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Tschechow / Čechov

BeitragVerfasst: Di 20. Dez 2011, 01:24
von Aspasia
Wahnsinnig viel von ihm habe ich noch nicht gelesen, außer einigen Erzählungen, "Die Möwe" und "Onkel Wanja". Beide Stücke kann ich sehr empfehlen. Wobei ich "Die Möwe" wesentlich lustiger in Erinnerung habe, als gerade im Theater gesehen (jetzt weiß ich nicht, ob es an der Ausführung oder am Gedächtnis liegt).
In "Onkel Wanja" spielen die Beziehungen zwischen den Personen eine große Rolle, inhaltlich 'passiert' nicht besonders viel. Eine eher trübe Grundstimmung, jeder klagt über sein Leben (obwohl es nicht wirklich schlecht ist) und das Fazit am Ende: nichts hat sich geändert. Aber gerade das fand ich sehr reizvoll.

Was gefiel dir denn - e-noon - an Platonow nicht?

BeitragVerfasst: Di 20. Dez 2011, 01:44
von Lykurg
Bei mir ist Tschechow noch eine einzige große Bildungslücke. Immerhin in den etwas zweifelhaften Genuß der Möwe bin ich ja auch gerade gekommen - und bestätige danach den Eindruck, den du zum Onkel Wanja schilderst: Was auch immer den Individuen zustößt, die Gesellschaft ändert sich nicht, die meisten sind für sich allein unglücklich, und jeder stirbt für sich allein.

Problematisch war dann halt an der hiesigen Inszenierung (als einer von mehreren Punkten), daß sie eben doch eine Veränderung zeigen wollten und die Handlung visuell in eine Zombie-Apokalypse abstürzte. Der eigentlichen Logik des Stücks entsprach das eher weniger, inwieweit aber auch der Humor darunter litt, kann ich kaum beurteilen. Aber ich sollte wohl auch einfach irgendwann demnächst mal was von ihm lesen, um mir ein Bild zu machen.

BeitragVerfasst: Di 20. Dez 2011, 11:39
von e-noon
Platonow enthielt das, was hier auch schon angesprochen wurde - Unglück des Einzelnen und bis an den Wahnsinn grenzender Überdruss gegenüber der Welt, der bis zum Ende durchgezogen wird (einige sterben, andere nicht). Nichts hat einen Sinn, und man spürt nach 3 Seiten, dass es so bleiben wird - da fehlt mir doch ein wenig die Motivation, mir auch noch die anderen Seiten durchzulesen, da alles recht vorhersehbar war und die Sprache auch noch, vermute ich, bewusst abstoßend und wirr sein sollte.

Aber ist ja ein Frühwerk, dass er nie veröffentlichen wollte. ^^ Ich werde die anderen mal lesen.

BeitragVerfasst: Di 20. Dez 2011, 12:00
von Lykurg
Das hatte ich vielleicht etwas mißverständlich-generalisierend ausgedrückt. Es sterben nicht alle, das wäre Tschechow vermutlich zu absurd^^ - nur einer, und den Fall könnte man mit etwas bösem Willen sogar als weitergehende Werther-Verschlimmerung bezeichnen, schließlich dauert es nach dem eher mäßig erfolgreichen ersten Selbstmordversuch noch zwei Jahre. Für alle gilt aber diese Form der Verlassenheit.

BeitragVerfasst: Di 20. Dez 2011, 13:02
von janw
Zitat von e-noon:Nichts hat einen Sinn, und man spürt nach 3 Seiten, dass es so bleiben wird

Die Wahrheit über das reale Leben also...^^

BeitragVerfasst: Di 20. Dez 2011, 13:37
von Ipsissimus
so ist das nun mal mit der comédie humaine^^ alle streben nach irgendwas und dann liegen sie im Grab^^ ob das was mit Humor zu tun hat, wage ich allerdings zu bezweifeln, selbst angesichts jeglicher zugestandener Situationskomik^^ insofern ist die Möwe ein weises Werk^^

BeitragVerfasst: Di 20. Dez 2011, 17:47
von e-noon
Nichts gegen Verzweiflung an der Welt, aber in Platonow hat es mich nicht angesprochen. Das bekommen andere Autoren (oder meinetwegen Werke) besser hin. Die Frage ist ja, warum man den Text zu Ende liest: Aus Pflichtgefühl, oder weil doch irgendetwas noch Neugier auf die nächste Seite weckt (da ja, wie erwähnt, Sprachschönheit wegfällt).