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Ein kleines Wintergedicht ;-)

BeitragVerfasst: Di 13. Dez 2005, 13:01
von Aydee
(für alle Wintermuffel ;-))


Überlistet
- Heinz Erhardt -


Wenn Blätter von den Bäumen stürzen,
die Tage täglich sich verkürzen,
wenn Amsel, Drossel, Fink und Meisen
die Koffer packen und verreisen,
wenn all die Maden, Motten, Mücken,
die wir versäumten zu zerdrücken,
von selber sterben - so glaubt mir:
es steht der Winter vor der Tür!

Ich laß ihn stehn!
Ich spiel ihm einen Possen!
Ich hab die Tür verriegelt
und gut abgeschlossen!
Er kann nicht rein!
Ich hab ihn angeschmiert!
Nun steht der Winter vor der Tür -
und friert!

BeitragVerfasst: Di 13. Dez 2005, 15:21
von C.G.B. Spender
Schönes Gedicht. Ja, Heinz Erhardt, Gott hab ihn selig! :)

Der Winter fängt ja in Kürze an, auch wenn es hier mit knapp 8 C° nicht danach aussieht, und auf die Mücken kann man verzichten, wohl wahr!

BeitragVerfasst: Di 13. Dez 2005, 15:28
von Maglor
In der zweiten Strophe versagt das Reimschema völlig. :crazy:

BeitragVerfasst: Di 13. Dez 2005, 15:53
von C.G.B. Spender
Maglor, fang doch auch einen Battlereim mit ihm an!

http://www.the-web-matrix.de/showthread.php?t=16931

Zumindest Tote können dir nicht gefährlich werden.

BeitragVerfasst: Mi 14. Dez 2005, 02:59
von Lykurg
Tatsächlich gerät es nicht aus den Fugen, sondern geht nur von AABBCCDD zu wAxAyBzB über, vergrößert also die gereimten Einheiten. Diese Veränderung des Reimschemas würde ich als Absicht lesen: Es drückt den Widerspruch Erhards gegen die Konvention aus, den Winter über sich ergehen zu lassen. Er bricht aus dem Muster der Jahreszeiten aus, und ebenso aus dem engeren Schema der vier Paarreime.

Außerdem drücken die lakonisch verkürzten Verse der zweiten Strophe das schelmisch-verspielte Wesen aus, das in der zwar ebenfalls bereits sichtbaren ironischen Genreverstößen der ersten Strophe bereits anklingt, aber (durch die pathetischen vierhebigen Verse gedämpft) nicht voll zum Ausdruck kommt.