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Beinamen von Städten

BeitragVerfasst: Mi 4. Aug 2010, 10:00
von Lykurg
Zitat von aimless:Schließlich hat sich auch die Durchsage der DB in Hannover von "EXPO-Stadt" in die "Landeshauptstadt" geändert.
Was für Beinamen haben Städte, wer vergibt sie und wie typisch sind sie?
Die "Landeshauptstadt" ist ja nur eine funktionale Bezeichnung, und wie wir sehen, ein auswechselbarer Begriff. Im Gegensatz dazu trägt Wittenberg den offiziellen Namen "Lutherstadt Wittenberg", während Eisleben denselben Titel nur als Beinamen verwendet. Leipzig nennt sich Messestadt (Frankfurt auch?). Hamburgs alter Titel "Tor zur Welt" wird heute kaum noch verwendet (was wohl nicht nur am Internet liegt), wäre aber ohnehin nicht Deutsche-Bahn-kompatibel. Jüngst hörte und vergaß ich einen (nicht tagesaktuellen) Beinamen für Duisburg, es gibt aber sicher noch viel mehr...?

BeitragVerfasst: Mi 4. Aug 2010, 10:10
von blobbfish
Marburg hat den Titel Universitätsstadt, das wird bei der Begrüßung im Regelfall auch genannt.

Frankfurt hat meine ich nichts, ich werde aber darauf achten, wenn ich das nächste mal dort bin.


Es gab doch vor nicht so langer Zeit (letztes Jahr? Oder schon dieses?) ein Urteil oder Gesetz, wonach wenigstens an Ortsschildern kein Titel mehr geführt werden (betrifft nur neue Schilder) dürfen.

BeitragVerfasst: Mi 4. Aug 2010, 10:21
von Lykurg
Göttingen nennt sich doch sogar "Gelehrtenstadt"? Im weiteren Umfeld hier sind die Rattenfängerstadt Hameln und die Eulenspiegelstadt Mölln, und natürlich sollten die Hansestädte nicht vergessen werden (Lübeck, Hamburg, Bremen, Wismar, Rostock, Stralsund...).

BeitragVerfasst: Mi 4. Aug 2010, 15:04
von aimless
Nein, Göttingen nennt sich (zum Glück) auch nur Universitätsstadt.
Ergänzt durch den Slogan: "Göttingen - Stadt, die Wissen schafft"
(Man beachte, das Wortspiel!)


Nienburg nennt sich auch gerne Niedersächsische Spargelstadt. Über den Ortsschildern stehen Schilder mit diesem "Titel" und seit neuem auch eines, dass Nienburg den schönsten Wochenmarkt Europas hat. Gefolgt von einem Werbeschild für die Innenstadt und dem Adventisten Gottesdienst.
Ein Schilderdschungel, wenn man in die Stadt einfährt und das Ortsschild geht dadurch schon fast unter, aber alles auf einem Schild wäre sicherlich auch spannend *g*

BeitragVerfasst: Mi 4. Aug 2010, 16:06
von Lykurg
Du hast recht - eine Google-Suche nach "Gelehrtenstadt" ergab die exotischen Treffer Qom, Timbuktu und Cambridge; unter ferner liefen u.a. auch Tübingen, Jena und Lund.

Gibt es im Nienburger Dezember denn auch einen wöchentlichen Adventistenmarkt mit Spargelkerzendschungel? Bild

BeitragVerfasst: Mi 4. Aug 2010, 16:20
von aimless
Gelehrtenstadt und Timbuktu?!
Nanu, vielleicht weil kluge Köpfe oftmals verbannt wurden..

Spargelkerzen! Eine Marktlücke!
Ähm, nein, Gott sei dank(!) nicht. Wenn ich es so recht bedenke, weiß ich gar nicht, wieso die Adventisten kurz nach der Ortseinfahrt für ihren Gottesdienst werben.

BeitragVerfasst: Mi 4. Aug 2010, 16:41
von Lykurg
Es ist doch eigentlich recht üblich, daß in Ortschaften und kleineren Städten (bis hin zu Lüneburg) an der Ortseinfahrt die ansässigen Gemeinden über ihre Gottesdienste informieren. Normalerweise sind das eher die obligatorischen beiden Volkskirchen, aber wenn in Niendorf die Adventisten so aktiv sind... vielleicht liegt das am lokaltypischen Warten auf die Spargelzeit?

Für Qom und Timbuktu habe ich jeweils mehrere Treffer gefunden, die eher auf eine quasioffizielle Verwendung oder wenigstens eine lange Lokaltradition hindeuten (die es in Cambridge allerdings auch gäbe^^).

Achja, "Berlin - Hauptstadt der DDR" ist obsolet.
Autostadt Wolfsburg.

BeitragVerfasst: Mi 4. Aug 2010, 17:59
von Traitor
Die Gelehrtenstadt Timbuktu kann ich mir durchaus vorstellen, vor seiner Tradition als Synonym für "weit weg" war der Ort ja durchaus lange das dominierende Kulturzentrum seiner Region und es würde mich nicht wundern, wenn es dort eine mittelgroße islamische Gelehrtentradition gäbe.

Frankfurt schimpft sich gelegentlich Goethe-Stadt, glaube ich, das könnte aber auch eine Fehlübertragung von der Uni sein, die Google-Ergebnisse sind spärlich bis obskur.

Den Klassiker unter den Beinamen hat natürlich Bonn beizusteuern, die gesetzlich garantierte Bezeichnung als "Bundesstadt" war hart umkämpfter Teil des Regierungsumzugsgesetzes. Ähnlich offiziell oder sogar noch offizieller ist meines Wissens nur die komische Lutherstadt, bei der es anscheinend richtiger Teil des Namens selbst ist. Und die Hansestädte haben ja auch ihren besonderen Status.
Der Großteil sonstiger Namensphantastereien ist dann wohl eher inoffizieller Werbespruch, manchmal noch per Stadtsatzung festgeschrieben, aber nicht von national bedeutsamem Charakter. Der Phantasie sind dort also keine Grenzen gesetzt, und sei es in Zukunft halt auf Zusatzschildern neben dem eigentlichen Ortsschild, oder auf den allseits beliebten braunen Spamschildern an der Autobahn.

Was fällt mir noch so obskures dazu ein? Wenn Hamburg schon kein "Tor zur Welt" mehr sein will, dann sind doch zumindest dutzende Kleinstädte Tore zu irgendwas, sei es zur Eifel, Vordereifel, Hocheifel, Vulkaneifel, Hintereifel, Tiefeifel, Grüngepunktetereifel. Iirc auch bei Taunus und anderen Mittelgebirgen verbreitet. Apfel-, Erdbeer- und eben Spargelstädte sind auch recht beliebt, und Städte von x-beliebigen lokalen Prominenten.

Eine grob unvollständige und wirr mit anderen Sachen vermischte Liste hat Wikipedia, vor allem Nibelungenstadt und Europastadt scheinen ja sehr beliebt zu sein.

BeitragVerfasst: Mi 4. Aug 2010, 18:48
von blobbfish
Stimmt, Frankfurt macht gerne Werbung mit Goethe, was einer gewissen Ironie nicht entbehrt, denn Goethe selbst hat nicht viel von Frankfurt gehalten, und Lykurg kann das wahrscheinlich bestätigen.

Dazu fällt mir dann auch gleich das Plakat von der diesjährigen Varietenacht ein: Nicht nur für Dichter und Denker. Im Vordergrund ein Goethe und hinten drin die Stadt Frankfurt vom Mainufer. 98€ p.P. u. Nacht im Doppelzimmer.

Goehtestadt bezeichnen tut sich Bad Lauchstädt, sowie auch Ilmenau, wo ich die Behauptung leider nicht finde (aber lt. Google ist sie das und Wikipedia fängt den Artikel auch ähnlich an), dafür aber
...ist nicht einmalig. Südlich von Lüneburg befindet sich die Samtgemeinde Ilmenau, durch die der Fluss Ilmenau fließt. Dieser entspringt bei Uelzen und fließt bei Winsen als Ilmenau-Kanal in die Elbe. Auch in Bayern findet man, nur wenige km vom Freizeitland Geiselwind entfernt, ein Dörfchen mit Namen Ilmenau (PLZ 96160, Ortsteil von Geiselwind).

Von ein paar andren wird's auch noch behauptet, z.B. Wetzlar. Frankfurt in Form eines komischen Vereins.

BeitragVerfasst: Do 5. Aug 2010, 14:46
von Lykurg
Richtig, Personennamen geben einiges her, auch Schiller in Marbach, Storm in Husum etc. werden für Beinamen fast so gern genommen wie die von Traitor genannten landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Bundesstadt ist lustig, Europastadt eher zufällig, damit schmückt sich z.B. auch Guben (das aber immerhin schon seit 1991).

Eine schöne Sammlung von Beinamen findet sich in diesem Zwiebelfisch, auch wenn ich hinsichtlich des Artikelgebrauchs bei Wittenberg nicht seiner Meinung bin. Er schlägt auch den Bogen zurück zu Hannover:
Aber Namenszusätze machen eine Stadt nicht unbedingt bedeutender, in der Fülle lassen sie sogar auf eine Profilneurose schließen. Ein schlichtes "Willkommen in Hannover" lässt dem Besucher noch ein paar Illusionen, es regt seine Phantasie an und macht ihn womöglich neugierig, diese Stadt zu entdecken, die sich so selbstbewusst und unprätenziös präsentiert. Wenn er aber mit den Worten "Willkommen in der Messe- und Expostadt" empfangen wird, hat er bereits am Bahnhof die Gewissheit, in der Provinz angekommen zu sein.

BeitragVerfasst: Mo 9. Aug 2010, 10:51
von Ipsissimus
wobei mir erst gestern noch ein Niedersachse, der keine 25 km entfernt von Hannover geboren wurde und sein ganzes bisheriges Leben dort verbrachte, versicherte, dass es so oder so keinen Unterschied ausmache, Hannover sei und bliebe eine langweilige Stadt^^

BeitragVerfasst: Do 12. Aug 2010, 10:40
von aimless
gestern entdeckt:

Hochschulstadt Bad Münstereifel

Laut google liegt in Bad Münstereifel eine FH für Rechtspflege. Ziemlich dick aufgetragen, meiner Meinung nach.
Schön wäre auch, wenn sie sich Heino Stadt nennen würde. Bietet aber wohl nicht die erwartete Prestige :)


Ach, ich finde Hannover gar nicht so langweilig. Es ist keine sonderlich schöne Stadt, aber langweilig ist es dort nicht. Man emfindet wohl sowieso jede Stadt in der man aufwächst als langweilig. Oder alles ist relativ..

BeitragVerfasst: Do 12. Aug 2010, 12:50
von Lykurg
Tatsächlich skurril, aimless! Daß eine Stadt mit so viel mittelalterlicher Bausubstanz, die sich gut Romanikstadt oder meinetwegen auch Mauerstadt^^ nennen könnte, eine Fachhochschule von 1976 als prägend und vor allem hervorstechend gegenüber anderen Städten erachtet, will mir nicht so recht in den Sinn. Prestige hin oder her, mangels Basis geht das mE eher nach hinten los.

Ich meine immer noch nicht - bin aber auch schwer langzuweilen. Bild

BeitragVerfasst: Do 12. Aug 2010, 14:06
von Ipsissimus
es geht dabei wohl weniger darum, wie die Bürger dieser Stadt wahrgenommen werden wollen, als vielmehr darum, was "Entscheidungsträger" als wünschenswert für die Stadt erachten, wünschenswert nicht im Sinne eines gewachsenen Selbstbildes sondern hinsichtlich der Ansiedlung neuer Industrie

BeitragVerfasst: Do 12. Aug 2010, 14:23
von Lykurg
Hier mag das zwar noch eher stimmen als im Fall von Hannover, allerdings zeigt sich doch (gerade dort), daß Tourismus auch eine relevante Industrie ist - und für den würden die genannten Titel sicher mehr ziehen als die "Hochschulstadt". Ein Unternehmen, das eine Niederlassung dort in Erwägung zieht, wird selbstverständlich prüfen, was für eine Hochschule dort zu finden ist - und eine Jurafakultät ist da nicht so nützlich wie eine TU. Dementsprechend profitiert von einem solchen Namen nur die FH selbst, außerdem natürlich Vermieter, Läden etc. - und darüber auch das Stadtsäckel, aber für gesichert halte ich das nicht.

BeitragVerfasst: Fr 13. Aug 2010, 19:44
von Traitor
Auch Alfter (ein echtes Kaff) hier in der Nähe schimpft sich Hochschulstadt, wegen einer obksuren Kunstakademie.

Ob überhaupt echte Anlockungsmotive in Hinsicht auf Touristen oder Industrie hinter diesen Namen stehen, bezweifle ich in vielen Fällen. Bei einer Großstadt, die mit dem Titel aktiv Werbung macht, sicher. Aber bei den meisten kleinen Ortschaften dürfte dahinter ziemlich reine Geltungssucht irgendwelcher Figuren in der Lokalpolitik stehen, die sich mit dem Anbringen hochtrabender Schriftzüge an Schildern und auf der Ortsseite einfach nur ein bisschen selbst mit verewigen wollen. Wenn dank klammer Kassen kein Geld mehr für ein Denkmal oder eine Umgehungsstraße da ist, braucht man halt andere Betätigungsfelder. ;)

BeitragVerfasst: Do 30. Sep 2010, 17:56
von blobbfish
Möglicherweise erhält man ihm Rahmen des Titels auch Zuschüsse. Für Käffer ist der Titel aber auch eine Werbung, eventuell hat man dann auch überregional mal gehört, dass da was ist.

Interessant, dass ich die documenta-Stadt Kassel überhaupt nicht aufgeführt habe. Die Bahnansager allerdings würdigen dies auch nicht, wie auch nicht Bad Wilhelmshöhe am Bahnhof Wilhelmshöhe hingewiesen wird. Natürlich ist das auch vertrackt, da der Hauptverkehrs- und Umsteigebahnhof der Wilhelmshöher Bahnhof ist, der Hauptbahnhof und somit eher der stadteigentümliche Bahnhof spielt eher eine Nebenrolle und wird sowieso nur im Nahverkehr angefahren.

Wiesbaden ist oder wird jetzt auch eine Universitätsstadt. Wegen 200 Juristen oder sowas. Albern.

BeitragVerfasst: Do 30. Sep 2010, 20:16
von Maglor
Der Beiname Kassels ist doch: Häßlichste Stadt Deutschlands oder Das Letzte im Westen
:crazy:

BeitragVerfasst: Do 30. Sep 2010, 22:39
von Amy
Ich schätze, der Beiname von Augsburg ist "Fuggerstadt" - gewissermaßen berechtigt. Relativ schlicht, wenn ich daran denke, dass der Beiname meiner Heimatstadt "die Perle am Fluss" ist. Kitsch pur! :D

BeitragVerfasst: Fr 1. Okt 2010, 12:51
von Lykurg
Ja, und erinnert mich irgendwie an die HSV-Hymne "Hambuäch moine Peale"...^^
Fuggerstadt spricht immerhin für historisches Bewußtsein und einen mir sehr sympathischen kaufmännischen Geist.

Siehe da, Universitätsstadt wird man also recht leicht. Ob da auch Orte mit Forstakademien und Baumschulen zählen?