Ich habe doch nie behauptet, dass dieses System perfekt sei, ganz im Gegenteil! Ich krame da ja immer meinen Churchill hervor. Dennoch meine ich, bietet die soziale Marktwirtschaft die beste Basis einer Weiterentwicklung, die sowohl dem Wirtschaftlichen als auch der Gerechtigkeit Rechnung trägt.
Was Hortplätze angeht, so habe ich ja selbst gesagt, dass dies nicht schlecht war in der DDR, aber du musst ja auch alles finanzieren, und dann fängt's ja schon an... wie machst du das? Ich bin da ganz offen, aber ich habe noch von niemandem da einen konstruktiven Vorschlag gehört, wie man die am besten bereitstellt!
Nein, unsere Gesellschaft ist auf einem gefährlichen Weg. Wir setzen das Wohl des Einzelnen über das aller. Und das geht auf Dauer nicht gut.
Mir ist das schon klar, aber wenn ich in die Geschichte schaue, so waren gerade die Staaten, die nach aussen hin das Gemeinwohl am stärksten hervorhoben, diejenigen, die wirklich nur wenige fett bedienten und die Gesellschaft verarschten. Was du hier brauchst, ist ein neues Bewusstsein, und so kläglich wie die jetzt-Geldgeilen-68er hier versagt haben, möchte man im Boden versinken... Da seh ich aber auch eine starke Bringschuld jedes Einzelnen, bei der Erziehung, auch bei den Medien usw. Das hat jetzt nicht unmittelbar was mit der sozialen Marktwirtschaft an sich zu tun, welche ja das soziale Element extra betont.
Wir werden uns wohl oder übel langfristig einschränken müssen, was unsere Ansprüche angeht
Der Politiker, der das offen zugibt, kann sich auf 0% + X einstellen! Daran sieht man, dass jeder bereit ist, einzusparen, solange er selbst nicht betroffen ist. Und das sehe ich auch bei den Linken, die sich in dem Punkt moralisch höher einschätzen.
Und die Dinge, die Du genannt hast...wenn wir ehrlich sind, auf einiges könnten wir ohne Probleme verzichten
Welche Dinge? Die ich im Zusammenhang mit der Globalisierung genannt habe? Ich bezweifle, dass die Mehrheit darauf verzichten kann, wenn sie sich daran gewohnt hat (Psychologie!). Auch vom praktischen Nutzen her, würden wir keine Computer mehr haben, dann müsstest du nicht nur wieder alles von Hand schreiben, sondern müsstest auch in vielen anderen Bereichen, die auch den sozialen Bereich betreffen, gravierende Verschlechterungen in Kauf nehmen. Ob man der Menschheit insgesamt mit dem Fortschritt einen gefallen getan hat, ist da schon diskussionswürdig, aber 1) OT und 2) sollten wir uns mit der Jetzt-Situation befassen und nicht mit was wäre wenn.
Du sagst, Ideologien würden nicht helfen. Wir haben aber gar keine gescheiten Ideale mehr. Der Einzelne fühlt sich nicht mehr verantwortlich für das Ganze, von dem er ein Teil ist
Du weisst doch ganz genau, dass zwischen Ideologien und Idealen ein grosser Unterschied besteht. Bei Ideologien bin ich auf eine Handlungsweise festgelegt, bei Idealen auf ein Handlungsziel oder -maxime, welches ich durch verschienden Handlungsweisen erreichen könnte. Alte Ideologien wie Arbeit-Kapital oder libertäre Systeme sind nicht der Realität angepasst. Die Wahrheit liegt fast immer irgendwo dazwischen, aber nur ganz selten im Extrem. Ideologien bieten die Gefahr, dass man aus seiner Sandbox nicht mehr rausschauen kann, Ideale sind allerdings ein höchst erstrebenswertes Ziel.
Was die Verantwortlichkeit für das Ganze angeht, so stimme ich dir zu, aber das ist wieder nicht das Problem der sozialen Marktwirtschaft, sondern das des Zeitgeistes. Da dem so ist, sind wohl die Leute heute nicht auf Gemeinschaftssinn hin erzogen worden. Und wieder ausgerechnet die 68er, von denen ich immer mehr enttäuscht bin, weil sie ihre guten Ideale so lausig transportiert haben... (da fehlt's an Idealen!)
Es gibt und gab Unternehmer, denen es nicht wurscht ist, ob sie Leute entlassen müssen.
Solche sollten Unterstützung erfahren.
Gewinnmaximierung kann ein Ziel sein, muss aber nicht.
Vielleicht will jemand ein normales Auskommen haben, andererseits aber auch umweltschonend produzieren, oder in besonders guter Qualität, oder er legt Wert auf ein gutes Arbeitsklima und gute Arbeitsbedingungen. Auch solche Unternehmer gibt es
Ja, solche sollten gefördert werden. Das kannst du auch gut durch Anreizsysteme regeln. Zertifikate z.B. belohnen umweltfreundliches Verhalten von Unternehmen hochgradig, wurde aber lange aus einer Ideologie heraus verhindert (da spanne ich den Bogen zu oben). Sich das Ideal Umweltschutz auf die Kappe zu schreiben (oder Qualität etc.), kann dagegen nur befürwortet werden.
Du würdest dich auch wundern, wie sehr die wirtschaftliche Ausbildung heutzutage positive Mitarbeiterführung, Umweltproblematik etc. behandelt. Von daher muss ich auch vielen der Chefs heute vorwerfen, dass sie nicht nur unsozial handeln, sondern auch wirtschaftlich oft genug keinen Plan haben und auch hier der Zeit hinterherrennen. Betriebsentscheidungen wie soziales Gewissen, Umweltschutz, etc. werden immer eine Rolle spielen, das ist auch gut so. Wie Peg auch schon richtig meinte, solches Verhalten muss belohnt werden.
BTW: Ich reiss mir derzeit ziemlich den Arsch auf, mir Möglichkeiten zu überlegen, wie man das machen könnte, kritisiert ist ja schnell. Auch möchte ich mit meinen ellenlangen Ausführungen eine Sensibilisierung für die Komplexität der Sache erreichen, und das es keine beste Lösung gibt für viele Probleme, da, je nachdem welcher Wert in der persönlichen Wertehierarchie welche Stellung einnimmt, jeder eine andere Lösung vorschlagen wird. Soziale Gerechtigkeit kann man nicht messen, man kann sie nur empfinden, und der eine ist bereit, soviel aufzugeben dafür, der andere soviel. Ich sehe stark die Gefahr, dass man nur BILD o.ä. glaubt und nachplappert, aber so verschleppt man die wahren Probleme nur noch mehr, und wir sollten uns denen besser gestern als heute stellen! Das ist mein Anliegen.
Dass die Gewerkschaften z.Z. mehr als skeptisch sind, ist nachvollziehbar.
George Bush hat gestern noch sinngemäß gesagt, dass er sich von Gewerkschaften bei der Durchsetzung der Sicherheit nicht reinreden lassen wird. Die mühsam errungenen Arbeitnehmerrechte sollen noch mehr ausgehebelt werden
Ich habe auch schon oft gesagt, dass ich Gewerkschaften nicht abschaffen will, aber sie brauchen endlich mal kompetente Leute in der Führung, die wirklich das Wohl der Arbeiter bedienen. Ich nenne ein Beispiel der Problematik, wie man ein Problem löst und ein anderes schafft. Als in Passau bei Vogt Electronic gestreikt wurde, wurden nicht gewerkschaftlich organisierte Arbeiter (75%) daran gehindert, zu arbeiten. Einerseits verschafft man sich so eine stärkere Position und kann immo die Rechte der Arbeiter sichern oder verstärken, andererseits werden Leute am arbeiten gehindert, die nicht aus der Streikkasse bezahlt werden, und sozial nenn ich dass dann auch wieder nicht. Ich habe dafür z.B. noch keine Lösung parat, denn das Problem ist viel komplexer, als in den Medien gezeigt wird, siehe mein Anliegen oben. Man sollte sich die Frage stellen, warum die Gewerkschaften bei den Arbeitern immer unbeliebter werden. Dazu tragen auch solche Sperenzchen bei. Die Gewerkschaften vertreten keine Arbeitslosen. Die Gewerkschaften sollten mehr auf Lösungsansätze der strukturellen Arbeitslosigkeit eingehen, denn dies würde ihr auch selbst wieder mehr Gewicht verleihen, da, je höher die Arbeitslosigkeit, desto schwächer die Gewerkschaften, da bei hoher Atrbeitslosigkeit die Angst der Arbeiter vor solcher umgeht und ein Preisdumping auf dem Arbeitsmarkt zu beobachten ist. Man müsste dies den Gewerkschaftlern in den Blickwinkel rücken, dass gewisse Zugeständnisse in manchen Bereichen mittelfristig ihre Position massiv stärken. Derzeit erleben wir nur, dass sich verschiedene Gesellschaftssegmente immer stärker in ihren ideologischen Schützengräben verschanzen, und das bereitet schon der Weimarer Republik Probleme. Dabei lässt sich bei rationaler Betrachtung so mancher Zielkonflikt auflösen, der alle (!!) Beteiligten besserstellt (ich führe da gern später nochmal das Gefangenendilemmaspielchen an), wenn du die Leute dazu bringst, miteinander zu reden und zusammenzuarbeiten. Das ist ein Problem der fehlenden Ideale, wo jeder einzelne wiederum gefragt ist, hatten wir oben auch schon mal...
Was Bush und seine Lachnummern-Politik angeht, dürfte meine Meinung klar sein...