Was zum Thema Respekt vor jedem Hund: auch die völlig falsch erzogenen Kampfhunde sind im allgemeinen und unter normalen Umständen für Menschen ungefährlich. Für andere Hunde aber oft tödlich. Erst recht, wenn irgend so eine geschädigte Kanaille versucht hat, das Tier für Hundekämpfe abzurichten. Also habe ich früher mit meinem Hund in der Stadt immer wieder die übelsten Szenen erlebt, mit Amoktölen (kurze Kette, Würgehalsband, fünfzig Kilo Muskeln, nichts als Hass und Angst), die man nur noch einschläfern konnte, und Besitzern, die es problemlos schafften, noch weniger Intelligenz und Sozialkompetenz als ihre gestörten Köter an den Tag zu legen. Und meist auch einen geringeren Wortschatz hatten.
Für Hundebesitzer war die alte Situation also permanent noch weit stressiger als für normale Passanten. Das hat sich, muss ich zugeben, durch die massiven Beschlagnahmeaktionen und sonstigen Restriktionen so gebessert, dass das Problem so gut wie verschwunden ist (mit den Katalograssen zumindest).
Nun kommt die andere Seite der Medaille. Ich gehe mehrmals jeden Tag mit meinem Hund (einem unkastrierten Rüden) in einem Waldstück spazieren, in dem wir sehr vielen anderen Hunden begegnen. Ich habe kein flaues Gefühl, wenn wir dort abgeleinten Kampfhunden begegnen, und die kommen auch prima mit meinem vierbeinigen Begleiter klar.
Im Gegenteil, gerade diese verrufenen Rassen sind oft sehr charakterfest, ausgleichen, stabil, belastbar, durch ihre Kraft und Größe selbstsicher und kein bisschen neurotisch. Ganz im Ernst: wenn ich im Wald einen mir noch gänzlich unbekannten Staff / Pit / Mastino knuddeln oder ihm einen Dorn aus der Pfote ziehen müsste, oder dasselbe bei einen Berner Senn / Irish Setter / Collie würde ich immer den Kampfhund vorziehen, weil das Restrisiko viel geringer ist.
Entscheidend für mein Entspanntsein ist nicht die Hunderasse, sondern der Begegnungsort: wer sich die Mühe macht, mit seinem Hund in den Wald zu gehen, ihn also durch Bewegung auszulasten, ihm Sinneseindrücke zu bieten und Sozialkontakte, der hat im Normalfall einen sozialen Hund. Oder weiß um dessen spezifische Probleme und hat sie Griff.
American Staffordshire habe ich vor vielen Jahren in USA kennen gelernt, bevor sie hier in Mode kamen. Das sind, bis auf ein paar Exemplare aus kranken Zuchtlinien echter Hundekampfassis, ideale Stadt- und Familienhunde: ruhig, freundlich, langmütig, extrem geduldig mit Kindern - wenn man sie nur halbwegs liebevoll behandelt.
Etliche der allerulkigsten und freundlichsten meiner Kampfhundebekanntschaften aus dem Wald sind dann in der Hysterie vor zwei Jahren verschwunden. Irgendwann kamen sie nicht mehr. Ihre Besitzer - da hatte es auch viele alte Leute dabei oder Familien mit Kindern - waren die Wochen vorher sehr bedrückt, hatten oft geweint und ganz und gar widerliche Mobbinggeschichten aus ihren Nachbarschaften erzählt. Und bekannt, sie wüssten nicht, wie sie den Druck und die Hetze noch lange aushalten sollten. Über das Schicksal der Hunde kann ich nur spekulieren.
Fargo
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