Der Richter und sein Henker

Die Faszination des geschriebenen Wortes - Romane, Stories, Gedichte und Dramatisches. Auch mit Platz für Selbstverfasstes.
e-noon
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Do 7. Mär 2013, 23:38 - Beitrag #1

Der Richter und sein Henker

Ich hätte hier eine Frage von Maurice zu Dürrenmatts "Der Richter und sein Henker"; leider habe ich meine Ausgabe nicht hier und kann demnach nicht nachgucken. Vielleicht weiß ja jemand was oder hat spontane Assoziationen.


Zitat von Maurice:Hatte heute eine doofe Frage in der Nachhilfe, die ich spontan nicht beantworten konnte. ^^*
Es ging um das Buch "Der Richter und sein Henker" - kennst du ja auch. Und an einer Stelle sagt Tschanz zu Bärlach "Die Höhe tut nicht immer gut" und den Satz sollte man interpretieren. Der war mir bisher nie als besonders aufgefallen ... finde auch auf Anhieb nix dazu im Web.
Frag mal in der Matrix für mich, bitte.

Traitor
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Do 7. Mär 2013, 23:54 - Beitrag #2

Indirekte Forumsnutzung, soso...

Das Buch habe ich zwar vor Jahren mal gelesen, hätte es sogar zur Hand, habe aber keine Lust, es zu durchsuchen, daher keine genauere Kontextkenntnis.

Die naheliegende Bedeutung von "Höhe" ist natürlich geographische, also vermutlich irgendein Zitat im Bergzusammenhang. Wenn eine interpretationsbedürftige Zweitbedeutung mitschwingt, wie die Aufgabenstellung nahelegt, könnte es eine soziale/berufliche sein, à la "Aufstieg macht einen Menschen auch nicht besser / macht ihn nicht glücklicher", ironisch der üblichen Bergluft-Bedeutung entgegengesetzt.

Maglor
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Fr 8. Mär 2013, 00:03 - Beitrag #3

Das Buch kenne ich zwar nicht, aber das Thema ist auch der Metaebene interessant.

Komm mal runter. ;)

Lykurg
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Fr 8. Mär 2013, 10:53 - Beitrag #4

Ich habe es nicht gelesen, es steht allerdings nebenan. Nein, mein Arm ist nicht lang genug, vor allem hat er nicht genug Knicke.

Spontan fiele mir was im Sinne von "Hochmut kommt vor dem Fall" in den Sinn, aber auch - biblisch - "er stürzt die Gewaltigen vom Thron und erhöht die Niedrigen", also das Vertrauen auf eine höhere Gerechtigkeit. Angesichts des Sprechers aber wohl eher unwahrscheinlich.

Ipsissimus
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Fr 8. Mär 2013, 11:34 - Beitrag #5

"Hochmut kommt vor dem Fall" war auch das erste, das mir eingefallen war, und so unwahrscheinlich finde ich die Deutung auch angesichts der äußernden Person nicht. Ich habe den Kontext nicht nachgeschlagen, aber es gibt mehrere Episoden im Roman, an denen ich mir die Stimmigkeit der Äußerung vorstellen kann, vor allem Angesichts der permanenten Änderungen in Tschanz´ persönlicher Situation, der ja einerseits eine Farce aufrecht erhalten, andererseits aber immer wieder erkennen muss, wie verzweifelt seine Situation wirklich ist. Der Satz würde dann eine Art Einsicht formulieren.

Eine andere, eher vage Möglichkeit: Eine verlegene Entschuldigung seitens Tschanz für dem Mord an Schmied, im symbolischen Verweis auf eine durch Höhenluft induzierte Unzurechnungfähigkeit. Die Lesart der Aussage wäre dann: Ich habe Scheiße gebaut. Aufgrund des Autors aber wirklich sehr vage.

Maurice
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Fr 8. Mär 2013, 19:36 - Beitrag #6

Ist halt doof, wenn man in der Nachhilfe mit so einer Frage konfrontriert wird, die eine spezielle Stelle interpretieren soll. Das Buch als Ganzes hatte ich noch gut im Kopf (war u.a. Teil meiner Examensprüfung), aber da merkt man sich natürlich nicht jedes Detail. Und wenn man da noch 4 andere Nachhilfeschüler sitzen hat, die auch Aufmerksamkeit bedürfen, kann man schlecht sagen "Moment, ich lese nochmal fix das Kapitel durch und mache mir dazu Gedanken". ^^
Aber habe gegenüber dem Schüler auch die Vermutung mit dem "Hochmut kommt vor dem Fall" geäußert. Meine andere noch vagere Vermutung war, dass es eine versteckte Drohung gegen Bärlach war, der vorher angekündigt hat, dort in ein Krankenhaus zu gehen. Habe dem Schüler aber gesagt, dass er mir berichten soll, was sein Lehrer dann als gewünschte Antwort zu der Stelle angegeben haben wird. :)

Muss die Stelle am Wochenende mal nachschlagen, aber kommt es nicht später zu einem Anschlag auf Bärlach, der, wie man später herausfindet, von Tschanz verübt wurde?

Eine weitere Idee zu besagter Stelle wäre, dass Tschanz Schmied aus Neid ermordet hat, womit die Höhe als Metapher für Erfolg fungieren würde. Allerdings spräche dagegen, dass der Schüler diese Frage bekommen hat, bevor er (bzw. die Klasse) das Buch zu Ende gelesen haben und daher in ihrer Interpretation nicht auf diese Information zurückgreifen könnten.

(Sorry, dass der Post so konfus ist, war ne harte Woche, bin ziemlich kaputt.)

Traitor
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Fr 8. Mär 2013, 21:50 - Beitrag #7

Willkommen zurück, Maurice - Bleibeambitionen?

Die Situation kann ich mir gut vorstellen, ginge mir vermutlich bei Mathenachhilfe, in der die Schüler plötzlich nur schulintern relevanten Kram wie pq-Formeln oder Geradendurchstoßpunkte wissen wollen, ähnlich. Uniwissen ist halt nicht automatisch eine Obermenge von Schulwissen. ;)

Scheint übrigens eine beliebte Frage zu sein, man vergleiche, wie die Schweizer das machen. Leider auch ohne Antwort, dafür mit Seitenzahl. In meiner Ausgabe ist es dann 80 statt 87, letzter Satz des Vierzehnten Kapitels. Vorher sagte Bärlach "..., ich fahre morgen dorthin, um mich auszuruhen. Ich muß in die Höhe." Der oberflächliche Bezug ist also tatsächlich Höhenluft/Kur. "Dorthin"=Grindelwald, wo Tschanz in Urlaub gewesen sein soll. Vorher stritten sie sich über mögliche Täter und Motive.

Der Satz war wohl auch mal Zitat der Woche "für Deutschleser". ;)


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