"Heute weder Hamlet...", ein Stück Metatheater. Das Stück begann mit dem üblichen Intendantenauftritt "Tut uns furchtbar leid, aber wegen Ausfalls eines Hauptdarstellers muß die heutige Veranstaltung leider entfallen, Geld zurück, etc. etc.", (echt genug gemacht, daß immerhin einer vor uns aufstand und sich den Mantel anzog; das gab spontan Applaus und einiges Gelächter) - dann öffnete sich aber doch der Vorhang und enthüllte den blaubekittelten (nicht-Kulissenschieber-sondern) hauptamtlichen Vorhangaufzieher, der sich darüber wunderte, daß das Publikum noch da säße. Sein den Rest des Abends währender Monolog begann mit den Worten "Heute weder Hamlet noch sonst irgendwas" und endete (nach langen und teils langatmigen Anekdoten und darin eingestreut seiner Lebensgeschichte als gescheiterter Schauspieler, während deren Erzählung er sich zunehmend in die Rolle Hamlets hineinsteigerte) mit seiner Selbstvergiftung und den geröchelten Worten "Und... der... Rest... ... ... ist... - "Zitat von janw:Lykurg, was für ein Theater?(!)
Don Giovanni im Kino gestern war nett, aber irgendwo beunruhigend, daß den Unterhaltungsproduzenten nach 200 Jahren nicht viel Neues einfällt.
Manon könnte mich noch reizen...
Einige schöne Ideen drin und zwischenzeitig Beispiele guten Schauspiels, wenn er einige seiner alten Rollen vorführte oder vorspielte, wie verschiedene Charaktertypen von Schauspielern sich verbeugen; allerdings wirkte es auf uns eher wie eine Varieténummer, teilweise wie Taschenspielertricks, und entsprechend fühlten wir uns zunehmend vom Publikum distanziert, das begeistert Szenenapplaus gab und sich vor Lachen schüttelte, während es uns übertrieben, unecht und in der Hintergrundgeschichte völlig unglaubwürdig vorkam. Wir diskutierten nachher noch drüber, ob vielleicht auch das als schlechtes Spiel des Spiels im Spiel Absicht gewesen sein könnte, dafür gab es aber keine wirklichen Anhaltspunkte im Stück (und wenn, wäre es jedenfalls am Publikum völlig vorbeigegangen).
Der Don Giovanni aus der Met? Da ist ja auch abgesehen vom musikalischen wirklich nichts zu erwarten, die Met ist berüchtigt für ihre altbackenen Inszenierungen. Sie ist ja privat finanziert, und von den wichtigsten Sponsoren will offenbar niemand dem Regietheater eine Chance geben. Auch bei dem Hamlet-Stück war wieder deutlich, wie extrem gut die billige Polemik des Vorhangaufziehers gegen "den Regisseur" bzw. "die Regisseure" beim großenteils hochbetagten Publikum ankam.
Dagegen war ich sehr erstaunt von der Eröffnung des Bolschoi-Theaters vorgestern. Die Russen inszenieren ja auch generell sehr traditionell, aber diesmal haben sie sich was getraut: Nach Medwedjews großer Eröffnungsansprache vor 1.700 handverlesenen Gästen und dem noch verschlossenen goldbestickten Samtvorhang (nun wieder mit St. Georg und dem Zarenwappen statt mit Hammer und Sichel) öffnete sich selbiger und gab den Blick auf eine Horde von behelmten Arbeitern mit Preßlufthämmern und Baufahrzeugen frei, die in Baustellenkulissen einen Heidenlärm machten, der dann aber fließend in ein Stück von Glinka überging - die Bauarbeiter entpuppten sich als Chorsänger.