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Plotspiel - wer hat Lust?

BeitragVerfasst: Mi 24. Feb 2010, 15:41
von e-noon
Mir ist gerade eine Idee für ein Spiel gekommen, das man spielen könnte :D

Und zwar: Bekannte Bücher in 1-3 Sätzen beschreiben. Ein Satz ist dabei sicher am schwierigsten. "Plot" soll dabei keine Aufzählung der Ereignisse sein, sondern die Motivation/den Sinnzusammenhang angeben.

Das Beispiel kennt vielleicht schon jemand:

"Die Königin stirbt. Zwei Jahre später stirbt der König."
Ist kein Plot.

"Die Königin stirbt. Zwei Jahre später stirbt der König an gebrochenem Herzen."
Ist ein Plot.

Warum?
Man weiß: Der König hat sie geliebt - hat sie ihn geliebt? Seit wann liebten sie sich? Liebt er sie schon immer oder hat er seine Liebe vor kurzem entdeckt?

Man weiß: an gebrochenem Herzen - Hat ihr Tod sein Herz gebrochen? Oder war es das vorher durch ihre Abweisung? Kamen sie sich vielleicht zum ersten Mal wirklich nahe, als ihr Tod sie davonriss?

Man weiß: Er stirbt - Wie stirbt er? Wirft er sich in sein Schwert, begibt er sich todessehnsüchtig in Gefahr, nimmt er Gift, hat er einen Herzinfarkt?

Und so weiter :)

Ich versuche es mal am Beispiel vom Herrn der Ringe :)

Frodo erfährt, dass sein Ring einer mächtigen bösen Kreatur Macht verleiht, die seine Welt versklaven will. Er übernimmt die Aufgabe, den Ring zu zerstören, und schafft dies mit Hilfe seiner Gefährten im Reich der bösen Kreatur.

BeitragVerfasst: Mi 24. Feb 2010, 22:33
von Traitor
Ein wenig witzlos wird die Sache dadurch, dass man bekanntlich einen einzelnen Satz auf beliebige Länge ausdehnen kann, wie es sicher jeder schonmal in irgendeiner Deutsch-Klassenarbeit ausprobiert hat. Mit genügend Verrenkungen ist da auch eine Komplettsynopse nicht außen vor. Also vielleicht noch eine Wort- oder Zeichen-Begrenzung? Bestimmt gibt es das längst im Twitter-Format als großangelegten Wettbewerb. Ansonsten wäre ich zumindest für einen Satz mit möglichst simpler Struktur. Alternativ wäre noch die "All England Summarize Proust Contest"-Regel zu erwägen, nach der die Zusammenfassung in 20 Sekunden vorgetragen werden muss.

Relevant wäre auch noch, ob tatsächlich bis zum Schluss zusammengefasst werden muss, wie in deinem HdR-Beispiel (obwohl man dir natürlich ausführlich darlegen könnte, dass der eigentliche Schluss viel entscheidender ist, und du auch sonst das wichtigste an der Geschichte übersehen hast), oder lieber eine Buchrückentext-artige Variante vorzuziehen wäre, die nur Exposition und vielleicht ein bis zwei Drittel der Handlung einbezieht, sodass die Hauptthemen klar sind, aber das Ende offen bleibt.

BeitragVerfasst: Do 25. Feb 2010, 12:22
von Lykurg
Ich stimme Traitor zu hinsichtlich der erforderlichen Begrenzung von Wort- oder Zeichenzahl (Zeit ist eher schwierig zu realisieren, wenn wir uns nicht mit Tondateien zuschütten wollen).
Wenn du einen Wettbewerb darum anstrebst, brauchen wir entsprechend Bücher, die mehrere von uns gelesen haben, oder vergleichbare Kriterien einer Zusammenfassung, das geht aber schon ziemlich direkt in lustige Überlegungen zur Standardisierung von Literatur über.

Die als Beispiel gegebene HdR-Zusammenfassung verdeutlicht die Probleme jeglichen Inhaltsangaben-Anfertigens, auch über die von Traitor genannte Entscheidung Haupthandlung-Nebenhandlung-Substruktur hinaus. Du setzt den Namen Frodo, der einem Tolkien-Nichtkenner nichts sagen wird, Sauron dagegen beschreibst du wortreich, ohne seinen Namen zu nennen (und verwendest dabei sogar "böse Kreatur" doppelt).

Ein Bündnis von Halblingen, Menschen, Elben und Zwergen erreicht die Zerstörung des Einen Rings, der magischen Herrschaftsgrundlage des Bösen, und versucht, seine Welt neu zu ordnen.

BeitragVerfasst: Do 25. Feb 2010, 13:37
von e-noon
Zustimmung, die Beschränkung vertraue ich dem gesunden Menschenverstand (und dem Konsens im Zweifelsfall) der Matrixler an.

Frodo - war mir gar nicht aufgefallen :D

Dein Satz ist perfekt, nach "Bösen" könnte man eigentlich schon aufhören (oder um eine etwas andere Nuance erweitern, wie man will).

Es ist ein Spiel und es muss nicht unbedingt einen Gewinner geben ^^ dh. wenn man ein Buch, das sonst keiner kennt, so in einem Satz zusammenfassen kann, dass jeder sich darunter einen Plot vorstellen kann, gilt das auch. Somit kann es auch ein fiktives Buch sein oder ein noch nicht fertig gestelltes (Amy? ^^).

BeitragVerfasst: Do 25. Feb 2010, 14:35
von Lykurg
Danke - aber das ist eben das entscheidende Stück: was nach "Bösen" kommt. Es handelt sich u.a. um ein großes Epos über Korruption durch Macht; und die Deutung des Schlusses oder vielmehr der Schlüsse ist der ganz entscheidende Punkt einer Zusammenfassung, die das nicht offen und dem Leser überlassen will. Daher habe ich das partielle Scheitern in "versucht" angedeutet, sicher gibt es bessere Möglichkeiten; eine davon wäre vielleicht wirklich, es wegzulassen. Aber damit überginge man auch das zentrale Problem des Romans.
Es ist ein Spiel und es muss nicht unbedingt einen Gewinner geben ^^ dh. wenn man ein Buch, das sonst keiner kennt, so in einem Satz zusammenfassen kann, dass jeder sich darunter einen Plot vorstellen kann, gilt das auch. Somit kann es auch ein fiktives Buch sein oder ein noch nicht fertig gestelltes
An die Möglichkeit dachte ich natürlich auch, gefällt mir. Im Idealfall führt es dazu, daß man lauter weitere Bücher liest, sei es aus gewecktem Interesse oder kritischem Geist. Bild

BeitragVerfasst: Mi 7. Apr 2010, 14:13
von e-noon
Twilight: Ein Mädchen verliebt sich in einen Vampir und es gelingt ihnen, trotz seines Durstes nach ihrem Blut eine Beziehung aufzubauen.

Irgendwie fehlen die Begriffe "Makellosigkeit" und "Perfektion" :D

BeitragVerfasst: Mi 7. Apr 2010, 14:55
von Lykurg
Dazu fällt mir ein kleiner Artikel ein, den ich neulich entdeckte und hübsch fand... Mit AutoZusammenfassen würden die Begriffe "Makellosigkeit" und "Perfektion" vermutlich als einzige übrigbleiben. Bild

BeitragVerfasst: Mi 7. Apr 2010, 15:20
von e-noon
Höchstwahrscheinlich. :D

Aus Twilight ist mir letztens noch so ein Satz aufgefallen, juchhu, ich habe ihn markiert:

Zitat von Twilight, p. 134:I complimented them both generously and helped by returning the rejects to their racks. The whole process was much shorter and easier than similar trips I'd taken with Renée at home. I guess there was something to be said for limited choices.


Das Frauenbild der Autorin in einem Satz :D

BeitragVerfasst: Mi 7. Apr 2010, 16:13
von Ipsissimus
wird schon gespielt oder noch besprochen, wie gespielt werden soll?

BeitragVerfasst: Mi 7. Apr 2010, 16:20
von Lykurg
Ich fasse zusammen:
e-noon spielt und beschreibt damit, wie gespielt werden könnte. ;)

BeitragVerfasst: Mi 7. Apr 2010, 16:21
von e-noon
Wird schon gespielt! Regeln, so sie benötigt werden sollten, werden sich finden.
Einzige Vorgabe: Plot eines Buches (oder eines Werkes, bei mehreren Bänden, je nach Wunsch) in einem Satz zusammenfassen.

Mögen die Spiele beginnen!!!!!!!!!!!!

BeitragVerfasst: Mi 7. Apr 2010, 16:26
von Ipsissimus
auf der Suche nach Hoffnung und Zuflucht schleppt ein Mann sich und seinen Sohn in einer zerstörten Welt vergebens eine Straße entlang.

BeitragVerfasst: Mi 7. Apr 2010, 16:35
von e-noon
Cormac McCarthy - Die Straße

Mit raten ist es natürlich lustiger, fällt mir grade auf :D

BeitragVerfasst: Mi 7. Apr 2010, 16:36
von Lykurg
Cormac McCarthy: Die Straße.

Ein mehrbändiges Werk:

Viele Menschen sterben, andere verewigen am selben Tag Banalitäten in ihren Briefen und Tagebüchern.

BeitragVerfasst: Mi 7. Apr 2010, 16:36
von e-noon
Okay, was einfaches: Ein Mann wird von einem Begleiter durch die Hölle, das Fegefeuer und schließlich zum Himmel geführt, in dem ihn seine verstorbene Angebetete als Personifikation des Guten erwartet.

@Lykurg: Ich glaube, deins kenne ich nicht. Ist es denn sehr bekannt?

BeitragVerfasst: Mi 7. Apr 2010, 16:39
von Lykurg
Weniger bekannt als die Göttliche Komödie, dafür aber auch rezenter (nur ein Jahr vor "Die Straße" abgeschlossen).

BeitragVerfasst: Mi 7. Apr 2010, 18:42
von e-noon
Einspruch, euer Ehren, das ist kein Plot. Es ist eine Idee, aber keine Geschichte.

BeitragVerfasst: Do 8. Apr 2010, 10:55
von Lykurg
Hast recht, aber in dem Sinne hat das (zehnbändige) Werk auch keinen Plot, es besteht in gewisser Weise aus vielen tausend Einzelgeschichten, die unter anderem in etwa dem gegebenen Fazit zusammenlaufen.

Ich wollte nur mal sehen, wie weit man das Spielchen treiben kann...

BeitragVerfasst: Fr 9. Apr 2010, 13:47
von e-noon
Wenn ein Buch keinen Plot hat, ist es keine Geschichte, und von einer Nicht-Geschichte kann man wohl nur schwer einen Plotsatz ableiten!

Außerdem kommen wir so nicht weiter, bitte mehr Tipps!

BeitragVerfasst: Fr 9. Apr 2010, 15:54
von Lykurg
1) Die Frage, ob es eine Geschichte, Geschichte oder keines von beidem ist, treibt seit Erscheinen des ersten Bandes Literaturkritiker, Germanisten und Historiker um. (Ersteres verneinen allerdings so ziemlich alle, vielleicht mangels Überblick). Reich-Ranicki fand es äußerst lästig, sich damit beschäftigen zu müssen, nannte es ein Telefonbuch, was zeigt, wie intensiv er sich damit auseinandergesetzt hatte, Schirrmacher sah dagegen darin eine der größten Leistungen der Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts (was rein quantitativ ziemlich unstrittig ist, jedenfalls bei passendem Literaturbegriff). Aber die Frage, inwieweit es ein Geschichtsbuch ist, finde ich viel spannender als die nach den (nicht im Lieferumfang enthaltenen) Telefonnummern.

2) Der Autor ist vor knapp drei Jahren verstorben,

3) er hatte schon mindestens ein noch umfangreicheres Projekt in Planung ("Ortslinien").