Tauben in Massen sind Schädlinge

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Fr 2. Sep 2011, 10:59 - Beitrag #1

Zitat von hr-online:Tauben in Massen sind Schädlinge

Verwilderte Tauben können in großen Mengen als Schädlinge gelten und bekämpft werden. Das hat der Verwaltungsgerichtshof in Kassel am Donnerstag entschieden. Eine Lizenz zum Taubentöten ist das für den klagenden Falkner dennoch nicht.

Geklagt hatte ein Falkner aus Villmar. Er hatte nach eigenen Angaben einen Auftrag des Autoherstellers Opel, die Taubenplage in dessen Werk in Rüsselsheim zu beseitigen. Dazu wollte er die Vögel in einem speziell entwickelten Schlag einfangen und anschließend töten.

Landkreis muss Antrag neu prüfen

Dies hatte ihm das zuständige Veterinäramt jedoch untersagt und sich auf das Tierschutzgesetz bezogen. Es gestattet das Töten von Wirbeltieren nur unter bestimmten Voraussetzungen, etwa wenn die Tiere als Schädlinge anzusehen sind. Der Falkner hatte geklagt und war vor dem Verwaltungsgericht in Wiesbaden in erster Instanz gescheitert.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel verpflichtete nun den Landkreis Limburg-Weilburg, den Antrag des Falkners auf die Genehmigung der Taubenjagd neu zu prüfen. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass von Tauben in großen Mengen Gesundheitsgefahren ausgehen können. Dies habe der Kreis bislang nicht hinreichend getan, erklärte ein Sprecher des VGH.

Damit hat der Kläger zwar einen Etappensieg errungen. Eine allgemeingültige Erlaubnis für das gewerbsmäßige Töten von Tauben hat er damit allerdings noch nicht. Dennoch ist das Urteil von weitreichender Bedeutung.

Tauben gefährden Gebäude und Gesundheit

Für viele Städte sind Tauben zu einem Problem geworden. Kommen die Vögel in großen Mengen auf engem Raum zusammen, droht die Verbreitung von Krankheiten. Manche nennen Tauben deswegen gar "Ratten der Lüfte". Zudem ist der Kot der Tiere schädlich für die Substanz von Gebäuden. Wegen des Tierschutzgesetzes setzten die Kommunen bislang auf Fütterungsverbote oder Abwehrvorrichtungen.

Nach dem Urteil des VGH könnte es künftig aber auch gezielte Tötungsaktionen geben. Selbst Vogelschützer halten dies für ein probates Mittel. Denn Straßentauben seien keine Wildvögel, sondern verwilderte Haustauben, erklärte der Leiter der Staatlichen Vogelschutzwarte in Frankfurt, Klaus Richarz.

Tauben als Vogelfutter

"Es gibt viel zu viele Tauben in den Städten", so der Experte. Daher sei nichts dagegen einzuwenden, sie nach tierschutzrechtlichen Maßstäben zu reduzieren. Der Einsatz von Greifvögeln bringe wenig. Dies hätten Versuche gezeigt. Die Verfütterung getöteter Tauben etwa an Greifvögel hält Richarz jedoch für eine denkbare Verwertungsmöglichkeit.


:applaus:

Lykurg
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Fr 2. Sep 2011, 11:26 - Beitrag #2

Eine erfreuliche Entwicklung, idT. Das sollte auf entsprechendes Jagdrecht erweitert werden; ich hätte ja auch nichts dagegen, das auch auf Krähen auszuweiten, aber Tauben sind die deutlich schlimmere Plage, gut, wenn das auch mal ein Amt so sieht.

janw
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Fr 2. Sep 2011, 12:44 - Beitrag #3

Wunderbar, dann wird bald alles Taubenartige ausgemerzt, auch wenn es eine Hohltaube ist. Als noch auf Rabenvögel geschossen werden durfte, war das ein wesentlicher Grund für den Rückgang des Kolkraben.

Lykurg
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Fr 2. Sep 2011, 13:29 - Beitrag #4

Jein, janw; sicher haben Milben bei Großstadttaubenpopulationen ein faszinierendes und sehr erhaltenswertes Biotop, das dazu beiträgt, die Milbenvielfalt zu vergrößern und sogar den interessierten Forschern direkt ins Haus zu liefern, besonders praktisch ist auch, daß interessierte Vogelkundler jederzeit an Bahnhöfen etc. Exkrementproben einsammeln können, sogar direkt auf ihrer Kleidung, ich denke aber, daß nicht jeder Laie daran eine vergleichbare Freude hat. Solange ein entsprechender Kammerjäger wirklich nur Haustauben erwischt, sehe ich darin kein größeres Problem, davon gibt es mehr als genug, und bejagt wurden sie früher ja auch - eher werden sie es zu wenig, wenn man bedenkt, wieviele offensichtlich kranke und verstümmelte Tauben hier an den Bahnhöfen herumgeistern.

Katinka3
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Fr 2. Sep 2011, 14:35 - Beitrag #5

Selbst in so einer kleinen Stadt wie Kleve, gibt es jede Menge von diesen Tauben. Aber die Idee sie an Greifvögel zu verfüttern, kann ich mir vorstellen kann doch auch nicht gut sein, wenn sie viele Krankheiten übertragen. Dann haben wir bald nur noch wenige Greifvögel wenn die an den Säuchen erkranken die von den Tauben kommen.

janw
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Fr 2. Sep 2011, 17:01 - Beitrag #6

Lykurg, daß Tauben in aktuellen Populationsgrößen in den Städten Probleme machen - geschenkt. Die Frage ist nur, wie das Problem lösen, bzw. als welche Art von Problem es einstufen?
Das Jagdrecht ist dafür IMHO denkbar ungeeignet: Die Jagd findet außerhalb von Siedlungen statt, und es handelt sich wenn IMHO eher um ein Problem öffentlicher Ordnung, das mit öffentlichen Mitteln zu behandeln wäre, nicht aber durch Privatleute mit Schießeisen.
Letztlich gäbe es eine ganze Reihe von Möglichkeiten, die Taubenpopulationen zu regulieren, Sterilisation von Weibchen wäre eine davon.

Das privatwirtschaftliche Industrieunternehmen müsste IMHO allerdings selber eine Lösung finden, z.B. durch Netze über den Fahrzeugen o.ä.

Die Ausrottungsgefahr seltener ähnlicher Arten durch Jäger ist übrigens Realität, viele Jäger haben damals auf alles geballert, was schwarz in Krähengröße am Himmel flog, und bei Gänsen ist es jetzt dasselbe.

Maglor
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Fr 2. Sep 2011, 17:21 - Beitrag #7

Die Art und Weise der Bewertung halte ich für reichlich dämlich.
Eine Verurteilung der Taube zum Schädling bedurfte es nicht, um die Tauben im Sinne des Tierschutzgesetzes für zweckmäßig zu erachten. Ein Zweck im Sinne des Tierschutzgesetzes ist bereits gegeben, wenn der Falke sie frisst.
Dass über diese unnatürliche Nahrungskette noch ein Gericht urteilen musste: In Gefangenschaft lebender Wildvogel darf verwilderte Haustauben vom Himmel holen. :crazy:
Der Tierschutzgesetz ließe sich auch anders erfüllen. Tauben sind essbar. Einst spielte Taubenfleisch eine wichtige Rolle in der Küche. Das eigentlich Problem ist, dass die Taube heute kein Rolle mehr in der Küche spielt, dafür aber die Sachen, die in die Küche gehören, auf der Straße landen.
Die Dekadenz des Menschen macht die Stadt zum Schlaraffenland. Überall liegt reichlich weggeworfenes Essen. Wenn wundert es da, dass Spatzen, Tauben, Ratten, Füchse und Wildschweine in die Städte abwandern.

Wichtig ist folgendes: Die sogenannten Stadttauben sind verwilderte Haustauben. Ihr Ursprung ist die Taubenzucht des Menschen. Regelmäßig verschwinden Brieftauben beim Taubensport oder Rassetauben, die im Freiflug gehalten werden, fliegen davon. Beobachtet man die Stadttauben etwas genauer, erkannt man, dass etliche Ringe tragen oder ein auffälliges Farbmustr etc. haben, welches von der gemeinen Taube abweicht.
Haustauben werden in der Regel von Hobbyzüchtern im Freiflug gehalten. Dies erscheint auf die artgerechteste Form der Haltung. Eine Verwechslung von gemeinen verwilderten Stadttauben mit zu Sportzwecke herumfliegenden Brief und anderen Tauben, die noch jemandem gehören, ist vorprogrammiert.
Demnächst dürfte der Bleigehalt von Tauben wohl steigen und Brieftauben müssen sich an angeschossene Tiere gewöhnen.
Bei Wildtieren ist es das gleiche.

Mal abgesehen davon, ist die Sache natürlich geradezu absurd: In geschlossenen Ortschaften herrscht Jagdverbot. Dort wird nie auf die Tauben geschossen werden. Allenfalls die Falkenjagd ist erlaubt oder der Einsatz von Gift etc.
Auf dem Lande hingegen wird ein Freibrief hingegen zur massiven Dezimierung der echten wilden Tauben und der echten Haustauben führen. (Populationen verwildeter Haustauben können sich auf dem Lande, wo sich Sperber und Marder Gute Nacht sagen, nur selten halten.) Vielleicht geht es den Tauben bald wie den Wildgänsen. Jede zente Gans hat irgendwo ein Stückchen Munition im Körper.

Vielleicht noch ein Bilder echter in Deutschland vorkommender Wildtauben:
Hohltaube
Türkentaube
Ringeltaube
Turteltaube
Unterschiedliche Haustauben
Ich halte über 90 % der Menschen für unfähig die Taubenarten zu unterscheiden und zwar für so unfähig, dass sie es nicht einmal erlernen können.

Zur Taubengefahr und Bestandsgröße:
Alle Tiere in freier Wildbahn haben Ungeziefer. Das ist nichts neues. Wenn Tiere nicht im Glaskasten unter medizinischer Aufsicht sitzen, werden sie krank. Ich kann mir auf nicht vorstellen, dass die Lebensbedingungen von Stadttauben so schlimm sein, also schlimmer als in der Rauchschwalbenkolonie im Schweinestall oder bei den Trottellummen von Helgoland.
Dass es unter Stadttauben mehr Krüppel gibt, kan ich mir durchaus vorstellen. Das liegt aber nicht an der Bestandsdichte, sondern am Lebensraum. Unfälle im Straßen- und Schienenverkehr sind sich häufiger als im Wald und auf der Heide. Auch strangulieren sich viele Stadttauben mit Müll, der überall herumliegt, hängen sich irgendwelchen Netzverpackungen, Drähten, Plastik etc. auf und die Fasern schneiden sich ins Fleisch, nach Tage langem Leiden gehen sie dann zugrunde oder verlieren eine Gliedmaße.

Ipsissimus
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Sa 3. Sep 2011, 11:29 - Beitrag #8

sehe ich im Wesentlichen genauso, Maglor und Jan. Das Problem ist die menschliche Hybris im Umgang mit Tieren. Sterilisation der Weibchen halte ich daher zwar immer noch für ein Übel, aber für das kleinere Übel.

Maglor
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Mo 5. Sep 2011, 21:59 - Beitrag #9

Überheblichkeit gegenüber Vögeln ist eine altbekannte Untugend des Menschen.
Es erinnert schon ein wenig an die Blütezeit des Maoismus. Die Kampagne zur Ausrottung der vier Plagen: Fliegen, Mücken, Ratten, Spatzen
1958 erklärte der Große Vorsitzende die Spatzen zu Volksfeinden. Der Eifer der Genossen führten zur planmäßigen Vernichtung der Bestände, aus praktischen Gründen waren alle Vögel betroffen. 1960 musste das Vogel-Vernichtungsprogramm eingestellt werden. Nach dem Tod der Vögel vermehrten sich die Insekten ungehindert und wurden zu einer schlimmeren Plage. Nunmehr wurden die gemeinen Bettwanzen al der vierte Schädling betrachtet.

Maglor
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Sa 19. Nov 2016, 21:41 - Beitrag #10

Ich habe es ganz vergessen zu erwähnen, natürlich ziehe ich :crazy: boshafte politische Parallelen.


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