Habe gerade "Artemis Fowl" Band eins bis drei von Eoin Colfer gelesen und obwohl es (nach dem Cover und den Protagonisten) wohl eigentlich ein Kinderbuch sein soll, finde ich es super spannend und habe die drei Bücher in zweieinhalb Tagen verschlungen.
Es geht um einen genialen zwölfjährigen, dessen Familie seit Generationen durch illegale Geschäfte reich wird. Nun sucht er nach dem Schatz der Elfen, von dem er im Internet erfahren hat. Tatsächlich findet er den Zugang zur unterirdischen Welt der Elfen, Kobolde, Feen und nimmt den Captain der Elfenelite gefangen (die unserer Technologie um ca. 50 Jahre voraus ist).
In den beiden weiteren Bänden versucht er einmal, seinen Vater zu finden und, wenn er noch lebt, aus den Händen der russischen Mafija zu befreien, zum anderen Jon Spiro, einen der führenden Hersteller für technologische Neuentwicklungen, zu erpressen, was dieser allerdings nicht so leicht mit sich machen lässt.
Beschützt wird Artemis von "Butler", sein Leibwächter, dessen Familie seit Generationen dazu ausersehen ist, die Sprösslinge der Fowls zu beschützen.
Das Buch ist wirklich gut und vor allem spannend und fesselnd, nicht mal die Schule konnte mich davon abhalten, weiterzulesen (außer in Mathe, bei unserer Mathelehrerin wäre das wirklich tödlich gewesen).
Nur zu empfehlen!
Außerdem habe ich endlich das 1200seitige "Anna Karenina" von Tolstoj zu Ende gelesen, ebenfalls ein sehr interessantes Buch, wenn auch an einigen Stellen etwas verwirrend. Hätte sich die Erzählung nur auf die Geschichte der Titelheldin beschränkt, wäre es wohl eindeutig eine Tragödie, da jedoch verschiedene, autonome Handlungsstränge beinahe gleichberechtigt nebeneinander laufen, finde ich, es lässt sich nicht so leicht klassifizieren.
Die Hauptperson, Anna Karenina, ist mit ihrer Ehe unzufrieden und verliebt sich in Wronski, mit dem sie schließlich, nachdem ihr Ehemann von ihrer Affäre erfährt, durchbrennt. Dabei muss sie ihren Sohn zurücklassen, und zusätzlich verweigert sie sich zunächst als Buße selbst die Scheidung, während sie später auf ihre Bitte hin von ihrem Mann eine Absage erhält. Dies stürzt sie in eine tiefe Krise, und das Zusammenleben mit ihrem Geliebten als Ausgestoßene aus der Gesellschaft wird immer unerträglicher, da ihr Selbstbewusstsein leidet, sie es kaum noch ertragen kann, wenn er für kurze Zeit nicht anwesend ist, er es jedoch nicht ertragen kann, beständig und ohne Unterbrechung an sie gekettet zu sein.
Beide machen sich gegenseitig das Leben schwer, obwohl sie sich lieben, und Anna stürzt immer tiefer in den Abgrund ihrer Einsamkeit und Selbstzweifel, während Wronski nicht weiß, was er tun soll, und angesichts ihrer anklagenden Haltung selbst ärgerlich und aggressiv reagiert.
Dieser Teil der Geschichte bis zu ihrem Ende, das nicht gleichbedeutend ist mit dem Ende des Buches, ist demnach sehr bedrückend und düster geschildert.
Ein anderer Strang dreht sich um Ljewin und Kitty, die zunächst in Wronski verliebt war und Ljewins Heiratsantrag abweist, beträchtliche Zeit später jedoch ihren Irrtum und ihre Liebe zu Ljewin erkennt und seinen zweiten Heiratsantrag annimmt. Ihre Ehe ist von gegenseitiger Liebe geprägt, und dank Kittys Einfühlungsvermögen und ihrer natürlichen Sicherheit im Umgang mit Menschen wird das gemeinsame Leben für beide gleichsam die Erfüllung ihrer Träume. Ljewins Leben ist geprägt von seiner Suche nach einem Sinn, da er nicht an die überlieferten Traditionen seiner Umgebung anknüpfen kann, die ihren Sinn in Gott gefunden haben. Hier wird meiner Meinung nach der Glaube Tolstojs deutlich, obwohl ich nicht weiß, ob er tatsächlich Christ war, jedenfalls legt die plötzliche Erkenntnis, die Ljewin am Ende des Buches erfährt, nahe, dass Tolstoj hier seine persönliche Erfahrung auf seinem Weg zum Glauben einspielen lässt.
Anfänglich erschien mir das Buch wie ein gewöhnlicher Roman und ich war etwas enttäuscht, aber das besondere und bisher einzigartige an "Anna Karenina" ist, wie ich finde, die detaillierte Darstellung der Gedanken, Empfindungen und Motivationen, die das Handeln der Charaktere beeinflussen. Durch ständigen Wechsel dieser Gedanken und der Handlungen, die daraus erfolgen, erscheint jede der Hauptfiguren als überaus plastische Nachempfindung eines realen Menschen.
Die zum Teil sehr plötzlichen und dennoch grundlegenden Veränderungen, denen die Figuren unterliegen, fand ich an einigen Stellen zwar sogar erschreckend, aber als eines der wesentlichsten Merkmale tragen sie dennoch sehr viel zu der hohen Qualität des Buches bei.
Wer also ein paar Monate Zeit hat, dem kann ich dieses Buch ebenfalls wärmstens empfehlen!
