Thurnau

Der Kaktus auf dem Fensterbrett und der bedrohte Regenwald, Haustiere, die uns zu Kühlschrankbutlern erziehen, Wildtiere, die ihre Lebensräume verlieren, Reisen in die Einsamkeit und Erkundungen von Städten.
blobbfish
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Mi 21. Mär 2012, 10:09 - Beitrag #1

Thurnau

Thurnau liegt verkehrsgünstig an der A70 zwischen Bamberg und Bayreuth. Die Autobahn ist gut ausgebaut, wie man das von Franken nicht anders erwartet. Die Region lässt sich näher bestimmen: Einerseits befindet sich Thurnau in der frank. Schweiz, zum anderen in der Metropolregion Nürnberg. Wohingegen ersteres wenig verwundert, tut es aber zweiteres, hier ist in etwa nichts, abgesehen von einem Schloss, mehreren Töpfereien (bisher vier gesichtet) und schmalen Straßen zu anderen Ortschaften (der Metropolregion?). Genug über Thurgau gelästert. Die Unterkünfte der Tagung waren im Schloss selbst, im fränkischen Hof, wo der Boden knarzt, im Kasendorfer Hotel "Zum goldenen Anker" und im vier Sterne Hotel Achat in Kulmbach. Man muss aber nicht neidisch auf die Viersternlinge sein, sie haben dort eine Belüftung, die ihre Tücken hat. Lässt man sie an, ist sie laut, auch nachts, macht man sie aus, so tropft sie. Pest und Cholera.
Bei meinem Hotel, dem goldenen Anker, wirbt man jedenfalls nicht mit vier Sternen, aber mit ebenfalls mit Bar und Sauna. An einem Schildchen an der Kreuzung wird mit mod. Fremdenzimmern geworben, ob mod. für modern oder modisch steht, kann man nicht zweifelsfrei entscheiden, man sollte sich daher auf 'moderat' verständigen. So gibt es auch Fernseher auf den Zimmern, sehr nett, aber es sind noch betagte 4:3 Receiver und einem passierte es, dass er einen sehr kleinen 16:9 Fernseher hat (soll kleiner sein als sein Laptopbildschirm!), worauf das Bilder weiter verkleinert wird, denn das meiste wird ja nun in 16:9 gesendet, 4:3 macht dann also oben und unten ein paar Bällchen. Das geht dann so an den Fernseher, der macht noch links und rechts ein paar Bällchen. Das Frühstück ist aufbaufähig, der Kaffee zum wegkippen, aber wohin?

Beschreiben wir aber lieber einmal Thurnau. Das Töpfermuseum, das mehr oder weniger an das Schloss angeschlossen ist, hat derzeit leider nur am Wochenende geöffnet, also keine Berichte darüber, soll aber wohl ganz nett sein. Das Schloss selbst stammt aus verschiedenen Epochen, ist mittlerweile teilweise restauriert worden, sehr schlicht aber dennoch überaus Schmuck. In den Konferenzsälen, wo auch das Essen serviert wird, finden sich einige Gemälde, die lediglich aufbereit wurden, sie zeigen verschiedene Residenzen, welche ist mir leider nicht ganz klar. Zum Schloss gehört auch ein Teich, da sind auch Fische drin. Man kann sehr schöne Spiegelbilder auf dem Wasser erzeugen, diese und andere folgen später. Die Supermärkte schließen um 20:00 Uhr.

Bei Kasendorf gibt es noch den - oder einen - Magnusturm, die kläglichen Überreste einer einst größeren Anlage. Der Turm ist öffentlich und kostenfrei zugänglich, die Sicht ist nett bis ausbaufähig, die Lärmbelastung dank Autobahn nebenan aber enorm.

Fazit: Thurnau ist für Kultursightseeing, Hochzeiten und andere Feiern geeignet, für mehr sollte man sich aber deutlich weiter von der Autobahn entfernen, die leider auch in Teilen bei einem Rundgang um den Schlossteich gegenwärtig ist.

janw
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Mi 21. Mär 2012, 13:16 - Beitrag #2

Metropolregionen sind ein modischer raumplanerischer Topos, der die Beziehungen zwischen einer Metropole und ihrem wie weit auch immer gefassten Umland verbal veredelt, indem dem Umland zusätzlich zu seiner vorher bestehenden und weiterhin bestehenden Funktion, Abladeplatz und Durchleitungsraum für in der Metropole unerwünschte Gegenstände und Sachverhalte zu sein, suggeriert wird, diese Funktionen seien freundlich gewährte Gabe der Metropole.
Der Sklave erhält das Zeichen seines Herrn, auf daß er seine Unfreiheit als Gnade ansehe und mit Stolz zeige, seinem Herrn zu gehören.

Traitor
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Sa 24. Mär 2012, 20:50 - Beitrag #3

An einem Schildchen an der Kreuzung wird mit mod. Fremdenzimmern geworben, ob mod. für modern oder modisch steht, kann man nicht zweifelsfrei entscheiden, man sollte sich daher auf 'moderat' verständigen.
Meine erste Assoziation war "modernd".

An Sehenswürdigkeiten ausgelassen hast du noch den dritthöchsten Mittelwellensendeturm des Deutschlandfunks.

Der Hauptsinn von Metropolregionen ist es meines Wissens nicht, wie von Jan beschrieben, einer Einzelmetropole Umland zuzuschlagen, sondern multizentrische Agglomerationen zu erfassen, Paradebeispiel Ruhrgebiet. Bei Nürnberg wären das dann Fürth und Erlangen als Sekundär- und Tertiärzentrum, das verkaffte Umland eher Dreingabe. Siehe auch.

janw
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Sa 24. Mär 2012, 21:19 - Beitrag #4

Traitor, vielleicht ein Fall von sone und sone, ich hatte hier das Hamburger Modell vor Augen, das aus meiner Sicht in der dargestellten Weise funktioniert.
Vielleicht sollte Ruhriland da mal anklopfen und auf sein Vorrecht in der Begriffsverwendung pochen ;)

"Modernd" war auch meine Assoziation, allerdings stand nichts von Keller dabei :rolleyes:

Lykurg
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Sa 24. Mär 2012, 22:21 - Beitrag #5

Daß Johann Friedrich Unger, der erste bedeutende landwirtschaftliche Marktforscher deutscher Sprache und Erfinder der ersten Notensatzdruckmaschine, aus Thurnau stammt, ist doch schonmal faszinierend. Vermutlich ist Ferdinand sein schreibvarianter Großvater.

Metropolregion kann beides sein - ein großer Kern mit mehreren kleinen Partnern oder mehrere bzw. viele gleichgroße. Das Ruhrgebiet hat auch diesbezüglich wenig zu pochen, da gibt es deutschlandweite Standards im Sinne der "europäischen Metropolregionen".

Habedanc für die schönen Beschreibungen und die Unmengen an Bildern! Bild

blobbfish
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So 1. Apr 2012, 12:09 - Beitrag #6

Zitat von janw:Metropolregionen sind ein modischer raumplanerischer Topos, der die Beziehungen zwischen einer Metropole und ihrem wie weit auch immer gefassten Umland verbal veredelt, indem dem Umland zusätzlich zu seiner vorher bestehenden und weiterhin bestehenden Funktion, Abladeplatz und Durchleitungsraum für in der Metropole unerwünschte Gegenstände und Sachverhalte zu sein, suggeriert wird, diese Funktionen seien freundlich gewährte Gabe der Metropole.
Der Sklave erhält das Zeichen seines Herrn, auf daß er seine Unfreiheit als Gnade ansehe und mit Stolz zeige, seinem Herrn zu gehören.


Oder aber ein Geltungsbedürfnis von Städten, die es nicht nötig oder nicht verdient haben. Dass die Metropolregion von etwa Hannover bis aufs Eichsfeld reicht ist nicht so richtig verständlich.

Traitor, modernd trifft zum Glück nicht zu. Wäre ja noch schöner.


In Sanspareil, gesprochen deutsch, nicht französisch, gibt es einen englischen Felsengarten, bzw., das war davon noch übrig ist. Er besteht mittlerweile im wesentlichen aus Buchen und ein paar Steinen, die meisten Steine sind nicht so spannend, Höhepunkt ist ganz klar der Regenschirm, den ich aus Datenschutzgründen nicht veröffentlichen kann, sowie das Ruinentheater, das tatsächlich als Theater genutzt wurde. Kein Autolärm übrigens - wer mal auf der A70 vorbei kommt, sollte umbedingt ein Zeitfenster von je nach Wetter 30-150 Minuten für den Garten einplanen.

blobbfish
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So 1. Apr 2012, 12:23 - Beitrag #7

Dieser Text ist länger als nötig.


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