Naja, wenn man die Geschichte verfolgt, dann stand ziemlich am Anfang der Gedanke, der Bär sei gefährlich und sollte eventuell abgeschossen werden, dann kamen Überlegungen auf, ihn eventuell weiter umher wandern zu lassen, später, ihn einzufangen.
Die mittlerweile erlassene Abschussgenehmigung - über deren rechtliche "Standsicherheit" man sicher streiten kann - wurde dann außer kraft gesetzt, um den Bären mit einem Betäubungsgewehr, Hunden und Fallen einzufangen, was allerdings mißlang. Die Suche mit den finnischen Bärenhunden hat 30 000 Euro gekostet und Mensch wie Hunde in dem wirklich schwierigen Gelände an die Grenzen der Kräfte gebracht. 10 000 Höhenmeter in 5 Tagen sind kein Pappenstiel...
Mittlerweile hatte der Bär sich nun wirklich alles andere als menschenscheu verhalten, saß wohl sogar mal vor einer Polizeistation am Straßenrand und brach in Ställe ein. Auslöser für die finale Jagd war dann wohl, daß einige Wanderer ihn beobachteten, als er von einem See ins Gebirge aufstieg und ihm dabei folgten, wobei er sich dann drohend zu ihnen umgedreht haben soll.
Insgesamt eine schwierige Frage...
Der Bär stammte ja aus einem Nationalpark in Norditalien und war von dort ausgewandert.
Bemerkenswert wie aus Artenschutzsicht tragisch ist dabei, daß er der Sohn einer Bärin ist, welche gezielt zur Stützung und genetischen Auffrischung der Population aus Slowenien importiert worden war und welche sich bereits selbst als besonders wanderaktiv und wenig menschenscheu hervorgetan hat - was darauf hinweist, daß diese Verhaltensweisen nicht unwesentlich elterlich bedingt sind und andererseits auch die Frage aufwirft, ob nicht gerade solche Tiere bei Artenschutzfangmaßnahmen bevorzugt in die Falle gehen. Ob man sich also nicht bereits systembedingt wenig scheue Bären in den Nationalpark hineingeholt hat, Bären, die über kurz oder lang aus dem Nationalpark auswandern und anderswo Probleme bereiten werden.
Das verrät einiges über Probleme des Artenschutzes mit divers strukturierten Populationen, aus denen auch noch einiges zu lernen sein wird.
Welche anderen Möglichkeiten hätte es gegeben?
Sperrung des Gebietes:
Der Bär hätte es im Tirol-bayerischen Grenzgebiet sicher noch den Sommer ausgehalten, vielleicht auch den Winter über. Man hätte also ein Gebiet von wirklich mehreren -zig qkm² für Wanderer sperren müssen, wie man die ansässigen Bauern darauf eingestimmt hätte, die auch vom Tourismus leben, ist eine Frage...gewiss kann Staat 35 Schafe entschädigen und tut es auch, aber die Abriegelung einer ganzen Region für ein wirklich unberechenbares und sich an der Grenze der Artgemäßheit verhaltenden Tier, auf unbestimmte Zeit, vielleicht auf Jahre?
Abschuss mit einem Betäubungsgewehr:
Diese Technik ist nicht ganz einfach und erfordert meines Wissens auch die Anwesenheit eines Tierarztes, denn die eingesetzten Mittel können leicht auch den Kreislauf des Tieres gefährden - es muss also nach der Betäubung des Tieres mit der richtigen Menge Narkosemittel auch ein Mittel zur Stärkung des Kreislaufes gegeben werden, und das Tier muss schnell in einen Käfig gelangen, solange das Mittel noch wirkt.
Und dann? Aus seinem Nationalpark wäre der Bär sicher wieder ausgewandert, bliebe also nur ein Zoo - für ein besonders agiles und wanderfreudiges Exemplar seiner Art die richtige Lösung?
Ich will den Abschuss nicht gut heißen, ich denke auch, daß Wanderer, die dem Tier hinterher stiefeln, zu einem Kurs in Verhalten in der freien Natur verdonnert werden sollten, aber wenn ich sehe, was da an Freizeitbergfexen die Alpen erstürmt, erst recht durch die Sensationsberichterstattung angelockt, kann ich verstehen, daß sich Politik zum Handeln genötigt gesehen hat.
Daß der Versuch, ihn lebend zu fangen, schief gegangen ist, ist tragisch. Aber ohne weiteres Zutun wäre es über kurz oder lang recht sicher zu einer Begegnung zwischen Mensch und Bär gekommen, bei der die Opposition nur eine Frage gehabt hätte: "Warum haben Sie nicht eher gehandelt, Herr Umweltminister, muss denn immer erst ein Mensch sterben, bevor etwas passiert?"
Zitat von Feuerkopf:Bären haben einen "Nachteil", sie besitzen keine natürlichen Feinde. Zudem sind sie sehr lernfähig und schätzen die Nahrungsvielfalt, die die menschliche Nähe mit sich bringt: Tierherden, Ställe mit lecker Hühnern und Karnickeln, Fischteiche, Bienenstöcke, ggfs. Mülltonnen oder den Proviant von Wanderern.
Was das Suchen der menschlichen Nähe betrifft, scheinen wohl die amerikanischen Schwarzbären besonders problematisch zu sein. Beim Braunbären sind es wohl immer nur einzelne Tiere, die so weit gehen, die anderen sehen den Menschen doch als eher zu meidendes Wesen an - insofern besteht IMHO durchaus Hoffnung, daß auf Dauer auch die deutschen Alpen wieder Bärenland werden können, ohne daß dies den Menschen gefährden muss.