Auf der Suche nach künstlichen Menschen

Die Faszination des geschriebenen Wortes - Romane, Stories, Gedichte und Dramatisches. Auch mit Platz für Selbstverfasstes.
Ceyx
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Fr 12. Sep 2008, 13:00 - Beitrag #1

Auf der Suche nach künstlichen Menschen

Sodela, liebe Leute,

da meine Master-Arbeit in den Startlöchern steht, wollt ich bei euch mal anfragen, ob ihr mir ein wenig behilflich sein könnt.

In meiner Arbeit soll es um künstliche Menschen gehen in einem Zeitraum von 1800 bis in die Neuzeit gehen- also Franksteinige Monster, Hoffmansche Sandmänner, halt Androiden, Cyborgs, Roboter, Klone, all jene Menschen, die vom Menschen gemacht wurden- und zwar vor allem in der Literatur.

Meine Frage nun: was kennt ihr so an Literatur, die sich mit solchen Wesen befasst, was habt ihr gelesen, was sollte ich unbedingt beachten?

Vielen Dank für eure Hilfe :)

Lykurg
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Fr 12. Sep 2008, 13:25 - Beitrag #2

"Hoffmannsche Sandmänner" hast du ja angesprochen, der geht mE wohl auf die Golem-Legenden zurück. In dem Kreis könnte man noch ein bißchen graben, vor allem Meyrink: Der Golem (zu dem es ja auch eine ganze Menge aktuelle Forschung gibt), Torberg, aber auch Achim von Arnim: Isabella von Ägypten könnten vielversprechend sein. (Am Rande der von mir geschätzte Leo Perutz: Nachts unter der steinernen Brücke, ist da aber nur kurz erwähnt)

Prometheus natürlich - "hier sitz ich, forme Menschen nach meinem Bilde"
und Faust II (Homunculus) - damit hast du allerdings ein Monsterthema Bild

Am anderen Ende, in der aktuellen Populärliteratur und -kultur, dürfte es ziemlich viel geben - da solltest du rechtzeitig einen Schnitt machen, glaube ich, sonst wird es uferlos.

Master in Medienkultur? Oder Germanistik?

Ceyx
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Fr 12. Sep 2008, 14:06 - Beitrag #3

Danke für die Vorschläge, ich schau mir mal durch. Die Schnitte bin ich noch am machen, es stimmt, vor allem so von den 1950ern an wird das Feld der künstlichen Menschen riesig, in den 1970ern und 1980ern explodiert es förmlich- meiner Erfahrung nach ist es heute aber wieder eher ruhig geworden, um die künstlichen Menschen herum.

Den Master mach ich weder in Germanistik noch in Medienkultur, sondern in Anglistik, modern and contemporary English Literatures, um genau zu sein. Ich bin aber so 'frech' und ziehe auch -in Absprache mit meiner Dozentin- nicht-englische Literatur zu.

Traitor
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Fr 12. Sep 2008, 14:59 - Beitrag #4

Ich würde die Grenze spätestens in den 40ern ziehen, da hier mit Asimov und Co schon das Golden Age und damit die Hochmoderne des Genres beginnt, eher sogar schon in den 20ern.

Aus der dann verbleibenden Zeit kann ich außer den bereits genannten Werken noch H.G. Wells' "The island of Doctor Moreau" empfehlen - hier entstehen zwar keine elektronischen oder mechanischen Kunstmenschen, aber Tiere werden medizinisch in Menschen umgewandelt. Könnte eine interessante Randnotiz abgeben.
Ansonsten taucht das Thema bei Wells nicht auf, glaube ich, auch beim naheliegendsten Verdächtigen Jules Verne kann ich mich nicht daran erinnern.

Lykurg
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Fr 12. Sep 2008, 15:49 - Beitrag #5

Pinocchio (ggf. mit seinen Nachformungen Zäpfelkern und Burattino),
vielleicht auch der Besen aus dem Zauberlehrling.

Capeks Wortprägung "Roboter" war 1921; davor könnte man einigermaßen sauber schneiden (und dürfte auch schon eine ganze Menge Stoff finden), aber vielleicht wird es dir damit zu einseitig?

Maglor
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Fr 12. Sep 2008, 16:08 - Beitrag #6

Blade Runner, quasi der Film an sich zum Thema, hat übrigens eine literarische Vorlage. Philipp K. Dick: Träumen Androiden von elektrischen Schafen?

Dann fällt mir noch ein, dass es im "Zauberer von Oz" hat auch einen Blechmensch gibt. :rolleyes:

Lykurg
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Fr 12. Sep 2008, 16:48 - Beitrag #7

Zu den epochalen Filmen der Richtung gehört unbedingt Metropolis.
Von der Breitenwirkung her wohl (neben Oz) am ehesten Star Wars.
Aber aus Filmen läßt sich so schlecht wissenschaftlich zitieren...

literarisch:
William Gilbert: Pygmalion and Galathea
und vielleicht Georg Kaiser: Pygmalion
(die Fassung von Shaw trifft deine Absicht im Zweifel eher weniger)

Ceyx
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Fr 12. Sep 2008, 21:39 - Beitrag #8

Im Moment bin ich definitiv auch noch an künstlichen Menschen jeglicher Zeitepoche interessiert- in die Arbeit werden es sicher auch künstliche Menschen der Moderne und Postmoderne schaffen. Im Moment träume ich ja davon, einen Bogen von der englischen Romantik (~1800) her, über die Moderne, über die Postmoderne nach heute zu schlagen. Das ist natürlich riesig und ich würde wohl kaum in meiner Arbeit ein Werk genau analysieren, sondern Werke gleicher Epochen auf Gemeinsamkeiten oder Unterschiede her untersuchen und diese mit historischen/sozialen Kontexten zu verknüpfen versuchen.

Das ist natürlich ein riesiger Leseaufwand, aber ich hab noch Zeit. Und darum brauch ich auch soviele Titel wie möglich.

@Traitor: Hmm, Wells. Werd ich mir auf alle Fälle mal ansehen. Klingt interessant, da auch die Trennung von Mensch/Tier (-Monster) in der Literatur natürlich sehr mit meinem Untersuchungsgebiet zusammenhängt und mein zweites Steckenpferd ist.

@Lykurg: blöde Frage- gibts von Pinocchio ein 'Original'? Der Besen ist auch ein interessanter Vorschlag- muss mir das Gedicht auf jeden Fall nochmal genau ansehen. Capeks R.U.R. muss ich noch lesen, ist noch nicht passiert, ist mir aber ein Begriff.
Doch, doch aus Filmen lässt sich schon wissenschaftlich zitieren- oder halt was wissenschaftliches damit machen- du glaubst ja nicht, wieviel wissenschaftliche Artikel ich schon zu Robocop, Terminator und Co. gelesen habe. Und was die dürfen, darf ich auch.
Pygmalion- klingt interessant. Kannst du mir schnell sagen, was für einen künstlichen Mensch darin vorkommt und was für einen Rolle er (oder sie, oder es) einnimmt?

@Maglor: natürlich kenne ich beides schon- Blade Runner und Dicks Vorlage unterscheiden sich aber - meiner Meinung nach - gravierend in ihrer Endaussage. Was natürlich dem Film nicht angelastet werden soll, ist auf jeden Fall ein genialer Film. Der Zauberer von Oz; muss ich mir genau ansehen, wäre aber auf alle Fälle auch ein Beispiel. Vielleicht sogar sehr vom Decartes'schen Dualismus beeinflusst (Blechmann hat zwar einen Körper, aber kein Herz (=Seele?))...hmm, müsste aber dafür das Buch erst genau lesen.

Huuh, danke auf jeden Mal soweit. Und nur weitermachen :)

Traitor
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Fr 12. Sep 2008, 22:28 - Beitrag #9

Wenn es bis in die Moderne gehen darf, wird Asimov wohl relativ unvermeidbar Dreh- und Angelpunkt des Werkes werden.

Interessant könnte es sein, mit humoristischen Werken zu enden, die ja in gewisser Weise die Konventionen eines Motivs aufsummieren - als Roboter Marvin the paranoid Android aus Douglas Adams' "Hitchhicker's Guide", dazu die Golems in Terry Pratchetts "Feet of clay". Als ganz aktuelle Note vielleicht Wall-E. ;)

Eine interessante Ausgangsfrage ist auch, wo du die Grenze zwischen natürlicher und künstlicher Schöpfung ziehen möchtest. Lykurg erwähnte den Prometheus - wenn sein Menschenschöpfungsplan als künstlich zählt, wäre es dann nicht fast konsequent, Silmarillion, Narnia und die Bibel aufzunehmen, weil dort Götter Menschen "künstlich" erschaffen?

Ach ja, noch etwas - David Lindsay, "A voyage to Arcturus" (1920). Metaphysische Fantasy, in der sich die Hauptfigur regelmäßig mit neuen Organen selbst verändert - also eine (wenn auch indirekte und auch sicher noch nicht die früheste) Vorwegnahme des Cyborg-Motives. Aber das ist dann vielleicht doch zu weit hergeholt.

Lykurg
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Fr 12. Sep 2008, 23:25 - Beitrag #10

Traitor hat natürlich ganz recht mit seinem Zweifel, ob du Prometheus nach deinen Regeln drin haben willst - nach der griechischen Mythologie schuf er, ein Titan, die ersten Menschen aus Ton und belebte sie, also idT ziemlich bibelnah^^ - aber auch für Golem u.a. evtl brauchbar; interessant bei Prometheus ist noch, wie er sie beseelt. -

Laut dem Mythos von Deukalion und Pyrrha werden nach einer Sintflut Menschen von Menschen erschaffen, nämlich indem die beiden Steine über ihre Schultern werfen. -

Kadmos, der Gründer von Theben (in Böotien), tötet einen Drachen und sät dessen Zähne in Ackerfurchen, aus denen daraufhin Krieger wachsen (die sich amüsanterweise erstmal gegenseitig umbringen), die Sparten (nicht Spartaner^^) -

Pygmalion ist bei Ovid ein zyprischer Künstler, der nichts mehr mit Frauen zu tun haben will und sich stattdessen eine perfekte Frau aus Elfenbein schnitzt, in die er sich daraufhin verliebt. Aphrodite erbarmt sich seiner und erweckt sie zum Leben.
(In Gilberts Parodie verwandelt sie sich 'freiwillig' wieder zurück.)

Shaws Pygmalion solltest du so oder so mal lesen, auch wenn es dabei "nur" um die Verwandlung eines Blumenmädchens in eine Herzogin geht. Ziemlich lustig wegen der klassenspezifischen Sprache. Vermusicalt als "My Fair Lady".

@Pinocchio: Ja, laut Wikipedia von Carlo Collodi.
@Filmzitat: Stimmt natürlich, hab ich bisher nur nicht gebraucht - mein Themenschwerpunkt liegt ein bißchen früher Bild

Oh, der Lindsay klingt doch nett... den kann man thuthammen mit Frankenthteinth Monthter alth geithtigen Vorfahren der Igorth thehen...
(ebenfalls -> Pratchett, diverse Romane)

abv
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Sa 13. Sep 2008, 14:22 - Beitrag #11

mh... miet minem minteren intelegt vllt ja doch n tip geben könen^^ :P

mh ein recht gelungener film nach der jahrtausendwende ist evtl. noch [url=http://de.wikipedia.org/wiki/A.I._–_Künstliche_Intelligenz]A.I. - Künstliche Intelligenz[/url] von spielberg.. dort wird auch noch ganz gut die problematik gezeigt die ein künstlicher mensch hat wenn ihm klar wird wer und was er ist... Teile aus pinoccio und seinen verbissenen wunsch zum richtigen menschen zu werden es in diesem film aber nie schafft.

doch, recht interessant.

Ceyx
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Di 16. Sep 2008, 23:02 - Beitrag #12

@Traitor: David Lindsay, "A voyage to Arcturus" (1920), das klingt sehr spannend, muss ich auf jeden Fall lesen. Asimov bin ich auch schon ziemlich am lesen, respektiv, habe mir ein Haufen Bücher bestellt.
Die Begriffabgrenzung ist natürlich noch ein Problem, das vor mir liegt- im Grunde genommen bin ich jetzt einfach in allen Menschen, oder Menschennachahmungen, interessiert, die vom Menschen selber erschaffen wurden.

@Lykurg: oha, ein Mythologie-Lexikon-Mensch :) Klingt alles sehr spannend, ich weiss nicht, inwiefern ich es für die Arbeit verwenden kann. Aber nur weiter erzählen, wenn dir noch was einfällt.


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