Franz Kafka

Die Faszination des geschriebenen Wortes - Romane, Stories, Gedichte und Dramatisches. Auch mit Platz für Selbstverfasstes.
sony
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So 7. Sep 2008, 18:24 - Beitrag #1

Franz Kafka

Hallo zusammen,

ich las kürzlich ein Gedicht von Kafka, welches mein Interesse für ihn steigerte.

Nun möchte ich gerne wissen mit welchem Buch ich anfangen soll. Vielleicht eher nicht zu dick. Ich mag Bücher von 60 - 120 Seiten, kann aber auch je nach Fall und Interesse mehr sein.

Bitte um inspiration - Danke! :)

Lani
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So 7. Sep 2008, 19:24 - Beitrag #2

Hallo!
Was genau hast du denn gelesen? Dann könnte man schauen, was für eine Geschichte dich interesieren könnte. :)

Ich habe hier zu Hause seine gesamten Werke stehen, da schau ich dann nochmal rein...rein aus dem Gedächtnis vergess ich immer irgendwas Gutes. ^^

Liebe Grüße,

Lani

Maglor
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So 7. Sep 2008, 21:32 - Beitrag #3

"Die Verwandlung" ist ein Roman geringen Umfangs. Schon eine merkwürdige Geschichte, aber besonders beeindruckt hat sie mich nicht.
Ansonsten kann ich mich Lani nur anschließen: Her mit dem interessanten Gedicht! :crazy:

Lykurg
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So 7. Sep 2008, 21:47 - Beitrag #4

Ich hätte auch spontan die Verwandlung empfohlen, einfach weil sie für mich dazugehört. Allerdings finde ich auch einige der kürzeren und ganz kurzen Texte viel faszinierender, "Vor dem Gesetz" zum Beispiel. Aber wenn du uns sagst, was für ein Gedicht es war... ohnehin eine Ausnahmeform für ihn.

Traitor
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Mo 8. Sep 2008, 00:38 - Beitrag #5

Verwandlung, klarer Fall - thematisch doch recht begrenzt, aber äußerst amüsant in seiner Abstrusität.
"Vor dem Gesetz" ist auch sehr interessant, wobei man es auch gleich im Gesamtzusammenhang von "Der Prozess" lesen kann, der allerdings schon deutlich länger ist - >270 Seiten in meiner recht ineffizient gedruckten Version.

Feuerkopf
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Mo 8. Sep 2008, 10:16 - Beitrag #6

Meine erste Begegnung mit Kafka war eine Sammlung seiner kürzeren Geschichten. "Die Verwandlung" mag ich sehr, aber "In der Strafkolonie" hat mir veritable Alpträume beschert. Mir war und ist vieles bei Kafka zu wahnsinnig.

sony
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Mo 8. Sep 2008, 20:56 - Beitrag #7

Danke an alle, aso ich hab das Gedicht erstaunlicherweise auf einer Broschüre von einer Firma gelesen. Es handelte um "die Nacht" wo irgendwelche Menschen ihre Sachen machen. Habs nicht mehr so genau im Kopf. Mir war mehr die Wortwahl, der abgehackte Ryhthmus aufgefallen, die mich dazu veranlassten mehr von ihm erfahren zu wollen.

Vielleicht ist "die Verwandlung" wirklich der Einstieg.............. aber ich will gerne noch Lani zu Wort bitten, da er ja das ganze Repertoir von ihm kennt. :cool:

Maglor
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Mo 8. Sep 2008, 21:23 - Beitrag #8

Ist es dieser Text?
Franz Kafka: Nachts
Versunken in die Nacht. So wie man manchmal den Kopf senkt, um nachzudenken, so ganz versunken sein in die Nacht. Ringsum schlafen die Menschen. Eine kleine Schauspielerei, eine unschuldige Selbsttäuschung, daß sie in Häusern schlafen, in festen Betten, unter festem Dach, ausgestreckt oder geduckt auf Matratzen, in Tüchern, unter Decken, in Wirklichkeit haben sie sich zusammengefunden wie damals einmal und wie später in wüster Gegend, ein Lager im Freien, eine unübersehbare Zahl Menschen, ein Heer, ein Volk, unter kaltem Himmel auf kalter Erde, hingeworfen wo man früher stand, die Stirn auf den Arm gedrückt, das Gesicht gegen den Boden hin, ruhig atmend. Und du wachst, bist einer der Wächter, findest den nächsten durch Schwenken des brennenden Holzes aus dem Reisighaufen neben dir. Warum wachst du? Einer muß wachen, heißt es. Einer muß da sein.

Mir gefällt das von ihm gezeichnete Bild, wie augenscheinlich Bedeutungsloses mit so viel Bedeutung überhäuft wird.
Ein Gedicht kann ich aber nicht erkennen. ;)
Mmmm, "veritable Alpträume", vielleicht sollte ich mal jenes Werk Kafkas verkonsumieren. :crazy:
MfG Maglor

Lykurg
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Mo 8. Sep 2008, 22:08 - Beitrag #9

Toller Text... hat etwas Ursprüngliches - und natürlich das wunderschön symbolhafte Spiel mit dem Doppelsinn^^
Wenn man den Text entsprechend umbricht, sieht er wie ein Gedicht aus Bild - kann man mit vielen seiner kürzeren Texte machen...

Probieren wir es:
Kleine Fabel

Ach«, sagte die Maus, »die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, daß ich Angst hatte,
ich lief weiter und war glücklich, daß ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah,
aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu,
daß ich schon im letzten Zimmer bin,
und dort im Winkel steht die Falle,
in die ich
laufe.«
-
»Du
mußt nur
die Laufrichtung ändern«,
sagte die Katze und fraß sie.


oder, auch einer meiner Lieblinge:
Prometheus

Von Prometheus berichten vier Sagen:

Nach der ersten
wurde er, weil er die Götter
an die Menschen verraten hatte, am Kaukasus
festgeschmiedet, und
die Götter schickten Adler,
die von seiner immer wachsenden Leber fraßen.

Nach der zweiten
drückte sich Prometheus
im Schmerz vor den zuhackenden Schnäbeln
immer tiefer
in den Felsen,
bis er mit ihm eins wurde.

Nach der dritten
wurde in den Jahrtausenden
sein Verrat vergessen, die Götter
vergaßen, die Adler, er selbst.

Nach der vierten
wurde man des grundlos Gewordenen müde.
Die Götter wurden müde,
die Adler wurden müde,
die Wunde schloß sich müde.

Blieb das unerklärliche Felsgebirge. -

Die Sage versucht das Unerklärliche zu erklären. Da sie aus einem Wahrheitsgrund kommt, muß sie wieder im Unerklärlichen enden.


Und, sind es Gedichte? ;)


Ja, die Strafkolonie ist äußerst finster. Albträume hatte ich zwar nicht danach, aber ein Bedürfnis, sie ein zweites Mal zu lesen, habe ich gerade nicht.^^

Übrigens ist Lani kein Er (der Avatar spezifiziert das Geschlecht nur indirekt und gibt eher einen vagen, wenn auch nicht ganz unzutreffenden Eindruck von ihrem Äußeren). Bild

Lani
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Mo 8. Sep 2008, 22:21 - Beitrag #10

Hm..die Länge ist einfach das Problem. Da kann ich eigentlich auch nur zu "Die Verwandlung" raten. Ansonsten hätte ich mal "Amerika" in den Raum geschmissen. ^^

Ich würd's auf jeden Fall auch mit Kurzgeschichten probieren. Neben "Kleine Fabel" und "Vor dem Gesetz", die ja schon genannt wurden, mag ich besonders "Der Nachbar" und "Auf der Galerie". :)

Milena
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Mo 8. Sep 2008, 23:13 - Beitrag #11

...es erstaunt und erfreut mich, dass Kafka noch so regen anklang findet,
aber warum eigentlich auch nicht...^^
er ist zeitlos.... er ist düster...er ist feinfühlig, scharfsinnig beobachtend.....
ich habe einiges gelesen von ihm, aber am liebsten habe ich über ihn gelesen.... geschrieben, beobachtend und erlebt von Milena, einer seiner freundinnen....
`ich hätte zu antworten, tage- und nächtelang`.......:
zb. wie sie mit ihm auf dem postamt war, und er lange stehen bleibt und sich nicht entscheiden kann, zu welchem schalter er gehen solle...
dann hatte er sich entschieden und befand hinterher, dass die frau hinter dem schalter ihm zu wenig geld rausgab....
so stand er dann nachdenklich noch sehr lange da und Milena forderte ihn auf sich zu entscheiden...
aber er konnte es lange nicht....
dann ging er mit ihr raus aus dem postamt und hat den ganzen abend über darüber gegrübelt, warum die frau ihm zuwenig rausgab und er sich nicht sofort darüber beschwert hatte, dieses ereignis hat ihn sehr zermürbt und liess ihn noch lange nicht in ruhe...^^

... so wie er die frau hinter dem schalter nicht verstehen konnte, so schwer fiel es ihm die welt und das leben an sich zu verstehen....
ist halt Kafka..^^

Lykurg
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Mo 8. Sep 2008, 23:19 - Beitrag #12

"Auf der Galerie" finde ich auch besonders gelungen - eine Kurzfassung dazu^^ noch als ein letztes Pseudogedicht:
Wunsch, Indianer zu werden

Wenn man doch ein Indianer wäre,
gleich bereit, und auf dem rennenden Pferde,
schief in der Luft, immer wieder
kurz erzitterte über dem zitternden Boden,

bis man die Sporen ließ, denn es gab keine Sporen,
bis man die Zügel wegwarf, denn es gab keine Zügel,
und kaum das Land vor sich als glattgemähte Heide sah,
schon ohne Pferdehals und Pferdekopf.

sony
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Di 9. Sep 2008, 21:24 - Beitrag #13

ju, das war's @Maglor. ok, ein Gedicht wirds nicht gerade sein, aber mir fiel keine bessere Bezeichnung ein. äääähhhh muss ich sorry sagen? - Nein.

Meine Wahl wird auf "die Verwandlung" fallen, und dann noch vielleicht "der Nachbar".

Noch etwas was mich zurückhaltend macht ist, dass Kafka anscheinend viele Pornografien las. ik wes, viele Künstler (und Menschen, (Künstler sind Menschen)) habn feller, aber ist halt ein Flecken den ich nicht cool finde.

Lykurg
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Di 9. Sep 2008, 22:36 - Beitrag #14

Das mit der "Pornographie" ist in den letzten Monaten hochgekocht worden, durch ein Buch von James Hawes, das in mehreren englischen Zeitungen (und im Gefolge davon natürlich auch in deutschen Medien) zur Sensation ausgerufen wurde.

Hawes weist (übrigens nicht als erster) darauf hin, daß Kafka Exemplare der Zeitschriften "Der Amethyst" und "Die Opale" besaß, deren Herausgeber sein guter Bekannter Franz Blei war. Die Leidenschaft von Franz Blei war offenbar das Sammeln erotischer Zeichnungen und Gedichte - die er dann in diesen Zeitschriften veröffentlichte.

Zeichnungen wie diese waren damals sehr beliebt, wurden von nicht unbedeutenden Künstlern angefertigt und prägten die damalige Werbekultur (Jugendstil-/Art-deco-Plakate) - übrigens ähnlich wie die Fotogestaltung heutiger Männermagazine einen großen Einfluß auf Werbefotographie hat.

Die Gedichte in Bleis Zeitschriften stammten u.a. von Goethe, Gottfried Keller, Arthur Rimbaud, Paul Verlaine, Rudolf Alexander Schröder, Robert Walser und Oscar Wilde.

Meines Erachtens ist die Geschichte ziemlich heuchlerisch, einerseits weil einige der Blätter, die sie nun verbreiten, täglich pornographische Darstellungen abdrucken, die über das hinausgehen, was damals üblich war, andererseits, weil es Kafka vor allem aus zwei Gründen trifft: Er ist extrem populär, und er wurde es erst nach seinem frühen Tod.

Er hatte daher weder Grund noch Möglichkeit, diese belastenden Besitztümer rechtzeitig zu vernichten, um seinen Ruf für die Zukunft zu sichern - wie es die meisten Schriftsteller seiner Zeit, für die ähnliches galt, sicher taten bzw. getan hätten.


Noch ein paar Gründe, warum man sich davon nicht beeinflussen lassen sollte:


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  • Für den größten Teil seines Werks spielt es keine Rolle
  • Man weiß nie, von welchem Autor man es nur nicht weiß
  • Ist das nicht eigentlich in höchstem Maße seine Privatsache?
  • Können wir unsere Wertvorstellungen auf damals übertragen?
    Ziemlich normal war damals z.B. regelmäßiger Bordellbesuch.
  • Bringt es uns irgendetwas, einen Autor aus so einem Grund zu boykottieren,
    und stattdessen ein schlechteres oder kein Buch zu lesen?

  • Milena
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    Mi 10. Sep 2008, 11:11 - Beitrag #15

    ..hey sony, wie bist du denn drauf?Bild
    klar sind künstler menschen, was denn sonst, götter vielleicht?
    seltsame sichtweise die du hast,
    genauso gesehen, müsstest du ins grübeln geraten, wenn du von familie mann etwas zur hand zum lesen nehmen würdest, da sein bruder, glaub klaus mann höchstgradig schwul war,
    und dostojewskij casino und bordellbesuche nicht scheute,
    und und und....
    also was soll das mit der pornografie,
    zeig mir einen menschen, der sich noch keinen runtergeholt hat...
    sry für meine ausdrucksweise,
    aber eigentlich wollte ich nur daselbe wie lykurg sagen...^^

    Ipsissimus
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    Do 11. Sep 2008, 21:33 - Beitrag #16

    Noch ein paar Gründe, warum man sich davon nicht beeinflussen lassen sollte:


    der erste und wichtigste: weil es albern ist, und wer glaubt, aus religiösen Gründen als Moralapostel fühlen zu müssen, muss eben so fühlen; es bleibt trotzdem albern

    janw
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    Do 11. Sep 2008, 23:21 - Beitrag #17

    Mir geistert bei dem Stichwort nur immer der Begriff der Sklavenhalterei im Kopf herum...der doch passt, wenn mensch sich das Gewerbe ansieht. War das damals anders, waren die Frauen frei, ihren Körper zu verkaufen, oder auch nicht?

    Wobei aber auch für mich diese Frage nicht entscheidend ist für die Wertung von Kakfkas Werk noch des irgendeines anderen Künstlers der Zeit.

    Lykurg
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    Fr 12. Sep 2008, 00:36 - Beitrag #18

    janw, gerade hier ist Sklavenhaltung noch nicht einmal nötig. Erotische Zeichnungen setzen doch eigentlich nur anatomische Kenntnisse voraus.^^

    Ich vermute, daß die Lebensverhältnisse von Prostituierten des späten 19./frühen 20. Jhs. in vielen Fällen weit schlechter waren als heute:
    Aufgrund mangelnder und mangelhafter Verhütungsmittel mehr Geschlechtskrankheiten und Schwangerschaften; eine noch massivere gesellschaftliche Ächtung der Prostituierten bei gleichzeitiger Akzeptanz der Freier; fehlende Altersversorgung (mag heute auch noch ein Problem sein, aber nicht mehr in dem Maße)...

    Das gehört aber in einen neuen Thread, finde ich. -

    janw
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    Fr 12. Sep 2008, 03:18 - Beitrag #19

    Lykurgm das mit dem neuen thread kam mir auch schon in den Sinn, allerdings wollte ich nicht so weit in halbseidene Gefilde abdriften ;)

    Maglor
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    So 14. Sep 2008, 21:55 - Beitrag #20

    Jetzt ist mir dieses Kafka-Zitat über den Weg gelaufen:

    Unfähig, mit Menschen zu leben, zu reden. Vollständiges Versinken in mich. Stumpf, gedankenlos, ängstlich. Ich habe nichts mitzuteilen, niemals, niemandem.

    Aus welchem Werk stammt es oder war's ein Brief? :rolleyes:

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