Lyrik: Welche Gedichte findet ihr schön?

Die Faszination des geschriebenen Wortes - Romane, Stories, Gedichte und Dramatisches. Auch mit Platz für Selbstverfasstes.
THRASH
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Di 19. Feb 2002, 18:12 - Beitrag #1

Lyrik: welche Gedichte findet ihr schön

Gedichte sind was schönes...nicht? :)

Wenn ihr auch Gedichte schön findet bzw. ein schönes habt dann postet das doch mal

ich poste jetzt einfach mal eines was ich eben fand

ist von Edgar Allan Poe von 1831 und gefällt mir sehr gut. Hab sogar eine musikalische Umsetzung davon wobei die den wenigsten gefallen wird. :)

The Sleeper (zu deutsch die Schläferin)

At midnight in the month of June,
I stand beneath the mystic moon.
An opiate vapor, dewy, dim,
Exhales from out her golden rim,
And softly dripping, drop by drop,
Upon the quiet mountain top,
Steals drowsily and musically
Into the universal valley.
The rosemary nods upon the grave;
The lilly lolls upon the wave;
Wrapping the fog about its breast,
The ruin moulders into rest;
Looking like Lethe, see! the lake
A conscious slumber seems to take,
And would not, for the world, awake.
All Beauty sleeps! - and lo! where lies
Irene, with her Destinies!

Oh, lady bright! can it be right -
This window open to the night?
The wanton airs, from the tree-top,
Laughingly through the lattice drop -
The bodiless airs, a wizard rout,
Flit through thy chamber in and out,
And wave the curtain canopy
So fitfully - so fearfully
Above the closed and fringéd lid
´Neath which thy slumb´ring soul lies hid,
That, o´er the floor and down the wall,
Like ghosts the shadows rise and fall!
Oh, lady dear, hast thou no fear?
Why and what art thou dreaming here?

Sure thou art come o´er far-off seas,
A wonder to these garden trees!
Strange is thy pallor! strange thy dress!
Strange, above all, thy length of tress,
And this all solemn silentness!

The lady sleeps! Oh may her sleep,
Which is enduring, so be deep!
Heaven have her in its sacred keep!
This chamber changed for one more holy,
This bed for one more melancholy,
I pray to God that she may lie
Forever with unopened eye,
While the pale sheeted ghosts go by!

My love, she sleeps! Oh may her sleep,
As it is lasting so be deep!
Soft may the worms about her creep!
Far in the forest, dim and old,
For her may some tall vault unfold -
Some vault that oft hath flung its black
And wingéd pannels fluttering back,
Triumphant, o´er the crested palls
Of her grand family funerals -

Some sepulchre, remote, alone,
Against whose portal she hath thrown,
In childhood, many an idle stone -
Som tomb from out whose sounding door
She ne´er shall force an echo more,
Thrilling to think, poor child of sin!
It was the dead who groaned within. "


Ich weis nich ob da jetzt jeder was mit anfangen kann weils teilweise altenglisch ist ich versuch mal ein par Wörter noch aufzuschreiben die viell. etwas komisch oder unbekannt sind :-)

beneath - unter, unterhalb
opiate - opiumhaltig (Beruhigungsmittel); hier: etwa betäubend
dewy - taufeucht
dim - schummerig, trüb
exhales ausatmen; hier: bspw. rauscht aus
drowsily - schläfrig
valley - Tal, Niederung
lily - Lilie
wrapping - Verpackung (umhüllen)
moulder - vermodern, verrotten
conscious - Bewußtsein, bewußt
wanton - liederlich, schamlos, lüstern
lattice - Gitter
flit - flattern, huschen
thy - euer/eure/euer; dein/deine/dein
fringed - fransen (etwa: umsäumt, auch Randgruppe) (warum das hier mit é geschr. wird weis ich nicht, nehme mal an ist alte schreibweise)

´neath - beneath
o´er - other

thou - (alt engl.) (to friend, servant) Er/sie, (to stranger) Ihr
(bsp. im deutschen abwertend zu sklaven: "bringe er mir wein", also dritte person obwohl man die person direkt anspricht)

pallor - Blässe, Fahlheit
solemn - feierlich, ernst, erwürdig
pale - blaß, bleich, fahl (bspw. blaß- od. zartgrün)
sheeted - Bettlacken, Leintuch, Blatt, Scheibe, Schicht, Fläche, (bspw. Flammenmeer, Eisschicht... sucht euch was aus *g*)

creep - schleichen, kriechen
vault - (Keller)-Gewölbe, (Wein)-Keller, Sprung, Schersprung, Flanke
winged - mit Flügeln, geflügelt
pannel (heute panel) - Paneele (Täfelung)
sepulchre - Grab, Grabstätte
hath - entweder "dessen" (von dem --> das = "his") oder was ich eher denke alt für "has" = 3. person von "have" = haben

ne´er - neither
groan - stöhnen, ächtzend


soooo :) das war jetzt sehr viel arbeit... hoffe das liest auch jemand :)

und postet ihr auch mal Gedichte, oder schöne Songtexte (wennsgeht aber keine ohrwürner wo nur der refraint gut ist und sich reimt) :-))

effendi
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Fr 22. Feb 2002, 20:04 - Beitrag #2

Kennst Du das auch?

Kennst du das auch, daß manches mal
Inmitten einer lauten Lust,
Bei einem Fest, in einem frohen Saal,
Du plötzlich schweigen und hinweggehen mußt?

Dann legst du dich aufs Lager ohne Schlaf
Wie Einer, den plötzlich Heimweh traf;
Lust und Gelächter ist verstiebt wie Rauch,
Du weinst, ohne Halt - Kennst du das auch?

Hermann Hesse


--------------------------------------------------------------------------------
Im Nebel
Seltsam,im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
kein Baum sieht den anderen,
jeder ist allein.

Voll von Freunden war mir die Welt,
als noch mein Leben licht war;
nun da der Nebel fällt,
ist keiner mehr sichtbar.

Wahrlich keiner ist weise,
der nicht das Dunkel kennt,
das unetrinnbar und leise
von allen ihn trennt.

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Eisamsein.
Kein Mensch kennt den andern,
jeder ist allein.

Hermann Hesse

THRASH
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Fr 22. Feb 2002, 20:43 - Beitrag #3

oh ja das ist auch schön... ich kenne von hesse eigentlich keine gedichte aber die gefallen mir... lohnt sich wohl sich da mal was zu besorgen :)

ich hab hier auch noch was schönes von meinem lieblingsgedichte schreiber (neben goethe) :-)

Der Abend

Schweigt der Menschen laute Lust:
Rauscht die Erde wie in Träumen
Wunderbar mit allen Bäumen,
Was dem Herzen kaum bewußt,
Alte Zeiten, linde Trauer,
Und es schweifen leise Schauer
wetterleuchtend durch die Brust.

--------------

Mondnacht

Es war, als hätt´ der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blüten-Schimmer
Von ihm nun träumen müßt´.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
Son sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus

--------------

Der Soldat

Und wenn es einst dunkelt,
Der Erd´ bin ich satt,
Durch´s Abendrot funkelt
Eine prächt´ge Stadt:
Von den goldenen Türmen
Singet der Chor,
Wir aber stürmen
Das himmlische Tor.


all from Joseph von Eichendorff

Das ist meiner Meinung nach (fast) die vollkommenheit der lyrischen Dichtung.
Vielleicht komm ich ja mal in seine Nähen... :-)

effendi
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Sa 23. Feb 2002, 15:03 - Beitrag #4

Allein
Es führen über die Erde Straßen und Wege viel,
Aber alle haben
Dasselbe Ziel.

Du kannst reiten und fahren
Zu zwein und zu drein,
Den letzten Schritt musst du
Gehen allein.

Drum ist kein Wissen
Noch Können so gut,
Als dass man alles Schwere
Alleine tut.

H. Hesse


Kenn eigentlich nur einige gute Gedichte von ihm ,aber der Steppenwolf wird oft empfohlen.Werd ihn bei Gelegenheit selbst mal lesen ;)

THRASH
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Sa 23. Feb 2002, 16:24 - Beitrag #5

den steppenwolf hab ich nocht nicht gelesen aber ich hab von einigen die Deutsch-LK hatten gehört das es ein doofes Buch sein soll. ... mal schaun... :)

es gibt noch soviel was ich lesen will *g*


von Goethe gibt es auch ein schönes Gedicht über den Mond und den Abend oder so... ich such das mal raus und poste es :)

Erdwolf
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Sa 23. Feb 2002, 18:41 - Beitrag #6

Da muß ich natürlich auch mal was posten.

Eigentlich finde ich Gedichte sehr gut, ich habe jetzt aber nicht so viele parat. Ich such' nochmal welche, wenn ich Zeit finde.

Erstmal ein schönes kurzes von Andreas Gryphius:

Betrachtung der Zeit

Mein sind die Jahre nicht,
Die mir die Zeit genommen;
Mein sind die Jahre nicht,
Die etwa möchten kommen;
Der Augenblick ist mein,
Und nehm ich den in acht
So ist der mein,
Der Jahr und Ewigkeit gemacht.


Dann noch eins von Robert Frost:

Some say the world would end fire,
Some say in ice.
From what I’ve tasted of desire
I hold with those, who favor fire.
But if it had to perish twice,
I think I know enough of hate,
to say that for destruction ice
is also great
and would suffice.


Und ein langes von Goethe:

Prometheus

Bedecke deinen Himmel, Zeus,
Mit Wolkendunst!
Und übe, Knaben gleich,
Der Disteln köpft,
An Eichen dich und Bergeshöhn!
Mußt mir meine Erde
Doch lassen stehn,
Und meine Hütte,
Die du nicht gebaut,
Und meinen Herd,
Um dessen Glut
Du mich beneidest.
Ich kenne nichts Ärmeres
Unter der Sonn als euch Götter.
Ihr nähret kümmerlich
Von Opfersteuern
Und Gebetshauch
Eure Majestät
Und darbtet, wären
Nicht Kinder und Bettler
Hoffnungsvolle Toren.
Da ich ein Kind war,
Nicht wußte, wo aus, wo ein,
Kehrte mein verirrtes Aug
Zur Sonne, als wenn drüber wär
Ein Ohr zu hören meine Klage,
Ein Herz wie meins,
Sich des Bedrängten zu erbarmen.
Wer half mir wider
Der Titanen Übermut?
Wer rettete vom Tode mich,
Von Sklaverei?
Hast du's nicht alles selbst vollendet,
Heilig glühend Herz?
Und glühtest, jung und gut,
Betrogen, Rettungsdank
Dem Schlafenden dadroben?
Ich dich ehren? Wofür?
Hast du die Schmerzen gelindert
Je des Beladenen?
Hast du die Tränen gestillet
Je des Geängsteten?
Hat nicht mich zum Manne geschmiedet
Die allmächtige Zeit
Und das ewige Schicksal,
Meine Herren und deine?
Wähntest du etwa,
Ich sollte das Leben hassen,
In Wüsten fliehn,
Weil nicht alle Knabenmorgen-
Blütenträume reiften?
Hier sitz ich, forme Menschen
Nach meinem Bilde,
Ein Geschlecht, das mir gleich sei,
Zu leiden, weinen,
Genießen und zu freuen sich,
Und dein nicht zu achten,
Wie ich.

Erdwolf
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So 24. Feb 2002, 23:21 - Beitrag #7

So, weiter geht's:

Erstmal eins von Goethe:

Eins und alles

Im Grenzenlosen sich zu finden,
Wird gern der einzelne verschwinden,
Da löst sich aller Überdruß;
Statt heißem Wünschen, wildem Wollen,
Statt lästigem Fordern, strengem Sollen
Sich aufzugeben ist Genuß.
Weltseele, komm, uns zu durchdringen!
Dann mit dem Weltgeist selbst zu ringen,
Wird unsrer Kräfte Hochberuf.
Teilnehmend führen gute Geister,
Gelinde leitend höchste Meister
Zu dem, der alles schafft und schuf.
Und umzuschauen das Geschaffne,
Damit sichs nicht zum Starren waffne,
Wirkt ewiges, lebendiges Tun.
Und was nicht war, nun will es werden
Zu reinen Sonnen, farbigen Erden;
In keinem Falle darf es ruhn.
Es soll sich regen, schaffend handeln,
Erst sich gestalten, dann verwandeln;
Nur scheinbar stehts Momente still.
Das Ewige regt sich fort in allen:
Denn alles muß in Nichts zerfallen,
Wenn es im Sein beharren will.

Und zwei von Hörderling:

An die Parzen

Nur Einen Sommer gönnt, ihr Gewaltigen !
Und einen Herbst zu reifem Gesange mir,
Daß williger mein Herz, vom süßen
Spiele gesättiget, dann mir sterbe.
Die Seele, der im Leben ihr göttlich Recht
Nicht ward, sie ruht auch drunten im Orkus nicht;
Doch ist mir einst das Heilige, das am
Herzen mir liegt, das Gedicht, gelungen,
Willkommen dann, o Stille der Schattenwelt !
Zufrieden bin ich, wenn auch mein Saitenspiel
Mich nicht hinab geleitet; Einmal
Lebt ich, wie Götter, und mehr bedarfs nicht.


Ehmals und jetzt

In jüngern Tagen war ich des Morgens froh,
Des Abends weint ich; jetzt, da ich älter bin,
Beginn ich zweifelnd meinen Tag, doch
Heilig und heiter ist mir sein Ende.

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THRASH
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Mo 25. Feb 2002, 10:28 - Beitrag #8

Erdwolf schöne Gedichte... :) vor allem auch mal was dabei von keinem soo bekannten Autor :)

Erstmal nochwas schönes von Goethe:

Dämmerung senkte sich von oben,
Schon ist alle Nähe fern;
Doch zuerst emporgehoben
Holden Lichts der Abendstern!
Alles schwankt ins Ungewisse,
Nebel schleichen in die Höh;
Schwarzvertiefte Finsternisse
Widerspiegelnd ruht der See.


Bürgerpflicht
Ein jeder kehre vor seiner Tür,
Und rein ist jedes Stadtquartier.
Ein jeder übe sein Lektion,
So wird es gut im Rate stohn.


Was sicherlich auch jeder kennt aber was hier zu lang ist (will das auch nicht abschreiben) ist der Osterspaziergang aus Goethes Faust. Einfach klasse. :-)
(musste ihn auswendig lernen und kann ihn schon nicht mehr... leider)

Und was auch gut ist (aber das wird den wenigsten gefallen) ist von Heine "Deutschland - Ein Wintermärchen" das haben wir auch in der Schule gelesen.

--------------
So noch was von einem Unbekannten Autor. Der ist zwar schon gestorben (soweit ich weis) aber noch nicht sehr lange tot. Der hat auch sehr gut geschrieben. Heißt Thomas Bernhard
Ich hab jetzt einfach mal eines rausgesucht da ich die nicht so gut kenne und deswegen auch kein besonders gutes weis. :-)


Nieder geht der Regen auf die schwarzen Wälder

Nieder geht der Regen auf die schwarzen Wälder,
Türen schließen sich zu meinen Stunden
so, als wäre ich nicht aus der Nacht gestiegen,
aus den Tiefen dieses grauen Tagewerks,
zornig, mit dem letzten Freunden meiner
schwachen, niederträchtigen Seele,
die schon meines Vaters krankes Schicksal trug.

Nieder der geht der Regen auf die schwarzen Wälder,
hör den Schrei, der deiner Sonne gilt, der müden,
die sich seltsam klagend durch die nassen Stämme
treiben läßt von einem bitteren Abendwind.
Aus den hungrigen und trüben Augen steigen
nachts die Wunder dieser frühen Tage
und die Glieder strecken sich unter den Dächern
in den Fängen deiner trägen Poesie.

Nieder geht der Regen auf die schwarzen Wälder
und ich such den Traum, den ich noch gestern
lobte und der meine nassen Augen
niederdrückte auf das Bett im kalten Zimmer,
wo das Uhrwerk meine Welt zerstörte,
auch den letzten süßen Hauch des Friedens,
der meiner geliebten Bauernrede galt.
---------------------

Das ist doch einfach klasse oder? :))... also das muss ich mir mal markieren...dafür das ich einfach das nächstbeste rausgegriffen hab war das ein klasse Fang :)

Juliette
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Di 26. Mär 2002, 11:04 - Beitrag #9

meine Lieblingsgedichte ...

Seine

Auf dem Grund
der Seine
liegt ein Stück
meines Herzens.
Ertrunken durch
die Missverständnisse
und der verleugneten
Liebe.

Auf dem Grund
der Seine
liegt ein Stück
meines Lebens.
Zum Tode gebracht
durch die Feigheit
und dem fehlendem Mut,
ein Problem standzuhalten.

Auf dem Grund
der Seine
liegt ein Stück
meiner Vergangenheit.
Der ich mein Leben lang,
hinterher trauern werde.

Auf dem Grund
der Seine
liegt die Liebe,
die ich verlor,
da ich zu spät erkannte,
was ich an ihr gehabt habe.

Und nun sollte
auch ich,
unsere Liebe für immer
b e g r a b e n


frozen - angel


______________________



ich möchte dich lieben,
ohne dich einzuengen,
dich wertschätzen,
ohne dich zu bewerten,
dich ernst nehmen,
ohne dich auf etwas festzulegen,
zu dir kommen,
ohne mich dir aufzudrängen,
dich einladen,
ohne forderungen an dich zu stellen,
dir etwas schenken,
ohne erwartungen daran zu knüpfen,
von dir abschied nehmen,
ohne wesentliches versäumt zu haben,
dir meine gefühle mitteilen,
ohne dich für sie verantwortlich zu machen,
dich informieren,
ohne dich zu belehren,
dir helfen,
ohne dich zu beleidigen,
mich um dich kümmern,
ohne dich verändern zu wollen,
mich an dir freuen,
so wie du bist.

wenn ich von dir das gleiche bekommen kann,
dann können wir uns wirklich begegnen
und uns gegenseitig bereichern.


andy b


_________________________



Nähe

Wenn ich weit weg bin von dir
und wenn ich die Augen zumache
und die Lippen öffne
dann spüre ich wie du schmeckst
nicht nach Seife und antiseptischen Salben
nur nach dir
und immer näher nach dir
und immer süßer nach dir
je länger ich an dich denke
und manchmal nach uns
nach dir und nach mir und nach dir

Aber wenn ich bei dir bin
wenn ich dich küsse und trinke
und dich einatme
und ausatme und wieder einatme
wenn ich mit offenen Augen
fast nichts von dir sehe
ganz vergraben in dich
in deine Haut und in deine
Haare und deine Decken
die duften nach dir
dann denke ich an dein Gesicht
weit oben
wie es jetzt leuchtet
oder sich schön verzieht in rascherem Atmen
und denke an deine
klugen genauen Worte
und an dein Weinen zuletzt
im Fenster des Zuges

Wenn ich bei dir bin
ist vieles voller Abschied
und wenn ich ohne dich bin
voller Nähe und Wärme von dir


Erich Fried



eigene folgen später vielleicht mal...

Juliette
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Di 9. Apr 2002, 23:00 - Beitrag #10

Auf einem gelben Stück Papier, grün liniert,
schrieb er ein Gedicht
Und er nannte es "Chops"
denn das war der Name seines Hundes
Und nur darum ging es.
Und sein Lehrer gab ihm eine Eins
und einen goldenen Stern
Und seine Mutter klebte es an die Küchentür
und las es seinen Tanten vor
Das war das Jahr, als alle Kinder
mit Father Tracy in den Zoo fuhren
Und sie sangen mit ihm im Bus
Und seine Schwester kam auf die Welt
mit winzigen Zehennägeln und kahl
Und seine Eltern küssten sich oft
Und das Mädchen um die Ecke schickte ihm
eine Valentinskarte mit vielen "X"-en
und der fragte seinen Vater, was die "X"-e bedeuteten
Und sein Vater brachte ihn am Abend ins Bett
Und war immer da, um das zu tun.

Auf einem weißen Stück Papier, blau liniert,
schrieb er ein Gedicht
Und er nannte es "Herbst"
denn es war gerade Herbst
Und nur darum ging es
Und sein Lehrer gab ihm eine eins
und sagte, er solle präziser schreiben
Und seine Mutter klebte es nicht an die Küchentür
denn die war frisch gestrichen
Und die anderen sagten ihm,
dass Father Tracy Zigaretten rauchte
Und sie in der Kirche fallen ließ
Und manchmal brannten sie Löcher in die Bänke
Das war das Jahr, als seine Schwester eine Brille bekam,
mit dicken Gläsern und schwarzem Gestell
Und das Mädchen um die Ecke lachte ihn aus,
als er mit ihr auf den Weihnachtsmann warten wollte
Und die anderen sagten ihm,
warum seine Eltern sich oft küssten
Und sein Vater brachte ihn abends nicht mehr ins Bett
Und sein Vater wurde wütend,
als er ihn weinend darum bat.

Auf einem Blatt aus seinem Notizbuch
schrieb er ein Gedicht
Und er nannte es "Unschuld: Eine Frage",
denn das war die Frage, die seine Freundin betraf
Und sein Lehrer gab ihm eine Eins
und sah ihn lange und seltsam an
Und seine Mutter klebte es nicht an die Küchentür,
denn er zeigte es ihr nicht
Das war das Jahr, als Father Tracy starb
Und er vergaß, wie das Glaubensbekenntnis ging
Und er erwischte seine Schwester,
wie sie hinterm Haus herumknutschte
Und seine Eltern küssten sich nicht mehr
sie schwiegen sich an
Und das Mädchen um die Ecke trug zu viel Make-up
Sodass er husten musste, wenn er sie küsste,
aber er tat es trotzdem
weil es das war, was man halt tat
Und um drei Uhr morgens brachte er sich ins Bett,
während sein Vater nebenan schnarchte.

Auf einem Stück brauner Papiertüte
versuchte er sich an einem Gedicht
Und er nannte es "Absolut nichts",
denn nur darum ging es wirklich
Und er verpasste sich eine Eins
und einen Schnitt in jedes Handgelenk
Und er klebte es an die Badezimmertür,
denn er glaubte nicht, dass er es noch
bis zur Küche schaffen würde.


bye, july

THRASH
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Di 9. Apr 2002, 23:28 - Beitrag #11

sehr schöne Gedichte Juliette... im Allg. muss ich sagen gefallen mir die Gedichte die sich richtig Reimen (im alten stil) besser als die neueren. Sicherlich gibt es da auch viele gute, aber wenn es sich nicht reimt finde ich fehlt irgendwie was. :) Die sind deswegen aber nicht schlechter. :-)

Nando
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Mi 10. Apr 2002, 09:24 - Beitrag #12

Und von wem ist: "...Am Grunde der Moldau wandern die Steine"...?
Gibt und gab schon tolle Wortkünstler. Da kann man abtauchen oder sich aufrichten, wie einem zumute ist. :s4:

Monoceros
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Mi 10. Apr 2002, 11:15 - Beitrag #13

Todesfuge

Schwarze Milch der Frühe wir trinken sie abends
wir trinken sie mittags und morgens wir trinken sie nachts
wir trinken und trinken
wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng
Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt
der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete
er schreibt es und tritt vor das Haus und es blitzen die Sterne er pfeift seine Rüden herbei
er pfeift seine Juden hervor läßt schaufeln ein Grab in der Erde
er befiehlt uns spielt nun zum Tanz



Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich morgens und mittags wir trinken dich abends
wir trinken und trinken
Ein Mann wohnt im Haus und spielt mit den Schlangen der schreibt
der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete
Dein aschenes Haar Sulamith wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng
Er ruft stecht tiefer ins Erdreich ihr einen ihr anderen singet und spielt
er greift nach dem Eisen im Gurt er schwingts seine Augen sind blau
stecht tiefer die Spaten ihr einen ihr andern spielt weiter zum Tanz auf

Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich morgens und mittags wir trinken dich abends
wir trinken und trinken
ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete
dein aschenes Haar Sulamith er spielt mit den Schlangen
Er ruft spielt süßer den Tod der Tod ist ein Meister aus Deutschland
er ruft streicht dunkler die Geigen dann steigt ihr als Rauch in die Luft
dann habt ihr ein Grab in den Wolken da liegt man nicht eng

Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich mittags der Tod ist ein Meister aus Deutschland
wir trinken dich abends und morgens wir trinken und trinken
der Tod ist ein Meister aus Deutschland sein Auge ist blau
er trifft dich mit bleierner Kugel er trifft dich genau
ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete
er hetzt seine Rüden auf uns er schenkt uns ein Grab in der Luft
er spielt mit den Schlangen und träumet der Tod ist ein Meister aus Deutschland
dein goldenes Haar Margarete
dein aschenes Haar Sulamith

P.Celan

Kommentar:
Schön wäre bei diesem Werk vielleicht ein unpassender Ausdruck, zumindest wenn man es richtig liest, ist der Ausdruck "beeindruckend", "beklemmend" passender...

Monoceros

Nando
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Do 11. Apr 2002, 10:16 - Beitrag #14

Mal was aus meiner Kiste

Hoffentlich bei uns nie wieder:

ZU KRIEGSZEITEN

Es waren lebendige Tote unter den Leibern,
welche die Grube verschlang.
Willig deckte die Erde
mit barmherziger Scholle
den grausigen Schatz,
erstickte den letzten Funke.

Und es blieb nicht stehen die Zeit
ob des Einzelnen Not,
nicht über dem Leid der Massen...

Dem Taglicht zu strebt die Buche.
Im Geäst, unbeirrt, nistet die Taube
dem Sommer entgegen.

Nando
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Do 11. Apr 2002, 10:24 - Beitrag #15

Und noch eins:

AM GRAB DER NAMENLOSEN

Gedenkend im Verweilen,
gänzlich stumm.
Doch berstend von der Rede,
die in uns krampfhaft Worte feilt
am Wetzstein der Gefühle.
Kein Maß an Zeit, noch wohlgelungner Taten,
fügt sich zu uns.
Bedeutsam wie der Obelisk,
bescheiden klein,
so mächtig groß.

Wir stehen,
im Wind erschauernd.
Und plötzlich ist mehr Raum in uns...

Wir gehen,
noch immer stumm.
Der Wind hat sich gelegt.

Hoffentlich für immer und einstmals überall! :confused:

Juliette
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Fr 12. Apr 2002, 19:02 - Beitrag #16

Du bist überall,
egal wo ich bin.
Bist in meinem Kopf,
in meinem Leben drin.
Ich träume von dir,
denke an dich,
rede von dir,
schreibe an dich,
von mir,
für dich,
über dich,
egal wo du bist,
ich sehe dich.
Du bist überall,
ganz nah.
Ich rieche dich sogar.

Juliette
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So 14. Apr 2002, 22:42 - Beitrag #17

Freund

ich liebe
das Alleinsein.
Vielleicht,
weil ich weiß,
ich könnte
an deine Tür
klopfen.


[font=times new roman][in gedanken an meine 2 besten freunde ...][/font]

TheJaguar
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Mo 15. Apr 2002, 15:19 - Beitrag #18

@Juliette Dein letztes langes Gedicht finde ich richtig gut!

Ich finde die moderneren Gedichte viel besser als diese alten Reimegedichte! Es soll sich nicht reimen, es soll das ausdrücken was man fühlt...

http://www.theoneilove.org/gnom/szene.html

Szene

Die Vielfalt schönster Grausamkeiten
umringt mich hier von allen Seiten.
Sie sind so voller Heiterkeit,
das das Lächeln fast nicht ihre Kälte zeigt.
Geballte Freude, Reife und Persönlichkeit
scheint in diesem Raum zu sein.
Durchdringt die Luft, das sie im Halse Stecken bleibt
und erweckt schreiende Übelkeit.
Das Schauspiel ist so sagenhaft,
ich muß auf einer Party sein.
Die Wahnsinnsgröße dieser Menschen
macht mich schon bald so winzig klein.
Das Selbst aufblasen - bis zum "Geht-nicht-mehr" -
so wird man hier wohl leicht der Herr.
Des Wesens schöne hohle Hülle
die trifft sich heute ohne Stille.
Ein interessantes nichtssagendes Gespräch
das öffnet jede Tür.
Doch wofür bin ich hier?


Beeile dich, kehre um,
gehe weg von dieser Welt!
Wahrscheinlich ist nur das der Schutz,
das dich der Wahnsinn nicht befällt?

Denke jederzeit daran,
du darfst die Schönheit nicht ansehen.
Höre nicht zu, was sie erzählen,
du wirst das Leben nicht verstehen.

Bist du vom Wissen infiziert,
dann wächst der Schmerz
und sagt dir: STIRB!


Ich weiß, ich mache wieder diesen Fehler.
Ich versuche, in ihre Augen zu sehen.
Und erliege wieder ihrem Schein -
die Schwäche wird wohl nie vergehen.
Und schon geschieht es - bevor sie noch den Kopf wegdreht,
sehe ich, was in ihren Blicken steht:


Wenn es um meine Liebe geht,
so bist du der letzte,
der auf meiner Liste steht.

Du bist nur das Notprogramm,
dich nehme ich erst wahr,
wenn ich - keinen - anderen
mehr finden kann.

Was kannst du mir schon bieten, Wicht,
das nicht woanders besser ist.
Mir könnt kaum Schlimmeres geschehen,
als jeden Morgen dein Gesicht zu sehen.


So laufe weg, entferne Dich,
du machst dich doch nur Lächerlich.


Das, was ich will, das hast du nicht.
Das, was ich suche, bist du nicht.
Ich will dich nicht, verstehst du mich!


Ich bin der Rest,
der allen hier mißfällt.
So ungewollt nur wie die Pest.
Verbannt vom Leben dieser Welt.

Hab ich kein Recht ein Mensch zu sein?
Bleib ich für immer - ganz allein?

Das ist es, was ihr wollt.
Deswegen habt ihr mich doch hergeholt.
Sonst sieht ja Eure Größe keiner,
es sei denn, er fühlt sich noch kleiner.


Veschwinde schnell, sie packen Dich,
sie machen dir die Seele kalt.
Nur einen Augenblick in ihrer Nähe
und Du wirst allein und bitter alt.


Verbannung scheint ein Glück zu sein,
wenn man in diesen Raume sieht.
Hätte ich nur Verstand allein in mir
wär's auch egal, was hier geschieht.
Es ist die Gier nach wahrer Liebe
die mich an solche Orte treibt.
Doch das ich sie gerade hier suche
zeigt nur meine Armseligkeit.


Genau das hab ich Dir gesagt,
geh doch nicht hin. Höre auf mich.
An diesem Ort wächst nur der Haß,
bleib doch daheim und schone Dich.

Du lebst viel leichter,
wenn Du nicht weißt, was Du verpaßt.
Du lernst zu lieben, was Du bist,
und nicht zu betrauern, was Du nicht hast.


Das ist ja wohl der Witz der Welt
und eine Schande,
das Dir erst jetzt einfällt,
mir das zu sagen.
Da muß ich mich erst Jahre plagen
und mitansehen,
wie rapide aller Wert verfällt,
die Basis nimmt von jedem Tag
und Dasein keinen Sinn enthält.

Ich weiß es schon, hier lacht der Hohn,
der innewohnt in Euren Scherzen.
Ihr habt das Leben schon genossen.
Ich kann Euch ja noch nicht mal schmerzen.

Ich gehe, ich hab zu viel gesehen.
Auch dieses Leben wird vergehen.

Tar-Minyatur
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Mo 15. Apr 2002, 17:57 - Beitrag #19

Heydiho!

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich von Gedichten im klassischen Sinne nicht so sonderlich viel halte. Es gibt einige wenige, die mir wirklich gefallen.

Was ich klasse finde, sind Gedichte von Hein Erhardt und Erich Kästner. Ist eben Geschmackssache.

Hier habt ihr mal eines von mir. (Musste ich für Deutsch schreiben)

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curriculum vitae


In die Welt geworfen
Im Paradies:
Natur, Schönheit, Ruhe
In mich aufgenommen
Für alle Zeit.

Noch heute meide ich
Orte der Unruhe
Und des Lärms,
um nicht zu vergessen,
was angenehm ist.

Herausgerissen aus der Stille,
gebracht an einen fremden Ort.
Neue, fremde Menschen,
Großstadtlärm in den Ohren
Verformt die Gedanken.
Die Anpassungsfähigkeit
auf die Probe gestellt.

Die Trennung vom Gewohnten
Durch Neugier überwunden
Und im weltweiten Netzwerk
Neue Freunde gefunden.

Die Zeit läuft weiter.
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Noriko
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Mo 15. Apr 2002, 20:37 - Beitrag #20

Christian Morgenstern
Das große Laula

Kroklokwafzi? Semememi!
Seiokrente - prafiplo:
Bifzi, bafzi; halulemi:
Quasti basti bo...
Lalu lalu lalu la!

Hontraruru miromente
Zasku zes rü rü?
Entepente leiolente
Klekwapufzi lü?
Lalu lalu lalu la!

Simarar kos malzipempu
Silzuzankunkrei!
Marjamar dos: Quempu Lempu
Siri Suri Sei!
Lalu lalu lalu la!

Isn bisel seltsam aber ich finds richtig genial
:D :D

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