötigt, um deterministische Phänomene zu manipulieren. Sich also über diese erhebt. (Zu behaupten, diese Ebene wäre auch wieder deterministisch, führt letzlich nicht weiter, weil sie rekursiv immer wieder eine Metaebene verlangen würde)

Auch die Ausführungen zur Chaostheorie, bzw. den komplexen stochastischen Systemen, finde ich nicht ausreichend. Sollten diese sog. kreativen Eigenleistungen von selber her entstehen, dann fehlt der bewusste Vollzug. Freiheit im menschlichen ist ja nicht gegeben, wenn zufällig etwas geschieht, sondern ein "ICH" es iniziert. Es wäre nicht mein Gedanke, oder mein Wille, für den ich mich entschieden habe, wenn er zufällig entstanden wäre. Auch ist die Frage imho noch nicht ausreichend geklärt, ob nicht auch die Zufälle in den genannten Umfeldern letzlich nur als solche erscheinen, weil wir die zu Grunde liegenden Determinismen noch nicht erkannt haben.

Das Ableiten einer Ethischen komponente, in Abhängigkeit von einer Festlegung der Fremdbestimtheit scheint mir hinzu noch viel problematischer. Woher will ich wissen, was bei mir alles fremdbestimmt ist, und was bei anderen? Wer setzt Masstäbe? Abweichungen von Standards können manigfache Ursachen haben, und ein Missbrauch hier, scheint ja schon vorprogramiert.

Ich denke, hier ist noch einiges an Grundsatzfragen zu klären:
Was ist Freiheit, wo manifestiert sie sich, wie steht sie in verbindung zu Ethik, wie sind Handlungsmöglichkeiten legitimierbar, etc...

Gruss,
Thod

Seeker
Lebende Legende
Lebende Legende

 
Beiträge: 1916
Registriert: 21.05.2002
Mi 30. Okt 2002, 16:35 - Beitrag #4

Original geschrieben von Thod
So schreibst du ...

I c h habe davon gar nichts geschrieben! Ich habe nur die Quelle angegeben, aus der ich geschöpft habe. ;)

Einen Teil Deiner Argumente kann ich nachvollziehen, einige verstehe ich schlichtweg nicht ganz. Ich werde mich morgen nochmal dazu äußern, bin schon auf dem Sprung.
Eine Anregung: Ist der Mensch im Tode frei?

Gruss,
Seeker

Thod
Harfner des Erhabenen
Lebende Legende

 
Beiträge: 2858
Registriert: 02.06.2001
Mi 30. Okt 2002, 16:40 - Beitrag #5

wenn man was unkritisiert zitiert, kann es schonmal passieren, dass man mit dem zitat identifiziert wird. ist aber hoffentlich nicht so schlimm, ich wollte ja auch mehr auf die beschriebene position eingehen, denn auf deine persönliche meinung.

zum tod fällt mir aus diesem blickwinkel leider nichts ein.

gruss,
thod

Feuerkopf
Moderatorin
Moderatorin

Benutzeravatar
 
Beiträge: 5707
Registriert: 30.12.2000
Mi 30. Okt 2002, 18:07 - Beitrag #6

Entweder bin ich zu ungeübt in Diskussionen wie diesen, oder sie sind tatsächlich zu hoch für mich...:(

So verharre ich also in meinen gedanklich unfreien Niederungen und stelle fest, dass ich gänzlich fremdbestimmte Gedanken hege, denn ich kann mich nicht über die äußeren Einflüsse erheben, sondern nur versuchen, sie zu erkennen und ihnen einen gebührenden Platz zuzuweisen.
Das wird mich aber nicht daran hindern, weiterhin lesend an dieser Runde teilzunehmen.;)

Feuerkopf
unzulänglich

Thod
Harfner des Erhabenen
Lebende Legende

 
Beiträge: 2858
Registriert: 02.06.2001
Mi 30. Okt 2002, 18:35 - Beitrag #7

Hi Feuerkopf,
ich denke, der Schlüssel zu dem, was ich meine ist in deinem Wort "erkennen" versteckt ;)

Gruss,
Thod

Seeker
Lebende Legende
Lebende Legende

 
Beiträge: 1916
Registriert: 21.05.2002
Do 31. Okt 2002, 09:53 - Beitrag #8

Original geschrieben von Thod
Hallo Seeker,
ich denke, bei der Freiheitsdiskussion ist ein häufiges Problem der Begriff Freiheit selber. Jeder meint zu wissen, was man darunter versteht, aber bei genauerer Betrachtung ist das oft dann doch nicht so klar.
So begegnet einem Freiheit eigentlich immer nur im Zusammenhang mit einer Abhängigkeit: man kann Frei sein von etwas. Somit geben sich unter den verschiedenen Hinsichten massig verschiedene Arten von Freiheit.

Stimmt.
Das, was man als völlige Freiheit in sich empfindet, ist ein deutlich schwerer zu Fassendes Phänomen. Einerseits erleben wir uns permanent in Sachzwängen, doch andererseits "fühlen" wir uns irgendwie frei. Dieses Freiheitsgefühl ist Grundlage für das, was wir oft Sinnhaftigkeit, Verantwortung etc. nennen. Wo man dies aber konkret festmachen kann, scheint mir ein Problem. Allzu leicht sagen wir so, die Gedanken, der Geist, der Wille oder ähnliches sei frei, ohne aber diese wiederum genauer zu bestimmen.

Definitionsschwierigkeiten gibt es (für mich) im Bereich der Philosophie sowieso ... man könnte sagen, sie ist zu abstrakt. Warum wird immer mit verwirrenden Begriffen gearbeitet, die nur schwammig das wiedergeben, was eigentlich gemeint ist? Es fängt ja schon an, wenn man den Begriff "Freiheit" erklären soll. Oder "Zweck, Sinn", etc... (Du erinnerst Dich?)
Das hast Du ja im nächsten Abschnitt erläutert:
Auch hier stellen wir immer wieder Determinanten fest, die allerdings auch immer wieder viele Bereiche offen lassen, so dass wir zu ihnen keine gesicherten Aussagen treffen können. Der Versuch, dem empirisch, d.h. durch die naturwissenschaftliche Betrachtungsweise nahe zu kommen, sei es qunatenphysikalisch oder durch sonstige erforschungen komplexer strukturen scheint mir problematisch, da man hier immer schon Grundprämissen setzt, also sozusagen das Problem Freiheit durch einen geregelten, letztlich deterministischen Filter betrachtet.


Gruss,
Seeker

Thod
Harfner des Erhabenen
Lebende Legende

 
Beiträge: 2858
Registriert: 02.06.2001
Do 31. Okt 2002, 14:28 - Beitrag #9

Warum wird immer mit verwirrenden Begriffen gearbeitet, die nur schwammig das wiedergeben, was eigentlich gemeint ist?

Ich denke das liegt daran, das der Sachverhalt einfach komplizierter ist, als wir es gern hätten, und dass man populärwissenschafltlich *hier* einfach nicht zu plausiblen ergebnissen kommt. entsprechend dem Sachverhalt sind somit auch die Begriffe nicht so leicht, noch dazu, wenn man sie nicht einmal thematisiert hat.

In philosophischen Werken (besonders fällt das bei Heidegger auf) schaffen Leute darum für Inhalte ihre eingenen Begriffe und Definitionen.

Gruss,
Orald

Seeker
Lebende Legende
Lebende Legende

 
Beiträge: 1916
Registriert: 21.05.2002
Do 31. Okt 2002, 14:35 - Beitrag #10

Da hast Du Recht. Ein "Unsicherheitsfaktor" bleibt bei allem, was man tut oder zu verstehen glaubt.

Weil wir schon mal dabei sind:

Was würdest Du einem Neuling empfehlen, der sich mit der Philosophie näher beschäftigen will - womit sollte er anfangen, wovon erst mal die Finger lassen?

Gruss,
Seeker

Thod
Harfner des Erhabenen
Lebende Legende

 
Beiträge: 2858
Registriert: 02.06.2001
Do 31. Okt 2002, 14:53 - Beitrag #11

ich würde mir ein *gutes* Philososphieforum suchen, um ein paar Ansprechpartner zu haben ;)
Allein ist alles schwer.

Als Literatur würde ich die Hirschberger Philosophiegeschichte empfehlen, und evtl. systematisch das Buch Ontologie von Bela Weissmahr

Persisteus
Advanced Member
Advanced Member

 
Beiträge: 364
Registriert: 10.09.2001
Do 31. Okt 2002, 15:32 - Beitrag #12

Aus der Chaostheorie haben wir aber nun in der letzten Zeit gelernt, daß selbst determinierte und genau beschriebene Systeme, so sie nur komplex genug sind, zu kreativen Eigenleistungen fähig sind, sich "selbst organisieren" können.

Im Gehirn befindet sich ein Ionengleichgewicht, welches sich aufgrund äusserer sensorischer Einflüsse (sehen, fühlen, schmecken, hören etc.) andauernd verschiebt, und wegen interner Strukturen auf eine besondere Art und Weise (Dämpfungen, Kettenreaktionen, Speicherungen, Löschungen etc.).

Demnach gibt es chaos-theoretisch gesehen keinen freien Willen, der völlig unbeeinflusst Entscheidungen trifft. Wenn ich z.B. beim Bäcker stehe, dann kaufe ich mir das was mir am besten schmeckt (sensorischer Einfluss) oder probier das aus, was gut aussieht (auch ein sensorischer Einfluss). Ich kaufe z.B. die Couch, auf der ich am bequemsten sitzen kann und die am besten aussieht...
Alles beruht auf Kausalität, und was ich nun aufgrund der Einflüsse mache ist vom "System" (Sensoren, Gehirnaufbau, sonstiger Körperbau) abhängig, wobei sich das System ständig verändert (auch aufgrund der Einflüsse).

Selbiges gilt auch, wenn man ins transzendente abgleitet (unsterbliche Seele & Co.).

Padreic
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4485
Registriert: 11.02.2001
Do 31. Okt 2002, 15:41 - Beitrag #13

@Thod
Ja, ja, "mein" Forum herabwürdigen ;). Aber wir sollten mal wieder zum Thema zurückkommen.

Was haltet ihr davon, Freiheit als die Fähigkeit, Determination zu überwinden, zu definieren? Somit wäre, vereinfach gesprochen, Freiheit stärker als die Determination und diese stärker als der Zufall. So würde es auch besser mit dem Gedanken, dass etwas Freies etwas höheres als etwas Unfreies ist, zusammenpassen, als wenn Freiheit einfach Abwesenheit von Determination wäre.
Der Freie Wille wäre somit die Möglichkeit, jenseits von Determination zu entscheiden.
Die Gegenthese zur Existenz des Freien Willens beim Menschen ist seine vollständige Determiniertheit. Zwei Argumente, warum ich diese anzunehmen für sinnlos halte:

Ich halte es für sinn- und zwecklos in einer vollständig kausaldeterminierten Welt zu leben, schon allein deshalb, weil es so etwas wie Zweck hier gar nicht geben kann. Aber auch wenn man das außer acht lässt, sähe ich keinen Sinn und Zweck in einem solchen Leben. Wenn unser Leben wirklich kausaldeterminiert wäre, wäre somit unser Leben sinn- und zwecklos und damit auch unsere Annahme, ein solches zu haben. Wenn wir aber nicht vollständig kausaldeterminiert sind, ist es auch sinnlos anzunehmen, dass es so wäre. Also ist es insgesamt sinnlos.
Ein Schwäche dieses Arguments ist, dass es eine mögliche Finaldetermination (d. h. dass Zwecke unser Leben determinieren) außer Acht lässt.
Ein anderes Argument ist folgendes: Wenn unser Leben determiniert ist, ist es auch die Annahme über diese Frage. Wir hätten hier gar nicht die Wahl, uns anders zu entscheiden. Wenn wir allerdings in dieser Frage frei sind, dann haben wir hier die Wahl und nur uns für unsere Freiheit zu entscheiden wäre die richtige Annahme. Wenn wir also wählen können, sollten wir also annehmen, dass wir frei sind!
Dafür, dass wir wirklich frei sind, habe ich eigentlich keine Argumente außer unsere Selbstwahrnehmung, aber wie es wirklich ist, ist ja nicht der allein entscheidende Faktor, was wir annehmen sollen.

@Monoceros
Kannst du mir ein Argument nennen, warum es sinnvoll sein sollte, anzunehmen, dass wir keinen Freien Willen haben?

Ich denke, die Folgen für die Ethik sollte man erstmal noch nicht durchdiskutieren. Noch sind wir ja beim Freien Willen selbst.

Padreic

Thod
Harfner des Erhabenen
Lebende Legende

 
Beiträge: 2858
Registriert: 02.06.2001
Do 31. Okt 2002, 15:42 - Beitrag #14

@ Persisteus,
so einfach ist das leider nicht. es gibt genügend beispiele, wo menschen anders handeln ausserdem betrifft das wie ich schon beschrieben habe nur einen teilaspekt menschlichen selbstvollzuges.

@ Padreic,
Freiheit als das zu bezeichen, was zumindes partiell den Determinismus überwindet, halte ich für einen guten Ansatz.
Allerdings lässt die Definition immer noch offen, ob es sowas gibt, und wie es sich im allgemeinen Leben manifestiert.

gruss,
Thod

Persisteus
Advanced Member
Advanced Member

 
Beiträge: 364
Registriert: 10.09.2001
Do 31. Okt 2002, 20:17 - Beitrag #15

so einfach ist das leider nicht. es gibt genügend beispiele, wo menschen anders handeln ausserdem betrifft das wie ich schon beschrieben habe nur einen teilaspekt menschlichen selbstvollzuges.

Doch, es ist wirklich so einfach. Nehmen wir mal an, dir ist kalt, und du zitterst. Du machst dies unbewusst, dein Körper (das "System") hat an den Kälte-Sensoren Impulse erhalten, verwurstet die Information entsprechend im Gehirn, und löst dann das Zittern aus. Selbiges gilt auch für die Liebe: man kann nicht bestimmen in wen man sich verliebt, es passiert einfach, instinktiv. Zum grossen Teil bestimmen Instinkte unseren Alltag, welche unbewusste Kausalitätsmechanismen sind.

Um all jenen, die sich mit dem Begriff der Autogenese (Selbstorganisation i.e.S.) noch nicht befaßt haben, hier ein analoges Beispiel zu geben, sei folgender Vergleich angeführt: Ebenso wie sich auf der Erde aus sehr rauhen und wenig strukturierten Umweltbedingungen und einfachen Naturgesetzen das Leben durch Selbstorganisation entwickelt hat, kann sich auch im Gehirn eines Menschen, der in einem reizarmen und minderwertigen psychosozialen Umfeld aufgewachsen ist, spontan eine Information bilden, die kreativ ist und nicht auf äußere Ursachen direkt zurückgeführt werden kann.

Das was du hier aufführst ist lediglich die Erkenntniss, dass sich auf der Erde die Entropie nicht massiv erhöht hat (oder sogar gesunken ist), weil sie kein abgeschlossenes System ist und von der Sonne (dem Evolutionsmotor) "geordnet" wird. Zumal es die Evolution schon lange vor der Entstehung des ersten menschlichen Wesens gab... daher beruht Evolution auf reiner Kausalität, wenn auch sie sehr komplex ist. Der Mensch neigt dazu, sehr komplexen Dingen etwas "magisches" hineinzuinterpretieren.

Ich halte es für sinn- und zwecklos in einer vollständig kausaldeterminierten Welt zu leben, schon allein deshalb, weil es so etwas wie Zweck hier gar nicht geben kann.

Solche Dinge wie "Sinn" oder "Moral" kamen erst mit den Menschen auf und haben garnichts mit den Naturgesetzen zu tun. Ziel (auch wieder eine Erfindung von uns ;)) des Menschen ist nicht nach dem Sinn zu suchen, sondern den Dingen einen Sinn zu geben.

Padreic
Lebende Legende
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4485
Registriert: 11.02.2001
Do 31. Okt 2002, 20:37 - Beitrag #16

@Persisteus
Bei den Prämissen, von denen du ausgehst, kannst du natürlich nur zu einem Ergebnis kommen. Aber du musst dir klarmachen, dass es nur Prämissen unter vielen sind und die deinen unbewiesen (vielleicht sogar unbeweisbar) sind (genauso wie die meinigen). Deine ganze Argumentation ist somit nur für deine Prämissen gültig, die ich anzweifle.
Um das ganze praktisch auf eine meta-axiomatische Ebene zu bringen habe ich das Sinn- und Zweckkonzept gemacht mit dem meta-axiomatisches Axiom (denn auf nichts kann man nichts aufbauen), dass man immer das sinnvollste tun sollte bzw. dass es keinen Grund gibt, etwas sinnloses zu tun. Dem, dass die Annahme einer kausaldeterminierten Welt sinnlos ist, hast du ja mit deiner Leugnung der Existenz von Sinn und Zweck (die mehr oder weniger aus deinem Prämissen folgt) auch implizit zugestimmt. D. h. es ergibt sich aus dem meta-axiomatischen Axiom, dass es keinen Grund gibt, anzunehmen, dass unsere Welt (und damit auch wir) kausaldeterminiert sind. Mit dem Meta-Axiom folgt somit sowohl aus deinen als auch aus meinen Prämissen, dass es keinen Grund gibt, anzunehmen, dass die Welt kausaldeterminiert ist. Ich kann aus meinen Prämissen noch nicht folgern, dass es sinnvoll ist, anzunehmen, dass ich frei bin, aber es ergibt sich auch nicht das Gegenteil und somit ist der Sinn der Annahme und damit auch der Prämissen zumindest möglich. Mit deiner Leugnung von wahrem Sinn sind auch deine Prämissen bzw. die Annahme derer selbst sinnlos, während meine zumindest eine Möglichkeit von Sinn bieten und somit praktisch der Erwartungswert des Sinns (sowohl für die Annahme der Prämissen als auch die der Freiheit) positiv ist. Mit dem Meta-Axiom ergibt sich, dass man deine Prämissen nicht annehmen sollte und es folgt auch, dass man nicht annehmen sollte, dass die Welt kausaldeterminiert ist.
Argumentation schlüssig?

Padreic

Thod
Harfner des Erhabenen
Lebende Legende

 
Beiträge: 2858
Registriert: 02.06.2001
Do 31. Okt 2002, 21:08 - Beitrag #17

@ Persisteus,
Solche Dinge wie "Sinn" oder "Moral" kamen erst mit den Menschen auf und haben garnichts mit den Naturgesetzen zu tun.

Ach. Und der Mensch gehört also nicht zur Natur, und damit zu den Naturgesetzen?

Wenn er Sinn stiften kann, dann ist ja wohl in Konsequenz dein erster Absatz ziemlich am Problem vorbei:
Doch, es ist wirklich so einfach. Nehmen wir mal an, dir ist kalt, und du zitterst. Du machst dies unbewusst, dein Körper (das "System") hat an den Kälte-Sensoren Impulse erhalten, verwurstet die Information entsprechend im Gehirn, und löst dann das Zittern aus. Selbiges gilt auch für die Liebe: man kann nicht bestimmen in wen man sich verliebt, es passiert einfach, instinktiv. Zum grossen Teil bestimmen Instinkte unseren Alltag, welche unbewusste Kausalitätsmechanismen sind.


Man kann nicht so einfach, wie du es hier tust, von einer erkannten Folge-Ursache Situation darauf schliessen, dass alle Situationen dem folgen würden.

Thod

Feuerkopf
Moderatorin
Moderatorin

Benutzeravatar
 
Beiträge: 5707
Registriert: 30.12.2000
Do 31. Okt 2002, 22:05 - Beitrag #18

Dem ist auch nicht so.
Die meisten Tiere (was Thod mal wieder gar nicht gerne lesen wird ;) ) und die Menschen folgen primär natürlich bestimmten Instinkten, das ist auch überlebenswichtig. Im weiteren gibt es starke Ziele im Leben der Menschen, z. B. der Wunsch nach Gesellung (Gemeinschaft mit Artgenossen) aus unterschiedlichen Gründen, oder der Wunsch, Unsicherheiten zu vermeiden. (Das Leben ist per se gefährlich, deshalb versuchen wir, es zu "entschärfen".)
Unsere genetische Ausstattung variiert von Person zu Person, und deshalb reagieren Menschen in derselben Situation auch unterschiedlich. Auch wird ein Mensch, der zum zweiten Mal in dieselbe Situation gerät, anders als beim ersten Mal reagieren, denn er ist nicht mehr derselbe wie beim ersten Mal: Er hat gelernt.

Der Lernprozess und die genetische Disposition stehen in Wechselwirkung und beeinflussen sich gegenseitig.

Und wir können manche Reaktionen kontrollieren und hinterfragen, soviel "Freiheit" haben wir. Wir können uns auch gegen unser eigenes Interesse entscheiden.
Es ist eben nicht "nur" Determinierung oder "nur" Freier Wille, es ist eine Mischung.

Thod
Harfner des Erhabenen
Lebende Legende

 
Beiträge: 2858
Registriert: 02.06.2001
Do 31. Okt 2002, 22:12 - Beitrag #19

das hat mit gerne lesen nichst zu tun. natürlich weiss ich, dass vieles determiniert ist. aber von vielem auf alles zu schliessen, das ist ja wohl nicht möglich.

ausserdem passen die tiere hier nicht so, weil keiner sagt, dass diese auf ihre art nicht auch an freiheit teilhaben können. was meinst du jetzt: sind die tiere wie die menschen determiniert, wie du in dem anderen thread andeutest, oder sind alle frei, wie du hier schreibst?

gruss,
orald

Feuerkopf
Moderatorin
Moderatorin

Benutzeravatar
 
Beiträge: 5707
Registriert: 30.12.2000
Do 31. Okt 2002, 22:53 - Beitrag #20

Ich hab nicht geschrieben, alle seien frei. Wir sind bezüglich mancher Entscheidungen frei, z. B. in dem Moment, wo wir Zielkonflikte gegen einander abwägen.
Das können Tiere in begrenztem Maße auch.

Ich habe auch nicht behauptet, dass wir komplett fremdbestimmt sind.
Wie gesagt: Die Grundstrukturen sind gleich, wir sind in vielen Handlungen determiniert und vieles ist auch automatisiert, das ist auch sinnvoll. Durch unsere Lernfähigkeit verstehen wir allerdings, dass es manchmal sinnvoll ist, eine Reaktion zu variieren oder sie ganz zu lassen. Wir können uns auch gegen besseres Wissen entscheiden. Wir können ein Ziel neu bestimmen oder verwerfen.

Ich sehe nicht die Notwendigkeit, eine Ausschließlichkeit zu fordern.
Wieso kann der Wille nicht partiell frei sein?

Wahrscheinlich hasst Thod mich für diese biologistischen Beiträge...

Nächste

Zurück zu Philosophie

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste