Kirill Yeskov - The Last RingbearerWeitere e-Reader-Befüllung auf Lykurg-Empfehlung. Von dieser bin ich allerdings eher enttäuscht. Und zwar
nicht, wie Yeskov in seinem beigefügten Essay als nahezu ausschließlich möglichen Grund, sein Werk nicht zu mögen, unterstellt, aus verletztem Tolkienfundamentalismus. Sondern weil ich die
Idee der Erzählung aus Mordor-Perspektive zwar klasse finde, die
Umsetzung aber eher misslungen.
Zum einen finde ich die gewählte Komplettumschreibung der Geschichte (und Funktionsweise der Welt) deutlich unschöner und auch unspannender als eine sich weitgehend konsistent einfügende Neuperspektive (Tolkien selbst hat doch mit der Cirith-Ungol-Episode schon eine sehr gute Grundlage für eine innerweltliche Ehrenrettung der Orks gelegt). Aber na gut, auch Yeskovs Wahl kann ich als legitim akzeptieren. Ist dann halt mehr eine eigene Fantasywelt mit loser Mittelerde-Inspiration als direkte Tertiärschöpfung, aber meinetwegen.
Schwach finde ich dann aber eben die Umsetzung. Die Sprache wird von vielen Rezensenten als bewusste Parodie angesehen, halte ich aber für eher missglückt bis peinlich. Die Figuren bleiben noch viel blasser als beim Original. Vor allem aber entgleitet ihm das Genre völlig, die ewig lange und selbstverliebte Spionage-Thriller-Episode passt überhaupt nicht ins Setting und ist viel langweiliger als sowohl echte Fantasy als auch echte Spionagethriller in dafür angemessenen Settings. Durchaus nett war auch die Aragorn-Reinterpretation, während die vom Weißen Rat oder der Lorien-Innenpolitik so beliebig wie uninteressant blieben. Dass Yeskov am Ende eine Welt mit deutlich höherem Magie-Level beschreibt als Tolkien, ist dann fast schon Selbstdekonstruktion des Dekonstruktivisten...
Irgendwie interessant zu lesen ist das Ganze schon noch, vor allem halt wegen der Grundidee, aber vermutlich hätte eine kurze paar-dutzend-Seiten-Fanfiction dafür gereicht.
Takashi Hiraide - The Guest CatWenig überraschend: von Kalessin inspirierte Lektüre.
Immerhin auch mal wieder auf Papier. Ein japanisches Schriftstellerpaar freundet sich mit einer Nachbarskatze an, was für Reflektionen über Sinn und Sinnlosigkeit von Alltags- und Berufsleben, japanische Gesellschaftszwänge und den dortigen Immobilienmarkt genutzt wird. Sehr empathisch und einnehmend geschildert, mit dem magischen Gefühl, wirklich einen Einblick in diese durchaus fremde Denkwelt zu bekommen. Letztlich aber zu ereignisarm für mich, und das, was passiert (oder auch nur gefühlt wird) wird zu oft wiederholt, ohne echten Erkenntnisfortschritt.
Arthur Conan Doyle - A Study in Scarlet (e)
Bietet sich natürlich an, auch ein paar der mitgelieferten Klassiker abzuarbeiten. Interessant, jetzt auch mal selbst bestätigt zu sehen, wie nah die BBC-"Sherlock"-Serie an der Originalcharakterisierung ist; seltsam und eher überflüssig aber die etwa den halben Text umfassende Mormonen-Vorgeschichte. (Des Täters, nicht von Holmes. Das wäre mal eine echte Überraschung gewesen.
)
Jack Vance - Cugel's Saga (Papier)
Dritter Teil in meinem "Dying Earth"-Sammelband, direkte Fortführung von "The Eyes of the Overworld". Cugel, der gemeinsame Hauptcharakter, nennt sich inzwischen nicht mehr selbst "the Clever", vielleicht hat er ja die offenkundige Unzutreffendheit eingesehen, wahrscheinlich war aber nur Vance der Formulierung überdrüssig. Ansonsten benimmt der Idiot sich tatsächlich, für seine Verhältnisse, auch etwas weniger daneben als im Vorgänger: statt regelmäßig direkt zu Mord und Vergewaltigung zu greifen, beschränkt er sich jetzt meistens auf sexuelle Ausnutzung ohne direkte Gewaltanwendung und darauf, indirekt Leute in den Tod zu schicken... Leider wird er dann auch seltener und weniger stark für seine Vergehen bestraft, kommt eigentlich immer ganz gut weg, bis auf gelegentliche monetäre Verluste. (Warum gibt es eigentlich auf der ganzen Welt mit ihren diversen Kulturen Einheitssprache und Einheitsgeld...? Sollten sich seit dem Untergang der letzten globalen Zivilisation länst auseinanderentwickelt haben...) Die Erzählung ist dabei einheitlicher und flüssiger, da wohl nicht mehr eine reine Kurzgeschichten-Zusammenbastlung, da Cugel etwas zurückgenommen wurde, ist es aber mehr eine generische Odyssee als die ganz besondere Arschloch-Saga.
Mark Twain - A Connecticut Yankee in King Arthur's Court (e)
Zeitreise-Klassiker, wollte ich schon lange mal lesen. Wunderbar schon das Vorwort:
The ungentle laws and customs touched upon in this tale are historical, and the episodes which are used to illustrate them are also historical. It is not pretended that these laws and customs existed in England in the sixth century; no, it is only pretended that inasmuch as they existed in the English and other civilizations of far later times, it is safe to consider that it is no libel upon the sixth century to suppose them to have been in practice in that day also. One is quite justified in inferring that whatever one of these laws or customs was lacking in that remote time, its place was competently filled by a worse one.
Großartig auch stets, wenn er sich über die Unzustände an Artus' Hof und in ganz Britannien lustig macht, und darüber, wie Lügen die wesentliche Qualität eines Ritters ist ("tötete 6 Ritter mit einem einzigen Lanzenstoß; rettete 42 bildhübsche Jungfrauen unter 30, die seit 50 Jahren in einem Schloss eingesperrt waren; ..."). Oder die Modernierungsversuche des Yankees, von Vokabulartraining für eine racontierende Hofdame bis zu Rittern, die mit Seifenwerbung auf ihrer Rüstung durchs Land geschickt werden. Sehr nervig aber, wenn das Ganze immer wieder in reine Propaganda, mit (Twain-)Jetztzeit-Bezug, gegen Feudalismus und Katholische Kirche und pro amerikanische Freiheit abgleitet.
Terry Pratchett - Dragons at Crumbling Castle (Papier)
Kindergeschichten von Pterry. Bisher durchaus nett. Sehr anstrengend aber die Formatierung mit Leseanfängerschrift und andauern eingeschobenen
Riesenwörtern für Überraschungen, Toneffekte oder Dinge, die nunmal
groß sind...