Ein Blick in Wikipedia zeigt, daß das Problem, so weit man eines darin sehen will, umfassend und erschöpfend behandelt wird. Die
deutsche und insbesondere die
englische Wikipedia haben jeweils eigene, äußerst umfangreiche Artikel zum Streit über die Shakespeare-Urheberschaft; die Artikel reflektieren eine überaus breite Forschungsdiskussion. Beide arbeiten mit einer Masse von Fußnoten, beim englischen sind es über 230 Fußnoten und eine Unmenge an weiteren Literaturangaben auf Monographien und Aufsätze insbesondere auch der letzten Jahre. Die Artikel sind übrigens, soweit ich sehe, durchaus neutral gehalten, sie eignen sich dazu, sich ein eigenes Bild zu machen.
Der deutsche Artikel sortiert die Literaturangaben nach vertretener Position, nach meiner Einschätzung läßt sich schon über den Tonfall der Titelgebung bei vielen der Anti-Stratfordianer-Schriften ein hohes Skandalisierungsbedürfnis erkennen, das ich leicht mit geringer Glaubwürdigkeit zu verbinden geneigt bin: "Das Shakespeare-Komplott", "The Shakespeare Enigma", "Marlowe's Ghost: The Blacklisting of the Man Who Was Shakespeare", "The Shakespeare Code", "Cryptographic Shakespeare"... ich könnte weitere auflisten. Die Prüfung dieser Schriften nehme ich nicht selbst vor, das überlasse ich den Spezialisten, die das offensichtlich - denn das zeigt die Fülle der Schriften aller Konfliktparteien - nicht ignorieren, sondern sachlich gegenanargumentieren (wenn auch möglicherweise teilweise in dem genervten Tonfall, der gegenüber Verschwörungstheoretikern irgendwann unvermeidlich wird). In meinen Augen ist etwa
diese Argumentation nachvollziehbar und hinreichend, nach gegenwärtigem Stand die Sache nicht weiter verfolgenswert zu finden.
@janw: Inwieweit es sich bei wissenschaftlichen Vorgehensweisen anderer Fachrichtungen um das blinde Festklammern an einer feststehenden Lehrmeinung bzw. "doxa" handelt, entzieht sich meist meiner Kenntnis. Ich bin mit diesem Vorwurf allerdings
sehr vorsichtig, wenn ich keine guten Belege dafür habe, da er ehrenrührig ist. Hier halte ich ihn in Anbetracht der intensiven Fachdiskussion für unangebracht.