Das Rätsel der pakistanischen Wüstenseen

Der Kaktus auf dem Fensterbrett und der bedrohte Regenwald, Haustiere, die uns zu Kühlschrankbutlern erziehen, Wildtiere, die ihre Lebensräume verlieren, Reisen in die Einsamkeit und Erkundungen von Städten.
Traitor
Administrator
Administrator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 17500
Registriert: 26.05.2001
Mi 25. Sep 2013, 20:32 - Beitrag #1

Das Rätsel der pakistanischen Wüstenseen

Ausgelöst durch die Meldung über eine Erdbeben-Insel kam ich dazu, mir Pakistan auf Google Maps anzusehen, bzw. genauer Belutschistan und Rigestan. In der Kartenansicht fallen dabei sofort zahlreiche Wasserstrukturen auf, insbesondere zwei riesige Seen, bezeichnet als "Panjgur Lake" und "RCD Lake".
pakistan1.jpg

Der zweite Name erscheint schon suspekt, geht dem nahegelegenen "RCD Highway" wohl auf "Regional Cooperation for Development" zurück. Beide Seen haben keine Wikipedia-Artikel und lassen sich weder googlen noch bingen, Bing sagt zu Panjgur immerhin als 5. Ergebnis "The area is arid and doesn’t have a natural pond or lake."
Wechselt man dann auf die Satellitenansicht von Google, verschwinden die Seen und die sie speisenden Flüsse auch sofort. Stattdessen sieht man
pakistan2.jpg

Tatsächlich existent scheinen nur der unbeschriftete See nordwestlich vom RCD (außerhalb meines Ausschnitts, auch bei Bing vorhanden, im Google-Satellitenbild schwer zu erkennen, bei Bing gut) und die Seen/Lagunen an der Küste zu sein.

Hypothesen:
$this->bbcode_list('1')
  • Bei Google ist ein Autokonverter Amok gelaufen, der die gelben Sandflächen in blaues Wasser umwandelte, und jemand hat dann auf gut Glück naheliegende Bezeichnungen gebastelt
  • Dort waren wirklich mal Seen und Flüsse, von denen Google aus geologischen Quellen weiß.
  • Dort gibt es saisonal Wasser, nur zum Zeitpunkt der Satellitenaufnahmen jeweils nicht.
  • Am wahrscheinlichsten erscheint mir eine Variante von 2 oder 3 zusammen mit der Willkürbenennung aus 1, denn wasserlaufartige Strukturen erkennt man bei näherem Heranzoomen ja durchaus.

    Maglor
    Karteizombie
    Lebende Legende

    Benutzeravatar
     
    Beiträge: 4280
    Registriert: 25.12.2001
    Mi 25. Sep 2013, 21:24 - Beitrag #2

    Belutschistan ist dünn besiedelt, klimatisch ungünstig, touristisch nicht erschlossen und eventuell gesetzlos und radioaktiv.
    Über die ganze Gegend ist fast nichts zu finden.
    Ich glaube nicht das die Namen stimmen. Panjgur ist der Name eine Stadt und eines Verwaltungsdistrikts in Belutschistan.
    Eine systematische Erschließung durch die Briten hat dort sicher auch nicht stattgefunden. Die waren da nur mal zu Besuch und hatten vielleicht keine Zeit alles zu vermessen.

    blobbfish
    Listenkandidat
    Lebende Legende

    Benutzeravatar
     
    Beiträge: 3022
    Registriert: 26.01.2003
    Mi 25. Sep 2013, 21:30 - Beitrag #3

    Ich kann mir Nr 1 gut vorstellen - oder gelangweilte Mitarbeiter, schließlich habe ich, wie Ihro Gnaden Don Lykurgo weiß, eine ähnliche Erfahrung gemacht, bzw. eine umgekehrte - noch bizarrere. :shy:.

    janw
    Moderator
    Moderator

    Benutzeravatar
     
    Beiträge: 8488
    Registriert: 11.10.2003
    Mi 25. Sep 2013, 21:42 - Beitrag #4

    Die englische wikipedia hilft weiter.
    Es gibt demnach von Iran bis Afghanistan und auch in Pakistan in den an die Gebirge grenzenden Ebenen saisonale Gewässer, sogenannte Hamuns.
    Diese werden von der Schneeschmelze in den Gebirgen gespeist und liegen in tonigen Becken.
    Während längerer Dürreperioden können diese Seen ganz trocken fallen, was vielleicht deren Fehlen in den Luftbildern erklärt.
    Siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Belutschistan_%28Pakistan%29:
    Die Wüstenbecken sind durch weite salzerfüllte Endseen und ausgedehnte Flugsand- und Dünenfelder geprägt. Vorherrschend sind mineralisierte und tonige Böden mit geringem Grundwasservorkommen

    Traitor
    Administrator
    Administrator

    Benutzeravatar
     
    Beiträge: 17500
    Registriert: 26.05.2001
    Mi 25. Sep 2013, 21:46 - Beitrag #5

    @Maglor: In Zeiten der Satelliten sollten altbritische Nichtvermessungen aber nicht mehr ausschlaggebend sein. Gut, Phantominseln werden auch immer noch gelegentlich eliminiert...

    @blobbfish: Wenn es nur Nr. 1 ist, wie erklärst du dir dann die flussartigen Ästelstrukturen? Nur Sandrutsche wie auf dem Mars?

    Eine Geisterbrücke, wunderschön!
    Großartig war auch der Fall der Oakland Bay Bridge in San Francisco. Dort wurde wohl kürzlich eine neue Parallelbrücke gebaut, die alte noch nicht abgerissen. In bestimmten Zoomstufen der Google-Satellitenansicht war dann auf einer Kachel schon die neue Brücke zu sehen, auf der benachbarten aber noch nicht, sodass sie an der Grenze Abstürze zu produzieren schien. Kann ich nur leider nicht mehr screenshottauglich reproduzieren. Vielleicht wurd das Problem schon behoben, vielleicht finde ich nur gerade nicht die richtige Ansicht.
    Noch vorhanden ist aber der Effekt, dass man die Brücke je nach Zoomstufe aus verschiedenen Richtungen sieht.

    @Jan, nach Überschneidung: Wonach hast du in enwp gesucht? Dann also wohl 3. Bleiben noch die Fragen, wer sich die Namen ausgedacht hat, und welcher Gewässerausdehnung die Google-Karten-Konturen entsprechen. Im Falle von RCD anscheinend einer ziemlich extremen.

    janw
    Moderator
    Moderator

    Benutzeravatar
     
    Beiträge: 8488
    Registriert: 11.10.2003
    Mi 25. Sep 2013, 22:03 - Beitrag #6

    Zunächst in einer Suchmaschine nach Panjgur Lake.
    Das ergab ein Ergebnis für enwp: Panjgur District. Dort wird erwähnt, daß der Fluss Rakshan dort fließt, für den wiederum ein Auffasern in mehrere Seen bei Panjgur angegeben wird.
    Außerdem ein weiteres Suchmaschinenergebnis für Balochistan, in dem als Hamun bezeichnete "Playa lakes" erwähnt werden, die auf enwp näher erläutert werden. U.a Hamun e-Lora und Hamun e-Mashkel, die aber in wp nicht erwähnt werden.

    Die Ausdehnung wird je nach Jahreszeit und Wasseranfall schwanken. Die Namen auf den Luftbildern sind sicher westliche Fiktion.

    blobbfish
    Listenkandidat
    Lebende Legende

    Benutzeravatar
     
    Beiträge: 3022
    Registriert: 26.01.2003
    Mi 25. Sep 2013, 22:15 - Beitrag #7

    Zitat von Donna Traitoria:@blobbfish: Wenn es nur Nr. 1 ist, wie erklärst du dir dann die flussartigen Ästelstrukturen? Nur Sandrutsche wie auf dem Mars?


    Mit dem Mars habe ich keine Erfahrungen, der Algorithmus könnte natürlich auch auf ausgetrocknete Flussbetten anspringen. Und es bleiben nach wie vor die Mitarbeiter, wo wir bei dem Viadukt sind, es handelt sich nämlich natürlich nicht um ein Geisterviadukt sondern um ein nach wie vor real existierendes, zugegeben ungenutztes, rund 110 Jahre altes Eisenbahnviadukt, der gut erkennbare Schatten kommt ja nicht von ungefähr. Bei der Oakland Bay Bridge lässt sich ja noch mit schlampiger Kartenpflege argumentieren.

    janw
    Moderator
    Moderator

    Benutzeravatar
     
    Beiträge: 8488
    Registriert: 11.10.2003
    Do 26. Sep 2013, 00:56 - Beitrag #8

    Werfen die Geister, wenn sie sich über das Viadukt bewegen, auch Schatten?

    Lykurg
    [ohne Titel]
    Lebende Legende

    Benutzeravatar
     
    Beiträge: 6865
    Registriert: 02.09.2005
    Do 26. Sep 2013, 07:36 - Beitrag #9

    Ich halte Punkt 3, saisonales Wasser, für denkbar, wobei die große 'Wasserfläche' vermutlich nie so richtig gefüllt, sondern eher nur bei der Schneeschmelze zu einem schlammigen Etwas wird. Ich meine vor längerer Zeit auf afrikanischen Google-Karten ähnliches gesehen zu haben.

    janw
    Moderator
    Moderator

    Benutzeravatar
     
    Beiträge: 8488
    Registriert: 11.10.2003
    Do 26. Sep 2013, 20:42 - Beitrag #10

    Man sollte die Gewässer nicht unterschätzen, das können richtige Seen sein, einer der iranischen Hamuns hatte bis zu einer großen Dürre ausgedehnte Röhrichte und war ein wichtiges Glied im asiatischen Vogelzug.

    In den Luftbildern mögen sie schlammig erscheinen, wenn sie vielleicht gerade nach der Schneeschmelze aufgenommen wurden, das stellt aber nicht ihr beträchtliches Wasservolumen in Frage.


    Zurück zu Natur & Reisen

    Wer ist online?

    Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 18 Gäste