Ist Philosophie eine Wissenschaft?

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Padreic
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Do 19. Dez 2002, 15:54 - Beitrag #1

Ist Philosophie eine Wissenschaft?

Neulich kam mir, durch Heideggers "Die Wissenschaft denkt nicht." angeregt, der Gedanke, dass jede Wissenschaft ihre Scheuklappen hat und das auch gut so ist. Die Physik hat physikalische Phänomene im Blickfeld, für alles außerhalb dessen liegende setzt sie ihre Scheuklappen auf, würde sie es nicht tun, könnte sie sich auch gar nicht so detaillierte Aussagen über die physikalischen Phänomene treffen, da sie viel zu viel berücksichtigen müsste. Die Psychologie konzentriert sich nicht auf physikalische Phänomene, sondern mehr auf seelisches, wobei sie nicht interessiert, ob es nun in dem Sinne eine Seele ist oder nur ein physiakilische Scheinseele, auch interessiert sie keine Ethik etc. Hier hat sie auch wieder ihre Scheuklappen.
Nun scheint die Philosophie irgendwie aus dem Muster herauszufallen. Sie beschränkt ihren Blick nicht, sie betrachtet sowohl ethische Phänomene als auch phyiskalische als auch göttliche etc. Ist die Philosophie damit keine Wissenschaft?

Padreic

Thod
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Do 19. Dez 2002, 15:58 - Beitrag #2

Sie ist sicher keine Naturwissenschaft, und das ist ja unsere heutige Wissenschaftsdefinition.
Da sie aber durchaus ihre Wahrheitskriterien hat, und streng logisch vorgeht, würde ich sie als Wissenschaft durchaus bezeichnen. Hierbei übernehme ich auch eher Heideggers Bezeichnung der Philosophie als Metaphysik. Alles andere ist im reinen Sinne wohl keine Philosophie.

Gruss,
Thod

Traitor
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Do 19. Dez 2002, 17:23 - Beitrag #3

Das hängt wohl auch davon ab, ob man real existierende Philosophie betrachtet oder das Idealbild derselben. Auf letztere trifft die keine-Scheuklappen-Aussage wohl zu, reale Philosophie ist aber niemals frei von Ein- und Beschränkungen. Sie hat weniger davon als die empirischen Wissenschaften, aber sie hat immer noch welche, da man stets gewisse Axiome setzt.

Thod
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Do 19. Dez 2002, 17:32 - Beitrag #4

Man kann das bei jeder Wissenschaft sehen, dass die konkrete Verwirklichung immer eine zeitliche Entwicklung ist. Das ist nichts speziell philosophisches. Wenn man über eine Wissenschaft spricht, denkt man eigentlich immer an ihr Ideal, wie du es nennst. Fehler durch menschliche Interpretationen o.a. berühren die Wissenschaft als solche ja nicht.

Gruss,
Thod

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Do 19. Dez 2002, 17:47 - Beitrag #5

Klar, was ich sage, gilt auch für die anderen Wissenschaften, bzw für diese sogar noch stärker. Ich bezog es deshalb nur auf die Philosophie, weil es bei den anderen noch weit klarer sein sollte.
Aber auch im Idealbild würde die Philosophie ja noch auf Axiome aufsetzen.

Thod
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Do 19. Dez 2002, 17:53 - Beitrag #6

Philosophie hinterfragt ihre Axiome in ganz anderer Weise als andere Wissenschaften. Darum unterscheidet sie sich auch, wie Padreic beschrieben hat.

Gruss,
Thod

Padreic
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Do 19. Dez 2002, 17:58 - Beitrag #7

@Thod
Die Metaphysik geht da, wo sie vorgibt zu beweisen, streng logisch vor, da geb ich dir Recht. Doch wenn sie nur das wollte, wäre sie nur eine Spielart der Logik. Zur Metaphysik wird sie erst durch ein das bloß logische überschreitende Denken. Es gibt eben viele logisch konsistente Theorien, die trotzdem falsch sind. Kann aber dieses Denken noch Wissenschaft sein? Ich denke zumindest im engeren Sinne nicht.

Padreic

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Do 19. Dez 2002, 18:03 - Beitrag #8

Im Gegensatz zur Logik hinterfragt Metaphysik ihre Prämissen.

Gruss,
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Do 19. Dez 2002, 18:17 - Beitrag #9

Da dies nicht logisch geschehen kann, kann damit die Metaphysik keine streng logische Wissenschaft mehr sein.

Padreic

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Do 19. Dez 2002, 18:23 - Beitrag #10

Sie bedient sich aber der logischen Methode, darf nicht gegen sie verstossen. Allerdings, und das ist ihr wohl bewusst, geht sie darüber hinaus.

Gruss,
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Do 19. Dez 2002, 18:32 - Beitrag #11

Das ist genau das, was ich meinte ;). Das interessante ist ja, in wie weit etwas nicht logisch vorgehendes (wenn auch der Logik nicht widersprechendes) sich noch Wissenschaft nennen kann. Wenn dieser Teil der Philosophie keine Wissenschaft wäre, wäre sie im Ganzen ja auch keine.
Die Frage ist also: Muss eine Wissenschaft logisch vorgehen? Dazu wäre zu klären, was Wissenschaft überhaupt ist.

Padreic

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Do 19. Dez 2002, 18:39 - Beitrag #12

Das hängt vom Wissenschaftsbegriff ab. Heute muss für die Naturwissenschaften die Empirie als Grundslage gelten. Die Philosophie darf lediglich der Logik nicht widersprechen, würde ich sagen.
Dazwischen gibt es nichts, oder?
Was ist nicht Philosophie und nicht Naturwissenschaft, nennt sich aber dennoch wissenschaftlich?

Gruss,
Thod

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Do 19. Dez 2002, 19:32 - Beitrag #13

Nachtrag:
nach Heidegger ist wohl das Denken die Qualifikation der Methaphysik. Sie denkt im Gegensatz zur Wissenschaft. (Was immer er unter Denken verstehen mag ... )

Gruss,
Thod

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Do 19. Dez 2002, 21:26 - Beitrag #14

Ihr versteigt euch da wieder in etwas... ;)

Zu den Scheuklappen: die sind wohl wichtig, v.a. auch die Reduktion der Wirklichkeit, um Modelle zu bilden. Eine Theorie, die nicht reduziert, ist so brauchbar wie eine 1:1-Landkarte (n. J.Robinson)

Thod
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Do 19. Dez 2002, 21:27 - Beitrag #15

Ja, sie sind wichtig. Ich denke nicht, dass hier jemand eine Wertung der Wissenschaften vornehmen wollte, sondern nur die methodischen Eigenheiten heruasstellen.

Gruss,
Thod

Padreic
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Do 19. Dez 2002, 21:33 - Beitrag #16

@Thod
Es kommt drauf an, wie weit man Philosophie fasst. Die Mathematik hat weder was mit der Empirie zu tun, nennt sich aber trotzdem wissenschaftlich und im engeren Sinne ist sie auch nicht Philosophie. Wenn man die Philosophie allerdings weit fasst, fallen auch die Naturwissenschaften unter sie.

@Krautwiggerl
Hatte ich das nicht im ersten Posting im wesentlichen schon gesagt?

Padreic

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Do 19. Dez 2002, 21:36 - Beitrag #17

Mathematik ist imho angewandte Logik, und somit durchaus zur Metaphysik gehörig, denke ich. Aber tatsächlich scheint mir der Heideggersche Begriff vom Denken hier den wesentlichen Unterscheid zu machen. Die Metaphysik denkt, im Gegensatz zu anderen Wissenschaften, die beschreiben oder kombinieren.

Gruss,
Thod


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