Wenn am Sonntag Bundestagswahlen wären...

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.

Wenn würdet ihr jetzt wählen?

CDU/CSU
6
24%
SPD
7
28%
Bündnis 90/Grüne
7
28%
FDP
3
12%
PDS
1
4%
Sonstige
1
4%
 
Abstimmungen insgesamt : 25

Thod
Harfner des Erhabenen
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Di 26. Nov 2002, 19:48 - Beitrag #41

@ Gilmor,
ich denke, man kann Nichwählen als Systemkritik betrachten, oder besser bei mir: dem Ausdruck dessen, dass es mir reichlich egal ist, wer grad die Macht hat.
Andre Möglichkeiten, das auszudrücken kenne ich nicht. Aktiv werde ich dadurch auch keinen Umsturz hervorrufen, da es da schon ein paar Leute mehr braucht, und diese Illusion, "wenn alle..." und so, zeigt durch den Konjunktiv schon, dass es nicht so ist. Wäre es tatsächlich so, würde meine Wahl auch nichts ändern.

Mir ist für den Effekt, den es hat, der Auffwand, zur Wahl zu gehen, oder den Brief auszufüllen, etc. einfach zu viel arbeit. Ausserdem passt diese Betätigung nicht so besonders in mein Lebenskonzept.

Im Gegensatz zu anderen, sehe ich damit keine Konsequenz, mich auch in der politischen Diskussion zu enthalten, denn
a) sind das Wählengehen, und die politische Einflussnahme nicht untrennbar miteinander verbunden
b) ist Nichtwählen ein mir demokratisch Zugesprochenes Recht#
und c) Kome ich sowieso nicht umhin, wenn ich mich äussere, die Welt in der ich lebe, mit einzubeziehen, und sei es im Gegenüber, der ja auch Teil der politischen Gesellschaft ist.

Gruss,
Thod

Krautwiggerl
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Di 26. Nov 2002, 21:08 - Beitrag #42

@Padreic:
seit wann bedeutet eine Demokratie automatisch Abstieg? Richtig abwärts geht's erst, seit wir die Überreste einer Diktatur übernommen haben (!), der grösste Fehler darin war, dass man zu optimistisch war. Ich denke da an das Wirtschaftswunder und auch die, trotz Ölkrisen, relativ stabilen 70er.
Und wenn du glaubst, das deutsche Kaiserreich wäre nicht gewalttätig gegen unliebsame Kritiker, Demonstranten, Sozialdemokraten, Polen etc. vorgegangen, dann empfehle ich nochmal die Lektüre eines Geschichtsbuch, das nicht nur die "grossen" Ereignisse schildert.

Thod
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Di 26. Nov 2002, 21:12 - Beitrag #43

nur so: die demokratie hat immer eine oder mehrere diktaturen abgelöst, oder?

gruss,
thod

Padreic
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Di 26. Nov 2002, 22:04 - Beitrag #44

@Traitor
In der idealen Monarchie kommen natürlich auch nur gute Monarchen an die Macht, die es dann natürlich auch verdient haben....

@Krautwiggerl
Wäre mir auch neu, dass Demokratie automatisch Abstieg bedeutet, habe ich ja auch nie behauptet. Doch es passiert leicht, dass Freigiebigkeiten passieren, die dann nachher schwer zurücknehmbar sind, und die dann, wenn es irgendwelche von außen verursachten Probleme gibt, zu größeren wirtschaftlichen Problemen führen können.
Nun, ich glaube sehr wenig im Bezug aufs Kaiserreich, da ich mich in dem Gebiet wenig auskenne. Könntest du auf das 'gewalttätig' etwas genauer eingehen? Gewalttätig wird auch teilweise in Demokratien verfahren.

Padreic

Krautwiggerl
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Mi 27. Nov 2002, 00:44 - Beitrag #45

@Thod:
zu 99%, aber nicht immer: die USA beispielsweise sind als Land als Demokratie entstanden, in England entwickelte sich eine Demokratie im Laufe der Jahrhunderte. Auch in Europa ging's nirgendwo hauruck, da sollten auch die grossen Revolutionen nicht darüber hinwegtäuschen. Beobachtbar ist allerdings, dass die Wirtschaft unter liberalen Monarchien und Demokratien am meisten florierte, was daran liegt, dass sie dem einzelnen eine höhere Rechtssicherheit bieten. Das fördert Innovation, Investition und Wohlbefinden.

@Padreic:
dann habe ich das falsch aufgefasst, ich bezog mich darauf, dass du vorhin "stetig bergab" geschrieben hast.
Dass Demokratien auch nicht immer fair sind (v.a. die USA dient da als Negativbeispiel) steht ausser Frage.
Ein paar Aktivitäten im Kaiserreich:
1908 Enteignungsgesetz erlaubte die Enteignung von Polen, um Deutsche in den Ostgebieten anzusiedeln. Demonstrationen wurden oft mit Militär auseinandergetrieben + Festnahmen, wobei sich die Kommandeure wie Polizei aufführte, freilich ohne Konsequenzen. Dies betrifft sowohl sozialdemokratische Versammlungen als auch in Gebieten von ethnischen Minderheiten (z.B. 1913 im Elsaß). Die Zuchthaus-Vorlage für Sozialdemokraten scheiterte glücklicherweise im Reichstag (betrifft Streiks, 1899). Man mag jetzt einwenden, dass es in der Weimarer Republik nicht viel besser aussah: das stimmt, aber Institutionen reichen eben für eine Demokratie nicht aus, auch die polit. Kultur muss sie stützen.
Mit der Demokratie halte ich es wie Churchill...

Seraphim
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Mi 27. Nov 2002, 01:11 - Beitrag #46

@Gilmor: Ist jemanden zu wählen nicht auch die Bestätigung der Politik derer die man wählt?
ich denke, man kann Nichwählen als Systemkritik betrachten
Exakt. :)

Gilmor
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Mi 27. Nov 2002, 08:36 - Beitrag #47

Original geschrieben von Seraphim
@Gilmor: Ist jemanden zu wählen nicht auch die Bestätigung der Politik derer die man wählt?


Natürlich bestätige ich mit meiner Wahl jene Politiker/Partei, die ich wähle. Kein Zweifel. Aber es hängt dann natürlich davon ab, welche Partei ich gewählt habe.... Naja, und da habe ich leider mit meiner STimme Pech gehabt... und habe keine der ersten vier parteien gegeben... daher habe ich keinen der, wie Du sie passend genannt hast, Dreckssäcke gewählt und damit bestätigt ;)

@Thod: natürlich ist das Nichtwählen in gegebenen Recht. Nur unterstützt eine Nichtwahl die beiden Volksparteien mit ihren großen Mitgliederzahlen.... und solange diese beiden stark gehalten bleiben, wird sich an deren Verhalt nichts ändern.

Thod
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Mi 27. Nov 2002, 17:23 - Beitrag #48

@ Krautwiggerl,
nun, natürlich ist da ein gewisser Spielraum, wenn die Verhältnisse nicht so streng definiert sind. Allerdings haben sich die USA von einer Monarchie losgesagt (England). Dein Zitat "Auch in Europa ging's nirgendwo hauruck", könnte man mal konkret am Falle Frankreichs druchspielen, und auch in Deutschland war der 1.Weltkrieg sicher kein fliessender Übergang. Am Ehesten würde ich dir in England rechtgeben, da kann ich am meisten Fluss erkennen, immerhin gibt es die Monarchei ja immer noch ;)

Für mich wesentlich ist eine Ansicht, die schon in Rom zu finden war: Der Wechsel der Staatsformen garantiert eine gewisse Entfaltungsmöglichkeit, so dass auf feudale Systeme eher demokratische Folgen, und umgekehrt. So scheint mir auch tatsächlich der Lauf der Zeit zu sein, denn jede Form hat ihre Schwächen, die durch die folgende behoben werden, die wiederum ihre schwächen für den eigenen Fall aufweisen wird.

Selber braucht man da nicht viel zu machen, auch wenn eine Regierungsform über Generationen halten kann, so scheint doch nichts für die Ewigkeit, und die Energie die ich in den Erhalt eines sowieso todgeweihten Systems stecke (und dass, obwohl ich schon die tödlichen Probleme sehe) stecke ich lieber in mein eigenes Wohlergehen.

Gruss,
Thod

Krautwiggerl
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Mi 27. Nov 2002, 17:48 - Beitrag #49

Weil du die frz. Revolution ansprichst:
auf die folgte die Restauration, welche allerdings auch nicht mehr ganz gelang. Somit sehe ich eher eine Oszillation um eine Linie, die in eine bestimmte Linie deutet.
Deine Theorie ist so auch bei Aristoteles und Machiavelli zu finden. Und ganz von der Hand zu weisen ist sie nicht. Allerdings stellen beide eine stabilste Staatsform fest, die als Mischung aus Aristokratie und Demokratie (nach Aristotelischem Verständnis) entsteht. Eine Eliten-Demokratie, wie wir sie jetzt haben, scheint mir dem nahe... dass allerdings eine neue Staatsform zwangsweise grössere Gestaltungsmöglichkeiten bietet, halte ich für ein Gerücht. Da mag man die Leute fragen, die sich plötzlich in einer Diktatur wiederfanden und erst dann zu schätzen wussten, was sie an der Demokratie hatten... (der Mensch blickt eben immer zu kurz, warum er in schwierigen Zeiten eher autoritäre Systeme favorisiert und hinterher feststellt, dass aber auch rein gar nichts besser geworden ist...)

Thod
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Mi 27. Nov 2002, 19:15 - Beitrag #50

ich meinte nicht nur die Französische Revolution, sondern den Umschwung insgesamt. Auch hier kann man immer Bewegung und Gegenbewegung sehen.
Was den Wechsel der Staatsformen angeht: es hat halt nie eine stabile Form gegeben, Beispiele z.B. aus Platons Politeia sind ja erbärmlich gescheitert.

Um es plakativ auszudrücken: demokratische Systeme sind wenig reformfreudig und wachsen in einem Wust an Bürokratie u.ä, welche zu Verlangsamung etc. fürht. Alleinherrschaftssysteme sind hingegen, was das Druchsetzen von Neuerungen angeht, recht flexibel, kranken aber an der häufigen Selbstüberschätzung der Herrscher.
Diktaturen sind da imho nicht sehr viel anders, nur aufgrund nicht gewachsener Strukturen oft recht kurzlebig.
Ich weiss, dass das sehr pauschal und verkürzt dargestellt ist, mir geht es hier auch nicht darum, die vielfältigen Möglichkeiten innerhalb der festen Parameter durchzuspielen, sondern darum, dass ich eben denke, die Zeit macht Menschen, und nicht die Menschen machen die Zeit.
Politisches Engagement ist sehr von Stimmungen abhängig, und kann evtl. eine anstehende Änderung beschleunigen, oder Herauszögern, wird sie aber nicht aufhalten. Das Zusammenspiel von Wirtschaft, Historie, Gerüchten und sonstigen sozialen Determinanten, Klima und Umwelteinflüssen, etc, ist so manigfaltig, dass es mir völlig ausreicht, diese ein wenig zu beobachten, und mir meinen Reim auf die Geschehnisse zu machen, damit ich, falls nötig, auf für mich entstehende Probleme rechtzeitig reagieren kann. Ein Eingreifen in diese Geschenisse durch Wahl einer Partei, scheint mir eher lächerlich. Wahlen sind ein Mittel, die Menschen an einem Umsturz zu hindern, da man ihnen immer sagen kann, sie seien durch Wahl an den Verhältnissen selber schuld. Ich betrachte dieses Spektakel gerne, amüsiere mich auch teilweise oder ärgere mich, aber zum aktiven Eingreiffen reicht meine Motivation eben nichta aus.

Gruss,
Thod

Aesos
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Mi 27. Nov 2002, 21:16 - Beitrag #51

Hier habe ich SPD gewählt.
Bei der Wahl habe ich Grün gewählt.

Warum ?

Weil Es keine Alternative gibt.
Stoiber stände vor den Selben Problemen.
Bloß könnte er Sie nicht lösen.

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