Iliasübertragungen

Die Faszination des geschriebenen Wortes - Romane, Stories, Gedichte und Dramatisches. Auch mit Platz für Selbstverfasstes.
Padreic
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So 12. Dez 2010, 21:09 - Beitrag #21

Ich kenne die Schrott-Übersetzung von der Ilias nicht, kenne aber seine 'Erfindung der Poesie' und die Übersetzungen darin. Es ist natürlich einerseits wünschenswert, eine möglichst textnahe Übersetzung zu machen, um den Originaltext möglichst genau kennenzulernen. Andererseits ist es stets unmöglich mit einer Übersetzung den Originaltext genauso zu empfinden wie es ein Leser damals tat. Es ist die Frage, ob es dann gegenüber der Textnähe nicht besser ist, eine lebendigere und spannendere Übersetzung zu wählen. Es ist natürlich wünschenswert, dass man dann in einem Kommentar festhält, dass das Original stellenweise einen anderen Ton anschlägt. Eigentlich ist es aber in jeder Übersetzung wünschenswert, dass ein Kommentar beigefügt wird, der beispielsweise uneindeutige Übersetzungen erläutert.

In den Schrott-Übersetzungen aus der 'Erfindung der Poesie' fand ich einiges an Schönheit in den alten Gedichten, zumindest einigen. Ich weiß nicht, ob es mir mit anderen Übersetzungen so gegangen wäre.

e-noon
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Mo 10. Jan 2011, 01:56 - Beitrag #22

Vielleicht doch lieber Francis William Newman? :D
In his numerous metrical translations from the classics, especially his version of the Iliad, he betrayed an insensibility to the ridiculous which would almost have justified the irreverent criticism of Matthew Arnold, had this been conveyed in more seemly fashion.


Mein Prof meint, ältere Übersetzungen wären besser, also eventuell Pope (1711) und Voß (1793), verknüpft über einen Essay "On translating Homer" von Matthew Arnold (1861)... Aber ob sich da eine wirkliche Entwicklung zeigt?

Ich könnte auch erst den Essay lesen und dann entscheiden... :)

Lykurg
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Mo 10. Jan 2011, 09:13 - Beitrag #23

Entwicklung nicht im Sinne einer textgenetischen Verbindung zwischen den Übersetzungen, die würdest du innerhalb eines Sprachraums eher haben. Stattdessen vielleicht mehr Abweichungen aufgrund nationaler und vor allem sprachlich gegebener Andersartigkeit. Ich sehe eine Herausforderung darin, dem gerecht zu werden. Das Konzept wäre eventuell sinnvoll, wenn Arnold Voß kennt oder, vll. noch besser, ihn nicht kennt, aber Kriterien aufstellt, die auf ihn passen.

e-noon
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Mi 12. Jan 2011, 18:23 - Beitrag #24

Ich lese gerade mit großem Vergnügen den Essay von Arnold, in dem er wirklich, wie Wikipedia schreibt, in einem fort über Newman herzieht und ihn gnadenlos niederbügelt. Mein Lieblingssatz bisher:

Where, indeed, Mr. Newman got his
diction, with whom he can have lived, what can be
his test of antiquity and rarity for words, are ques-
tions which I ask myself with bewilderment.


Bisher schrieb Arnold viel über Pope und Newman, streifte gelegentlich Voß, nur um die deutsche Sprache als ungeeignet für Homer zu verwerfen, und lobte niemanden. Mal sehen, wie das endet ^^
[quote="Einleitung der Ilias in der Übersetzung von Newman"]
Review Comment

Newman’s translation is surely one of the oddest ever attempted by any English writer. For some reason, as he explains in the introduction to his translation, Newman concluded that “the English metre fitted to translate Homer’s hexameter must be a long line composed of two short ones, having each either three or four beats” (vi) and that “a series of trials showed that it was best to compose the line of four beats added to three” (vii). His argument for the necessity of this odd (and decidedly unfamiliar) verse form is not very convincing. In the same introduction, Newman comments “I ought to be quaint]

e-noon
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Mi 12. Jan 2011, 18:32 - Beitrag #25

Das hier noch über die Deutschen:

I can imagine
several poets, with the literary knack of the twelfth
century, united to produce the Nibelungen Lay in
the form in which we have it—a work which the
Germans, in their joy at discovering a national epic
of their own, have rated vastly higher than it de-
serves.


Ich liebe es, wenn politisch unkorrekte Schreiber früherer Zeiten irgendwelche Nationen einfach so abkanzeln :D Forster macht das auch dauernd.

e-noon
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Mi 12. Jan 2011, 20:33 - Beitrag #26

Das hört ja gar nicht mehr auf XD Der arme Mr. Newman!

I will by no means make search in Mr. Newman’s
version for passages likely to raise a laugh; that
search, alas! would be far too easy.

janw
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Mi 12. Jan 2011, 21:13 - Beitrag #27

Zitat von e-noon:Das hier noch über die Deutschen:



Ich liebe es, wenn politisch unkorrekte Schreiber früherer Zeiten irgendwelche Nationen einfach so abkanzeln :D Forster macht das auch dauernd.

Es gibt Nationen und solche, die sich einflüstern lassen, solche zu sein ;)

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Do 13. Jan 2011, 16:54 - Beitrag #28

Das mag sein ^^

Noch eine sehr gute Stelle:
It is a real fault, when Mr. Newman has:
Infatuate! oh that thou wert lord to some other army—
for here again the reader is required, not for any
special advantage to himself, but simply to save
Mr. Newman trouble, to place the accent on the
insignificant word wert, where it has no business
whatever.


DIVINE:
but if the translator of Homer,
who will hardly have wound our minds up to the pitch
at which these words of Hamlet find them, were to
employ, when he has to speak of one of Homer’s86 ON TRANSLATING HOMER.
heroes under the load of calamity, this figure of
“grunting” and “sweating,” we should say, He
Newmanises, and his diction would offend us.


:rofl:

Damit kein falscher Eindruck entsteht, hier noch das Schlusswort:
For Homer’s grandeur is not the mixed and turbid
grandeur of the great poets of the north, of the
authors of Othello and Faust; it is a perfect, a lovely
grandeur. Certainly his poetry has all the energy
and power of the poetry of our ruder climates; but
it has, besides, the pure lines of an Ionian horizon,
the liquid clearness of an Ionian sky.

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