Und der kleine Prinz betrat eine andere Welt. Sie schien so kalt & leer. Und obwohl es Tag war, war diese Welt von Dunkelheit erfüllt. Das Einzige, was etwas Licht brachte waren kleine funkelnde Sterne am Himmel. Und nur mit ihrer Hilfe konnte der kleine Prinz die einzige Seele an diesem Ort sehen. Es war eine Rose. Aber diese Rose war nicht wie die anderen, die er je begegnet war, sondern sie erinnerte ihn an seine eigene, die er zurück gelassen hatte, nur dass diese schwarz war.
Der kleine Prinz hatte noch nie vorher eine schwarze Rose gesehen. Und obwohl sie schon fast verwelkt war, strahlte sie noch solch eine Lebensfreude aus, dass der kleine Prinz vor lauter Staunen stehen blieb.
„Hallo“, sagte der kleine Prinz.
„Hallo“, sagte die Rose.
„Warum bist Du so alleine?“, fragte der kleine Prinz.
„Ich bin nicht alleine!“
„Aber ich sehe hier niemanden außer Dir“
„Das ist richtig, aber dennoch bin ich nicht alleine. Ich habe doch mich.“ Die Rose versuchte zu lächeln. „Und jetzt bist Du auch noch da.“ Diesmal lachte sie richtig.
Es war das süßeste Lachen, dass der Prinz je gesehen hatte.
So standen die Beiden eine Weile da und schauten sich einfach nur an, bis der kleine Prinz neugierig wurde:
„Wünscht Du Dir nicht manchmal in die Welt hinaus zugehen? Andere zu treffen?“
Die Rose zögerte: „Nein, die Menschen, die hier vorbei kommen, reichen mir.“
„Warum willst Du nicht wo anders hin? Es gibt in der Welt so viele schöne Dinge zu sehen.“
„Ich kann nicht“, erwiderte die Rose.
„Warum?“
„Ich warte auf jemanden.“
„Auf wen?“
„Kleiner Prinz, du fragst zuviel!“
„Es interessiert mich eben.“
„Warum interessiert es Dich? Ich bin doch nur eine Fremde für Dich!“
„Jetzt nicht mehr!“
Die Rose war erstaunt. Alle Menschen, die sie bisher getroffen hat, wollten sie sofort abpflücken und in eine Vase stecken. Aber dieser kleine Mensch zeigte echtes Interesse. Er konnte nicht von hier sein.
„Auf wen wartest Du?“ Er wollte nicht aufgeben.
„Das ist ein Geheimnis“, flüsterte die Rose.
Der kleine Prinz erkannte, dass er erst einmal ihr Vertrauen gewinnen musste. So erzählte er ihr von seinen Reisen und den Bekanntschaften, die er gemacht hatte.
Die Rose lauschte aufmerksam jedes seiner Worte und es war, als ob sie mit jedem Lippenschlag des kleinen Prinzen ein wenig aufblühte.
So verbrachten die Beiden Tage und Nächte miteinander, ohne, dass es je langweilig wurde. Bis der Tag kam, an dem der kleine Prinz weiterziehen musste.
„Nimm mich mit“, sagte die Rose, die jetzt zu ihrer voller Pracht erblüht war. Sie wunderte sich, wie leicht ihr diese Worte aus dem Mund sprudelten. Noch nie hatte sie so etwas gesagt.
Der Prinz lächelte: „Ich nehme Dich überall mit, wohin Du möchtest!“
Die Rose wurde plötzlich traurig. Und eine Träne kullerte ihr aus den Augen.
„Warum weinst Du?“, fragte der kleine Prinz besorgt.
„Ich kann nicht mit Dir kommen. Wenn Du mich abpflückst, werde ich sterben und weder Du noch ich haben etwas davon.“
„Vertrau mir“, sagte er sanft. „Mein Lebenssaft wird Dein Lebenssaft sein!“
„Ich vertraue Dir“, sprach die Rose ohne zu zögern.
Und der kleine Prinz pflückte sie ab und sie verwelkte langsam ...
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