Emissionshandel

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Traitor
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Fr 13. Dez 2002, 17:58 - Beitrag #1

Emissionshandel

In der EU wird es zukünftig erlaubt sein, dass Firmen, die ihre Auflagen zur Schadstoffreduzierung nicht einhalten, Kontingente von anderen Firmen kaufen, die ihre Auflagen übererfüllen.

Diese Regelung ist für mich ein absoluter Skandal. Schlimm genug, dass die USA sowas längst praktizieren - jetzt soll das jede Firma machen können. So werden dann viele Großunternehmen absolut nichts für die Umwelt tun und einfach die Erlaubnis zur Verschmutzung kaufen, dadurch kann dem Umweltschutz nur geschadet werden.

Monoceros
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Fr 13. Dez 2002, 19:06 - Beitrag #2

Da bin ich voll und ganz deiner Ansicht, der Emissionshandel ist ein Riesenskandal und das Argument, dass die dadurch entstehenden Mehrkosten die Firmen zum Einlenken bewegen könnten, halte ich für Augenwischerei, ich sehe nichts, was für einen entsprechenden Effekt spräche. Man sieht mal wieder: Geld regiert die Welt. Das allerdings so offensichtlich betrogen wird, ist einfach nicht zu glauben...

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Padreic
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Fr 13. Dez 2002, 21:10 - Beitrag #3

Ehrlichgesagt sehe ich prinzipiell wenig, was dagegen spricht, wenn man die Gesamtauflagen auf ein recht niedriges Niveau festlegt. Wie dann der Markt die Emissionsrechte verteilt, ist dann eigentlich seine Sache, was schadet's wenn ein Konzern alle solchen Rechte aufkauft und nach Lust und Laune Schadstoffe ausstößt, wenn dafür niemand anders mehr Schadsstoffe ausstoßen darf?
Der Vorteil ist jedenfalls, dass man die Gesamtemissionen beschränkt hat (nicht wie bei beispielsweise der Ökosteuer hoffen muss, dass sich die Verbraucher danach richten...) und dass, wenn jemand mehr ausstoßen will, es zu einer dynanmischen Neuverteilung kommen kann.

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Traitor
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Fr 13. Dez 2002, 21:44 - Beitrag #4

Wenn du so einen Handel nicht erlaubst, würden Firmen, die noch mehr reduzieren als verlangt, aber das Gesamtniveau weiter senken, während sie diese Erfolge so verkaufen und damit das Gesamtniveau niemals unter die Vorschriften sinkt.

Padreic
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Fr 13. Dez 2002, 21:51 - Beitrag #5

Nehmen wir mal an, eine Firma mit großen Emissionsrechten ist nahe am Abgrund, hat also nur noch wenig Schadstoffausstöße. Sie würde gern Geld für ihre überschüssigen Emissionsrechte haben. Eine andere Firma könnte kräftig expandieren, hätte dann aber wieder höhere Emissionen. Arbeitsplätze, die geschaffen werden könnten, werden nicht geschaffen etc.
Wenn man merkt, dass die Emissionen insgesamt weiter gesenkt werden können, dann senkt man einfach die Vorschriften. Ich denke, das ist sowohl wirtschaftsfeindlichen als auch unkalkulierbaren Lösungen vorzuziehen. Wenn man schon Wirtschaftswachstum für Umweltschutz opfern will (was wohl teilweise notwendig bzw. vernünftig ist), dann sollte man es wenigstens so machen, dass es kalkulierbar bleibt, und das bleibt es eben dadurch, dass man die Gesamtemissionen sehr genau festlegen kann und für diese ein Maximum an wirtschaftlichen Wachstum erreicht.

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Fr 13. Dez 2002, 22:03 - Beitrag #6

Emissionen werden im Normalfall nicht dadurch reduziert, dass man die Produktion zurückfährt, sondern dadurch, dass man moderne Filter einbaut etc. Das wird wohl keiner Firma Arbeitsplätze kosten, also ist es auch nicht wirtschafts- und expansionsfeindlich. Wenn eine Firma expandieren will, muss sie halt gleichzeitig mehr auf den Umweltschutz achtne, ist doch nur gerecht.

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Fr 13. Dez 2002, 22:15 - Beitrag #7

1. Wenn man sieht, dass man mit besseren Filtern die Emissionen auf ein Niveau x senken kann, senkt man die erlaubten Emissionen auf ein Niveau x. Das ist wohl sinnvoller als darauf zu warten, dass eine Firma zufälligerweise die Gelegenheit hat zu expandieren...
2. Manche Emissionen kann man nicht einfach durch Filter senken, man denke an Kohlendioxid. Da kommt es dann wirklich mehr auf die Produktion an.

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Krautwiggerl
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Fr 13. Dez 2002, 22:49 - Beitrag #8

Sorry, jetzt muss ich aber mal lachen...
Padreic hat nämlich völlig recht, mehr noch: sogar in moralischer Hinsicht ist diese Lösung besser! Von der Öko-Fraktion wird dies gern als "Ablasshandel" gebrandmarkt, aber das ist eine Besteuerung genauso, weil man sich auch hier das Recht auf Umweltverschmutzung erkauft! Bei Verboten sogar noch schlimmer: da kriegt man die Umweltverschmutzung sogar noch geschenkt! Alles eine Frage der Ideologie...

so, und jetzt zu den Begründungen, warum Zertifikate besser sind als Verbote oder Steuern:

bei Verboten besteht das Problem, dass es für die Unternehmen keinen (KEINEN!!!!!) Anreiz gibt, die Umweltbelastung weiter zu senken, wenn das erlaubte Maß erreicht ist. Bis dahin kriegt man es ja umsonst, und weitere Senkung würde zusätzliche Kosten verursachen!
Bei Steuern senken die Unternehmen solange die Umweltverschmutzung, wie die Steuer teurer ist als die Vermeidung der Umweltverschmutzung. Problem hierbei ist aber, dass man ein gewünschtes Outputniveau nur zufällig trifft!
Zertifikate verbinden beide Vorteile: man trifft das gewünschte Outputniveau, und für Unternehmen besteht ein Anreiz, Kosten zu senken, weil damit die Kosten der Umweltverschmutzungsvermeidung durch den Verkauf der Zertifikate kompenisert werden kann. Besonders geeignet ist dieses Instrument dahingehend, dass es auch im Zeitablauf einen grösseren Anreiz bietet, neue umweltschonendere Technologien einzuführen, um die Kosten zur Umweltverschmutzungsvermeidung zu senken. Gut kontrollierbar wird dies dadurch, dass leicht pro Jahr eine bestimmt Anzahl von Zertifikaten vom Markt genommen werden kann, womit man Umweltverschmutzung sehr gut steuern kann.

Hier tut noch eine objektive Darstellung Not, nichts neues ist es für mich jedoch, dass in D alles suspekt ist, was mit Ökonomie in Verbindung gebracht wird. Was mich aber tötlich aufregt, ist, dass ich sehr für Umweltschutz eintrete, und viele der selbsternannten Ökos sich weniger darum scheren, den Müll zu trennen, auf das Auto zu verzichten etc. Und noch dazu Aktionen durchführen, die ihrem eigenen Ziel kontraproduktiv entgegenstehen, nur weil sie nicht links und rechts schauen.
Zur Validierung (auch empirisch) verweise ich auf einschlägige (wissenschaftliche) Fachliteratur und nicht populistische Blätter.
Sorry, aber mich regt es echt so auf, dass potentiell gute Möglichkeiten des Umweltschutzes bzw. des Steuerns desselben aus blanker Ideologie so in den Dreck gezogen werden!

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Sa 14. Dez 2002, 13:45 - Beitrag #9

@Padreic: Als Regierung müsste man sich zu 1. aber jedes bisschen einer niedrigeren Grenze gegen einen ungeheuren Wirtschafts- und Medienprotest erkämpfen, man kann nicht einfach beliebig senken.
2. Wie man da genau vorgeht, weiß ich nicht, aber es wird sicher CO2-Emissions-sparende Produktionsverfahren geben, die man einsetzen kann. Denn schon jetzt sind sie ja stark gesenkt worden, ohne dass man allerorts weniger produziert.
@Krauti: Wenn es sich für eine Firma wirtschaftlich lohnen würde, mehr zu investieren und dafür ihre Emissionen zu verkaufen, warum würden das nicht alle machen? Also wird es wohl sein, dass dies höchstens einen Teil der Kosten wiederreinholt: durch den Handel werden keine Firmen extra weniger Dreck machen, sondern nur diejenigen, die dies eh schon tun (Engagement, Wille nach gutem Ruf...) werden ihre Leistungen an die bekannten "Dreckschweine", die auf keinen Fall etwas tun wollen, verkaufen.

Padreic
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Sa 14. Dez 2002, 13:51 - Beitrag #10

@Traitor
Deine ganze Argumentation beruht darauf, dass Firmen ohne besondere Motivation (sondern nur wegen einem guten Ruf) ihre Emissionen senken, das dürfte erstens nicht sehr häufig geschehen und zweitens ist das ziemlich unkalkulierbar. Sie verkaufen zu können, wäre eine wesentlich stärkere Motivation und man könnte die Gesamtemissionen auch viel besser kalkulieren und auch viel besser und genauer regulieren.
Zu dem senken: Da macht man einfach eine Komission, die jedes Jahr einmal den Wert neu festlegt. Das ist nicht das Problem.

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Sa 14. Dez 2002, 13:54 - Beitrag #11

Aber wieso sollten Firmen wegen Geld senken, wenn es sich nicht rentiert - was ja wohl kaum sein kann, nach meiner vorherigen Argumentation?
Und neu festgelegte Werte wird es ja sowieso regelmäßig geben, da die internationalen Verträge bereits feste Werte vorschreiben.
Ich glaube nicht, dass Firmen freiwillig soviel mehr senken, dass es sich wirklich auswirkt, aber ich glaube, dass ein Handel dazu führen würde, dass dieses bisschen noch verschwindet und das vielleicht nichtmal das vorgeschriebene Niveau erreicht wird, da sich in diesem System sicher unzählige BEtrugs- und Vertuschungsmöglichkeiten finden: zwei, dreimal Lizenzen hin-und-hergeschoben, schon blickt keine Kontrolle mehr durch.

Krautwiggerl
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Sa 14. Dez 2002, 16:10 - Beitrag #12

Wenn es sich für eine Firma wirtschaftlich lohnen würde, mehr zu investieren und dafür ihre Emissionen zu verkaufen, warum würden das nicht alle machen?


??

Ok, nochmal:

warum das nicht alle machen: weil, je nach Branche und Unternehmen die Kosten der Vermeidung der Umweltverschmutzung unterschiedlich hoch sind.
Aber dadurch, dass Zertifikate verkauft werden können, werden die umweltfreundlichen Unternehmen belohnt, während die umweltschädigenden zukaufen müssen und damit bestraft werden! Der Preis für die Zertifikate ergibt sich nach Markt aus deren Knappheit, die durch die Emissionsobergrenze festgelegt wird. Ansonst müssten ja auch bei einer Emissionssteuer alle gleichermassen nach unten fahren, tun dies aber nicht! Da bezahlen die umweltverschmutzenden Unternehmen äquivalent genauso mehr im Vergleich zu den umweltfreundlichen. Das ist auch gar nicht das Problem!
Der Vorteil gegenüber einem Verbot sollte schon hinlänglich begründet worden sein. Die Vorteile gegenüber der Steuer: man trifft das gewünschte Emissionsniveau besser, und, was auch wichtig ist, die Akzeptanz der Betroffenen ist grösser, weil es nicht den Beigschmack des Abkassierens durch den Staat hat. Ansonsten könnte man ja sagen, verbieten wir doch jede Umweltverschmutzung. Dann würden Unternehmen dahin abwandern, wo's keine Auflagen gibt, und da könnten sie erst recht Dreck machen! Glaubst du allen ernstes, dass bei der jetzigen Regelung Behörden und Verbände jede Umweltsünde merken? Äquivalent zu der Möglichkeit, dass ein paar Zertifikate hintenrum geschoben werden.
Gerade an dem Beispiel mit der 3.Welt sieht man, dass die Welt nunmal nicht so ist, wie wir sie gerne hätten. Und genau deshalb muss an solche Probleme rational rangegangen werden, um sie wenigstens etwas zu entschärfen.

Ich jedenfalls habe noch, egal ob in Presse oder sonstwo, ein Argument gelesen, dass sich nicht sofort aus dem Stegreif widerlegen lässt.

P.S.: es gibt noch eine zweite Möglichkeit, Unternehmen dazu zu bringen, sich umweltfreundlich zu verhalten: durch die Macht des Geldscheins des Verbrauchers. Aber auch an sowas denkt niemand, da wird lieber mit Unbedacht weitergekauft. Tolle Doppelmoral.

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Sa 14. Dez 2002, 16:18 - Beitrag #13

Aber dadurch, dass Zertifikate verkauft werden können, werden die umweltfreundlichen Unternehmen belohnt, während die umweltschädigenden zukaufen müssen und damit bestraft werden!
Nein, sie würden bestraft, wenn sie die Auflagen umsetzen müssen bzw ansonsten Strafe zahlen, nicht wenn sie sich durch einen "Ablass" davon befreien können.
Der Vorteil gegenüber einem Verbot sollte schon hinlänglich begründet worden sein.
Sollte er?
Ansonsten könnte man ja sagen, verbieten wir doch jede Umweltverschmutzung. Dann würden Unternehmen dahin abwandern, wo's keine Auflagen gibt, und da könnten sie erst recht Dreck machen!
Wieso sollten sie das bei einer Grenze+Emissionshandel nicht tun? Hier wäre nur die Toleranzschwelle größer, aber die Verschmutzung wäre trotzdem da.
Glaubst du allen ernstes, dass bei der jetzigen Regelung Behörden und Verbände jede Umweltsünde merken? Äquivalent zu der Möglichkeit, dass ein paar Zertifikate hintenrum geschoben werden.
Natürlich kann man auch bei einer anderen Regelung betrügen, aber es dürfte wohl schwieriger sein, die Emissionszahlen zu fälschen, als eifnach ein paar Zertifikate hin und her zu schieben.
ein Argument gelesen, dass sich nicht sofort aus dem Stegreif widerlegen lässt
Da bin ich mal gespannt ;)
durch die Macht des Geldscheins des Verbrauchers.
Na super, lebt alle wie in der Steinzeit! Denn umweltfreundliche Firmen, bei denen man als Alternative kaufen kann, sucht man in sehr, sehr vielen Bereichen vergeblich.

Krautwiggerl
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Sa 14. Dez 2002, 16:55 - Beitrag #14

sag mal, schreib ich chinesisch? Ich bin jetzt echt sauer!
Kommt ihr mal von eurer hochheiligen Ideologie runter?

1) Begründe bitte, warum eine Steuer kein Ablasshandel ist. Und warum ein Verbot, bei dem man Umweltverschmutzun bis zu einem Niveau sogar noch geschenkt kriegt, moralisch besser ist!
Und seit wann ist es keine Strafe, zahlen zu müssen. Und seit wann ist es keine Belohnung mehr, für umweltfreundliches Verhalten Geld zu bekommen?

2) Mein erstes Post in diesem Thema, aber wenn man keine Argumente hat, dann versucht man eben die Masche... welchen Antrieb hat bitte ein Unternehmen, seine Emissionen weiter zu senken, als unter die Höchstgrenze, wenn ihm dadurch nur mehr Kosten entstehen, und er im Gegenzug nichts davon wieder reinkriegt (was ja bei Steuern und Zertifikaten der Fall ist)?

3) ARGH! Es geht hier darum, dass nicht alle gleich stark senken! Das machst du ja den Zertifikaten zum Vorwurf. Wäre aber a) bei Steuern genauso und b) ging es ja darum, den Gedanken weiterzuspinnen, denn aus dieser Logik heraus könnte man ja Umweltzerstörung komplett verbieten. Das entspräche auch 0 Zertifikaten oder einem Steuersatz für 100000000000€ pro Tonne CO2. Warum willst du mir das Wort im Mund umdrehen?

4) DAS glaube ich nun beileibe nicht! Man denke nur daran, dass man auch bei Nacht und Nebel entsorgen kann, was ja auch nicht viele tun!

5) ich schreibe 4 oder 5 mal dasselbe, alles wissenschaftlich fundiert, weil ich mich mit diesem Problem speziell in meinem Studium auseinandersetzen musste. Allerdings nützt das alles nichts, wenn keiner bereit ist, Fakten anzuerkennen. Da kann ich 5x einen Nobelpreisträger zitieren, Diagramme und Daten herausziehen, es würde nichts nützen. Insofern schreibe ich hierzu auch nichts mehr, es sei denn, es kommt ein neuer diskussionswürdiger Aspekt dazu, aber 5x wiederholen tu ich mich nicht! Wenn man rein gar nix davon anerkennt, dann kann ich mich auf den Kopf stellen und mit den Füßen wackeln, dann habe ich von vornherein verloren. Mir ist es nur nicht komplett egal, weil ich sowohl in einer sauberen Umwelt leben will als auch in einer gesunden Wirtschaft (welche Vorraussetung für Umweltschutz ist, will man nicht wieder zurück zur Subistenzwirtschaft), und aus seltsamen Verständnisses heraus Maßnachmen torpediert werden, die bessere Abhilfe schaffen könnten als dies derzeit möglich ist. Gottseidank ist aber der Zug schon ins Rollen gekommen, und wir können uns dann ja in ein paar Jahren nochmal darüber unterhalten, ob es wirklich so gekommen ist, wie ihr jetzt meint!

6) Und jetzt rate mal, warum das so ist! Würden die Verbraucher überall umweltfreundliche Produkte fordern, so würde es definitiv Anbieter geben, die sich daraus einen strategischen Wettbewerbsvorteil erhoffen und auch kriegen würden. Und die anderen würden nachziehen. Ihr unterschätzt die Macht der Verbraucher vollkommen! Wir haben einen Käufermarkt, wo auf der Angebotsseite ein Überschuss besteht und die Anbieter sensibel auf Kundenwünsche reagieren müssen.

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Sa 14. Dez 2002, 17:07 - Beitrag #15

Ehrlich gesagt sehe ich nicht, worüber du dich aufregst. Ich bin durchaus der Meinung, sinnvolle Argumente zu liefern.
1) Eine Steuer wäre ebenfalls ein Ablasshandel. Wieso aber behauptest du, bei einem "Verbot" bekäme man was geschenkt? Auch hier muss man investieren, um die Emissionen zu senken! Und wenn du meinst, dass man bis zu dieser Grenze kostenlos verschmutzen darf, das darf man beim Emissionshandel auch.
2) Es hat außer Idealismus und Image-Gewinn keine Motivation. Diese hätte es beim Emissionshandel aber auch nicht, da ich nicht davon ausgehe, dass dies gewinnbringend einsetzbar wäre - man könnte nur die aus den erstgenannten Gründen eh gemachten "Übereinsparungen" etwas gegenfinanzieren, draufzahlen täte man noch immer.
3) Eben, es wäre immer genauso. Die Abwanderung ist ein absolutes Erpressungs-Totschlag-Argument, mit der man jede Art von Steuern und Gesetzen in Grund und Boden hämmern kann. Es geht halt um ein gesundes Maß zwischen totaler Regulierung und völliger Wirtschaftsanarchie.
4) Gase, um die es hauptsächlich geht, werden wohl nicht punktuell "entsorgt", sondern kontinuierlich ausgestoßen, was man messen kann und dies auch tut.
5) Und ich schreibe ebenfalls mehrfach dasselbe, und du sagst, es wäre inhaltlos und nur Vorurteile...
6) In manchen Bereichen ist dies wohl möglich, zB Bionahrungsmittel. Aber wie soll man in Bereichen, in denen es keine umweltfreundlichen Alternativen gibt, seine Macht zeigen? Gar keine Produkte mehr kaufen?

Krautwiggerl
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Sa 14. Dez 2002, 17:37 - Beitrag #16

Sorry, mein Geduldsfaden ist derzeit nicht so besonders...

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, Zertifikate zu verteilen: 1) man gibt jedem gleich viel, und dann ensteht ein Markt
2) man verkauft sie nach Auktion und hätte damit den selben Effekt wie bei einer Steuer.

Also wenn ich das richtig lese, dann entscheidest du dich nichtmal für die Steuer, sondern für die allerschlechteste Lösung, die Verbote? Der deutsche Regulierungsmensch und der Umweltschützer mag sich damit einbilden, sein Gewissen beruhigen zu können, aber wenn man ein Ziel erreichen will, muss man auch schauen, was hinten rauskommt! Und wie du selbst zugeben musst, warum sollte ein Unternehmen, wenn die Emissionshöchstgrenze per Verbot auf 500 festgesetzt ist, auf 490 oder 480 senken? Er liegt ja darunter, und neue umweltfreundlichere Technologien kosten! Und das meine ich auch, solange er bei 500 bleibt, zahlt er nix dafür, und das ist eigentlich schlimmster Ablaßhandel! Bei Zertifikaten sähe das so aus: nach Methode 1) hat er 500 Zertifikate, der Preis für den Verkauf eines Zertifikats läge bei 10. Angenommen, der Unternehmer könnte eine neue Technologie einführen, damit Emissionen reduzieren, und zwar auf 450. Dies koste ihn 300. Ergo wäre es für ihn ein starker Anreiz, dies zu machen, und dann die 50 Zertifikate für 500 zu verkloppen. Ähnlicher Effekt bei Steuern. Aber wo ist der Anreiz bei einem Verbot?

Beim Emissionshandel darf man aus zweierlei Gründen die Kosten pro Einheit (!!) berechnen. Man kriegt nämlich nix bis zur Zertifikatsgrenze umsonst. Bei Ausgabemöglichkeit 2) würde man bei der Auktion dafür bezahlen, bei Version 1) hätte man die Kosten der Haltung zu berechnen. Der Unternehmer bedenkt nämlich, dass die Zertifikate mit Werten verbunden sind, sie könnten auch in Geld umgesetzt werden. Ergo führt man eine Kalkulation durch, wie oben beschrieben! Das Niveau lässt sich genauso gut halten wie bei einem Verbot, denn ist die Nachfrage nach Zertifikaten groß (weil keiner sich einschränken will), dann schnellt auch der Preis desselben soweit hoch, dass eine Einschränkung doch wieder rentabel wird. Die Steuerungsfunktion ist als als sehr gut zu bezeichnen!
Aber wo bleiben Anreize bei dem Verbot? Die gibt es höchstens noch bei einer Steuer, aber da kann dann ja einer auch mehr als z.B. 500 Einheiten in die Luft blasen, wenn er nur dafür zahlt. Dazu ist die Steuer nicht so treffsicher.

zu Punkt 3) sehe ich im Grunde genauso, allerdings muss man sich mit der menschlichen Natur schon etwas auseinander setzen, und es gibt eben Wege und Mittel, die zum einen Unternehmer akzeptieren, als auch dem Umweltschutz dienlich sind.

zu 4) in diesem speziellen Fall schon, aber das betrifft nur einen Teil der Umweltverschmutzung

zu 5) das sehe ich immer noch so, tut mir Leid! zumindest bei Punkt 3) stehen wir nicht so weit auseinander...

zu 6) es gibt aber immer noch umweltschädigendere und etwas umweltschonendere Unternehmen... man sollte dies in Relation sehen und nicht in absoluten Zahlen. Wenn Unternehmen merken, dass auch hier die etwas umweltschonenderen vom Verbraucher belohnt werden, dann tut sich da auch was!

Traitor
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Sa 14. Dez 2002, 18:00 - Beitrag #17

Du gehst von der Prämisse aus, dass sich der Zertifikats-Markt selbst so regulieren würde, dass die Preise, die sich damit erzielen lassen, höher sind als die Kosten, die man für die entsprechende Umweltschutztechnologie hätte. Dann würden aber doch alle investieren und verkaufen wollen, was wieder den Preis zusammenbrechen lassen würde, und dann wollen sie wieder alle kaufen. Wie soll so ein Markt funktionieren? Dabei gehe ich jetzt mal davon aus, dass jedes Unternehmen seiner Brance entsprechende Zuteilungen erhält, ein Auktionssystem würde den Emissionshandel ja überflüssig machen und schonmal grundsätzlich zu einem "wer Geld hat kann die Umwelt zerstören wie er will" führen, während eine gleiche Verteilung schlicht und ergreifend absurd wäre.

Krautwiggerl
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Sa 14. Dez 2002, 18:51 - Beitrag #18

Himmel...

zum 100000. Mal: jedes Unternehmen hat andere Kostenstrukturen, da wo's für den einen geht, die Emissionen zu senken, ist's für den anderen teurer! Das leugnest du schlicht, und da liegt schon der Denkfehler, der dein ganzes Gebäude zusammenbrechen lässt. So ein Markt funktioniert so, wie jeder andere Markt auch: jeder hat unerschiedliche Präferenzen und Kosten. Ergo dürfte nach deiner Logik kein einziger Markt funktionieren! Ein Markt funkt dann, wenn es welche gibt, die bereit sind zu zahlen und welche, die verkaufen wollen, und das ist auch hier gegeben! Der Markt damit funkt in den USA auch, dass die USA aber trotzdem noch so verdrecken, liegt auch daran, dass es dieses System nur für einige wenige Emissionen gibt, und dass die Regierung der USA die Menge auch derart grösszügig bemisst, dass die Preise für Zertifikate vergleichsweise niedrig liegen, so dass neue, kostspielige, aber umweltfreundliche Technologien sich nicht so rentieren. Aber es gibt hier auch empirische Belege, dass das Instrument durchaus funkt. Ich habe gelesen, dass in den letzten 10 Jahren ind den USA die zertifizierten Schwefelemissionen um über 10% gefallen sind, indem man Jahr für Jahr ein paar Zertifikate wieder vom Markt genommen hat (hoffentlich finde ich die Quelle noch).
Warum der Markt funktionieren muss (nicht nur kann): angenommen, die Zertifizierungsmenge liegt niedrig, die Kosten in der Branche sind hoch. So würden die Kosten für die Zertifikate so lange steigen, bis es soviele Leute gibt, die zu diesem Preis Zertifikate verkaufen wollen, wie es Leute gibt, die sich schwerer tun und damit Zertifikate kaufen wollen. Wie auf jedem anderen Markt, die "Unsichtbare Hand" von Smith.
Zu deinem Vorwurf, da könnten sich die Reichen freikaufen: die tun das auch nur solange, wie sie nicht durch Reduzierung wieder was sparen könnten. Zu behaupten, dann kaufen die Reichen alles auf und verschmutzen was geht, ist, sorry für den Ausdruck, blanker Bullshit, denn Geld rauswerfen tut echt keiner, der irgendwie noch halbwegs bei Trost ist. Genauso könnten ja die Reichen dann auch die Steuern bezahlen und lustig weiterdrecken, oder die Strafe für Übertretung, oder sich ohnehin gleich nach Togo absetzen etc. Das ist doch Blödsinn! Die Emissionsgrenze wird sowieso duch die Anzahl der Zertifikate festgelegt und ist (auch nochmal zum x-tausendesten Mal) so Treffsicher wie ein Verbot, d.h. es ist vollkommen Wurst, wer wieviel in die Luft bläst, die Natur stört es herzlich wenig, ob der Giftschlamm aus dem Reifenwerk oder dem Pharmaunternehmen kommt. Und die, die meinen, mehr verschmutzen zu müssen, zahlen dafür eben mehr und werden so für ihr Verhalten bestraft. Die Menge insgesamt bleibt aber gleich, und das ist doch das Ziel des Umweltschutzes, oder irre ich mich da?
1) Auktion setzt nur den momentanen Preis fest, aber der verändert sich im Zeitablauf: es werden neue, umweltfreundlichere Technologien gefunden, die Anzahl der Zertifikate wird verkleinert etc. Somit würde sich auch hier ein Markt einstellen, wo Unternehmen, die unter den neuen Vorraussetzungen die Umweltverschmutzung stärker senken können als die anderen, die Zertifikate verkaufen können und damit belohnt werden, während letztere zukaufen müssen.
2) Das ist deswegen nicht richtig, weil die Haltung der Zertifikate unternehmersich auch Kosten verursacht, denn immerhin wäre die Alternative "Verkaufen".
Tut mir Leid, aber ich habe echt das Gefühl, dass du meine Argumente willentlich übersiehst! Deswegen ist diese Diskussion für mich gestorben! Ich seh es nämlich nicht ein, warum ich mir hier einen Ast tippen soll und Argumente noch und nöcher bringe, mit einem Haufen Beispielen, und ich nur Antworten kriege, die nicht richtig auf meine Punkte eingehen und bestenfalls Vermutungswissen entgegenbringen. So eine Diskussion ist nicht früchtetragend!

Traitor
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Sa 14. Dez 2002, 22:03 - Beitrag #19

Erstmal eins vornweg:
und bestenfalls Vermutungswissen entgegenbringen
Mit mehr kann ich auch tatsächlich nicht dienen, da ich im Gegensatz zu dir kein Wirtschaftsprofi, sondern nur "blutiger Amateur" bin. Das haben wir in anderen Diskussionen aber überbrücken können und werden es auch hier schaffen, hoffe ich.

Dann wieder zu den Argumenten: Wir scheinen ein anderes Verständnis des "Zertifikate"-Systems zu haben. So, wie ich es bisher verstanden habe, sollen jeder Firma entsprechend ihrer speziellen Bedingungen Grenzen eingeräumt werden. Dies würde die Unterschiede zwischen den verschiedenen Branchen ja bereits beinhalten. Da du aber von einer zentralen Verteilung einer Zertifikatsmenge und von unterschiedlichen Aufwänden bei deren Erreichen redest, kommt mir der Verdacht, das System, um das es geht, falsch verstanden zu haben?


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