Welches Buch lest ihr gerade? (II)

Die Faszination des geschriebenen Wortes - Romane, Stories, Gedichte und Dramatisches. Auch mit Platz für Selbstverfasstes.
Ipsissimus
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Fr 18. Nov 2011, 11:03 - Beitrag #461

Pierre Bayard
Wie man über Bücher spricht, die man nicht gelesen hat
Lis Künzli, Übersetzung
Goldmann-Verlag, 1. Auflage September 2009

Ich bin bis zum Ende nicht zu einer schlüssigen Entscheidung gelangt, ob Bayard eine entlang pseudointellektueller Formulierungen konstruierte Humoreske oder einen ernstgemeinten Ratgeber für leseunwillige Intellektuelle, die aus professionellen Gründen so tun müssen, als haben sie sich mit einem Buch beschäftigt, abgeliefert hat; meine derzeitige Vermutung geht dahin, dass beide Lesarten möglich sind und die Ambiguität gewünscht ist. Nur zu einem geringen Teil spielt dabei der Wunsch nach Entlarvung eine Rolle, wo entlarvt wird bedient sich die Entlarvung durchaus bedenkenswerter Beobachtungen und Rückschlüsse und zeigt Techniken, wendet sich aber nie gegen Menschen, stellt nie bloß. Der Ratgeber ist jedenfalls praktisch orientiert - wer die darin formulierten Grundlagen und Methoden verinnerlicht hat, wird zukünftig imstande sein, selbst mit dem Autor eines Buches, das er nicht gelesen hat, über dessen Buch zu diskutieren, ohne sich zu blamieren oder die fehlende Lektüre eingestehen zu müssen.

Im Grunde läuft es darauf hinaus, dass ein Buch kein Monolith sondern eingebunden ist in etwas, das Bayard die "Idee eines Buches" nennt, die ihrerseits wiederum eingebunden ist in die "Idee einer literarischen Schule oder Tradition". Ausgehend vom Bibliothekar aus Musils "Mann ohne Eigenschaften", der alle Bücher liebt und deswegen keines dadurch bevorzugen will, dass er es tatsächlich liest, greift er die Idee des Bibliothekars vom "Überblick" auf, wie sie sich im Katalogzimmer manifestiert, und konkretisiert diese Idee anhand einiger Buchbesprechungen, mit denen er Theorie und Praxis des Nichtlesens - aufgefasst als aktiven Verarbeitungsprozess - vertieft.

Interessant ist in diesem Kontext die Besprechung von Ecos "Name der Rose". Bayard zeigt, dass weder Baskerville noch Jorge das Buch, um dessenwillen 7 Morde begangen wurden, wirklich kennen und auf keinen Fall gelesen haben konnten. Trotzdem gelangen beide unabhängig voneinander zu verblüffend ähnlichen Auffassungen von Gehalt des Buches, Aristoteles´ zweitem Buch der Poetik, einfach anhand ihrer allgemeinen Bildung und der Nebeninformationen anhand der beobachteten Wirkungen des Buches.
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im Prinzip ist der Inhalt von Bayards Buch ein alter Hut; jeder aufgeweckte Literaturstudent entwickelt die Fähigkeit, auch vor professoralem, jedenfalls belesenem Auditorium über Bücher zu reden, die er hätte lesen sollen, aber nicht gelesen hat. Bayard geht nur einen Schritt weiter, er charakterisiert das Nichtlesen als den Normalfall, für den man sich nicht schämen solle, für den man sich nicht zu schämen braucht, allein schon deswegen, weil selbst bei den willigsten aller Leser auf ein gelesenes Buch tausende kommen, die nicht gelesen werden konnten. Es kommt also vielmehr darauf an, eine Idee, Musils Überblick, vom Stand der literarischen Produktion zu gewinnen, als ein konkretes Buch gelesen zu haben. Verfügt man über die Idee, kennt man die Bezüge, kann man das Buch korrekt einordnen und somit auf hohem Niveau darüber sprechen. Die exakte Kenntnis des Werkes selbst stört laut Bayard und seinen literarischen Gewährsleuten (neben Musil und Eco u.a. Balzac, Flaubert, Wilde) dabei eher, als sie nützt.

Ein Buch für den ambitionierten aber zeitökonomischen Literaturkritiker, Literaturprofessor oder Lehrer, weniger für die Amateure, zum Beispiel Literaturliebhaber oder Bildungsfetischisten, die Bücher tatsächlich noch lesen^^ angesiedelt zwischen Humoreske, Groteske und ernstgemeintem Ratgeber, intellektuell und literarisch nicht ohne erkleckliches Niveau^^ viele liebgewonnene Arten und Unarten des Bildungsphilistertums bekommen ihr Fett weg^^

Man tut vermutlich gut daran, es nicht allzusehr auf die Goldwaage zu legen, wird sich nach der Lektüre zukünftig aber unvermeidbar bei der Anwendung mancher darin beschriebener Verhaltensweisen und Techniken ertappen^^

Lykurg
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Fr 18. Nov 2011, 11:05 - Beitrag #462

@Traitor:

Stimmt, das ist auch ein besonders schöner Text, quasi ein Joseph-Offspin, wenn dir das eine gefällt, kannst du mit dem anderen eigentlich nicht schiefliegen und hast daran auf sieben Tage oder sieben Wochen Lesestoff. Naja, er packt auch gern mal zum etwas deutlicheren Mittel, manche Details werden sehr regelmäßig wiederholt, das gehört zu seinem erzählerischen Gestalten fast unweigerlich dazu. Die Sympathienlenkung in "Lotte" ist schon recht deutlich, aber dieses Umfeld Goethes in den späten Jahren kann einem auch schlecht gefallen, selbst einem Goethe nicht.^^

Jein, mein Speziezismus, hätte natürlich Cro-Magnon oder homo sapiens schreiben können, aber im Buch bzw. dem ganzen Zyklus geht es letztlich um Speziezismus, ohne daß die Begriffe im konsequent aus urmenschlicher Perspektive erzählten Text vorkämen - da wird zwischen "Clan-Leuten" bzw. "Flachschädeln" und den "Anderen" unterschieden (wobei es auch ein nicht uninteressantes erzählerisches Mittel ist, die Hauptfigur allmählich ihre Identität als als eine "Andere" erkennen und als solche agieren zu lassen).

@Ipsissimus:

LOL, das muß ich mir wohl beschaffen, klingt sehr vielversprechend!

e-noon
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Fr 18. Nov 2011, 14:48 - Beitrag #463

@Ipsissimus:

LOL, das muß ich mir wohl beschaffen, klingt sehr vielversprechend!


Könnte allerdings den Eindruck, den dein gesamtes restliches Bücherregal sonst auf Betrachter gemacht hätte, ins Gegenteil verkehren.

Lykurg
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Fr 18. Nov 2011, 15:41 - Beitrag #464

Ba* steht bei mir ganz links oben über dem Bett, da wird es kaum einer wahrnehmen - und wenn, vermutlich spät genug, um es als ironischen Kommentar zu verstehen. Ist nun bestellt.

Ipsissimus
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Di 22. Nov 2011, 15:06 - Beitrag #465

Thomas Bernhard
Der Untergeher
1983, gelesen als suhrkamp taschenbuch, 14. Auflage 1988

bei der ersten Leküre, vor 15, 20 Jahren war ich fasziniert von der Idee, mit dem Ich-Erzähler könne ein geläuterter Gulda, mit Wertheimer hingegen ein resignierender Brendel gemeint sein, während Gould einfach Gould ist, aber bei allen erkennbaren Bezügen zu diesen dreien, so einfach ist es nicht. Weder Brendel noch Gulda ließen jemals erkennen, dass sie Goulds Musizieren als Infragestellung ihrer eigenen Musikalität und ihrer performativen Fähigkeiten aufgefasst hätten; mutmaßlich funktioniert eine derartige Einsicht auf diesem Niveau von künstlerischer Vollkommenheit auch grundsätzlich nur mit fiktionalen Charakteren. Faszinierend bleibt diese fiktionale Gegenüberstellung von künstlerischen Fähigkeiten allemal.

bei der ersten Lektüre war ich dermaßen fasziniert von den musikalischen Aspekten, dass ich allen darüber hinaus gehenden Gehalt schlicht ignorierte. Wertheimers Selbstmord, die fast 30 Jahre währende, nur angedeutet inzestuöse, und latent gewalttätige Beziehung zwischen ihm und seiner Schwester, das nicht nur musikalisch sondern auf der ganzen Linie scheiternde Lebenskonzept des Ich-Erzählers bedeuteten mir damals nichts, und so ist diese neue Lektüre durchaus eine Entdeckung für mich.

Für Bernhard-Liebhaber unter den Spezialisten höchstrangiger Klavierinterpretationen oder für Liebhaber höchstrangiger Klavierinterpretationen unter den Bernhard-Spezialisten^^ für alle anderen: noch so ein Bernhard mit fraglichem Gehalt^^

Lykurg
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Di 22. Nov 2011, 15:15 - Beitrag #466

Oha... beide Ansprüche erfülle ich bei weitem nicht, strebe es aber genügend an, um meine jüngst genannte B-Sektion ein wenig zu erweitern und den von e-noon befürchteten schlechten Eindruck weiter zu verwässern. Als Titel ist der Untergeher mir längst vertraut, nun auf der Prioritätenliste ein ganzes Stück nach oben gerutscht. Danke für den Hinweis! :)

e-noon
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Di 22. Nov 2011, 16:50 - Beitrag #467

Gerade abgeschlossen: Elizabeth Gaskell, "North and South", ein Bildungsroman, geschrieben Anfang der 1850er, befasst sich mit Klassen- und Genderfragen und der Industrialisierung Englands.

Ab jetzt: Julien Green, "Chaque homme dans sa nuit"; mir wurde gesagt, "es geht um einen tief gläubigen (katholischen) jungen Mann, der gleichwohl sehr heftige fleischliche Gelüste verspürt, denen er auch nachgibt, und somit selbstquälerische innere Kämpfe durchlebt."

Ich werde wohl auch einige innere Kämpfe zu durchfechten haben angesichts meiner ausbaufähigen Französischkenntnisse.

Lani
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Mi 23. Nov 2011, 19:29 - Beitrag #468

Ich habe gerade die Reihe von "Die Tribute von Panem" verschlungen, nachdem meine Mama mich lange überreden musste, es zu lesen.

Dann jetzt bald wieder "Prophecy" von S.J. Parris.

e-noon
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Do 24. Nov 2011, 13:40 - Beitrag #469

@Lani: Die Rezensionen waren ja nicht so gut, auf Amazon hieß es, die Serie sei typisch amerikanisch gewaltverherrlichend und moralische Zweifel daran, andere Kinder zu töten, würden relativ schnell unterdrückt; außerdem soll der immense moralische Konflikt gegen Ende des Buches zugunsten einer Liebesgeschichte auf ein Minimum reduziert werden. Wie siehst du das?

Lani
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Sa 26. Nov 2011, 11:27 - Beitrag #470

Also ich find's überhaupt nicht gewaltverherrlichend ehrlich gesagt und die Hauptfigur hat ziemlich damit zu kämpfen, dass sie andere Kinder töten muss (bzw. das diese getötet werden); die Spiele sind meiner Meinung nach auch überhaupt nicht positiv dargestellt (sind aber natürlich das Spannendste an den Büchern).
Das mit der Liebesgeschichte stimmt daher eigentlich auch nur so teilweise. Der letzte Band ist zu einem großen Teil sowieso sehr gehetzt und damit der Schwächste, aber die Romanze unterdrückt für mich eigentlich nichts. Also, das der Konflikt am Schluss nicht mehr so riesig ist, liegt zum einem an der Entwicklung der ganzen Geschichte, aber auch daran, wie schnell der letzte Band durch die Geschichte hoppst. ^^

Ipsissimus
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Di 13. Dez 2011, 15:02 - Beitrag #471

Roger Penrose
Zyklen der Zeit
Eine neue, ungewöhnliche Sicht des Universums

aus dem Englischen übersetzt von Thomas Filk
Spektrum Akademischer Verlag, 1. Auflage, 4. August 2011

ein Buch über Kosmologie, speziell eine Diskussion verschiedener Konzepte des Urknalls, ausgehend von einer breit gefächerten und gleichzeitig in die Tiefe gehenden Diskussion über den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, den Entropiebegriff und anscheinende oder wirkliche Verletzungen des zweiten Hauptsatzes in Grenzzuständen, wie sie z.B. am Ereignishorizont schwarzer Löcher auftreten. Penrose erläutert konkurrierende Kosmologien, vor allem die von Hawking, und stellt dann seine Kernhypothese vor:

Der Urknall war gar nicht der Anfang des Universums, sondern als Übergang aus einem früheren Zustand, während dem alles kalt und leer war, nur der Beginn eines neuen Zeitalters des Universums. Diese Übergänge verlaufen laut Penrose zyklisch, Phasen kalter und leerer Zeitalter wechseln mit massegefüllten, schöpferischen Phasen. Der Clou dabei ist, dass sich die kalte massenlose Leere und der heiße dichte Urknall mittels des Zweiten Hauptsatzes mathematisch miteinander identifizieren lassen. Das ist Penrose´ Hauptthese.

Dieser zyklische Wechsel wird von einer sogenannten "konformen Umskalierung" auf Grundlage der ART erzwungen. Diese Umskalierung ist mathematisch völlig unstrittig. Penroses Hypothese weist diesem mathematischen Trick aber eine physikalische Realität zu. Die dazu notwendigen spekulativen Zusatzannahmen werden ausgiebig diskutiert.
....................................

Das Buch liegt an der äußersten Grenze meiner mathematischen und intellektuellen Fähigkeiten, der Begriff des "Populärwissenschaftlichen" ist darin schon arg strapaziert. Penrose verbannt zwar alle Formeln in einen Anhang (der den Hauptteil nochmal wiederholt, jetzt aber in mathematischer Formelsprache), das ist aber auch schon das Ende seines Entgegenkommens. Es wird verlangt, dass die Leser sich in komplexer Weise mit komplexen Aussagen und deren wechselseitigen Bezügen auseinandersetzen.

Trotzdem unerlässliche Lektüre für physikalische Laien, die ein tiefergehendes Interesse an - nicht nur Penrosescher - Kosmologie aufbringen.

Katinka3
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Di 13. Dez 2011, 22:18 - Beitrag #472

Ein Roman von Cecelia Ahern. Ich schreib dir morgen wieder. Es ist ein modernes Märchen mit realistischen Momenten. Lustige , magische und traurige Elemente. Alles zusammen gespickt mit Denkanstößen für das eigene Leben.

the hui
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Fr 16. Dez 2011, 18:13 - Beitrag #473

Die Eleganz des Igels von Muriel Barbery
Eine wunderschöne Gesellschaftssatire die mit Witz und Authentizität überzeugt^^

Maglor
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So 18. Dez 2011, 22:01 - Beitrag #474

Umberto Eco - Der Friedhof von Prag
Die Kritiken sind berechtigt. Umberto Eco hat ein Monster geschaffen, voller Intertextualität, historischen Bezügen usw. Nahezu alle vorkommenden Personen sind historische Personen, die sich bis auf wenige Ausnahmen wie Alexandre Dumas, Garibaldi und Freud der Kenntnis Normalsterblicher völlig entziehen.
Wenn man nicht gelegentlich googlet, entgeht einem das eigentliche Meisterwerk. Da es in der derzeitigen Ausgabe weder Fußnoten noch eine Art Register gibt, bleiben wohl die meisten Zusammnhänge verborgen. Ich stelle mir ja die Frage, ob die Kochrezepte echt sind. ;)
Das Buch beschreibt die ultimative Meta-Verschwörungstheorie, in der es darum geht, wie man Verschwörungstheorien in die Welt setzt und Verschwörungen inszeniert.

e-noon
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So 18. Dez 2011, 22:08 - Beitrag #475

Klingt gut!

Umberto Eco: Wie man mit einem Lachs verreist.

Eine Sammlung größtenteils älterer Kurzgeschichten (80er?), die die italienische Bürokratie und den Literatur(kritiker)betrieb aufs Korn nimmt. Amüsant, stellenweise hilfreich für die Examensvorbereitung :D, manchmal auch etwas abgedreht und dann weder lustig noch interessant (die Science-fiction-geschichten vor allem).

Ipsissimus
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So 18. Dez 2011, 23:09 - Beitrag #476

eine Neuauflage vom Foucaultschen Pendel, Lykurg?

Lykurg
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Mo 19. Dez 2011, 01:50 - Beitrag #477

Du meinst wohl eher Maglor, Ipsissimus?

Hmmm, jetzt bin ich ja wieder in der Pflicht, oje...^^

Deiner Empfehlung folgend
Pierre Bayard: Wie man über Bücher spricht, die man nicht gelesen hat (2007)
- gewinnbringend angewandt. Das darin erwähnte Beschämungsspiel (man nenne Bücher, die man nicht gelesen habe, und sammle dafür Punkte von allen Mitspielern, die sie gelesen haben) habe ich inzwischen mehrfach ausprobiert, unter anderem bei einer Weihnachtsfeier im Germanistischen Institut - war überaus witzig und hat uns über drei Stunden gut beschäftigt.

Eric-Emmanuel Schmitt: Das Evangelium nach Pilatus
(2005)
enthält eigentlich zwei Evangelien, nämlich eines aus der Sicht Jesu und eines aus der Sicht des Pilatus. Das erste beinhaltet im wesentlichen die Jugendjahre bis zur Jordantaufe und zeichnet das faszinierende Portrait eines Zimmermannssohns, der gegen seinen Willen von lauter Leuten zu etwas erklärt wird, was er nicht sein will, das zweite dann die Ereignisse rund um Verurteilung, Hinrichtung und Auferstehung aus der Sicht des römischen Statthalters, dem das Pulverfaß Galiläa zu explodieren droht und der sich nach Kräften bemüht, einen Kriminalfall um eine verschwundene Leiche zu lösen. Spannende und weitgehend schlüssige Sichtweisen auf eine recht gut bekannte Geschichte, besonders auch, was die Motivation des Judas und einige weitere Nebenerzählungen angeht.

Oswald Wiener: Die Verbesserung von Mitteleuropa. [Roman]
(1969)
Vollkommen unlesbare Sammlung von Aphorismen und oftmals kryptischen Bemerkungen zu vielen hunderten von Themenschlagwörtern, teilweise absichtlich verdruckt oder auf andere Weise absonderlich verstellt. Das Buch (übrigens in konsequenter kleinschreibung) beginnt mit einem umfassenden Schlagwortindex mit ausschließlich römischen Seitenzahlen und geht ähnlich grotesk weiter, der eigentliche Sinn des Buches erklärt sich aus Appendix C - aber den werde ich jetzt nicht vorwegnehmen.

Siegfried Fischer-Fabian: Geliebte Tyrannen. Ein Buch für Katzenfreunde und solche, die es werden wollen (1984)
Locker lesbare Kulturgeschichte zwischen Katze und Mensch, über Charaktere, Gewohnheiten, Pflichten, den Unterschied zwischen Hundebesitzern und Menschen, bei denen eine Katze wohnt, etc. - Nichts Großartiges, ich sah es wenige Tage nach Fischer-Fabians Tod in der Bücherkiste und griff zu, um mir ein Bild zu machen.

Jörg Uwe Sauer: Uniklinik (1999)
Hinreißend komische und böse Satire auf den akademischen Betrieb, genauergenommen die Essener Germanistik, aber problemlos übertragbar, aus der Sicht eines beleidigt aus Österreich ausgewanderten Studenten mit mehr Neurosen als Ambitionen (was allerdings auf den gesamten Studiengang zuzutreffen scheint). Der Text ist eine Thomas-Bernhard-Stilkopie (die allerdings sprachlich nicht an das Original heranreicht) und bringt Unmengen an Anspielungen auf dessen Werk (und auch sehr viele auf andere Autoren und Werke). Stellenweise zog es sich etwas in die Länge, nicht jeder Witz saß gleichermaßen, aber ich habe auch allzuviel aus dem Leben wiedererkannt... ;)

aktuell:
Rafael Horzon: Das weiße Buch (2011)
Moderner Schelmenroman über einen unglaublich vielseitigen Studienabbrecher und Kleinstunternehmer, der mit den verrücktesten Geschäftsideen jeweils für kurze Zeit in Paris, München und Berlin sein Dasein fristet - stellenweise urkomisch, aber auch hier bleibt einem teilweise das Lachen im Halse stecken.

Ipsissimus
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Mo 19. Dez 2011, 01:52 - Beitrag #478

autsch, blind ich bin^^ sorry, Maglor, danke Lykurg für den dezenten Hinweis^^

Traitor
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Mo 19. Dez 2011, 05:53 - Beitrag #479

Robert Rankin - The Suburban Book of the Dead - Armageddon III: The Remake
Wenn man dem Klappentext glauben darf (der bei Rankins meist überraschend zutreffend ist, wenn auch nicht unbedingt im erwarteten Kontext), geht es diesmal u.a. um Elvis' Verstrickungen in die Ereignisse des Alten Testaments.

Aspasia
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Sa 31. Dez 2011, 01:11 - Beitrag #480

Oscar Wilde - Erzählungen und Märchen
Bisher meine Lieblingsgeschichte: Der Geburtstag der Infantin

Rafik Schami: Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte
Geschichten, wie der syrische Autor zum Erzähler wurde

Francine Prose: Völlerei - Die köstlichste Todsünde

Kenneth Grahame: Der Wind in den Weiden
Englischer Kinderbuchklassiker - nahm ich mir schon seit Ewigkeiten vor zu lesen.

Robert von Ranke Graves: Ich, Claudius, Kaiser und Gott

George Sand: Win Winter auf Mallorca
Ein Reisebericht

gerade abgeschlossen:
Heinrich Böll: Die verlorene Ehre der Katharina Blum
Beschreibung, wohin die Boulevardpresse einen Menschen durch gezielt diffamierende Berichterstattung treiben kann.

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